TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/2 W228 2143995-1

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Veröffentlicht am 02.10.2018
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Entscheidungsdatum

02.10.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VOG §6a

Spruch

W228 2143995-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Reinhard SEITZ sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Dr. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark vom 03.11.2016, GZ: XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Für die damals minderjährige XXXX(im Folgenden: Beschwerdeführerin) wurde am 01.10.2013 beim Bundessozialamt, nunmehr Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde) ein Antrag auf Hilfeleistungen nach nach dem österreichischen Verbrechensopfergesetz (VOG) in Form einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld gestellt. Der Antrag wurde damit begründet, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum 2010 bis Jänner 2013 während ihres Aufenthalts in der "XXXX", einer sozialpädagogischen Betreuungseinrichtung, Opfer von zahlreichen schweren sexuellen Übergriffen durch andere Bewohner dieser Einrichtung geworden sei und sie dadurch psychische Gesundheitsschädigungen erlitten habe.

Aus dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 04.10.2014 ergibt sich, dass als Folge des Verbrechens bei der Beschwerdeführerin eine akute Belastungsstörung vorliegt, welche als schwere Körperverletzung gemäß § 84 StGB anzusehen sei.

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 14.10.2014 gemäß § 1, 2 Z 10 iVm § 6a erster Satz VOG, in der Fassung BGBL. I Nr. 40/2009, eine Pauschalentschädigung für Schmerzengeld in Höhe von € 1.000,00 bewilligt.

Die nunmehrige Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin stellte am 29.04.2016 einen weiteren Antrag auf Gewährung von Hilfeleistungen nach dem VOG dahingehend, dass der Beschwerdeführerin ein weiteres Schmerzengeld gemäß § 6a zweiter Satz VOG, in der Fassung BGBL. I Nr. 40/2009, zu bewilligen sei, zumal sie immer noch an den Folgen der strafbaren Handlungen, die ihr im Zeitraum 2010 bis 2013 zugefügt wurden, leide und somit nicht auszuschließen sei, dass bei der Beschwerdeführerin eine Gesundheitsschädigung mit schweren Dauerfolgen im Sinne des § 85 StGB vorliege.

Aus dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 01.08.2016 ergibt sich, dass sich keine eindeutigen Hinweise auf das Vorliegen einer Traumafolgestörung, die sich auf die Vorfälle im Zeitraum von 2010 bis Anfang Jänner 2013 beziehen, zeigen würden. Die bestehende posttraumatische Belastungsstörung sei als nicht kausal anzusehen. Es liege sohin keine psychische Gesundheitsschädigung mit schweren Dauerfolgen im Sinne des § 85 StGB vor.

Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 03.11.2016, GZ: XXXX, den Antrag der Beschwerdeführerin vom 29.04.2016 auf Gewährung von Hilfeleistungen nach dem VOG in Form einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld in Höhe des Differenzbetrages in Höhe von € 4.000,00 für eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen gemäß § 6a 2. Satz VOG, in der Fassung BGBL.I Nr. 40/2009, abgewiesen. Begründend wurde - nach Zitierung der angewandten gesetzlichen Bestimmungen - ausgeführt, dass sich laut Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 01.08.2016 derzeit keine eindeutigen Hinweise auf das Vorliegen einer Traumafolgestörung, die sich auf die Vorfälle im Zeitraum von 2010 bis Anfang 2013 beziehen, zeigen würden. Die Beschwerdeführerin habe eine Störung des Sozialverhaltens in frühen Lebensjahren entwickelt, ebenso habe sie eine posttraumatische Belastungsstörung sehr frühzeitig, aufgrund der Gewaltausübung des Kindesvaters, entwickelt. Die bestehende posttraumatische Belastungsstörung sei als nicht kausal anzusehen. Es liege keine psychische Gesundheitsschädigung mit schweren Dauerfolgen im Sinne des § 85 StGB vor. Da damit die Voraussetzungen für die Gewährung des Differenzbetrages in Höhe von € 4.000,00 nicht vorliege, sei der Antrag auf die Hilfeleistung nach § 6a zweiter Satz VOG, in der Fassung BGBL.I Nr. 40/2009, abzuweisen.

Gegen diesen Bescheid hat die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 22.12.2016 fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde ausgeführt, dass das vorliegende Gutachten mangelhaft sei und zwar insofern, als der Sachverständige ausführe, dass derzeit keine eindeutigen Hinweise für eine Traumafolgestörung vorliegen, er aber offenbar nicht mit 100%-iger Wahrscheinlichkeit eine Traumafolgestörung bedingt durch die Vorfälle im Zeitraum von 2010 bis Anfang 2013 ausschließen könne, dazu aber nähere Ausführungen bzw. eine Begründung unterlasse. Der Sachverständige komme aus nicht nachvollziehbaren Gründen zum Ergebnis, dass die bestehende posttraumatische Belastungsstörung nicht kausal wäre. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, ein Ergänzungsgutachten einzuholen. In der der Beschwerde beigelegten fachärztlichen Stellungnahme von Dr. XXXX, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, vom 15.12.2016, werde ausgeführt, dass anamnestisch eine massive Traumatisierung durch Übergriffe in der Jugend-WG, die zu einer Aggravierung und einer zusätzlichen psychiatrischen Symptomatik geführt hätten, vorliege. Dr. XXXX gelange zu dem Ergebnis, dass bei der Beschwerdeführerin sohin eine Traumafolgestörung, die aus den Vorfällen von 2010 bis 2013 resultiere, bestehe, sohin eine psychische Gesundheitsschädigung mit schweren Dauerfolgen vorliege.

Die Beschwerde wurde gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 05.01.2017 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 30.02.2018 Univ. Doz. Dr.XXXXum Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens - basierend auf persönlicher Untersuchung - ersucht.

Am 03.04.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben von Univ. Doz. Dr. XXXX ein, in welchem sie ausführte, dass die bei der Beschwerdeführerin zu beurteilende Sachlage ihr berufliches Schwerpunktgebiet überschreite und sie daher bitte, einen anderen Gutachter festzulegen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 17.04.2018 Dr. XXXX um Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens - basierend auf persönlicher Untersuchung - ersucht. Folgendes ist zu beurteilen bzw. dazu Stellung zu nehmen:

1) Medizinisch exakte Bezeichnung der festgestellten Gesundheitsschädigungen aufgrund der Vorfälle im Zeitraum 2010 bis 2013;

2) Kausalität

2a) Welche der festgestellten Gesundheitsschädigungen sind mit Wahrscheinlichkeit auf das Verbrechen zurückzuführen?

2b) Welche der festgestellten kausalen Gesundheitsschädigungen sind

a. folgenlos abgeheilt - mit welchem Zeitpunkt?

b. Dauerschäden?

c. allenfalls besserungsfähig - zutreffendenfalls wann?

2c) Handelt es sich bei den unter Punkt 1) festgestellten Leiden um

eine schwere Körperverletzung gem. § 84 Abs. 1 StGB

-

Gesundheitsschädigung dauerte länger als vierundzwanzig Tage, Berufsunfähigkeit

-

oder Verletzung/Gesundheitsschädigung an sich schwer (zB Knochenbrüche, Gehirnerschütterungen, besonders schmerzhafte Verletzungen oder solche, bei deren Heilungsverlauf und -aussichten längere Zeit ungewiss sind)

2d) Handelt es sich bei den unter Punkt 1) festgestellten Leiden um eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen gem. § 85 StGB, hat die Tat für immer oder für lange Zeit zur Folge

-

den Verlust/schwere Schädigung der Sprache, des Sehvermögens, des Gehörs oder der Fortpflanzungsfähigkeit

-

eine erhebliche Verstümmelung oder eine auffallende Verunstaltung

-

ein schweres Leiden, Siechtum oder Berufsunfähigkeit

Der Ausdruck "schweres Leiden" bezeichnet eine die gesamte Lebensführung des Betroffenen beeinträchtigende Gesundheitsstörung von langer Dauer. Ob ein Leiden schwer ist, hängt von der in einer Gesamtschau zu würdigenden Erheblichkeit und Wichtigkeit der Gesundheitsschädigung ab.

2e) Falls das Verbrechen nicht alleinige Ursache ist, wird um Beurteilung ersucht, ob das Verbrechen als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen hat.

Es wird ersucht ausführlich darzulegen, was für den wesentlichen Einfluss (vorzeitige Auslösung und/oder Verschlimmerung) des Verbrechens spricht und was dagegen.

3) Falls die Kausalität unter Punkt 2 verneint wird, wird um ausführliche Stellungnahme ersucht, worauf der festgestellte Leidenszustand zurückzuführen ist.

4) Stellungnahme

Beschwerdevorbringen, siehe Akt des Bundesverwaltungsgerichtes

vorgelegte Befunde bzw. (Privat)Gutachten

Beschwerdeverfahren

-

Fachärztliche Stellungnahme vom 15.12.2016, Beilage zur Beschwerde, siehe Akt des Bundesverwaltungsgerichtes

5) Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis (Abl. 108-116 sowie 168-171) abweichenden Beurteilung.

6) Feststellung, ob bzw. wann eine ärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist.

Die Beschwerdeführerin ist unentschuldigt nicht zum Untersuchungstermin am 22.05.2018 erschienen und wurde ein neuer Untersuchungstermin am 26.06.2018 angesetzt.

In dem in Erledigung des Auftrages des Bundesverwaltungsgerichts ergangenen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 26.06.2018 wurde auszugsweise wie folgt ausgeführt:

"1. Diagnose: 1.1. Posttraumatische Belastungsstörung (Eigene Diagnose), 1.2 recidivierende Depression (Diagnose laut Befund von Frau Dr. XXXX, Fachärztin für Psychiatrie, vom 15.12.2016), 1.3. Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ (Diagnose laut Befund von Frau Dr. XXXX, Fachärztin für Psychiatrie, vom 15.12.2016), 1.4. Migräne ohne Aura (Diagnose laut Befund von Frau Dr. XXXX, Fachärztin für Psychiatrie, vom 15.12.2016).

2. Kausalität: 2a) Leiden 1.1. ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf das Verbrechen zurückzuführen. (...) 2d) Nein, es handelt sich bei den unter Punkt 1 genannten Leiden um keine Verletzung mit schweren Dauerfolgen.

(...) "

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 13.07.2018 der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin das Gutachten vom 26.06.2018 übermittelt und die Möglichkeit zur Stellungnahme geboten.

Es langte keine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin wurde im Zeitraum 2010 bis Anfang des Jahres 2013 während ihres Aufenthalts in der "XXXX", einer sozialpädagogischen Betreuungseinrichtung, Opfer von zahlreichen schweren sexuellen Übergriffen durch andere Bewohner dieser Einrichtung. Es liegt eine, mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte, rechtswidrige und vorsätzliche Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 VOG vor.

Eine Pauschalentschädigung für Schmerzengeld in Höhe von € 1.000,-- wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.10.2014 bewilligt, zumal die Beschwerdeführerin infolge des Verbrechens eine akute Belastungsreaktion erlitt, welche als schwere Körperverletzung nach § 84 StGb zu werten ist.

Die Beschwerdeführerin leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Diese Gesundheitsschädigung ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf das Verbrechen zurückzuführen ist. Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um keine Verletzung mit schweren Dauerfolgen.

Die Beschwerdeführerin leidet des Weiteren an einer recidivierenden Depression, einer Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ sowie an Migräne ohne Aura. Diese Gesundheitsschädigungen sind nicht auf das Verbrechen zurückzuführen.

2. Beweiswürdigung:

Dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum 2010 bis Anfang des Jahres 2013 Opfer von zahlreichen schweren sexuellen Übergriffen wurde und sohin eine, mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte, rechtswidrige und vorsätzliche Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 VOG vorliegt, ist nicht strittig.

Die Feststellung zum Vorliegen der posttraumatischen Belastungsstörung ergibt sich aus dem Gutachten von Dr. XXXX und aus dem Gutachten von Dr. XXXX, welche in diesem Punkt übereinstimmend vom Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung bei der Beschwerdeführerin ausgehen. Hinsichtlich der divergierenden Annahme der Kausalität führt Dr. XXXX aus, dass die posttraumatische Belastungsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf das Verbrechen zurückzuführen sei. Das Gutachten von Dr. XXXX kommt sohin in der Grundlage, nämlich dahingehend ob die bei der Beschwerdeführerin vorliegende posttraumatische Belastungsstörung auf das Verbrechen zurückzuführen ist oder nicht, zu einem anderen Ergebnis als das Gutachten von Dr. XXXX. Dieses Ergebnis wird auch fundiert begründet, mit einem anderen Gesprächsverlauf und dem Vorliegen sämtlicher Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung, welche auch im Befund von Frau Dr.XXXX, vom 15.12.2016, objektiviert wurde. Akausale Gründe, wie eine langjährige Störung des Sozialverhaltens, waren als nicht vorliegend auszuschließen. Aufgrund der fundierten Begründung und des jüngeren Gutachtendatums und somit der jüngeren Leidensobjektivierung ist dem Gutachten von Dr. XXXX bei den Feststellungen zu folgen. Betreffend die verfahrensgegenständliche, hier elementare Frage, ob es sich bei der posttraumatischen Belastungsstörung um eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen handelt, wird von Dr. XXXX aber wiederum übereinstimmend mit Dr. XXXX ausgeführt, dass es sich um keine Verletzung mit schweren Dauerfolgen handle.

Es ist daher die Feststellung zu treffen, dass bei der Beschwerdeführerin keine Verletzung mit schweren Dauerfolgen vorliegt. Festzuhalten ist, dass das Bundesverwaltungsgericht der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin das Gutachten von Dr. XXXX vom 26.06.2018 übermittelt und die Möglichkeit zur Stellungnahme geboten hat; es wurde jedoch keine Stellungnahme abgegeben.

Die Feststellung betreffend das Vorliegen einer recidivierenden Depression, einer Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ sowie einer Migräne ohne Aura bei der Beschwerdeführerin ergibt sich aus der fachärztlichen Stellungnahme von Dr. XXXX vom 15.12.2016. Diese Gesundheitsschädigungen sind laut Gutachten von Dr. XXXX nicht auf das Verbrechen zurückzuführen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend das Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark.

Gemäß § 9d Abs. 1 Verbrechensopfergesetz (VOG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 1 Abs. 1 VOG haben österreichische Staatsbürger Anspruch auf Hilfe, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie durch eine zum Entscheidungszeitpunkt, mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte, rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

Gemäß § 6a VOG, in der Fassung BGBl. I Nr. 40/2009, ist Hilfe nach § 2 Z 10 (Pauschalentschädigung für Schmerzengeld) für eine schwere Körperverletzung (84 Abs. 1 StGB) infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 als einmalige Geldleistung im Betrag von € 1.000.- zu leisten. Zieht die Handlung eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB) nach sich, gebührt ein einmaliger Betrag von € 5.000,-.

§ 84 StGB lautet:

(1) Wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit oder eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung zufügt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(.....)

§ 85 StGB lautet:

(1) Wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig für immer oder für lange Zeit

1. den Verlust oder eine schwere Schädigung der Sprache, des Sehvermögens, des Gehörs oder der Fortpflanzungsfähigkeit,

2. eine erhebliche Verstümmelung oder eine auffallende Verunstaltung oder

3. ein schweres Leiden, Siechtum oder Berufsunfähigkeit des Geschädigten,

herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Der Beschwerdeführerin wurde bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.10.2014 im Sinne des § 6a erster Satz VOG, in der Fassung BGBl. I Nr. 40/2009, eine Pauschalentschädigung für Schmerzengeld im Betrag von € 1.000.- bewilligt.

Um einen Anspruch nach § 6a zweiter Satz VOG, in der Fassung BGBl. I Nr. 40/2009, begründen zu können, muss die Handlung nach § 1 Abs. 1 VOG eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen im Sinne des § 85 StGB nach sich ziehen.

Wie festgestellt, liegt im gegenständlichen Fall keine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen im Sinn des § 85 StGB vor. Die Handlung nach § 1 Abs. 1 VOG hat sohin keine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB) nach sich gezogen.

Die Voraussetzungen des § 6a zweiter Satz VOG, in der Fassung BGBl. I Nr. 40/2009, sind sohin nicht erfüllt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Körperverletzung, Sachverständigengutachten, Schmerzengeld

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W228.2143995.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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