TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/8 W171 2129601-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.2018
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Entscheidungsdatum

08.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W171 2129601-1/10E

W171 2129602-1 /9E

W171 2129597-1 /8E

W171 2129600-1/8E

W171 2148296-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.08.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde der mj. XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA Russische Föderation, vertreten durch die Mutter XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.08.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des mj. XXXX, geb. XXXX, StA Russische Föderation, vertreten durch die Mutter XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.08.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des mj. XXXX, geb. XXXX, StA Russische Föderation, vertreten durch die Mutter XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.08.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA Russische Föderation alias Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.08.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt II. des Bescheids zu lauten hat: "Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 2 Ziffer 13 AsylG wird Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Herkunftsstaaten Russische Föderation und Georgien abgewiesen."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin (in der Folge: BF1), eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, stellte am 05.02.2015 für sich und ihre drei minderjährigen Kinder, die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer (in der Folge: BF2, BF3, BF4) einen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich der niederschriftlichen Erstbefragung brachte die BF1 zu ihren Lebensverhältnissen zusammengefasst vor, traditionell verheiratet zu sein, keine Berufsausbildung zu haben und Hausfrau und Mutter zu sein. Sie habe von ihrer Geburt an bis zum Jahr 2004 in Tschetschenien gelebt und sich anschließend bis 30.01.2015 in der Ukraine aufgehalten. Zu ihren Fluchtgründen befragt, brachte sie vor, mit ihrem Mann und ihren Kindern im Jahr 2004 wegen des Krieges von Tschetschenien in die Ukraine geflüchtet zu sein. Dort sei dann auch ihr drittes Kind zur Welt gekommen. Der Ehemann der BF1 habe bis August 2014 in der Ukraine gearbeitet. In der Nacht seien dann fünf Männer, davon drei mit ukrainischer Uniform und zwei in Zivil, zu ihnen gekommen und hätten ihren Mann mitgenommen. Seither habe die BF1 nichts mehr von ihm gehört. Weder wisse sie, wo er sich befinde, noch, ob er noch lebe. Da sie nicht genug Geld für eine Reise gehabt habe, habe sie Geld verdient, gespart und sei nun mit ihren Kindern um 1.300,- Euro in ein sicheres Land der EU gereist. Ihre drei Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe. Im Falle einer Rückkehr in ihre Heimat befürchte die BF1, dass sie und ihre Kinder von der Ukraine nach Tschetschenien überstellt werden könnten. Sie vermute, dass ihr Mann von der ukrainischen Regierung ebenfalls nach Tschetschenien überstellt worden sei. Er habe sich bei ihr jedoch seit dem Verschwinden nicht mehr gemeldet.

1.2. Am 08.03.2016 wurde die BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin der russischen Sprache niederschriftlich einvernommen. Die BF1 legte im Zuge der Einvernahme Schulbesuchsbestätigungen und Zeugnisse ihrer Kinder vor. Die Frage, ob sie Dokumente habe, aus denen ihre Identität hervorgehe, verneinte die BF1. Sie habeXXXX ohne Dokumente verlassen und sei auch in der Ukraine ohne Dokumente aufhältig gewesen. Zu ihren derzeitigen Lebensverhältnissen befragt, gab die BF1 an, abgesehen von ihren drei minderjährigen Kindern, keine Familienangehörigen in Österreich zu haben. Bezüglich ihres Aufenthaltsstatus in der Ukraine führte die BF1 aus, dort dauerhaft gelebt zu haben. In Tschetschenien habe sie zunächst gemeinsam mit ihrer Mutter im Dorf XXXX gelebt. Nachdem sie geheiratet habe, sei sie gemeinsam mit ihrem Mann nach XXXX gezogen. 2002 sei ihre erste Tochter in XXXX zur Welt gekommen; im Jahr 2003 ihr Sohn. 2004 sei die BF1 wieder zu ihrer Mutter gezogen, weil ihr Mann Probleme bekommen habe. Er habe daher nicht mit ihnen zusammenbleiben können. Im Jahr 2004 seien sie dann schließlich gemeinsam mit den Kindern in die Ukraine gereist. Sie hätten im Gebiet XXXX, konkret in XXXX, ein Haus von einer älteren Frau gemietet. Die BF1 habe dort auf den großen Obstplantagen arbeiten und Geld verdienen können. Im Winter hätten sie in Glashäusern gearbeitet. Die BF1 habe bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2015 in XXXX gelebt. Nachgefragt, ob sie in Tschetschenien noch Familienangehörige habe, gab die BF1 an, dass ihre Eltern bereits verstorben seien; ihre Schwester lebe in Kasachstan. In der Ukraine hätten sie keine Verwandten. Derzeit habe sie zu niemandem, weder in Tschetschenien, noch in der Ukraine, Kontakt. Die Frage, ob ihre Kinder in der Ukraine die Schule hätten besuchen können, bejahte die BF1; in XXXX gebe es nur eine einzige Schule. Die Frage, ob sie Dokumente benötigt hätte, um zu arbeiten, verneinte die BF1; sie habe illegal für private Bauern gearbeitet und hätte dabei keine Dokumente benötigt. Dazu aufgefordert, möglichst ausführlich und konkret ihre Fluchtgründe zu schildern, brachte die BF1 vor, dass ihr Mann im August 2014 Probleme bekommen habe. Er sei von Zuhause weggebracht worden; er habe nur noch gesagt: "Rette dich und die Kinder." Nachgefragt, ob sie die Vorgänge ausführlicher beschreiben könne, gab die BF1 an, dass ihr Mann eine Schusswunde am Bein gehabt habe. Er sei deshalb in Tschetschenien als Rebell verfolgt worden. In dieser Zeit seien Kolonnen von Soldaten in Richtung Krim gefahren. Die Leute von Kadyrow hätten auch gemeinsam mit Russen an dem Konflikt in der Ukraine teilgenommen. Jemand hätte gesagt, dass im Dorf Tschetschenen wohnen würden. Dann seien fünf Leute zu ihrem Haus gekommen, davon seien zwei in Zivilkleidung gewesen; drei hätten Militäruniformen getragen. Das sei im August so gegen 10 Uhr abends gewesen. Sie seien ins Haus gekommen, hätten ihm die Hände zusammengebunden und ihn anschließend in ein Militärauto gebracht. Die BF1 habe das gar nicht so richtig mitbekommen, sondern habe nur gesehen, dass das Militärauto mit ihrem Mann weggefahren sei. Danach habe sie sich bemüht und fleißig gearbeitet, um das Land verlassen zu können. Die Frage, ob sie persönlich je Probleme in der Ukraine gehabt habe, verneinte die BF1; bis zu dem Vorfall mit ihrem Mann habe es nie Schwierigkeiten gegeben; auch danach habe die BF1 keine Probleme gehabt. Nachgefragt, aus welchen Gründen sie im Jahr 2004 Tschetschenien habe verlassen müssen, führte die BF1 aus, dass ihr Mann dort auch verfolgt worden sei. Nachdem er sie nach Schatoje gebracht habe, hätten sie nicht mehr zusammengelebt. Nachgefragt, welche Probleme er konkret gehabt habe, gab die BF1 an, dass ihn die Wunde am Fuß verraten habe; er sei deshalb als Kämpfer von der Regierung verfolgt worden. Die Verletzung stamme aus dem Jahr 1997 von einem Durchschuss. Dazu sei es nach dem ersten Krieg gekommen; die genaue Geschichte habe ihr ihr Mann nie erzählt. Sie könne nur sagen, dass nach dem Krieg viele Leute Zugang zu Waffen gehabt hätten. Über die Verwundung ihres Mannes wisse sie jedoch nichts. Die Frage, ob sie auch persönliche Probleme in Tschetschenien gehabt habe, verneinte die BF1. Sie habe nunmehr alle Fluchtgründe genannt, weitere gebe es nicht. Auch ihre Kinder hätten keine eigenen Gründe. Auf ihren Ehemann angesprochen gab die BF1 an, keinen Kontakt zu diesem zu haben und auch nicht zu wissen, wo er sich befinde. Zuletzt habe sie ihn gesehen, als ihn die Soldaten weggebracht hätten. Es seien ukrainische Soldaten gewesen; sie hätten sich auf ukrainischem Territorium aufgehalten. Im Jänner 2015 hätten sie die Ukraine verlassen. Nachgefragt, ob in der Zeit zwischen August 2014 und Jänner 2015 noch etwas vorgefallen sei, brachte die BF1 vor, dass es keine Probleme gegeben habe; niemand habe gefragt. Auf die Frage, ob in dieser Zeit mehrere Leute oder nur ihr Mann verschwunden seien, führte die BF1 aus, dass sie in diesem Dorf die einzigen Tschetschenen gewesen seien; alle anderen seien Ukrainer gewesen. Es habe aber Gerüchte gegeben, wonach einige Personen mitgenommen worden seien. Mit ihrem Mann könne alle passiert sein. Sie selbst habe keinerlei Probleme mit den ukrainischen Behörden gehabt, sondern habe ganz normal leben und arbeiten können. Auch habe sie niemals Schwierigkeiten oder Probleme mit Behörden oder der Polizei im Heimatland gehabt. Auch aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Religion hätten im Heimatland und auch in der Ukraine keine Probleme bestanden. Nachgefragt, ob sie in irgendeiner Weise vom Konflikt in der Ukraine betroffen gewesen sei, gab die BF1 an, dass die Soldaten sich, als sie durchgefahren seien, dort aufgehalten, eingekauft und getrunken hätten. So hätten sie auch erfahren, dass eine tschetschenische Familie im Dorf lebe. Kämpfe habe es keine gegeben, es sei ein wenig Chaos gewesen. Nachgefragt, wie ihre Kinder, die in der Ukraine keine Dokumente gehabt hätten, dort die Schule hätten besuchen können, führte die BF1 aus, dass die Direktorin der Dorfschule ihre Bekannte gewesen sei und sie für sie gearbeitet hätten. So hätten sie gefragt, ob die Kinder auch ohne Dokumente in die Schule gehen könnten. Ihre Kinder würden auch ukrainisch sprechen. Auf Vorhalt der Länderfeststellungen zur Ukraine gab die BF1 an, dass die ukrainischen Soldaten wissen würden, dass die Tschetschenen und Kadyrow den Russen helfen würden. Daher hätten sie ihren Mann mitgenommen. Die Frage, ob ihr Mann pro-Kadyrow gewesen sei, verneinte die BF1. Sie hätten ihn mitgenommen, weil sie gedacht hätten, dass er in der Opposition sei.

1.3. Am 06.04.2016 erging eine Anfrage an den österreichischen polizeilichen Verbindungsbeamten für die Ukraine betreffend eine Überprüfung der Daten der BF1 und ihrer Familie.

Aus einem im Akt befindlichen E-Mail des Polizeiattache des BMI Österreich in der Ukraine vom 26.04.2016 ergibt sich, dass die Hauptverwaltung der Nationalen Polizei der Region XXXX eine Überprüfung des möglichen Aufenthaltes der Familie durchgeführt hat und sich keine Informationen über den Aufenthalt der BF auf dem Territorium ergeben hätten. Auch die Informationen über einen Schulbesuch der minderjährigen BF2 bis BF4 hätten nicht bestätigt werden können.

1.4. Die BF1 wurde schließlich am 18.05.2016 vom BFA zum Erhebungsergebnis einvernommen. Damit konfrontiert, dass sie angegeben habe, in einem Dorf namens XXXX gelebt zu haben und nachgefragt, in welchem Kreis sich dieses Dorf befunden habe, gab die BF1 an, dass dies der Kreis XXXX gewesen sei. Der nächste Ort sei XXXX gewesen, ansonsten kenne sie dort keine Orte. Die Stadt sei in etwa eine Stunde mit dem Bus von XXXX entfernt gewesen. Die BF1 sei nur ab und zu dort gewesen, ihr Mann häufiger. Dazu aufgefordert zu dem Schreiben betreffend die Ermittlungen in der Ukraine, welches am 03.05.2016 eingelangt sei, Stellung zu nehmen, gab die BF1 an, dass ihre Kinder dort in die Schule gegangen seien. Sie wisse es nicht, vielleicht würden die Leute nicht alles vor den Behörden erzählen. Damit konfrontiert, dass auch die Andresse, an der sie angegeben habe, gewohnt zu haben, nicht existiere, führte die BF1 aus, zu wissen, dass sie dort gewohnt hätten. Sie könne sich dies nicht erklären. Nachdem der Ort über Google Maps und mit russischer Tastatur gefunden wurde, wurde die BF1 dazu befragt, ob sie einige Orte, die in der Umgebung von XXXX gelegen seien, kenne. Daraufhin nannte die BF1 vier im Akt näher bezeichnete Orte. Dazu aufgefordert, den Weg von ihrem Haus zur Kirche und zur Schule zu beschreiben, brachte die BF1 vor, dass es dort nur zwei asphaltierte Straßen gebe. Die Schule befinde sich an der Hauptstraße im Zentrum. Die Kinder seien etwa zehn Minuten zu Fuß gegangen. Ihr Haus habe sich am Ende einer Seitenstraße der Hauptstraße befunden.

1.5. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurden die Anträge der Beschwerdeführer 1-4 auf internationalen Schutz vom 03.02.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), diesen gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

1.6. In den dagegen erhobenen Beschwerden vom 04.07.2016 wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerdeführer bis August 2014 in der Ukraine gelebt hätten und dann, als die Probleme an der Grenze begonnen hätten, ebenfalls Probleme bekommen hätten, weil ihnen als Tschetschenen vom ukrainischen Militär eine politische Gesinnung unterstellt worden sei. Eines Nachts seien dann unbekannte Männer zu ihnen gekommen und hätten den Ehemann der BF1 bedroht und mitgenommen. Im Jänner 2015 seien sie nach Österreich geflohen. In Tschetschenien würden sie die gleichen Probleme bekommen wie der Mann der BF1, weil sie eine Familie seien. Eine Abschiebung würde sie in Lebensgefahr bringen. Außerdem würden sie fürchten, dass sie in Tschetschenien ihre Religion nicht mehr in der gewohnten Lebensform ausleben könnten, weil sie sich aufgrund ihrer religiösen Kleidung vor Übergriffen fürchten würden. Beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der Beschwerde war ein handschriftliches Schreiben beigelegt, das in der Folge einer Übersetzung in die deutsche Sprache zugeführt wurde. In dieser wurde das Fluchtvorbringen wiederholt. Zusätzlich wurde festgehalten, dass die älteste Tochter nach dem Ereignis, bei dem ihr Vater mitgenommen worden sei, nicht mehr in die Schule gegangen sei. Die Söhne der BF1 seien nur noch sehr selten dort gewesen. Auch wurde ausgeführt, dass man ihnen ihre Religion verbieten würden und ihre religiösen Rechte verletzen würden. Sie würden überprüfen, ob sie Kontakte zur Opposition haben und würden versuchen, sie in jeder Weise zu demütigen. Sie würden nicht nur Männer, sondern auch Frauen entführen. Aus diesen Gründen würde die BF1 nicht zurückkehren wollen. Sie wolle nicht warten, bis ihren Kindern etwas passiere. Weder in Tschetschenien noch in der Ukraine hätten sie einen Zufluchtsort, an den sie zurückkehren könnten. Auch ihre minderjährigen Kinder hätten keine Lust, nach Hause zurückzukehren.

1.7. Am 15.07.2016 stellte der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin (In der Folge: BF5) einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, den Namen XXXX zu führen, am XXXX in XXXX geboren und Staatsangehöriger der Russischen Föderation zu sein.

Eine Abfrage des Visainformationssystems ergab, dass dem BF5 von der griechischen Botschaft in XXXX/XXXX ein von 04.07.2016 bis 03.08.2016 gültiges Visum erteilt worden war. Der Reisepass des BF5 lautet auf den Namen XXXX, geb. XXXX, StA Georgien.

Bei seiner Erstbefragung am 16.07.2016 gab der BF5 an, dass er im Jahr 2000 aus Tschetschenien ausgereist sei, zunächst nach Georgien, von 2004 bis 2016 habe er jedoch in der Ukraine, in XXXX, gelebt. Im März 2016 habe er sich inXXXX einen neuen Reisepass auf seinen neuen Namen ausstellen lassen. Er sei georgischer Staatsbürger. Der XXXX Reisepass befinde sich bei einem Bekannten in Wien. Zu seiner Reiseroute gab er an, von Georgien über Griechenland nach Italien gereist zu sein. Von dort sei er mit dem Zug nach Wien gelangt.

Zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass er 1997 bei einem Schusswechsel eine Verletzung am rechten Oberschenkel erlitten habe. Da er in Tschetschenien von den Kadyrov-Leuten verfolgt worden sei, habe er seine Heimat verlassen müssen. Diese hätten ihn auch in der Ukraine entdeckt, weshalb seine Sicherheit auch dort nicht mehr gewährleistet gewesen sei.

1.8. Am 03.11.2016 wurde der BF5 durch das BFA einvernommen. Dabei gab er an, außer Tschetschenisch und Russisch auch Ukrainisch und etwas Georgisch zu sprechen. Er sei in neurologischer Behandlung und leide an Schlafproblemen. Er legte seinen XXXX Reisepass vor und gab an, georgischer und russischer Staatsbürger zu sein. Er sei seit dem Jahr 1999 georgischer Staatsbürger. Wegen des Krieges in Tschetschenien seien viele Leute nach Georgien ausgewandert und hätten die Staatsbürgerschaft erhalten. Er habe nicht mehr in Tschetschenien sein könne, deshalb habe er die georgische Staatsbürgerschaft annehmen müssen. Insgesamt habe er sich nur etwa vier Monate in Georgien aufgehalten, in der Ortschaft XXXX. Dieser Ort sei nur in seinem Reisepass als sein Geburtsort verzeichnet, er sei in Tschetschenien, im BezirkXXXX, geboren. Dort habe er auch im Jahr 2000 seine Frau kennen gelernt. Zwei seiner Kinder seien in Tschetschenien, das Dritte in der Ukraine zur Welt gekommen.

In seinem Reisepass sei eine andere Identität angegeben, weil er von den Kadyrov-Leuten gesucht werde und seinen Namen geändert habe. In der Ukraine habe er wie in Tschetschenien auf Baustellen gearbeitet. Er habe in der Ukraine keinen Aufenthaltstitel gehabt, aber mit den Behörden keine Probleme bekommen. In der Russischen Föderation habe er einen Bruder, zu dem aber kein Kontakt bestehe. In Georgien habe er keine Angehörigen.

Er sei im Jahr 1997 auf dem Weg nach Hause gewesen, als er von einem uniformierten Mann angesprochen worden sei. Der Mann habe gesagt, dass er ihn nicht kennen würde, er dürfe nicht hinein und solle verschwinden. Er habe sein Gewehr auf ihn gerichtet und vor seine Beine geschossen. Er sei schon beim Stiegenhaus gewesen, als der Mann ihm sein Gewehr auf den Rücken gelegt habe. Er habe sich umgedreht und das Gewehr genommen. In diesem Moment seien zwei andere Personen hinzugekommen, zu dritt hätten sie ihn dann zusammengeschlagen. Er habe Brüche und Wunden im Gesicht davongetragen. Sein Kiefer, die Nase und das Jochbein seien gebrochen gewesen. Die drei Personen seien weggegangen. Er habe nach einiger Zeit aufstehen wollen, da habe er einen Schuss gehört. Er sei lange Zeit im Stiegenhaus gelegen, aber schließlich in ein Krankenhaus gebracht worden, wo er drei Monate lang behandelt worden sei. Nach einem Monat in seiner alten Wohnung sei er in den vierten Bezirk umgezogen. Er habe Angst gehabt und nicht schlafen können. Er habe darüber nachgedacht, zu heiraten und aus Tschetschenien wegzuziehen. Er habe sich in Tschetschenien unsicher gefühlt. Er habe den Vorfall nicht angezeigt. Im März 1999 sei er nach Georgien gereist.

In Tschetschenien habe es Probleme mit den Behörden gegeben. Er habe sich immer gegen die Regierung geäußert, aber ihm sei gesagt worden, er solle sich ruhig verhalten und nicht reden. Er habe erkannt, dass sein Leben bedroht sei, wenn er sich weiter äußere. Er habe vor "den Leuten" gesagt, dass die Regierung das eigenen Volk töte und vernichte. Das sei wahrscheinlich 1996 gewesen, vor dem Vorfall mit seinem Bein. Er kenne die Leute, die ihn bedroht hätten nicht. Es sei einfach jemand gekommen und habe gesagt, dass er solche Sache nicht sagen solle. Er sei nie festgenommen worden.

Den ersten georgischen Pass habe er von Bekannten Tschetschenen bekommen und dafür Geld bezahlt. Bis 2004 habe er dann wieder in Tschetschenien gelebt. Er habe oft seinen Wohnort gewechselt. Er habe Tschetschenien verlassen, weil er dort nicht mehr habe leben können. Er habe schon immer weggewollt, sei aber erst 2004 dazu gekommen. Er habe dort alles gehasst.

Als der Krieg in Lugansk und Donezk ausgebrochen sei, seien tschetschenische Killer in die Ukraine gekommen. Es seien viele Personen in Uniform durch seine Ortschaft gekommen. Im August 2014 seien fünf unbekannte Personen in ihr Haus gekommen, drei in Uniform, zwei in Zivil. Sie seien brutal durch die Tür gekommen und er habe mit ihnen mitgehen müssen. Ihm seien die Augen verbunden worden und sie hätten ihn in ein Auto gesteckt. Die zwei Männer in Zivil seien Kadyrov-Leute gewesen. Außerhalb der Stadt seien ihm Fragen gestellt worden, wo er sich als Soldat aufgehalten habe und wer sein Kommandant sei. Er habe geantwortet, dass er keinen Militärdienst absolviert und nicht gekämpft habe. Er sei gezwungen worden zu sagen, dass er gekämpft habe, sonst werde er getötet. Er habe sich aber geweigert und sei geschlagen worden. Er sei von August 2014 bis Februar 2015 bei diesen Menschen geblieben und habe Arbeiten für sie verrichten müssen. Er habe einem der Kadyrov-Leute erzählt, dass er noch nie im Krieg gewesen sei. Dieser habe ihm erzählt, dass er als einer der Aufständischen gesucht werde, deshalb sei er mitgenommen worden. Der Mann habe ihm versprochen, alles zu tun, damit er freikomme. Am 11. Februar habe ihn der Mann in ein Auto gesteckt und ihn auf einer Straße aussteigen lassen. Er habe ihm 200 Hrywnja (etwa 6 Euro, Anm.) gegeben und ihm gesagt, er solle verschwinden. Er sei nach Hause zurückgekehrt, aber seine Familie sei nicht mehr dort gewesen. Daher sei er nach Vinigradova gefahren und habe dort auf Baustellen gearbeitet. Auch Bekannte hätten ihm geholfen, nach Georgien fahren zu können. Dort sei er drei oder vier Monate geblieben. Das Visum habe 2 200,- € gekostet, das Geld habe er von Bekannten geliehen. Von der Schwester seiner Frau habe er erfahren, dass seine Familie in Österreich sei.

In Georgien sei es aus religiösen Gründen unsicher. Seit aufständische Tschetschenen dort gewesen seien, habe sich die Meinung gegenüber Tschetschenen geändert. Darauf angesprochen, dass er gerade erst dort gewesen sei und einen neuen Reisepass erhalten habe, gab der BF5 an, das spiele keine Rolle. Wenn er sich nicht wohl fühle, werde er dort nicht zu Hause sein. Er habe für den neuen Reisepass nur seinen alten Pass vorlegen und etwa 300 Dollar bezahlen müssen. Er habe einen Monat warten müssen und ein Mann habe ihm den neuen Reisepass gebracht.

Der BF5 legte ua. folgende Dokumente vor:

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Fachärztliches Attest vom 21.07.2016, Diagnose posttraumatische Belastungsstörung, chronisches Schmerzsyndrom nach Schussverletzung

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Röntgenbefund vom 09.08.2016, Diagnose Osteochondrose und geringe Wirbelkörperkantenanbauten

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Bestätigung des BF5 über den Besuch eines Deutschkurses

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Schulnachricht des BF3

-

Schulbesuchsbestätigung des BF3

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Schulbesuchsbestätigung des BF4

-

Schulnachricht der BF2

-

Schulbesuchsbestätigung der BF2

1.9. Der georgische Reisepass des BF5 wurde einer kriminaltechnischen Untersuchung unterzogen. Aus dem Untersuchungsbericht vom 14.12.2016 geht hervor, dass keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung vorliegen.

1.10 Am 18.01.2017 legte der BF5 ein Deutschzertifikat A1 vor.

1.11. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde der Antrag des BF5 auf internationalen Schutz vom 15.07.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), diesem gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien und in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Gefahr einer Verfolgung in Georgien nicht habe festgestellt werden können. Es habe weiters nicht festgestellt werden könne, dass der BF5 Tschetschenien bzw. die Russische Föderation aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe. Seine Angaben zum Erwerb der georgischen Staatsbürgerschaft seien nicht glaubhaft. Auch die vorgebrachte Verfolgung in der Russischen Föderation sei aufgrund des Verbleibs des BF5 in Tschetschenien bis zum Jahr 2004 nicht glaubhaft. Auch der Schilderung der Vorfälle in der Ukraine werde kein Glauben geschenkt. Das Beweisverfahren habe nicht ergeben, dass der BF5 bei einer allfälligen Rückführung in seinen Herkunftsstaat einer realen Gefahr einer Verletzung von Art 2, Art 3 oder der Protokollnummer 6 oder Nummer 13 zur Konvention der Europäischen Menschenrechte oder einer sonstigen ernsthaften Bedrohung unterliegen würde. Der Bescheid enthielt Feststellungen sowohl zur Lage in Georgien als auch in der Russischen Föderation sowie Anfragebeantwortungen zur Situation der tschetschenischen Minderheit in Georgien, zur Verleihung der georgischen Staatsbürgerschaft, zur Doppelstaatsbürgerschaft für russische Staatsangehörige und zu Muslimen in Georgien.

Zum Privat- und Familienleben wurde festgehalten, dass in Bezug auf die Ehefrau und die Kinder des BF5 ebenfalls abweisende Entscheidungen erlassen worden seien. Ihm stehe es auch frei seine Familie nach Georgien nachzuholen. Dem gegenüber seien seine sozialen Verfestigungen in Österreich lediglich gering. Sonstige Gründe für die Erlangung eines Aufenthaltstitels habe das Ermittlungsverfahren nicht ergeben.

1.12. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 20.02.2017 Beschwerde erhoben und zunächst das Vorbringen des BF5 in der Einvernahme vom 03.11.2016 wiederholt. Die Ausführungen der Behörde zur Staatsbürgerschaft des BF5 seien nicht schlüssig, weil einerseits davon ausgegangen werde, dass er die gesetzlichen Voraussetzungen zur Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht erfülle, dennoch von der georgischen Staatsbürgerschaft des BF5 ausgegangen werde. Die Behörde hätte dazu weitere Ermittlungsschritte setzen müssen. Die Feststellung, dass der BF5 die georgische Staatsbürgerschaft, noch dazu auf falschen Namen, tatsächlich besitze, scheine nicht nachvollziehbar. Die Behörde habe weiters nicht geprüft, ob der BF5 aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit dem Risiko einer Verletzung seiner durch Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt sei. Der BF5 habe sich in der Vergangenheit nur sporadisch in Georgien aufgehalten, womit er in Verdacht geraten müsse, mit radikalen Aufständischen außerhalb Georgiens in Verbindung zu stehen. Es sei zu prüfen, inwieweit er im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen mit Folter oder unmenschlicher bzw. erniedrigender Behandlung rechnen müsse. Das Unterstellen einer feindseligen politischen Gesinnung alleine wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Die Ausführungen der Behörde, weshalb den Vorfällen in der Ukraine keine Glaubhaftigkeit zukomme, sei nicht schlüssig.

Die Feststellung der Behörde, dass die Familie des BF5 mit diesem in Georgien leben könne, sein nicht begründet. Der BF5 gehe davon aus, dass seiner Familie ein Aufenthalt in Georgien nicht erlaubt wäre.

Die Behörde habe festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien und in die russische Föderation zulässig sei. Dies sei rechtlich nicht zulässig, die Behörde hätte vielmehr vor Erlass einer Rückkehrentscheidung auch die Zuerkennung von subsidiärem Schutz in Hinblick auf die Russischen Föderation abweisen müssen. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, inwieweit eine durch die Rückkehrentscheidung erfolgende Trennung mit dem Recht auf Familienleben nach Art. 8 EMRK in Einklang zu bringen sei, sei nicht erfolgt.

In der Russischen Föderation werde der BF5 als Aufständischer eingestuft, was wohl mit seiner Schussverletzung aus dem Jahr 1997, seinen vielen regimekritischen Äußerungen und seinen vielen Auslandsaufenthalten, auch unter anderem Namen, zusammenhänge.

1.13. Am XXXX brachte die BF2 eine Tochter, XXXX, zu Welt. Am 05.07.2018 wurde für sie durch ihren Vater, XXXX, geb. XXXX, StA Russische Föderation, ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dem Vater war mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX, XXXX, der Status des Asylberechtigten, abgeleitet von dessen Vater, zuerkannt worden.

1.1.4 In einer vor dem Bundesverwaltungsgericht am 07.08.2018 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme der BF1, der BF2 und des BF5, Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und durch Einsicht in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts.

Der BF5 gab an, sein richtiger Name sei XXXX, er sei "reinblütiger Tschetschene". Er sei das letzte Mal vor ca. einem Monat beim Psychiater gewesen und habe am 11.09.2018 wieder einen Termin. Am 30.08. bzw. 31.08. habe er einen Termin beim Psychologen gehabt. Er nehme derzeit eine Reihe von Medikamenten ein.

In Tschetschenien habe er keine Verwandtschaft mehr, seine Eltern seien verstorben. Ein Bruder lebe in Russland, es bestehe aber kein Kontakt. Er habe in Tschetschenien noch weitere Freunde und Bekannte. Er habe weder in Georgien, noch in der Ukraine Verwandte, in Georgien habe er Bekannte und in der Ukraine einen Freund aus Russland. Er sei weder mit Bekannten aus Georgien, aus der Ukraine und auch nicht aus Tschetschenien in Kontakt. Er habe ein bisschen Philosophie studiert, Wohnungen saniert und auch Handel betrieben. Eine konkrete Berufsausbildung habe er nicht.

Zum Vorfall im Jahr 1997 gab der BF5 an: Er sei in der Nacht auf dem Heimweg gewesen. Ein bewaffneter Mann in Militäruniform habe ihn gefragt, wohin er gehen wolle. Er habe geantwortet, dass er zu seiner Wohnung wolle. Der Mann habe ihm gesagt, er hätte ihn noch nie gesehen und würde ihn nicht kennen, er solle verschwinden. Er habe ihm zwischen die Beine geschossen, um ihn einzuschüchtern. Er habe ihm dann befohlen ins Stiegenhaus zu gehen und hinauf zu gehen. Zwei weitere Militärangehörige seien hinzugekommen. Als er den ersten Stock schon fast erreicht habe, habe ihm der Mann die Maschinenpistole an den Rücken gesetzt. Er habe sich umgedreht und versucht ihm die Waffe wegzunehmen. Daraufhin sie er geschlagen worden, sein Kiefer, die Nase und das Jochbein seien gebrochen gewesen. Später habe er verstanden, dass diese Männer ihn töten wollten. Er frage sich bis heute, warum sie ihn umbringen wollten, er könne bis heute keine Antwort darauf geben. Er könne nicht sagen, womit man ihn geschlagen habe. Er habe das Bewusstsein sofort verloren. Er sei nicht lange bewusstlos gewesen. Als er aufstehen habe wollen, sei auf ihn geschossen worden. Er sei längere Zeit im Stiegenhaus gelegen, aber schließlich gefunden und sei ins Krankenhaus gebracht worden.

Er sei dann noch bis 2004 in Tschetschenien geblieben. Auf Grund der damaligen Situation und dem Vorfall 1997 habe er aus Tschetschenien weggewollt. Er sei daher 1999 nach Georgien gefahren um sich dort einen Pass zu besorgen. Er sei damals ein bis zwei Monate in Georgien geblieben, vielleicht auch vier Monate. Er habe damals einen echten Pass bekommen, er sei nicht gefälscht gewesen, das sei mit dem Erwerb der georgischen Staatsbürgerschaft verbunden gewesen. Er sei wieder nach Tschetschenien zurück, da er heiraten wollte. Er habe dann in ein anderes Land ziehen wollen, wo er sich sicherer fühle. 2000 habe er geheiratet. Von 2000 bis 2004 habe er vorwiegend in XXXX gewohnt. Er habe damals seinen Aufenthaltsort wechseln müssen. Wenn er zu seiner ehemaligen Wohnung zurückgekehrt sei, habe man ihm mitgeteilt, dass er dort immer noch gesucht werde. Bis dato könne er immer noch nicht sagen, warum ihn diese Personen gesucht haben bzw. töten wollten. Er habe im vierten Bezirk in leeren Wohnungen oder bei Freuden übernachtet. Seine Frau habe er in dieser Zeit nur hin und wieder getroffen. 2004 sei er dann zuerst alleine in die Ukraine, Gebiet XXXX gereist. In der Zeit von 2000 bis 2004 hätten ihn die Verfolger nicht finden können. Die erste Gelegenheit außer Landes zu gehen, sei dann 2004 gewesen. In der Zeit zwischen 2000 und 2004 habe er nicht gearbeitet, er habe auch hungern müssen, er habe überlebt. Andere Leute hätten ihm Reste zu essen gegeben. Er habe damals sogar Angst gehabt arbeiten zu gehen.

Im Jahr 2004 sei seine Familie zu ihm in die Ukraine gekommen. Im Jahr 2014 seien fünf Männer in ihr Haus gekommen, zwei in Zivil und drei in Militäruniformen, es dürften russische Uniformen gewesen sein. Die drei Soldaten hätten Russisch gesprochen. Die Eingangstür sei nicht versperrt gewesen und die fünf Männer seien einfach hereingekommen. Die fünf Männer hätten fast nicht gesprochen, sie hätten nur gefragt, ob er XXXX sei, hätten ihn dann an den Armen gepackt und ihm etwas über den Kopf gezogen. Er sei in einen Kleinbus verfrachtet worden und sie seien drei bis vier Stunden gefahren. Er sei in einen Raum in einem alten Ziegelhaus gebracht worden. Sie hätten ihn einige Zeit später befragt und wollten wissen, mit wem er gemeinsam gekämpft habe und wer sein Kommandant gewesen sei. Die Männer hätten zuvor sein Haus nicht durchsucht. Zwei dieser Männer, auch der Chef der Gruppe, seien Tschetschenen gewesen, er habe ihn auf Tschetschenisch befragt. Er sei etwa ein halbes Jahr lang in diesem Raum festgehalten worden. Er sei nur zum Arbeiten hinausgekommen, sie hätten ihn zum Arbeiten gezwungen, waschen putzen, Kartoffel schälen und dergleichen. Während seines halbjährigen Aufenthaltes dort, hätten die Soldaten und auch die zwei Tschetschenen gewechselt. Er sei während dieser Zeit misshandelt worden und habe Brüche davongetragen. Er habe dann mit dem einen Tschetschenen näher gesprochen und ihm auch mitgeteilt, dass er an keinen Kampfhandlungen teilgenommen habe und an sich ein friedlicher Mensch sei. Er habe ihm gesagt, dass sein Name auf einer Liste von gesuchten Personen aufscheine und man ihn für einen Austausch gegen eine andere Person verwenden wolle. Der eine Tschetschene habe ihm dann versprochen, ihn frei zu lassen. Er sei am 11.02.2015 zu einer ukrainischen Straße gefahren, habe ihm 200 Hrywnja gegeben und er habe dann per Anhalter zu seiner Familie fahren können. Seine Familie sei allerdings nicht mehr dort gewesen. Die Hausbesitzerin habe ihm gesagt, dass sie ins Ausland gegangen seien. Er habe dann die Schwester seiner Gattin angerufen, die ihm gesagt habe, dass die Familie in Österreich sei. Er habe früher schon einmal mit seiner Frau darüber gesprochen in ein sicheres Land zu ziehen und eventuell nach Europa. Konkrete Pläne habe es aber nicht gegeben. Er sei dann bis ins Jahr 2016 bei Bekannten in XXXX gewesen und habe mit Sanierungen Geld verdient und dieses gespart. Im Jahr 2016 habe er sich auf die Reise nach Österreich begeben.

Er habe in Österreich bereits die A1-Deutschprüfung bestanden. Er verbringe die meiste Zeit des Tages vor dem Computer um sich Deutsch selbst beizubringen. Er habe eine bekannte Frau, mit der er immer in Kontakt bleibe, um mit ihr auch Deutsch zu sprechen. Er habe mehrere Bekannte, er kenne allerdings ihre Namen nicht. Wenn er sie treffe bemühe er sich immer mit ihnen zu sprechen. Er habe keine Verwandten in Österreich. Er habe in Österreich noch nicht gearbeitet, wolle aber einen Kurs für Innenausbau belegen. Er sei nicht Mitglied in einem Verein, Club oder betreibe auch keinen Sport. Die gesamte Familie lebe gemeinsam in einer Flüchtlingspension. Seine Tochter sei mit dem Vater ihres Kindes islamisch verheiratet. Er habe den Vater seines Enkelkindes das letzte Mal vor etwa einer Woche oder 10 Tagen gesehen. Er besuche sie einmal im Monat, manchmal auch öfter. Im Prinzip lebe seine Tochter mit dem Kindesvater bereits zusammen, sie sei die meiste Zeit bei ihm.

In Tschetschenien sei er schon in Gefahr, wenn er einen der Kadyrowleute nur schief anschauen würde. Er sei auch in Gefahr, wenn er einfach jemandem dort nicht passe. Man würde ihn verschleppen und töten.

Auf die Feststellung des Richters, dass sich aus seiner gesamten, bisherigen Erzählung und dem Akt kein Anhaltspunkt dafür biete, warum Personen im Umkreis von Kadyrow Interesse an seiner Person haben würden, antwortete er, dass er auf der Liste der Gesuchten stehe, wie er in der Ukraine erfahren habe. Er werde als ehemaliger Kämpfer gesucht. Er habe auch in der Vergangenheit seine Meinung offen gesagt.

Auf den Vorhalt, dass seine negativen Äußerungen zum Kadyrowregime auf Grund seiner eigenen Aussagen und der Zeitlinie, die sich anhand seiner Angaben ergäbe, schon zu lange zurücklägen, dass es für ihn noch eine Gefahr geben könnte, gab er an, dass es keine Verjährung gebe. Wenn ein Mensch eine Straftat begehe, so ließen ihn die Behörden nicht in Ruhe, bis er festgenommen werde.

Seitdem die Gruppe um XXXX in Georgien gewesen sei, habe sich die Einstellung der Bevölkerung und der Behörden in Georgien gegenüber den Tschetschenen stark geändert. Es komme auch vor, dass Tschetschenen ausgeliefert würden.

Die BF1 gab an, ihre Eltern seien bereits verstorben. Eine Schwester lebe in Kasachstan. Sie sei mit niemanden mehr in Tschetschenien im Kontakt. Sie sei noch niemals in Georgien gewesen. Sie habe die A1-Prüfung abgelegt, führe untertags den Haushalt und kümmere sich um die Kinder. Sie habe eine Bekannte, die bei der Gemeinde arbeite, und helfe bei Festen oder Ähnlichem bei den Vorbereitungen. Sonst habe sie keine Bekanntschaften. Berufsausbildung habe sie keine.

Der BF3 habe im Juni die Hauptschule abgeschlossen und sei bereits für September in der HAK angemeldet. Der BF4 habe im Juni die 2. Klasse der Neuen Mittelschule abgeschlossen und sei gesund.

Sie habe ihren Gatten im Jahr 2000 geheiratet. Nach der Hochzeit sei sie zu ihrem Mann nach XXXX übersiedelt. Dort habe sie vielleicht zwei bis drei Jahre gelebt. Bis 2004 habe sie wieder bei ihrer Mutter gewohnt. 2004 sei sie mit ihren Kindern und ihrem Gatten in die Ukraine gezogen. Zwischen 2000 und 2003 habe sie gemeinsam mit ihrem Mann in ihrer Wohnung gelebt. Sie sei zu ihrer Mutter zurückgekehrt, da zu dieser Zeit ein Problem ihres Mannes entstanden sei. Er habe sich nicht bei ihnen aufhalten und nicht bei ihnen übernachten können. Sie könne nicht angeben, wo sich ihr Mann in dieser Zeit aufgehalten habe. Er habe sie immer wieder besucht. In XXXX habe er Wohnungssanierungen gemacht, aber dann wisse sie nicht, was er gearbeitet habe. Sie seien wegen des Problems ihres Mannes mit seinem Bein und zu seiner Sicherheit in die Ukraine gezogen. Mitte August 2014 abends nach 10 Uhr, die Kinder hätten schon geschlafen, seien drei Militärangehörige und zwei Zivilisten in ihr Haus gekommen, hätten ihren Mann an den Armen gepackt und hinausgebracht. Die fünf Personen hätten nichts gesagt. Sie könne nicht sagen, ob ihr Mann in der Zeit vor ihrer Ehe irgendetwas Verbotenes gemacht habe oder nicht. Er habe ihr noch zugerufen, sie möge die Kinder retten und nicht hierbleiben. Sie seien dann noch bis Jänner 2015 in der Ukraine geblieben und dann nach Österreich ausgereist.

Die BF2 gab an, sie sei traditionell islamisch mit ihrem Mann verheiratet, habe dazu aber keine Dokumente. Sie seien nicht standesamtlich verheiratet. Sie lebe seit März 2017 mit ihrem Mann zusammen. Er mache derzeit eine Lehre und hätten sie eine eigene Wohnung. Sie habe in Österreich die dritte und vierte Klasse der Hauptschule besucht. Seither gehe sie nicht mehr zur Schule. Sie wolle gerne eine Modeschule besuchen. Nach drei Jahren wäre sie dann ausgebildete Schneiderin.

Den BF wurde im Rahmen der Verhandlung mitgeteilt, dass sich aufgrund einer Internetabfrage des Richters auf der Homepage der georgischen Botschaft ergibt, dass Staatsbürger der Russischen Föderation in Georgien visumsfrei einreisen können und sich dort aufhalten können.

Die BF legten im Zuge der Verhandlung folgende Unterlagen vor:

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Ambulanzberichte des BF5 vom 10.07.2018, vom 04.06.2018 und vom 27.04.2018

-

Schreiben über die Ausstellung eines Behindertenpasses an den BF5

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Sachverständigengutachten betr. BF5 vom 21.09.2017

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Schreiben betr. Psychotherapie des BF5 vom 08.01.2018

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Empfehlungsschreiben

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Ärztliches Attest betr. BF5 vom 19.07.2018

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Psychologisch-psychotherapeutischer Bericht vom 18.07.2018

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Deutschzertifikat A1 des BF5

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Ambulanzberichte der BF1 vom 27.04.2018 und vom 04.06.2018

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Schreiben betr. psychotherapeutische Behandlung der BF1

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Zwei Schreiben der Lehrer des BF4

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Schreiben des Lehrers des BF3

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Jahreszeugnis 2018 des BF3

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Jahreszeugnis 2018 des BF4

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Schreiben über die Aufnahme des BF3 in eine HAK

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Diverse Kursbestätigungen von BF3 und BF4

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Jahreszeugnis 2017 der BF2

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen

Die BF1, BF2, BF3 und BF4 sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Ihre Identitäten stehen nicht fest. Der BF5 ist Staatsangehöriger von Georgien und Staatsangehöriger der Russischen Föderation. Seine Identität steht nicht zweifelsfrei fest, da der georgische Reisepass laut eigenen Angaben unter falschem Namen ausgestellt wurde.

BF1 und BF5 sind die Eltern der minderjährigen BF2, BF3 und BF4.

Die BF1 und der BF5 verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Tschetschenien.

Am 03.02.2015 stellte die BF1 für sich und ihre minderjährigen Kinder die dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Anträge auf internationalen Schutz.

Der BF5 stellte am 15.07.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der BF5 hat weder für sich selbst noch für seine Ehefrau oder die minderjährigen Kinder eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Nicht festgestellt werden konnte, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der BF in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Die Beschwerdeführer leiden an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen (im Endstadium), bezüglich derer es keine Behandlungsmöglichkeiten in der Russischen Föderation bzw. in Georgien gibt. Der BF5 ist aufgrund einer Verletzung gehbehindert. Er leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Die BF1 leidet an depressiven Verstimmungen und Schlafstörungen.

Die BF sind strafgerichtlich unbescholten.

Der BF5 verfügt über ein Deutschzertifikat A1. Die BF1 verfügt über keine Deutschkenntnisse. Der BF3 und BF4 besuchen die Schule. Die BF2 hat die vierte Klasse Hauptschule abgeschlossen, geht aber aktuell nicht zur Schule. Sie verfügt über gute Deutschkenntnisse.

Die BF2 ist Mutter einer am XXXX geborenen Tochter. Der Va

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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