TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/30 97/02/0384

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Veröffentlicht am 30.09.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs2 idF 1994/518;
StVO 1960 §5 Abs3 idF 1994/518;
VStG §44a Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des CS in W, vertreten durch Dr. Othmar Slunsky, Rechtsanwalt in Wien I, Schottenring 28/1/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. Juli 1997, Zl. UVS-03/V/16/00127/97, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 21. Februar 1997 (und nicht - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführt - vom 5. November 1996) wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe sich als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW am 22. September 1995 um 02.50 Uhr vor einem näher genannten Wachzimmer in Wien geweigert, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt messen zu lassen, obwohl vermutet werden habe können, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe dadurch die Rechtsvorschriften des "§ 99/1b StVO" i.V.m. "§ 5/2a litb StVO" übertreten, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO eine Geldstrafe im Ausmaß von S 8.000.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) verhängt wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. Juli 1997 wurde die gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

§ 5 Abs. 2 StVO lautet:

"(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1.

ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2.

als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen."

§ 5 Abs. 2 StVO wurde durch die 19. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 518/1994, in der vorzitierten Fassung in die StVO aufgenommen. Diese Novelle trat gemäß § 103 Abs. 2a StVO (auch hinsichtlich des neu gefassten § 5 Abs. 2 leg. cit.) mit 1. Oktober 1994 im Kraft.

Gleichzeitig mit Inkrafttreten dieser Novelle trat die frühere Regelung des § 5 Abs. 2a StVO in der Fassung der 13. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 105/1986, außer Kraft. Diese Bestimmung lautete:

"(2a) Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ist entweder

a) mit einem Gerät, das nur den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergibt, oder

b) mit einem Gerät, das den Alkoholgehalt der Atemluft entsprechend anzeigt,

vorzunehmen."

Die dem ehemaligen § 5 Abs. 2a StVO entsprechende Regelung, welche nunmehr die Durchführung der Untersuchung auf so genannte Alkomaten einschränkt, findet sich nunmehr in § 5 Abs. 3 StVO i. d.F. der 19. StVO-Novelle.

Gemäß § 44a Z. 2 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt wurde.

Die belangte Behörde gibt wieder, dass dem Beschwerdeführer die Verletzung des "§ 99/1b StVO" in Verbindung mit "§ 5/2a lit. b StVO" in erster Instanz vorgeworfen wurde. Diesbezüglich erfolgte durch die belangte Behörde keine Änderung des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses.

Wird aber der Sachverhalt einer Verwaltungsvorschrift unterstellt, die durch die Tat nicht verletzt worden ist, dann liegt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit vor (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, S. 1000, unter E 1 zu § 44a Z. 2 VStG angeführte hg. Judikatur). Der Verweis auf die im Tatzeitpunkt bereits außer Kraft getretene Bestimmung des § 5 Abs. 2a StVO, welche auch während ihrer Geltungsdauer nicht die hinsichtlich der Weigerung der Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung zutreffende übertretene Norm darstellte (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1979, VwSlg. Nr. 9.898/A), bewirkte daher eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, sodass es sich erübrigt, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. September 1999

Schlagworte

Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der Tat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997020384.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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