Entscheidungsdatum
02.10.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W200 2140758-2/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und den Richter Dr. KUZMINSKI sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb.XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 02.11.2017, OB: 71541170200033, mit dem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen vor.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 19.05.2016 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" und verwies auf seine fünfmaligen Operationen am Peronaeus-Nerv sowie auf eine fünfmalige Hüftoperation.
Im orthopädischen Gutachten vom 24.08.2016 wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 von 100 festgestellt, jedoch festgehalten, dass die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel zulassen würden.
Mit Bescheid vom 07.10.2016 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass unter Zugrundelegung des Gutachtens abgewiesen.
Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde insofern Folge gegeben als der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice zurückverwiesen wurde. Aufgetragen wurde die Einholung eines fachärztlichen neurologischen Gutachtens, wobei die zu stellenden Fragen vom BVwG exakt vorgegeben wurden.
In weiterer Folge holte das Sozialministeriumservice ein neurologisches Gutachten ein, indem die vom BVwG zu stellenden Fragen vom Gutachter - obwohl er von der belangten Behörde darauf hingewiesen wurde - nicht beantwortet wurden. Das Sozialministeriumservice dürfte dem begutachtenden Neurologen das Gutachten zur Korrektur übermittelt haben, da ein zweites Gutachten mit jüngerem Datum dem Akt zu entnehmen ist. In diesem Gutachten wird - themaverfehlend - unter anderem der Grad der Behinderung thematisiert.
Mit Bescheid vom 02.11.2017 wurde der gestellte Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass unter Zugrundelegung des eingeholten neurologischen Gutachtens abgewiesen.
Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde sowie insbesondere aufgrund der groben Mängel in dem von der belangten Behörde eingeholten neurologischen Gutachten holte das BVwG neuerlich ein nervenfachärztliches Gutachten ein. Das Gutachten vom 10.07.2018 gestaltete sich wie folgt:
"Anamnese:
70 Jahre alter Mann, der mit 2 Krücken und in Begleitung seiner Ehefrau, zur Untersuchung in meine Praxis kommt. Er sei Kundendiensttechniker und -monteur, Elektromechaniker bei einer Leihfirma gewesen und seit dem 65. Lebensjahr in Pension. Verheiratet. 1 erwachsener Sohn mit 38 Jahren. 2 Enkelinnen mit 4 und 2 Jahren.
Frühere Erkrankungen:
+ Diabetes mellitus II seit 1-2 Jahren, medikamentös eingestellt.
+ COPD
+ Depressionen
+ 10.12.2013 Hüftoperation rechts, nicht optimal verlaufen. Seither 5 weitere Operationen bis 7/2014. Seither sei rechts ein Bein um 2 cm länger. Durch die Beinlängendifferenz sei auch seine linke Hüfte schlecht geworden. Er leide ständig unter Schmerzen. Anfangs habe er nur mit Rollator gehen können. Jetzt mit 2 Krücken, aber beschwerdefrei sei er nie mehr geworden. Seither auch Peronaeusschwäche rechts.
+ Beschwerden seitens L 1/2/3/4. Schmerzen trotz entsprechender Therapie.
Sei ein- bis zweimal monatlich bei seiner Neurologin in Behandlung.
(...)
Medikamentöse Therapie:
Nebivolol 5 mg Va, Candesartan 32/12,5 mg 1/2, Duloxetin 60 mg 1, Metfomin 850 mg 2x1, Zoldem 10 mg 1, Trittico 150 mg retard 1, Doxapress 4 mg 1, Spray für die Atmung (Name?)
Neurologischer Status:
Im Kopf- und im Hirnnervenbereich keine Auffälligkeiten. Keine Halbseitenzeichen. Seitengleiche Verhältnisse bezüglich Tonus, Kraft, Sensibilität und Reflexe an den oberen Extremitäten. Aber an den unteren: Peronaeusschwäche rechts. Sensibilitätsstörungen im Sinne von Dys- und Hypästhesie entsprechend L4/5 rechts. Schwäche für Oberschenkelheben. Bursitisschmerz rechts mehr als links. Keine pathologischen Reflexe. Aber Reflexe schwach bis fehlend. (Patellarsehnenreflex seitengleich schwach, Achillessehnenreflex beidseits fehlend) Koordinationsversuche rechts dysmetrisch. Romberg möglich, aber etwas unsicher. Unterberger schmerzbedingt nichts möglich. Zehen- und Fersenstand rechts nicht möglich. Links kurz möglich. Gangbild frei nicht möglich, aber mit Krücken mühsam möglich. Steigen auf einen Schemel nicht ausreichend sicher möglich. Anhalten mit den zwei Krücken nicht möglich. Ohne Krücken sehr unsicher und ungerichtete Falltendenz. An den unteren Extremitäten außerdem Dys- und Parästhesien beidseits bis zu den Waden.
Psychischer Status:
Bewusstseinsklar und allseits orientiert. Keine Denkstörungen. Keine psychotische Symptomatik. Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit regelrecht. Gedankenductus regelrecht. Befindlichkeit subdepressiv bis depressiv, teilweise dysphorisch. Vermindert affektkontinent. Unduldsam und verzweifelt über seine körperlichen Gebrechen. Verzweifelt über die vielen Operationen, die alle keine wirklichen Verbesserungen gebracht haben. Vermindert affizierbar und resonanzfähig. Instabil. Keine Suizidalität.
Beantwortung der gestellten Fragen, die bitte dem Akt zu entnehmen sind:
Diagnosen:
1.1. Peronaeusparese rechts
1.2. Diabetische Polyneuropathie der unteren Extremitäten
1.3. Hüftendoprothese rechts
1.4. Degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule
2. Die angeführten Leidenszustände wirken sich auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel derart aus, dass Beschwerdeführer (BF) nicht mehr in der Lage ist, eine Strecke von 300 bis 400 Meter, mit oder ohne Hilfsmittel (Krücken), ausreichend sicher zurückzulegen, ausreichend sicher in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und auszusteigen, sich in einem Verkehrsmittel ausreichend sicher anzuhalten und auch während des Transports sich in einem solchen sicher aufzuhalten. Auch die Sitzplatzsuche in einem öffentlichen Verkehrsmittel würde sich nicht ausreichend einfach gestalten.
3. Ja. Es liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor. Er leidet an Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule mit Einengungen des Wirbelkanals, die zu Nerveneinengungen im Bereich des 4. und 5. Lendenwirbels führen, sowie Bandscheibenabnützungen im Bereich des 2. und 3. Lendenwirbelsäulenbereichs. Weiters Abnützungen in den Hüften, die zu ausgeprägten Schmerzen führen. Zahlreiche Operationen haben zu einer Beinlängendifferenz geführt. Wegen der Zuckerkrankheit kam es auch zu einer Polyneuropathie, die zu schmerzhaften Missempfindungen in den Beinen geführt haben, die zusätzlich zu Unsicherheit beim Gehen geführt haben.
4. Mit starken Schmerzen ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, insbesondere das Gehen, beim BF verbunden. Begründung siehe unter Punkt 3.
5. Es liegen erhebliche Einschränkungen neurologischer Funktionen vor. Siehe Begründung unter Punkt 3., nicht aber Einschränkungen psychischer oder intellektueller Funktionen."
Im gewährten Parteiengehör nahm der Beschwerdeführer das Gutachten zustimmend zu Kenntnis.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines befristeten Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 60 von Hundert.
1.2. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.
1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
Neurologischer Status:
Seitengleiche Verhältnisse bezüglich Tonus, Kraft, Sensibilität und Reflexe an den oberen Extremitäten. Aber an den unteren:
Peronaeusschwäche rechts. Sensibilitätsstörungen im Sinne von Dys- und Hypästhesie entsprechend L4/5 rechts. Schwäche für Oberschenkelheben. Bursitisschmerz rechts mehr als links. Keine pathologischen Reflexe. Aber Reflexe schwach bis fehlend. (Patellarsehnenreflex seitengleich schwach, Achillessehnenreflex beidseits fehlend) Koordinationsversuche rechts dysmetrisch. Romberg möglich, aber etwas unsicher. Unterberger schmerzbedingt nichts möglich. Zehen- und Fersenstand rechts nicht möglich. Links kurz möglich. Gangbild frei nicht möglich, aber mit Krücken mühsam möglich. Steigen auf einen Schemel nicht ausreichend sicher möglich. Anhalten mit den zwei Krücken nicht möglich. Ohne Krücken sehr unsicher und ungerichtete Falltendenz. An den unteren Extremitäten außerdem Dys- und Parästhesien beidseits bis zu den Waden.
Funktionseinschränkungen:
Peronaeusparese rechts; Diabetische Polyneuropathie der unteren Extremitäten; Hüftendoprothese rechts; Degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule;
1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Es liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten sowie erhebliche Einschränkungen neurologischer Funktionen vor.
Die angeführten Leidenszustände wirken sich auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel derart aus, dass Beschwerdeführer nicht mehr in der Lage ist, eine Strecke von 300 bis 400 Meter, mit oder ohne Hilfsmittel (Krücken), ausreichend sicher zurückzulegen, ausreichend sicher in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und auszusteigen, sich in einem Verkehrsmittel ausreichend sicher anzuhalten und auch während des Transports sich in einem solchen sicher aufzuhalten. Auch die Sitzplatzsuche in einem öffentlichen Verkehrsmittel würde sich nicht ausreichend einfach gestalten.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, insbesondere das Gehen, mit starken Schmerzen verbunden.
2. Beweiswürdigung:
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein nervenfachärztliches Gutachten eingeholt. Die darin festgestellten Leiden führen laut Gutachten nachvollziehbar zu einer erheblichen Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sowie der neurologischen Funktionen.
Laut Gutachten leidet der Beschwerdeführer an Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule mit Einengungen des Wirbelkanals, die zu Nerveneinengungen im Bereich des 4. und 5. Lendenwirbels führen, sowie Bandscheibenabnützungen im Bereich des
2. und 3. Lendenwirbelsäulenbereichs, weiters an Abnützungen in den Hüften, die zu ausgeprägten Schmerzen führen. Zahlreiche Operationen haben zu einer Beinlängendifferenz geführt. Wegen der Zuckerkrankheit kam es auch zu einer Polyneuropathie, die zu schmerzhaften Missempfindungen in den Beinen geführt haben, die zusätzlich zu Unsicherheit beim Gehen geführt haben.
Die Gutachterin führt wörtlich aus, "dass Beschwerdeführer nicht mehr in der Lage ist, eine Strecke von 300 bis 400 Meter, mit oder ohne Hilfsmittel (Krücken) ausreichend sicher zurückzulegen, ausreichend sicher in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und auszusteigen, sich in einem Verkehrsmittel ausreichend sicher anzuhalten und auch während des Transports sich in einem solchen sicher aufzuhalten".
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).
Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:
Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 ist die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
? erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
? erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
? erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
? eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
? eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 wird ausgeführt:
Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Beurteilungskriterien zur Frage "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" sind Funktionseinschränkungen relevant, die die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Als Aktionsradius ist eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 200 bis 300 m anzunehmen.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Alle therapeutischen Möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des behandelnden Arztes/der behandelnden Ärztin ist nicht ausreichend.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Beim Beschwerdeführer liegen nach Ansicht des erkennenden Senates - unter Zugrundelegung des neurologischen Gutachtens - die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung wegen erheblicher Einschränkungen neurologischer Funktionen sowie der Funktionen der unteren Extremitäten vor.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. (§ 24 Abs. 1 VwGVG)
Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. (§ 24 Abs. 2 Z.1 VwGVG)
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Zur Klärung des Sachverhaltes war vom BVwG ein nervenfachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt worden, in dem der Zustand des Beschwerdeführers im Detail dargelegt und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung festgestellt wird.
Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde das Sachverständigengutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem Beschwerdeführer mündlich zu erörtern gewesen wäre. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W200.2140758.2.00Zuletzt aktualisiert am
23.11.2018