TE Bvwg Beschluss 2018/10/3 W253 2110938-2

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Veröffentlicht am 03.10.2018
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Entscheidungsdatum

03.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2

Spruch

W253 2110938-2/4Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Jörg C. BINDER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1 Zum Vorverfahren

I.1.1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und gab im Rahmen seiner Erstbefragung an, den Namen XXXX zu führen, am XXXX geboren zu sein, aus Afghanistan zu stammen und Muslim zu sein. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an während seiner Schulzeit von einem ihm bekannten Kinderschänder bedroht worden zu sein, dieser habe auch versucht den Beschwerdeführer zu entführen. Da dieser eine sehr einflussreiche Persönlichkeit gewesen sei, hätten die Eltern des Beschwerdeführers beschlossen ihn aus Afghanistan zu bringen.

I.1.2. Im Zuge einer Einvernahme am XXXX stellte sich heraus, dass der Beschwerdeführer bereits in Dänemark einen negativen Entscheid über den Antrag auf internationalen Schutz erhalten habe. Die Entscheidung der dänischen Behörden und die dazugehörigen Einvernahmen wurden an das BFA übermittelt. Aus den dänischen Unterlagen ginge hervor, dass der Beschwerdeführer in Dänemark als Fluchtgrund angegeben habe, dass dessen Vater illegal Alkohol verkauft habe. Der Vater habe sich geweigert einem ihm unbekannten Mann Alkohol zu verkaufen. Daraufhin hätte dieser Unbekannte den Vater des Beschwerdeführers bei den Taliban verraten. Kurze Zeit darauf wäre der Vater des Beschwerdeführers von den Taliban entführt und seine Leiche drei Tage später entdeckt worden. Da die Taliban aber in Wahrheit hinter der Person des Beschwerdeführers her gewesen seien, habe dieser ausreisen müssen. Die dänische Asylbehörde stufte das Vorbringen des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft ein und gab dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz keine Folge.

I.1.3. Nach Zulassung des Verfahrens Österreich wurde der Beschwerdeführer am XXXX vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass ein paar Kommandanten der Mujaheddins, welche dem Vater des Beschwerdeführers aufgrund dessen Tätigkeit für die Armee nicht wohlgesonnen gewesen seien, vorgehabt hätten den Beschwerdeführer zu entführen um ihn als Lustknaben auszunutzen.

I.1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Z. XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 abgewiesen in Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und § 55 AsylG nicht erteilt. Es wurde weiters eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei.

I.1.5. Am XXXX erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Beschwerde. Zu den Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass aufgrund der beruflichen Tätigkeit seiner Eltern (Vater Armeeoffizier, Mutter Ingenieurin im Bergbauministerium) in Afghanistan Gefahr liefe verfolgt zu werden. Überdies sei der Beschwerdeführer die letzten fünf Jahre außerhalb von Afghanistan gewesen und lief er daher im Falle einer Rückkehr Gefahr, als Angehöriger der sozialen Gruppe der Rückkehrende nach Afghanistan von den Taliban als Verräter oder als verwestlicht eingestuft zu werden und sei er daher im besonderen Maße von deren Verfolgung bedroht.

I.1.6. Am XXXX erfolgte die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde die Beschwerde am XXXX gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, 57 und 55 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG und § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen. Begründend führte der im Erstverfahren zur Entscheidung berufene Richter zusammengefasst aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen als völlig unglaubhaft zu qualifizieren sei und dieser auch als Person aufgrund seiner vagen und widersprüchlichen Angaben als völlig unglaubwürdig erscheine. Beim Beschwerdeführer handle es sich überdies um einen jungen, im Wesentlichen gesunden und arbeitsfähigen Mann, der immer in Kabul gelebt habe, der aus einer gut situierten Familie stamme. Es erscheine daher dem im Erstverfahren zur Entscheidung berufenen Richter nicht glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer vor Ort nicht auf ein bestehendes soziales Netz oder Vermögenswerte zurückgreifen könne.

I.2. Zum gegenständlichen [Folge] Antrag:

I.2.1. Am XXXXstellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der niederschriftlichen Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen an, dass seine bereits erklärten Asylgründe aufrecht blieben. Er habe nach wie vor dieselben Probleme wie früher in Afghanistan. Darüber hinaus sei er ohne Bekenntnis und wäre dies für ihn in Afghanistan ein großes Problem. Der Beschwerdeführer habe Angst deswegen in Afghanistan getötet zu werden. Ausserdem habe der Beschwerdeführer bisher verschwiegen, dass in Afghanistan versucht worden sei ihn sexuell zu misshandeln. Die Männer die in versucht hätten zu missbrauchen, seien mächtig und hätten Beziehungen. Nachgefragt seit wann den Beschwerdeführer die Änderungen der Situation bzw. seine Fluchtgründen bekannt seien, gab dieser an das er seit zweieinhalb Jahren ohne Bekenntnis sei.

I.2.2. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge BFA) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, dass ihm seine Religion seit fünf Jahren nicht so wichtig sei. Zu den Beweggründen für das erneute Stellen eines Asylantrages befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er seine alten Fluchtgründe aufrecht erhalten möchte und immer noch Konsequenzen in Afghanistan befürchte. Um weitere Details zu seinen Fluchtgründen ersucht, gab der Beschwerdeführer an er habe psychische Probleme, fürchte um sein Leben. Darüber hinaus fürchte er wegen der Tätigkeit seines Vaters als Offizier, um sein Leben.

I.2.3. Mit Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß 68 Abs.1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 FPG erlassen, die Abschiebung für zulässig erklärt und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Begründend wurde ausgeführt, dass keine neu entstandenen Tatsachen entstanden sein, dies insbesondere deshalb als der Beschwerdeführer bei seinen alten vorgebrachten Gründen geblieben sei über welche schon rechtskräftig entschieden worden sei.

Am XXXX erhob der Beschwerdeführer vertreten durch den Diakonie Flüchtlingsdienst Beschwerde wiederholte sein bisheriges Fluchtvorbringen und führte aber auch aus, dass schon aufgrund der geänderten Umstände im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers das Bundesamt den Antrag auf internationalen Schutz nicht hätte zurückweisen dürfen, sondern eine inhaltliche Prüfung durchzuführen gehabt hätte. Der Beschwerdeführer wies dazu auf die teilweise veralteten und nicht individualisierten Länderberichte im bekämpften Bescheid hin. Unter einem verwies der Beschwerdeführer auf zahlreiche Länderberichte. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass seine psychische Erkrankung nicht ausreichend gewürdigt worden sei, ebenso läge ein schützenswertes Privatleben vor.

Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein. Am XXXX erfolgte eine Unzuständigkeitsanzeige durch die Leiterin der Gerichtsabteilung W 261 und wurde die Rechtssache der Abteilung W 253 am XXXX neu zugewiesen und zugestellt. Mit E-Mail vom XXXX wurde das Einlangen der Beschwerdevorlage mit XXXX dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bestätigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde lautet die maßgebliche Bestimmung im BFA-VG wie folgt:

"§ 17. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und

1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder

2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht

sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(2) Über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 oder gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

(3) Bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, ist auch auf die unionsrechtlichen Grundsätze der Art. 26 Abs. 2 und 27 Abs. 1 der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Unionsrechtes Bedacht zu nehmen.

(4) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 1 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen."

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte Entscheidung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen.

Aus der dem Bundesverwaltungsgericht zum derzeitigen Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Aktenlage kann nach Durchführung einer Grobprüfung eine Verletzung der genannten, durch die EMRK garantierten Rechte bei einer Rückführung des Beschwerdeführers nach Afghanistan aufgrund der besonderen Gegebenheiten im konkreten Fall angesichts der kurzen Entscheidungsfrist und der dem Bescheid zu Grunde gelegten Länderfeststellungen nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.

Die aufschiebende Wirkung war daher zuzuerkennen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W253.2110938.2.00

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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