TE Bvwg Beschluss 2018/10/8 W214 2205260-1

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Veröffentlicht am 08.10.2018
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Entscheidungsdatum

08.10.2018

Norm

AVG §13 Abs3
B-VG Art.130 Abs1 Z2
B-VG Art.133 Abs4
DSG Art.2 §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W 214 2205260-1/2E

bESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER über die Maßnahmenbeschwerde von XXXX vom 05.09.2018 wegen eines Mängelbehebungsauftrages durch die Datenschutzbehörde zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF (B- VG) nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom 05.09.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 10.09.2018, eine Maßnahmenbeschwerde, weil die Datenschutzbehörde im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens ihm einen Mängelbehebungsauftrag erteilt habe, obwohl aus seiner Beschwerde klar ersichtlich sei, gegen welchen Verantwortlichen er seine Beschwerde richte. Bei diesem Mängelbehebungsauftrag handle es sich um einen Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt.

Der Beschwerde war der von der Datenschutzbehörde erlassene Mängelbehebungsauftrag angeschlossen, der ihm am 02.08.2018 zugegangen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I. angeführte Sachverhalt wird festgestellt.

Der Beschwerdeführer hat beim Bundesverwaltungsgericht eine Maßnahmenbeschwerde gegen einen Mängelbehebungsauftrag der Datenschutzbehörde erhoben.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Beschwerde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 2 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß § 9 Abs. 1 und 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) hat die Beschwerde die Bezeichnung der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat, weiters die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, das Begehren und die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist, zu enthalten.

Gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben, wenn im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt beim gegenständlichen Maßnahmenbeschwerdeverfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Zu A) Zurückweisung:

3.2.1. Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (VwGH 26.11.1993, 92/17/0163; VwSlg 15.344 A/2000; VwGH 22.01.2002, 99/11/0294; 06.07.2004, 2003/11/0175; 20.11.2006, 2006/09/0188; siehe auch Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht Rz 608; Hengstschläger/Leeb, AVG § 67a Rz 34). Die Qualität eines behördlichen Befehls als Maßnahme iSd Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG setzt voraus, dass dem Betroffenen eine bei Nichtbefolgen des Befehls unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird (vgl. VwGH 15.12.2014, 2011/17/0333, VwGH 20.12.2016, Ra 2015/03/0048, VwGH 23.2.2017, Ro 2014/07/0081, und VwGH 18.10.2017, Ra 2017/02/0041, VwGH 26.06.2018, Ra 2018/16/0054).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichthofes liegt eine Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt dann vor, wenn ohne Durchführung eines Verfahrens einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird. Ein derartiger Eingriff liegt im Allgemeinen dann vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. VwGH 20.11.2006, 2006/09/0188; 22.2.2007, 2006/11/0154, jeweils mwN). In diesem Sinne wurde u.a. das Aufsperren verschlossener Räume oder das gewaltsame Eindringen in ein ehemaliges Geschäftslokal bzw. in eine Wohnung als ein Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt qualifiziert (vgl. VwGH 22.1.2002, 99/11/0294, mwN, VwGH 27.06.2018, Ro 2017/17/0028).

Werden keine Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, liegt im Übrigen keine vor den Verwaltungsgerichten bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor. Stellen sich die Aufforderungen eines Verwaltungsorganes unter voller Berücksichtigung aller Begleitumstände nur als Einladung dar, die der Betroffene nach eigenem Gutdünken unerfüllt lassen kann, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass er deshalb unverzüglich - das heißt jedenfalls ohne Dazwischentreten weiterer Verwaltungsakte - physischem Zwang unterworfen würde, um den gewünschten Zustand zu erreichen, so handelt es sich um keinen Befehlsakt im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG. Es kommt dabei auf eine objektive Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen an, ob er im Falle seiner Weigerung unmittelbaren physischen Zwang zu gewärtigen hätte (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/02/0041, mwN, VwGH 26.06.2018, Ra 2018/05/0184).

Zweck eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist die - nachträgliche - Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (VfSlg 16.109/2001; 16.179/2001; VfGH 3.3.2006, B345/05). Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nicht nur um eine verfassungsrechtlich vorgegebene Form der Rechtserzeugung, sondern auch um einen rechtschutzbezogenen "Auffangtatbestand" handelt. Dementsprechend wird in Lehre und Rechtsprechung die Maßnahmenbeschwerde einerseits zur Vermeidung von Rechtschutzlücken gesehen bzw. andererseits - daraus folgend - dass es sich dabei lediglich um ein subsidiäres Rechtsmittel handelt. (Oberndorfer, Verwaltungsgerichtsbarkeit 74; vgl. insb. auch Funk in FS Hellbling 199 ff; ders, ZfV 1987, 628f; ferner Rz 40, 43; Funk, Anfechtung 65f) (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 67a Rz 32).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kann daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein, was in einem Verwaltungsverfahren geklärt werden kann (VwGH 6.4.1987, 86/10/0056; 16.9.1992, 92/01/0711; 15.6.1999, 99/05/0072; vgl. aber auch VfSlG. 13.533/1993 [Rz 68]). Eine Maßnahmenbeschwerde ist nach dieser Judikatur etwa dann nicht zulässig, wenn die Partei die Feststellung des strittigen Rechts mittels Bescheid begehren (Ennöckl, Maßnahmenbeschwerde 56; Oberndorfer, Verwaltungsgerichtsbarkeit 74; VwGH 20.12.1996, 96/02/0022) kann.

Im gegenständlichen Fall wird durch den Mängelbehebungsauftrag der Datenschutzbehörde im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor dieser Behörde weder in subjektive Rechte des Beschwerdeführers eingegriffen, noch physischer Zwang bei Nichtbefolgung des Mängelbehebungsantrages angedroht. Daher kann mangels eines Aktes verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt schon begrifflich kein Fall einer Maßnahmenbeschwerde vorliegen. Überdies erging der Mängelbehebungsauftrag im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens, dessen abschließender Bescheid bekämpft werden kann bzw. konnte.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

3.2.2. Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine mündlichen Verhandlung entfallen, wenn schon aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist. Das ist hier der Fall.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Rechtsprechung entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu Punkt 3.2.1.). Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Befehls- und Zwangsgewalt, Maßnahmenbeschwerde, Subsidiarität,
Verbesserungsauftrag, Verwaltungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W214.2205260.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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