TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/30 99/02/0039

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Veröffentlicht am 30.09.1999
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E1N;
E6J;
L67007 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/02 Novellen zum B-VG;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
59/04 EU - EWR;

Norm

11992E005 EGV Art5;
11992E006 EGV Art6;
11994N002 EU-Beitrittsvertrag Akte Art2;
11994N070 EU-Beitrittsvertrag Akte Art70;
11997E010 EG Art10;
11997E012 EG Art12;
11997E039 EG Art39;
11997E056 EG Art56;
61996CJ0122 Saldanha VORAB;
61997CJ0302 Konle VORAB;
B-VG Art130 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Z4;
B-VGNov 1992 Art3;
EURallg;
GVG Tir 1983 §1 Abs1 Z2 lita;
GVG Tir 1983 §16 Abs1;
GVG Tir 1983 §28 Abs6;
GVG Tir 1983 §3 Abs1 lita;
GVG Tir 1983 §4 Abs2;
GVG Tir 1994 §40 Abs4 impl;
GVG Tir 1996 §40 Abs2;
GVG Tir 1996 §40 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde 1. des AM in L und 2. des JK in T, beide vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer und Dr. Klaus Vergeiner, Rechtsanwälte in Innsbruck, Maximilianstraße 9/1, gegen den Bescheid der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 16. Juli 1998, Zl. LGv-102/13-94, betreffend Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Eingabe vom 26. April 1993 beantragten C. M. und der Erstbeschwerdeführer sowie der Zweitbeschwerdeführer bei der Grundverkehrsbehörde L. bzw. bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (kurz: BH) die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu dem zwischen ihnen, und zwar zwischen C. M. und dem Erstbeschwerdeführer als Verkäufer und dem Zweitbeschwerdeführer als Käufer abgeschlossenen Kaufvertrag entsprechend der Aufsandungserklärung vom 23. März/8. April 1993 betreffend eine näher genannte Liegenschaft in L., allein bestehend aus einem näher bezeichneten Grundstück mit 1092 m2 samt darauf errichtetem Haus. Der Zweitbeschwerdeführer ist italienischer Staatsangehöriger.

Mit Bescheid vom 22. Juni 1994 erteilte die BH als Grundverkehrsbehörde erster Instanz dem Vertrag vom 27. März 1993 bzw. vom 15. November 1989 zugrunde liegenden Rechtserwerb, und zwar der Eigentumsübertragung gemäß § 3 Abs. 1 lit. a des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. Nr. 69 (kurz: TGVG 1983), die Zustimmung.

Gegen diesen Bescheid erhob in der Folge der Landesgrundverkehrsreferent beim Amt der Tiroler Landesregierung Berufung. Dieser Berufung wurde mit Bescheid der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 5. Jänner 1995 Folge gegeben und dem Erwerb der gegenständlichen Liegenschaft samt dem darauf errichteten Haus durch den Zweitbeschwerdeführer entsprechend der Aufsandungserklärung vom 27. März/8. April 1993 gemäß § 4 Abs. 2 lit. a TGVG 1983 in Verbindung mit § 40 Abs. 3 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 82/1993 (kurz: TGVG 1993) die grundverkehrsbehördliche Zustimmung versagt.

Gegen diesen Bescheid erhoben schließlich C. M. , der Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof; dieses Verfahren wurde mit Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, B 1112/94 u.a., beendet. Darin hat der Verfassungsgerichtshof u.a. den Bescheid der belangten Behörde vom 5. Jänner 1995 aufgehoben. Diesem Erkenntnis lag das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 28. September 1996, G 50/96 u.a. (= VfSlg. Nr. 14.605), zugrunde, in welchem ausgesprochen wurde, dass das TGVG 1993 zur Gänze verfassungswidrig war.

Mit Ersatzbescheid vom 3. Oktober 1997 behob die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid vom 22. Juni 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 AVG.

Die BH versagte daraufhin mit Bescheid vom 9. März 1998 und gestützt auf § 3 Abs. 1 lit. h i.V.m. § 4 Abs. 2 TGVG 1983 i. V.m. § 40 Abs. 3 TGVG 1996 für den gegenständlichen Grunderwerb die grundverkehrsbehördliche Bewilligung. Gegen diesen Bescheid erhoben lediglich die beschwerdeführenden Parteien des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juli 1998 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass er sich auf § 3 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 4 Abs. 2 TGVG 1983 in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 74/1991 und in Verbindung mit § 40 Abs. 2 und 3 TGVG 1996 zu stützen habe.

In der Begründung verweist die belangte Behörde u.a. darauf, dass sie im vorliegenden Fall das TGVG 1996, welches am 1. Oktober 1996 in Kraft getreten ist, anzuwenden habe. Infolge Abschlusses der maßgeblichen Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge vor dem 1. Jänner 1994 habe die belangte Behörde aufgrund des § 40 Abs. 2 und 3 TGVG 1996 weiterhin das TGVG 1983 anzuwenden. Es sei "unbestritten", dass der in Rede stehende Rechtserwerb infolge der Ausländereigenschaft des Käufers gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 lit. a TGVG 1983 der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedürfe. Entsprechend dem Ergebnis der im Zuge der Volkszählung 1991 durchgeführten Häuser- und Wohnungszählung stünden nämlich über 10% der Wohnungen der Gemeinde L. im Eigentum von ausländischen Staatsangehörigen, sodass unter diesen Umständen kein Zweifel daran bestehen könne, dass in dieser Gemeinde gesamthaft betrachtet jedenfalls Überfremdungsgefahr bestehe. Der gegenständliche Rechtserwerb sei vor dem 1. Jänner 1995 und damit vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union erfolgt, weshalb die Bezugnahme auf EU-Recht im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs von vornherein verfehlt sei. Der beabsichtigte Rechtserwerb laufe den öffentlichen Interessen im Sinne des § 4 Abs. 2 TGVG 1983 zuwider und im Speziellen sei der Versagungstatbestand des § 4 Abs. 2 lit. a leg. cit. erfüllt.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 30. November 1996, B 1666/98, ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der erstatteten Gegenschrift wendet die belangte Behörde grundsätzlich ein, die vorliegende Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof wegen offenbarer Unzuständigkeit zurückzuweisen. Im Hinblick auf § 40 Abs. 2 TGVG 1996 sei im vorliegenden Fall in materiellrechtlicher Hinsicht weiterhin das TGVG 1983 anzuwenden. Hinsichtlich der Behörden und des Verfahrens würden die Bestimmungen des TGVG 1996 gelten. § 28 Abs. 6 zweiter Satz TGVG 1996, wonach gegen Bescheide der Landes-Grundverkehrskommission, die den Rechtserwerb an Baugrundstücken beträfen, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei, komme vorliegend jedoch nicht zur Anwendung. Die materiellrechtlichen Vorschriften des TGVG 1983 würden in § 1 Abs. 1 zwischen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken (Z. 1) und allen anderen - nicht land- und forstwirtschaftlichen - Grundstücken unterscheiden. Auch das TGVG 1996 kenne die Gruppe der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke (vgl. § 1 Abs. 1 lit. a und § 2 Abs. 1 leg. cit.). Die nicht land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke würden im TGVG 1996 allerdings unterteilt werden in Baugrundstücke sowie in sonstige Grundstücke (Karst- und Ödflächen etc.). Diese weitere Unterteilung der nicht land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke sei den materiell-rechtlichen Vorschriften des TGVG 1983 fremd, insbesondere enthalte es daher auch keine Definition bezüglich der Baugrundstücke. Was unter einem Baugrundstück zu verstehen sei, könne lediglich den hier nicht anzuwendenden materiellrechtlichen Vorschriften des TGVG 1996, nicht jedoch den anzuwendenden Vorschriften des TGVG 1983 entnommen werden. Ein Rückgriff auf die materiellrechtlichen Vorschriften des TGVG 1996 sei aber nicht zulässig.

Das TGVG 1983 enthalte keine Bestimmung über den sog. "Baugrundverkehr". Dies sei darauf zurückzuführen, dass erst durch die B-VG-Novelle BGBl. Nr. 276/1992 eine Zuständigkeit des Landesgesetzgebers für den Verkehr mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken begründet worden sei und dass erst ab Inkrafttreten der entsprechenden Bestimmungen (§§ 9 bis 11 TGVG 1993) mit 1. Jänner 1994 der Verkehr mit Baugrundstücken in Tirol landesgesetzlich geregelt worden sei. Das TGVG 1983 habe hingegen nur den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken sowie den sog. "Ausländergrundverkehr" betroffen. Da Art. III dieser zitierten B-VG-Novelle im Zusammenhang mit der damit erfolgten Kompetenzerweiterung ergangen sei, sei davon auszugehen, dass sich diese lediglich auf den Bereich der tatsächlichen Erweiterung beziehe, somit nur auf Regelungen, die Rechtserwerbe an Baugrundstücken unter dem Gesichtspunkt des Baugrundverkehrs der grundverkehrsbehördlichen Kontrolle unterwerfen würden. Dass der Landesgesetzgeber auch gegen Entscheidungen, die den sog. "Ausländergrundverkehr" nach dem TGVG 1983 betreffen, die Anrufung des Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt habe, gehe aus den Materialien (insbesondere zu § 28 Abs. 6 TGVG 1993) nicht hervor.

Vielmehr sei die Wendung "Rechtserwerbe an Baugrundstücken" im § 28 Abs. 6 TGVG 1996 so zu verstehen, dass sie sich nur auf Rechtserwerbe an Baugrundstücken unter dem Gesichtspunkt des Baugrundverkehrs beziehe. Dies erhelle auch der Umstand, dass die Überschrift des 3. Abschnittes des TGVG 1996 "Rechtserwerbe an Baugrundstücken" laute, und dieser Abschnitt sämtliche materiellrechtlichen Bestimmungen des "Baugrundverkehrs" enthalte. "Rechtserwerbe an Grundstücken durch Ausländer" seien hingegen im

4. Abschnitt des TGVG 1996 geregelt.

§ 40 Abs. 2 und 3 TGVG 1996 lauten:

"(2) In jenen grundverkehrsbehördlichen Verfahren, die am 1. Jänner 1994 anhängig waren, ist in materiellrechtlicher Hinsicht weiterhin das Grundverkehrsgesetz 1983 anzuwenden. Hinsichtlich der Behörden und des Verfahrens gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes.

(3) Auf Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem 1. Jänner 1994 abgeschlossen wurden, ist in materiellrechtlicher Hinsicht weiterhin das Grundverkehrsgesetz 1983 anzuwenden. Hinsichtlich der Behörden und des Verfahrens gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes."

Nach § 28 Abs. 6 letzter Satz TGVG 1996 ist gegen Bescheide der Landes-Grundverkehrskommission, die Rechtsgeschäfte an Baugrundstücken betreffen, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig. Diese Bestimmung findet sich im 9. Abschnitt des TGVG 1996, der die Überschrift "Behörden" trägt.

Gemäß Art. III der Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 276/1992, ist in Angelegenheiten landesgesetzlicher Regelungen, die den Verkehr mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen, die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig.

§ 40 Abs. 3 und 4 TGVG 1993 lauteten:

"(3) Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängigen grundverkehrsbehördlichen Verfahren sind nach dem Grundverkehrsgesetz 1983 in der geltenden Fassung zu Ende zu führen.

(4) Auf Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen wurden, ist weiterhin das Grundverkehrsgesetz 1983 in der geltenden Fassung anzuwenden."

Aus dem Vergleich der vorzitierten Übergangsvorschriften ist zu ersehen, dass das TGVG 1996 - anders als etwa durch das TGVG 1993 - in § 40 Abs. 2 und 3 leg. cit. nicht schlechthin die Anwendung des TGVG 1983 für sog. "Altfälle" anordnet, sondern nur "in materiellrechtlicher Hinsicht" das TGVG 1983 für anwendbar erklärt. Wie etwa der Verfassungsgerichtshof in seinem u.a. zur Bestimmung des § 40 Abs. 3 TGVG 1996 ergangenen Erkenntnis vom 8. Juni 1998, B 1660/97, ausgeführt hat, findet in diesen Fällen das TGVG 1996 (nur) hinsichtlich der Behörden und des Verfahrens Anwendung. Geltungsgrund für diese noch bestehende beschränkte Anwendbarkeit von Vorschriften des TGVG 1983 ist § 40 TGVG 1996.

Zwar gelten gemäß § 40 Abs. 3 TGVG 1996 - so der Verfassungsgerichtshof in seinem vorzitierten Erkenntnis weiter - hinsichtlich der Behörden und des Verfahrens die Bestimmungen des TGVG 1996 auch für Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem 1. Jänner 1994 abgeschlossen wurden; diese Bestimmung bezieht sich jedoch ausschließlich auf den 8. ("Verfahren") und den 9. Abschnitt ("Behörden") des TGVG 1996.

Dies bedeutet aber, dass unbeschadet der von der belangten Behörde zu Art. III der B-VG-Novelle, BGBl. Nr. 276/1992, vorgebrachten Auslegung in verfahrensrechtlicher Hinsicht jedenfalls die Bestimmungen des TGVG 1996 - und somit auch dessen § 28 Abs. 6 letzter Satz, der sich im 9. Abschnitt dieses Gesetzes findet - im Beschwerdefall anzuwenden sind. Dass es sich im Beschwerdefall um ein bebautes Grundstück (etwa auch im Sinne der bereits vorgenannten Verfassungsbestimmung des Art. III der B-VG-Novelle, BGBl. Nr. 276/1992,) handelt, wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt und ist unbestritten.

Auch wenn im TGVG 1983 der Begriff "Baugrundstück" aus den von der belangten Behörde dargelegten Gründen (anderer Umfang der seinerzeitigen grundverkehrsbehördlichen Bewilligungspflicht) nicht näher definiert war, wurde hinsichtlich der Anrufbarkeit des Verwaltungsgerichtshofs spätestens seit der erwähnten B-VG-Novelle, BGBl. Nr. 276/1992, in deren Art. III klargestellt, dass darunter "bebaute oder zur Bebauung bestimmte" Grundstücke zu verstehen sind. Es lässt sich daher auch in Bezug auf das TGVG 1983 - ohne auf die diesbezüglichen materiellrechtlichen Bestimmungen des TGVG 1996 zurückgreifen zu müssen - in Verbindung mit den im Beschwerdefall zur Anwendung gelangenden Bestimmungen der §§ 28 Abs. 6 letzter Satz und 40 Abs. 2 und 3 TGVG 1996 durchaus auch unter Heranziehen der zuletzt genannten Verfassungsbestimmung, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des TGVG 1996 bereits in Geltung stand, der Sinngehalt des Begriffes "Baugrundstück", welcher auch in der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 28 Abs. 6 letzter Satz TGVG 1996 verwendet wird, klären. Der Verkehr mit Baugrundstücken unterlag im Rahmen des "Ausländergrundverkehrs" auch nach den Bestimmungen des TGVG 1983 der Genehmigungspflicht.

Selbst wenn man der von der belangten Behörde gegebenen Auslegung insbesondere zu Art. III der vorzitierten Novelle zum B-VG folgt, hat aber der Landesgesetzgeber durch die gewählte umfassende Formulierung in § 28 Abs. 6 letzter Satz TGVG 1996 in Verbindung mit der ausdrücklichen Anordnung der ausschließlichen Anwendung von materiellrechtlichen Bestimmungen des TGVG 1983 (siehe § 40 Abs. 2 und 3 TGVG 1996) zumindest im Sinne des Art. 133 Z.4 B-VG die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs auch für die Übergangsfälle des § 40 Abs. 2 und 3 TGVG 1996 für zulässig erklärt. Schließlich hat die - im Beschwerdefall auch tatsächlich erfolgte - Abtretung einer Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 144 Abs. 3 ?-VG u.a. zur Voraussetzung, dass es sich nicht um einen Fall handelt, der nach Art. 133 leg. cit. von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs ausgeschlossen ist. Aus den dargelegten Gründen ist daher die Behandlung der vorliegenden Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof - anders als z. B. in den Übergangsfällen nach § 40 Abs. 4 TGVG 1993 (siehe etwa den hg. Beschluss vom 8. September 1995, Zl. 95/02/0327) - aufgrund ihres Zusammenhangs mit einem Baugrundstück grundsätzlich zulässig.

Der Beschwerdeführer wendet insbesondere ein, die Begriffe des entgegenstehenden staatspolitischen Interesses bzw. der möglichen Gefahr der Überfremdung müssten zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Behörde erster Instanz, nämlich des Bescheides der BH vom 17. Dezember 1997 gesehen werden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Republik Österreich bereits der Europäischen Gemeinschaft beigetreten gewesen. Gemäß den Art. 48 ff. EGV (nunmehr: Art. 39 ff. EGV in der Fassung des Amsterdamer Vertrags) hätten die EU-Bürger das Recht, in jeden Mitgliedsstaat ihren Aufenthalt bzw. ihren ordentlichen Aufenthalt zu nehmen. Sie seien jedenfalls Inländern in dieser Hinsicht gleichzustellen.

Nach § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. a TGVG 1983 unterliegen den Bestimmungen dieses Gesetzes alle nicht unter die Z. 1 fallenden Grundstücke (= land- und forstwirtschaftliche Grundstücke), wenn der Rechtserwerb an einem solchen Grundstück durch natürliche Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, erfolgt.

Jeder originäre oder derivative Eigentumserwerb bedarf nach § 3 Abs. 1 lit. a TGVG 1983 der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, soweit im Abs. 2 nicht anderes bestimmt ist.

Wenn der Rechtserwerber dem Personenkreis nach § 1 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. angehört, darf gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. die nach § 3 Abs. 1 erforderliche Zustimmung bei sämtlichen diesem Gebiet unterliegenden Grundstücken (§ 1 Abs. 1) - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 - nur erteilt werden, wenn der Rechtserwerb staatspolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder kulturellen Interessen nicht widerspricht; ein Widerspruch zu solchen Interessen liegt nach lit. a dieser Bestimmung insbesondere dann vor, wenn in der betreffenden Gemeinde oder Ortschaft mit Rücksicht auf das Ausmaß des schon vorhandenen ausländischen Grundbesitzes oder auf die Zahl der ausländischen Grundbesitzer eine Überfremdung einzutreten droht.

Wird die Zustimmung im Sinne der §§ 3 bis 6 diese Gesetzes versagt, so ist nach § 16 Abs. 1 erster Satz leg. cit. der Rechtserwerb nichtig.

Aus der Aktenlage ist zu ersehen, dass das gegenständliche grundverkehrsbehördlichen Verfahren am 1. Jänner 1994 infolge entsprechender Antragstellung im April 1993 bei der Grundverkehrsbehörde anhängig war. Ferner ist unbestritten, dass sich dieser Antrag auf ein (infolge der Ausländereigenschaft des Zweitbeschwerdeführers nach dem TGVG 1983 bewilligungspflichtiges) Rechtsgeschäft bezog, das vor dem 1. Jänner 1994 abgeschlossen wurde. Es lagen daher grundsätzlich - wie die belangte Behörde zutreffend im angefochtenen Bescheid aufzeigte - die Voraussetzungen für die Anwendung der materiellrechtlichen Vorschriften des TGVG 1983 sowohl nach § 40 Abs. 2 als auch nach dessen Abs. 3 TGVG 1996 vor. Gemäß § 41 erster Satz ist das TGVG 1996 mit 1. Oktober 1996 in Kraft getreten. Allerdings ist - worauf die Beschwerdeführer schon in ihrer Berufung hinwiesen - zu beachten, dass Österreich bereits seit 1. Jänner 1995 Mitglied der Europäischen Union (kurz: EU) ist (siehe EU-Beitrittsvertrag, BGBl. Nr. 45/1995).

Gemäß Art. 2 der sog. Beitrittsakte dieses Beitrittsvertrages sind die ursprünglichen Verträge und die vor dem Beitritt erlassenen Rechtsakte der Organe für die neuen Mitgliedsstaaten verbindlich und gelten in diesen Staaten nach Maßgabe der genannten Verträge und dieser Akte.

Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (kurz: EuGH) etwa im Zusammenhang mit der zuvor genannten Bestimmung der Beitrittsakte in Verbindung mit dem allgemeinen Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit nach Art. 6 (nunmehr Art. 12) EG-Vertrag in seinem Urteil vom 2. Oktober 1997, Rechtssache C-122/96 (Saldanha u.a.), Slg. 1997, S. I-5325, ausgesprochen hat, ist, weil die Beitrittsakte keine besonderen Bestimmungen hinsichtlich der Anwendung von Art. 6 (nunmehr Art. 12) EG-Vertrag vorsieht, diese Bestimmung sofort anwendbar und für die Republik Österreich vom Zeitpunkt ihres Beitritts an verbindlich, sodass sie für zukünftige Auswirkungen vor dem Beitritt dieses neuen Mitgliedsstaates zu den Gemeinschaften entstandener Sachverhalte gilt. Eine Verfahrensvorschrift (in jenem vom EuGH behandelten Fall ging es um die Vorschrift des § 57 Abs. 1 ZPO), die eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit bewirkt, kann daher vom Zeitpunkt des Beitritts an nicht mehr auf Staatsangehörige eines anderen Mitgliedsstaats angewendet werden, sofern sie in den sachlichen Anwendungsbereich des EG-Vertrages fällt (RZ 14).

Nach Art. 70 der vorgenannten Beitrittsakte hat Österreich lediglich für bestehende Rechtsvorschriften betreffend Zweitwohnungen eine auf fünf Jahre befristete Ausnahme "von den Verpflichtungen im Rahmen der die Europäische Union begründenden Verträge" erhalten. Die von der belangten Behörde im Beschwerdefall infolge Rechtsüberleitung durch das TGVG 1996 angewendeten materiellrechtlichen Bestimmungen des TGVG 1983, insbesondere die Bewilligungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 2 TGVG 1983, können aufgrund ihrer allgemeinen Formulierung für den Grunderwerb durch Ausländer nicht als im Beitrittszeitpunkt "bestehende Rechtsvorschriften betreffend Zweitwohnungen" angesehen werden, weshalb sie schon aus diesem Grund nicht unter Art. 70 der Beitrittsakte fallen.

Der Anwendungsbereich des vorgenannten Diskriminierungsverbotes nach Art. 12 (früher Art. 6) EG-Vertrag (kurz: EG) ist jedoch relativ begrenzt, weil diese Bestimmung autonom ausschließlich in den durch das Gemeinschaftsrecht geregelten Fällen angewandt werden kann, für die der Vertrag kein besonderes Diskriminierungsverbot vorsieht (vgl. Lenz in Lenz, EG-Vertrag Kommentar, 2. Auflage, S. 144, RN 1 zu

Art. 12 EG-Vertrag, m.w.N.).

Ein solches besonderes Diskriminierungsverbot findet sich etwa in Art. 56 (früher Art. 73b) EG-Vertrag, nach dessen Abs. 1 im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten sowie zwischen den Mitgliedsstaaten und dritten Ländern verboten sind. Eine Berührung zur Freiheit des Kapitalverkehrs nach dem EG-Vertrag ergibt sich aber im Beschwerdefall schon deshalb, weil mit der aktuellen, nach dem Beitritt Österreichs zur EU erfolgten und im Wesentlichen auf § 4 Abs. 2 TGVG 1983 gestützten Versagung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung die Nichtigkeit des ursprünglichen Rechtsgeschäfts (siehe § 16 Abs. 1 erster Satz TGVG 1983) und damit verbunden auch eine aktuelle Behinderung des freien Kapitalverkehrs bewirkt werden soll.

Es ist offenkundig, dass die durch § 40 Abs. 2 und 3 TGVG 1996, somit nach dem Beitritt Österreichs zur EU, angeordnete Weitergeltung von materiellrechtlichen Bestimmungen des TGVG 1983 (wegen der damit verbundenen Pflicht zur grundverkehrsbehördlichen Bewilligung des Erwerbs von Grundstücken durch Ausländer, insbesondere aber durch Bürger anderer Mitgliedsstaaten der EU) in Bezug auf den Grunderwerb etwa von Baugrundstücken eine Diskriminierung im Vergleich zu österreichischen Staatsangehörigen deshalb enthält, weil für letztere die Erfüllung z. B. der in § 4 Abs. 2 TGVG 1983 genannten Voraussetzungen nicht erforderlich ist.

Insbesondere der Zweitbeschwerdeführer als Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedsstaates der EU kann sich aber ab dem Beitritt Österreichs zur EU (siehe vorstehende Ausführungen zur Art. 2 der Beitrittsakte) u.a. auf die ihm nach dem EG-Vertrag zustehenden Grundfreiheiten einschließlich der darin enthaltenen besonderen Diskriminierungsverbote berufen, was dieser auch in seiner Beschwerde durch allgemeine Berufung auf die Art. 48 ff (nunmehr: Art. 39 ff) EG-Vertrag tat. Wie aus dem Urteil des EuGH vom 1. Juni 1999, Rechtssache C-302/97 (Konle), zu ersehen ist, genügt es im Zusammenhang mit dem Grundverkehr, wenn sich ein Bürger eines anderen Mitgliedsstaates auf das Diskriminierungsverbot nach Art. 56 (vormals Art. 73b) EG-Vertrag (insbesondere im Rahmen der Kapitalverkehrsfreiheit) erfolgreich berufen kann. Im Beschwerdefall liegt auch kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die für Ausländer nach § 40 Abs. 2 und 3 TGVG 1996 übergeleitete Bewilligungspflicht und die damit einhergehende Beschränkung des Kapitalverkehrs etwa wegen des Erfüllens "bestimmter Voraussetzungen" mit Art. 56 EG-Vertrag vereinbar wäre (vgl. in diesem Zusammenhang das vorzitierte Erkenntnis des EuGH vom 1. Juni 1999 in der RS Konle, insbesondere RZ 39 ff).

Die ausschließliche Anwendung von besonderen Bewilligungsvorschriften nach § 40 Abs. 2 und 3 TGVG 1996 für den Grunderwerb durch Ausländer, insbesondere durch Angehörige eines anderen Mitgliedsstaates der EU, stellt somit eine nicht zulässige Diskriminierung dar. Die belangte Behörde verkannte jedoch die Rechtslage, weil sie die diesbezüglichen (diskriminierenden) Bestimmungen im Beschwerdefall jedenfalls nicht (mehr) anzuwenden hatte.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Kostenzuspruch hatte mangels diesbezüglichen Antrags der beschwerdeführenden Parteien im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entfallen.

Wien, am 30. September 1999

Gerichtsentscheidung

EuGH 696J0122 Saldanha VORAB;
EuGH 697J0302 Konle VORAB;

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Bescheide von Kollegialbehörden iSd B-VG Art133 Z4Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999020039.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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