TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/2 W154 2001772-4

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Veröffentlicht am 02.10.2018
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Entscheidungsdatum

02.10.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs3
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W154 2001772-4/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Marokko, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.04.2018, Zl. 831651304 - 180309316, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 11.04.2018 bis 10.08.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 76 Abs. 3 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 17.11.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers (in der Folge: BF) auf internationalen Schutz abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs mit 21.12.2017 nach abgeschlossenem Beschwerdeverfahren in Rechtskraft.

2. Am 25.01.2018 stellte das BFA einen Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der marokkanischen Botschaft in Wien. Mit Schreiben vom 15.02.2018 teilte das Bundeskriminalamt der Behörde schriftlich mit, dass der BF von Interpol Rabat habe identifiziert werden können.

3. Mit Bescheid des BFA vom 13.03.2018, Zl. 831651304-180190556, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Z. 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 06.04.2018, Zahl I411 2179330-2/3E, als unbegründet abgewiesen.

4. Mit Mandatsbescheid vom 03.04.2018 wurde über den BF die gegenständliche Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. In einem sprach die Behörde aus, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des BF aus der Gerichtshaft einträten. Die Schubhaft wurde auf das Bestehen von Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 3 und 9 FPG gestützt, die Verhältnismäßigkeit bejaht und ein gelinderes Mittel wurde in diesem Fall nicht als ausreichend angesehen.

5. Der BF wurde am 11.04.2018 aus der Gerichthaft entlassen; am selben Tag trat er in einen Hungerstreik, welchen er am 16.04.2018 wieder abbrach.

6. Am 07.05.2018 stellte der BF einen weiteren Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz. Mit Aktenvermerk vom 07.05.2018 - dem BF am gleichen Tag zur Kenntnis gebracht - wurde die Schubhaft trotz Asylantragstellung gemäß § 80 Abs. 6 FPG weiter aufrecht gehalten. Mit Beschluss des BVwG vom 04.06.2018, Zahl I414 2179330-3/3E, wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG bestätigt.

7. Am 01.08.2018 legte das BFA den verfahrensgegenständlichen Akt dem BVwG zur Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Verlängerung der aufrechten Schubhaft zur Entscheidung vor. Das BFA führte im Rahmen der Aktenvorlage Folgendes aus:

"Gegenständlich soll der Fremde länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden. Nach § 22a Abs. 4 BFA-VG ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde (11.08.2018), und danach alle vier Wochen, vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht.

Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist.

Mit Bescheid des BFA vom 17.11.2017, Zl. 831651304-160348805, wurde der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz abgewiesen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.12.2017, Zl. I412 2179330-1/3E, wurde die dagegen eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs mit 21.12.2017 in zweiter Instanz in Rechtskraft.

Am 25.01.2018 stellte das BFA einen Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der Botschaft des Königreiches Marokko in Wien.

Mit Schreiben vom 15.02.2018 teilte das Bundeskriminalamt der Behörde schriftlich mit, dass der Genannte von Interpol Rabat identifiziert werden konnten.

Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle St. Pölten vom 13.03.2018, Zl. 831651304-180190556, wurde dem Genannten ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den Fremden ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Z. 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 06.04.2018, Zahl I411 2179330-2/3E, als unbegründet abgewiesen.

Wie im Bescheid ausführlich dargelegt, besteht im konkreten Fall aufgrund der persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens ein hohes Risiko des Untertauchens.

Der Fremde trat am 11.04.2018 in Hungerstreik, welchen er am 16.04.2018 wieder abbrach.

Am 13.04.2018 erfolgte eine Urgenz betr. der Ausstellung des Heimreisezertifikates.

Am 24.04.2018 wurden vom Fremden sein Personalausweis und weitere Dokumente in Kopie (Geburtsurkunde) über seinen Rechtsberater vorgelegt.

Diese wurden vom BFA umgehend an die marokkanische Botschaft samt Urgenz zur Erlangung des HRZ weitergeleitet (27.04.2018).

Am 07.05.2018 stellte der Fremde einen weiteren Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz.

Mit Aktenvermerk vom 07.05.2018, dem Fremden am gleichen Tag zur Kenntnis gebracht, wurde die Schubhaft trotz Asylantragstellung gemäß § 80 Abs. 6 FPG weiter aufrecht gehalten.

Mit Beschluss des BVwG vom 04.06.2018, Zahl I414 2179330-3/3E, wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG bestätigt.

Am 05.06.2018 erklärte der Fremde gegenüber dem VMÖ seine Bereitschaft, freiwillig nach Marokko zurückkehren zu wollen.

Am 28.05.2018 bestätigte die Vertretungsbehörde Marokkos die Identität des Fremden und sagte die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu.

Es wurde ein Flug für die Abschiebung am 13.07.2018 nach Casablanca via Frankfurt gebucht.

Am 10.07.2018 wurde der Fremde über den Abschiebetermin informiert.

Als ein Organwalter des BFA am 12.07.2018 das Ersatzreisedokument für die Rückführung des Fremden von der marokkanischen Vertretungsbehörde abgeholt werden sollte, wurde die Übergabe des Dokuments mit der Begründung, dass am 13.07.2018 bereits eine Rückführung eines anderen marokkanischen Staatsangehörigen von Österreich aus erfolgt, verweigert.

Darauf wurde die Rückführung des Fremden am 13.07.2018 storniert.

Es wurde ein Flug für die Rückführung des Fremden am 13.08.2018 gebucht (frühest möglicher Flugtermin).

Der Genannte befindet sich derzeit im Stande der Schubhaft im PAZ Hernalser Gürtel.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher im gegenständlichen Fall, dass das private Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt.

So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.6.2006, B362/06).

Eine diesbezügliche Abwägung ergibt im konkreten Fall:

• Der Fremde ist nicht rechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist und stellte am 13.11.2013 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.

• Der Fremde wurde am 07.03.2014 aufgrund Dublin-Verordnung nach Italien überstellt. Er hat sein Verfahren in Italien nicht abgewartet, sondern reiste erneut widerrechtlich in das Bundesgebiet ein und stellte am 08.03.2016 abermals einen Antrag auf internationalen Schutz.

• Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der Landespolizeidirektion Wien - scheinen zum Fremden folgende Eintragungen auf:

1. Verurteilung

Gericht: LG F.STRAFS. WIEN Geschäftszahl: 075 HV 86/2017s Urteil 1.

Instanz: 10.08.2017 Rechtskräftig seit: 15.08.2017 Delikt: § 83 (1)

StGB Delikt: §§ 107 (1), 107 (2) StGB

Strafausmaß: Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

2. Verurteilung

Gericht: LG F.STRAFS.WIEN Geschäftszahl: 063 HV 174/2017v Urteil 1.

Instanz: 20.12.2017 Rechtskräftig seit: 20.12.2017 Delikt: §§ 27 (1) Z 1 1.2. Fall, 27 (2) SMG Delikt: § 28a (1) 5. Fall SMG § 15 StGB

Strafausmaß: Freiheitsstrafe 18 Monate, davon Freiheitsstrafe 12 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

• Der Fremde besitzt kein gültiges Reisedokument. Er kann Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

Wie aus den Aktenteilen unzweifelhaft hervorgeht, liegen keine Aspekte einer außergewöhnlichen und schützenswerten Integration vor.

• Der Fremde verfüg nicht über ausreichend Barmittel, um seinen weiteren Unterhalt zu finanzieren. Der Fremde ist bislang keiner regelmäßigen Beschäftigung nachgegangen.

• Der Fremde ist zur legalen Arbeitsaufnahme nicht berechtigt und besteht in Anbetracht seines bisherigen Verhaltens durchaus die Gefahr, dass er durch die Begehung von Strafrechtsdelikten seine finanzielle Lage aufzubessern versucht oder in die real existierende und gesellschaftlich unerwünschte Schattenwirtschaft abwandert.

Zur Sicherung der Abschiebung ist daher die Schubhaft über den Zeitraum von 4 Monaten aufrecht zu halten."

8. Mit Erkenntnis vom 10.08.2018, dem BF zugestellt am selben Tag, stellte das BVwG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig gewesen ist.

9. Am 29.08.2018 legte das BFA den verfahrensgegenständlichen Akt dem BVwG neuerlich zur Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Verlängerung der aufrechten Schubhaft zur Entscheidung vor. Das BFA führte im Rahmen der Aktenvorlage aus, dass sich während der bisherigen Anhaltung des BF keine wesentlichen Änderungen in den Gründen, hinsichtlich des Bestehens von Fluchtgefahr und im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ergeben hätten. Die Abschiebung des BF sei nun für den 12.09.2018 festgelegt, der Flug sei bereits gebucht und bestätigt.

10. Mit Erkenntnis vom 06.09.2018 stellte das BVwG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig gewesen ist.

11. Am 25.09.2018 wurde seitens des gewillkürten Vertreters des BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Darin wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die "bisherige" Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte; im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorlägen, sowie der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung und der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen habe, auferlegen.

Im Wesentlichen macht die Beschwerde das Nichtvorliegen von Fluchtgefahr, Unverhältnismäßigkeit der Haft sowie die Nichtanwendung eines gelinderen Mittels geltend. Darüber hinaus rügt die Beschwerde die Dauer der bisherigen Schubhaft. Bislang sei kein einziges Mal ein Heimreisezertifikat seitens der marokkanischen Botschaft ausgestellt worden, obwohl ein solches mehrmals zugesagt worden sei und deshalb Flugbuchungen hätten storniert werden müssen. Die Beschwerde vermeint, dass deshalb in naher Zukunft nicht mit der Ausstellung eines marokkanischen Heimreisezertifikates zu rechnen sei.

13. Das BFA legte in Folge die Verwaltungsakten vor. Eine Stellungnahme wurde seitens der belangten Behörde nicht erstattet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

Zur Person:

Der BF ist Staatsangehöriger von Marokko, besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Die Identität des BF steht nunmehr fest.

Der BF verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich oder in einem anderen EU- Land.

Gegen den BF besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

Der BF verfügt in Österreich über keinen Wohnsitz. Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach. Der BF ist geschieden. Er war von 2014 bis 2017 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, mit der er ein gemeinsames Kind hat; ein gemeinsamer Wohnsitz besteht nicht. Der BF verfügt in Österreich über keine relevante soziale Verfestigung.

Der BF ist zweifach vorbestraft (Suchtgifthandel, Körperverletzung und gefährliche Drohung).

Der BF befindet sich seit 13.04.2018 auf Grund des gegenständlich angefochtenen Schubhaftbescheides durchgehend in Schubhaft. Diese wird derzeit im PAZ Wien, Hernalser Gürtel, vollzogen.

Der BF ist haftfähig.

Er ist nicht im Besitz von identitätsbezeugenden Dokumenten und kann Österreich aus eigenem Entschluss nicht verlassen. Die Abschiebung des BF ist für den 18.10.2018 festgelegt. Das Abschiebeverfahren wurde seitens der Behörde zügig geführt, dass der BF bislang noch nicht in sein Heimatland rückgeführt werden konnte, lag an der Vertretungsbehörde seines Heimatlandes. Der BF wurde am 18.09.2018 der marokkanischen Botschaft für eine weitere Einvernahme vorgeführt. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zur geplanten Rückführung des BF am 18.10.2018 ist zugesagt.

Die Abschiebung des BF nach Marokko bedarf der Sicherung mittels Schubhaft.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.

Dass der BF nicht österreichischer Staatsbürger ist, ergibt sich aus einer IZR Abfrage.

Die Feststellung hinsichtlich der behördlichen Wohnsitzmeldung ergibt sich aus einer Anfrage im Zentralen Melderegister sowie aus einem GVS-Auszug.

Die Feststellung hinsichtlich jeglichen Fehlens von relevanten, sozialen und beruflichen Anknüpfungsmomenten ergibt sich aus den eigenen Angaben des BF in den im Akt befindlichen Einvernahmeprotokollen und aus dem Bescheid der Behörde, sowie aus den sonstigen Verfahrensschritten und Erledigungen (insbesondere aus dem hg. Erkenntnis vom 06.04.2018, GZ I411 2179330-2/3E). Aus dem im Akt erliegenden Auszug aus dem Strafregister ist ersichtlich, dass der BF in Österreich bereits strafgerichtlich verurteilt worden ist. Der BF stellt daher nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nunmehr auch ein erhöhtes Gefährdungspotenzial für die öffentliche Sicherheit dar.

Das Bundesverwaltungsgericht geht - im Ergebnis wie die Verwaltungsbehörde - aufgrund der fehlenden beruflichen, familiären und sozialen Verankerung des BF in Österreich und seiner mehrfach strafgerichtlichen Verurteilungen von Fluchtgefahr aus. Daraus wiederum leitet sich die Feststellung ab, dass die Abschiebung nach Marokko der Sicherung mittels Schubhaft bedarf.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus den Verwaltungsakten. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind dem erkennenden Gericht auch keine anderslautenden Nachrichten zugekommen. Auch die Beschwerde enthielt hinsichtlich des Gesundheitszustandes der BF keinerlei begründende Ausführungen. Es ist notorisch, dass im Falle gesundheitlicher Probleme eine engmaschige gesundheitliche Kontrolle im Rahmen der Schubhaft durchgeführt wird. Falls Haftuntauglichkeit eintritt, wäre die BF jedenfalls sofort zu enthaften.

Nunmehr ist die Abschiebung des BF mit 18.10.2018 terminisiert, weshalb eine Abschiebung des BF in sein Heimatland gegenwärtig zeitnah möglich ist. Das Abschiebeverfahren wurde bislang seitens der Behörde zügig geführt, Verzögerungen bezüglich der Rückführung des BF lagen daher nicht im Bereich der belangten Behörde. Der BF wurde am 18.09.2018 der marokkanischen Botschaft für eine weitere Einvernahme vorgeführt. Es ist daher für das entscheidende Gericht von der Notwendigkeit einer solchen weiteren Einvernahme zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates auszugehen. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Rückführungsflug am 18.10.2018 wurde der belangten Behörde seitens der marokkanischen Botschaft zugesagt, es besteht gegenwärtig kein Grund daran zu zweifeln, dass für den Rückführungsflug am 18.10.2018 ein Heimreisezertifikat seitens der marokkanischen Vertretungsbehörde ausgestellt werden wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.

2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft):

1. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der dem bekämpften Bescheid zugrunde liegenden Fassung lautet:

"(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Der mit "Dauer der Schubhaft" betitelte § 80 FPG lautet:

"(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

2. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

Im vorliegenden Fall wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit einer Abschiebung des BF ist zeitnah zu rechnen: Ein Flugtermin ist für den 18.10.2018 festgesetzt.

Das Gericht geht - wie die belangte Behörde - von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus. Der BF hält sich unrechtmäßig in Österreich auf, er hat sich in mehreren Mitgliedstaaten aufgehalten und es liegt eine den BF betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten und die Tatsache, dass der BF in Österreich weder sozial noch beruflich verankert ist, als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Der BF hat in Österreich nunmehr auch strafbare Handlungen begangen. Dieser Umstand zeigt, dass der BF die geltenden Gesetze nicht beachtet und offenbar auch weiterhin nicht zu gesetzeskonformem Verhalten bewegt werden kann. In Österreich befindet sich zwar die geschiedene Frau des BF und ein gemeinsames sehr kleines Kind. Dennoch ist davon auszugehen, dass der BF in Österreich über keinen Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung verfügt. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.

Das Verfahren hat ergeben, dass der BF nach seiner Freilassung nach wie vor mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit untertauchen würde, um sich seiner Abschiebung zu entziehen - dies insbesondere angesichts des Umstandes, dass ein Termin für die Abschiebung unmittelbar bevorsteht.

3. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Der BF hat keine relevanten familiären oder sozialen Bindungen in Österreich: Dies ergibt sich insbesondere aus dem hg. Erkenntnis vom 21.12.2017, GZ I412 2179330-1/3E vom 06.0402018 ("Zusammengefasst kann der mit Unterbrechungen] rund viereinhalbjährige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, seine strafgerichtliche Verurteilung, mit der er seine mangelnde Rechtstreue und seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck gebracht hat, bzw. das Fehlen nennenswerter Integrationsschritte nicht durch das aus der Beziehung zu seiner mittlerweile geschiedenen Ehefrau entstammende Kind aufgewogen werden, mit dem der Beschwerdeführer zudem nicht im gemeinsamen Haushalt lebt.")

Der BF ist zweifach strafgerichtlich verurteilt; einer legalen Erwerbstätigkeit geht er in Österreich nicht nach. Den persönlichen Interessen des BF kommt daher ein sehr geringer Stellenwert zu. Anders verhält es sich mit dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der BF bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die österreichische Rechtsordnung missachtet und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Abschiebung ändert.

Im Hinblick auf das strafrechtlich relevante Verhalten des BF ist im Sinne des § 76 Abs. 2a FPG festzuhalten, dass das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung der Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des BF überwiegt.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

4. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft und/oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des BF besteht - insbesondere in Anbetracht des unmittelbar bevorstehenden Abschiebetermins. Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nach Ansicht des Gerichtes weiterhin nicht in Betracht.

5. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Verfassungsgerichtshof hat (in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013) unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Da im gegenständlichen Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, dies insbesondere in Hinblick auf die in der Beschwerde angeregte Zeugeneinvernahme des genannten Onkels. Wie bereits oben ausgeführt konnte von der Einvernahme der bezeichneten Person schon deshalb Abstand genommen werden, weil im Verfahren nichts auf eine besondere enge Beziehung zwischen dem BF und der in der Beschwerde bezeichneten Person hindeutete, weder hat diese den BF schon in der Vergangenheit bei sich aufgenommen oder sich sonst persönlich um ihn gekümmert.

Zu Spruchpunkt II. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Da der Beschwerdeführer aktuell in Schubhaft angehalten wird, war auch über die Fortsetzung der Schubhaft innerhalb einer Woche abzusprechen.

Die soeben angeführten Erwägungen haben in inhaltlicher Hinsicht aufgrund ihrer Aktualität und ihres Zukunftsbezuges - es sind keine die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft ändernden Umstände erkennbar - auch den Ausspruch der Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft zur Folge.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Hinsichtlich der Dauer der Schubhaft kommt im Fall des BF § 80 Abs. 4 Z 1 FPG zum Tragen.

Zu Spruchpunkt III. (Kostenbegehren):

Der BF beantragte in der Beschwerde Kostenersatz. Als unterlegene Partei gebührte dem BF jedoch nach der im Spruch angeführten Bestimmung kein Kostenersatz.

Zu Spruchpunkt V. (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. und II. zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, auch waren keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.

Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen.

Aufgrund der nunmehr eindeutigen Rechtslage, die Frage des Kostenersatzes betreffend, war die Revision aber auch diesbezüglich - Spruchpunkte III. und IV.- nicht zuzulassen.

Schlagworte

Familienleben, Fluchtgefahr, Folgeantrag, Fortsetzung der Schubhaft,
Kostenersatz, mangelnder Anknüpfungspunkt, Mittellosigkeit,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Strafhaft, strafrechtliche
Verurteilung, Suchtgifthandel, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2001772.4.00

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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