TE Bvwg Beschluss 2018/10/1 W191 2201357-1

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Veröffentlicht am 01.10.2018
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Entscheidungsdatum

01.10.2018

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W191 2201357-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch Verein Zeige, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.05.2018, Zahl 650682504-161295483, den Beschluss:

A)

Das Verfahren wird nach Zurückziehung der Beschwerde gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Die Beschwerdeführer (BF), XXXX, geboren am XXXX (BF1), und ihre beiden minderjährigen Söhne XXXX, geboren am XXXX (BF2), und XXXX, geboren am XXXX (BF), sind indische Staatsangehörige aus dem Bundesstaat Punjab. Sie reisten mit einem Visum der österreichischen Botschaft New Delhi in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 26.09.2016, die minderjährigen Söhne vertreten durch ihre Mutter, jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG).

Bei ihrer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 26.09.2016 gab die BF1 an, ihr Mann sei in einem Streit mit Personen aus der Umgebung getötet worden. Nun würden auch die BF schikaniert und ihr Bruder habe ihr geholfen, nach Europa zu gehen.

1.3. Mit Schreiben ihres gewillkürten Vertreters vom 17.11.2017 teilte die BF1 mit, dass sie beabsichtige, mit einem in Österreich gemeldeten ungarischen Staatsangehörigen die Ehe zu schließen.

1.4. Laut einem im Verwaltungsakt einliegenden Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) an die Landespolizeidirektion Linz, Fremdenpolizei vom 18.01.2018 hat die BF1 am 25.11.2017 den ungarischen Staatsbürger XXXX, geboren am XXXX, geheiratet. Der Ehemann sei als Zeitungszusteller selbständig erwerbstätig und habe bei der NAG-Behörde [Anmerkung:

Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz] am 16.01.2018 eine Anmeldebescheinigung beantragt.

Die BF1 habe bei der NAG-Behörde einen NAG-Antrag "Aufenthaltskarte" gestellt, für die BF2 und BF3 sei dies ebenfalls beabsichtigt. Die Eheleute würden gemeinsam wohnen.

1.5. Das BFA veranlasste eine Prüfung, ob es sich bei der gegenständlichen Ehe um eine Aufenthaltsehe handle.

Laut Abschlussbericht der Polizeiinspektion (PI) Wels Pernau vom 10.04.2018 wurde dieser Verdacht nicht bestätigt ("Aus derzeitiger Sicht sind die Ermittlungen abgeschlossen. XXXX und XXXX wohnen nachweislich gemeinsam in Wels und führen ein scheinbar anständiges Eheleben.")

Laut Verständigung der Staatsanwaltschaft Wels vom 13.04.2018 wurde das gerichtliche Ermittlungsverfahren gegen den Ehemann der BF1 als Beschuldigten wegen des Verdachtes des Deliktes "Eingehen und Vermittlung von Aufenthaltsehen und Aufenthaltspartnerschaften" gemäß § 117 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) eingestellt.

1.6. Mit Bescheiden vom 14.05.2018 wies das BFA die Anträge der BF auf internationalen Schutz vom 26.09.2016 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihnen den Status von Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.).

1.7. Gegen diese Bescheide erhoben die BF mit Schreiben ihres Vertreters vom 09.06.2018 das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

1.8. Dem Verwaltungsakt liegt eine E-Mail einer Mitarbeiterin der Gemeindeverwaltung der Stadt Wels ein, in der dem BFA mitgeteilt wurde, dass die BF "in den nächsten Tagen die beantragte NAG-Aufenthaltskarte abholen werden können."

1.9. Mit Schreiben ihres Vertreters vom 10.08.2018 zogen die BF "in Berücksichtigung der mittlerweile erfolgten Erteilung von Aufenthaltstiteln die Beschwerden vom 13.06.2018" zurück.

2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:

2.1. Anzuwendendes Recht:

§ 1 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem BFA, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem BVwG gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG bleiben unberührt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Anzuwenden waren weiters das AsylG und das FPG, auf die sich der vom BFA erlassene Bescheid stützt.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Das VwGVG trifft - im Unterschied zum VwGG - keine ausdrückliche Regelung über die Vorgangsweise im Falle der Zurückziehung von Beschwerden. Es sind daher subsidiär die Regelungen des AVG heranzuziehen.

Dazu wurde ausgeführt:

"Die im AVG nicht ausdrücklich vorgesehene Einstellung eines Verwaltungsverfahrens wird dann als zulässig angesehen, wenn keine Partei einen Erledigungsanspruch (mehr) hat. [...] Eine nach außen hin in Erscheinung tretende Form, insbesondere Bescheidform, der Verfahrenseinstellung ist im AVG [...] weder für amtswegig [...] noch für auf Antrag eingeleitete Verfahren vorgesehen. [...] Die Verfahrenseinstellung kann vielmehr durch bloßen Aktenvermerk im Sinne des § 16 AVG beurkundet werden; [...]" über die Einstellung muss allerdings bescheidförmig erkannt werden, wenn das Vorliegen eines Einstellungsgrundes strittig ist (siehe Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Teilband, Wien 2005, 650, Rz 87, 88 zu § 56 AVG).

2.2. Rechtlich folgt daraus:

Zu Spruchteil A):

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Bescheide des BFA vom 14.05.2018 und wurde von den BF - nach Erteilung von Aufenthaltstiteln nach dem NAG - mit Schreiben vom 10.08.2018 wieder zurückgezogen.

Mit der Zurückziehung der Beschwerde ist das Rechtsschutzinteresse weggefallen und einer Sachentscheidung durch das BVwG die Grundlage entzogen. Die angefochtenen Bescheide erwuchsen mit der Zurückziehung der Beschwerde in Rechtskraft. Das gegenständliche Verfahren wird daher eingestellt.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH im maßgeblichen Zusammenhang auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe auch oben das obige Zitat aus einem Gesetzeskommentar). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Gegenstand dieses Beschlusses ist ausschließlich der Umstand, dass die BF während des laufenden Beschwerdeverfahrens freiwillig die Beschwerde zurückgezogen haben und damit einer Sachentscheidung durch das BVwG die Grundlage entzogen wurde.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung, Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W191.2201357.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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