Entscheidungsdatum
04.10.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G311 2200566-2/9E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: China, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, über die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft:
A) Das Verfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG
eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Niederösterreich, vom 14.06.2018 wurde über den Beschwerdeführer gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG und § 57 Abs. 1 AVG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet.
In weiterer Folge erging seitens des Bundesamtes ein Berichtigungsbescheid. Mit Aktenvermerk vom 12.07.2018 hielt das Bundesamt infolge des vom Beschwerdeführer während aufrechter Schubhaft gestellten Antrages auf internationalen Schutz vom 22.08.2018 gemäß § 76 Abs. 6 FPG an der Aufrechterhaltung in Schubhaft fest.
Der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.07.2018 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status als Asylberechtigten als auch subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung unter Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erlassen.
Der gegen die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft erhobenen Beschwerde vom 16.07.2018 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.07.2018, Zahl W137 2200375-1/12E, gemäß § 76 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG stattgegeben und der angefochtene Bescheid für rechtswidrig erklärt. Gleichzeitig wurde die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab 14.06.2018 für rechtswidrig erklärt (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde jedoch ausgesprochen, dass gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 und Abs. 6 FPG zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen (Spruchpunkt II.), der Bund dem Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG den Verfahrensaufwand in Höhe von EUR 737,30 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen habe (Spruchpunkt III.) und der Antrag des Bundes auf Kostenersatz gemäß § 35 abgewiesen werde (Spruchpunkt IV.).
Dagegen erhob der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel. Der Beschwerdeführer verblieb in weiterer Folge in Schubhaft.
Mit Schriftsatz der bevollmächtigten Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 26.09.2018, beim Bundesamt am 27.09.2018 einlangend, erhob der Beschwerdeführer gegen seine fortdauernde Anhaltung in Schubhaft die verfahrensgegenständliche Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG.
Die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und langten am 27.09.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Der Beschwerdeführer beantragte sodann die Übernahme seiner Heimreisekosten im Rahmen einer freiwilligen Rückkehr, welche ihm - gemeinsam mit einer allfälligen Starthilfe in Höhe von EUR 50,00 - gewährt wurde. Eine entsprechende Bestätigung langte mit Beschwerdenachreichung des Bundesamtes vom 27.09.2018 ebenfalls beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Auf Ersuchen des Beschwerdeführers wurde mit diesem im Stande der Schubhaft vor der belangten Behörde in Anwesenheit des zuständigen Referenten sowie einer Dolmetscherin für die chinesische Sprache am 02.10.2018 eine Niederschrift aufgenommen. Der Beschwerdeführer wurde dabei deutlich auf die Möglichkeit hingewiesen, aus eigenem mit seiner Rechtsberatung Kontakt aufzunehmen. Der Beschwerdeführer gab sodann an, dass es richtig sei, dass er einen Antrag auf freiwillige Rückkehr in sein Heimatland gestellt habe und er auch tatsächlich dorthin zurückkehren wolle. Weiters gab er an, dass er nicht zu Gericht möchte und er alle Beschwerden und etwaige Rechtsmittel, auch zur Schubhaft zurückziehe.
Der Beschwerdeführer wurde über die Konsequenzen der Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes bzw. einer Beschwerdezurückziehung manuduziert und darauf aufmerksam gemacht, dass er ehestmöglich in seine Heimat abgeschoben werden kann und er bis zur freiwilligen Ausreise weiter in Schubhaft angehalten werde. Daraufhin gab der Beschwerdeführer ein zweites Mal an, alle Rechtsmittel, auch zur Schubhaft, zurückzuziehen und auf diese sofort und ausdrücklich zu verzichten. Er wolle sofort die Heimreise antreten. Er kenne sich ausreichend aus und wolle nach Hause gehen.
Die Niederschrift wurde vom Beschwerdeführer eigenhändig auf allen drei Seiten unterzeichnet.
Noch am 02.10.2018 langte die Niederschrift mit der Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer per E-Mail beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu Spruchteil A): Einstellung des Verfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde:
Gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG idgF BGBl. I Nr. 24/2017 die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Dazu stellte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047, klar: "Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass - auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung - eine Verfahrenseinstellung (ua.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 56, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen (vgl. Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5; die Einstellung in Beschlussform im Fall der Zurückziehung der Beschwerde bejahend auch Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte § 28 VwGVG Rz 7, Schmied/Schweiger, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz S 112, Grabenwarter/Fister, Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit4 S 232, Hengstschläger/Leeb, AVG2, § 13 Rz 42, Hauer, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts3 Rz 191)" (so auch VwGH 09.06.2016, Zl. Ra 2016/02/0137, Rz 4).
Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
Eine Zurückziehung der Beschwerde durch die beschwerdeführende Partei ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich. Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen und die Einstellung des betreffenden Verfahrens - in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang - auszusprechen ist (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2015, § 7 VwGVG, Rz 20; Eder/Martschin/Schmid,
Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, § 7 VwGVG, K 5 ff.).
Die Zurückziehung einer Berufung ist ebenso wie ein Rechtsmittelverzicht eine unwiderrufliche Prozesserklärung, die mit dem Einlangen der betreffenden Erklärung bei der Behörde rechtsverbindlich und damit wirksam wird, und zwar ohne dass es einer formellen Annahmeerklärung der Behörde bedürfte. Ob die Partei im Zeitpunkt, da sie die Zurückziehung der Berufung erklärte, anwaltlich vertreten war oder nicht, spielt keine Rolle (vgl. VwGH 18.11.2008, Zl. 2006/11/0150).
Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. zu Berufungen Hengstschläger/Leeb, AVG, § 63, Rz 75 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Der Beschwerdeführer hat selbstständig um die Aufnahme einer Niederschrift vor dem Bundesamt ersucht. Er war nicht durch Medikamente oder Erkrankungen beeinträchtig und war auch eine Dolmetscherin für die chinesische Sprache anwesend, mit der es zu keinerlei Verständigungsschwierigkeiten kam. Auf die Beiziehung der Rechtsvertretung hat der Beschwerdeführer verzichtet und zweimal (davon einmal nach Belehrung über die Konsequenzen seiner Verfahrenshandlung) eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er kein Interesse an den bisher angestrengten Rechtsmitteln, explizit auch bezogen auf die Anhaltung in Schubhaft, hat und diese allesamt zurückzieht.
Da die gegenständliche Beschwerde somit zurückgezogen wurde, ist das Verfahren rechtskräftig entscheiden und war daher mit Beschluss einzustellen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschwerdezurückziehung, Schubhaft, Verfahrenseinstellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G311.2200566.2.00Zuletzt aktualisiert am
27.11.2018