Entscheidungsdatum
09.10.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W227 2133031-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXXgegen den Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Innsbruck vom 21. Juni 2016, Zl. XXXX, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer begann im Wintersemester 2012/2013 das Bachelorstudium "Physik" an der Universität Innsbruck. Von September 2012 bis einschließlich August 2013 wurde ihm eine monatliche Studienbeihilfe in Höhe von 155,- Euro bewilligt und ausbezahlt. Vom 1. Jänner 2013 bis zum 30. September 2013 leistete er seinen Zivildienst ab. In diesem Zeitraum war er als ordentlicher Studierender an der Universität Innsbruck inskribiert.
2. Mit Bescheid vom 21. April 2016 sprach die Studienbeihilfenbehörde aus, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf Studienbeihilfe gemäß § 49 Abs. 1 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) ab Jänner 2013 ruhe und gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG die seit dem Eintritt des Ruhens bezogene Studienbeihilfe in Höhe von 1.240,- Euro zurückzuzahlen sei.
3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, in der er im Wesentlichen Folgendes vorbrachte:
Sein Anspruch habe höchstens bis Ende August 2013 geruht, weil er im September 2013 keine Beihilfe erhalten habe. Nach Vorlage der Zivildienstbestätigung sei kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, insbesondere, inwiefern er überwiegend am Studium behindert gewesen wäre; auch sei am Rückforderungsbescheid kein Ruhenszeitraum angegeben und der Beschwerdeführer habe sich den Rückforderungsbetrag selbst ausrechnen müssen.
Weiters seien die Informationen, die der Beschwerdeführer im Rahmen eines Beratungsgespräches am 15. November 2012 erhalten habe, für ihn "sehr irreführend" gewesen, und er wäre der Meinung gewesen, dass es keine Rolle spiele, ob er sich für die Dauer des Zivildienstes beurlauben lasse oder nicht.
Überdies liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen männlichen und weiblichen Studierenden vor, weil männliche Studierende durch die Einberufung zum Präsenz- oder Zivildienst nur ein Semester Zeit hätten, den günstigen Studienerfolg für den Weiterbezug von Studienbeihilfe im 3. Semester zu erlangen.
Im Falle einer Abweisung seiner Vorstellung gegen den Rückzahlungsbescheid vom 21. April 2016 beantragte der Beschwerdeführer eventualiter die Wiederaufnahme jenes Verfahrens, welches mit Bescheid vom 2. Dezember 2013 (der Antrag des Beschwerdeführers vom 20. September 2012 auf Gewährung einer Studienbeihilfe im Zeitraum Wintersemester 2013/2014 und Sommersemester 2014 wurde mangels ausreichenden Studienerfolges abgewiesen) abgeschlossen wurde.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Senat der Studienbeihilfenbehörde die Vorstellung des Beschwerdeführers ab und sprach (erneut) aus, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf Studienbeihilfe gemäß § 49 Abs. 1 StudFG ab Jänner 2013 ruhe und gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG die seit dem Eintritt des Ruhens bezogene Studienbeihilfe in Höhe von 1.240,- Euro zurückzuzahlen sei.
Begründend führte der Senat im Wesentlichen Folgendes aus:
Im Rückzahlungsbescheid vom 21. April 2016 werde im Spruch ein Ruhen der Studienbeihilfe ab Jänner 2013 in Höhe von 1.240,- Euro ausgesprochen. Dies entspreche den Monatsraten von Jänner 2013 bis einschließlich August 2013 (8 Monate) in Höhe von monatlich 155,-
Euro. Dass die Rückzahlung einer Rate für den Monat September aufgetragen worden sei, treffe daher nicht zu. Auch werde im Ruhensbescheid vom 21. April 2016 das Ruhen ab Jänner 2013 ausgesprochen. Dieses Ruhen wirke über den verbleibenden Zeitraum der ursprünglichen Bewilligung auf Studienbeihilfe für das Wintersemester 2012/2013 und das Sommersemester 2013. Der rückgeforderte Betrag in Höhe von 1.240,- Euro werde ebenfalls angeführt.
Weiters habe der Beschwerdeführer im Zuge des Beratungsgespräches vom 15. November 2012 jedenfalls angegeben, sich bezüglich des Zivildienstes ehestmöglich bei der Stipendienstelle zu melden und den Nachweis zu schicken. Außerdem habe er im Zuge dieses Gesprächs angegeben, sich bei der Universität Innsbruck wegen einer möglichen Beurlaubung zu erkundigen.
Abgesehen davon trete das Ruhen des Anspruches auf Studienbeihilfe ex lege bei Vorliegen der im Gesetz abschließend geregelten Tatbestände - hier gemäß § 49 Abs. 1 StudFG: Ableisten des Zivil- oder Präsenzdienstes über einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen - ein.
Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer im Zuge der Beratung auf die verschiedenen Möglichkeiten (Beurlaubung, Ruhen, Studienerfolg) nachweislich hingewiesen worden sei; er habe sich aber dazu entschlossen, im Sommersemester 2013 inskribiert zu bleiben.
Da der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung gemäß § 48 Abs. 4 StudFG, wonach Bezieher von Studienbeihilfe der Studienbeihilfenbehörde binnen zwei Wochen nach Kenntnis jeden Sachverhalt zu melden hätten, der ein Ruhen, eine Verminderung oder ein Erlöschen ihres Anspruches auf Studienbeihilfe zur Folge habe, nicht nachgekommen sei, sei aufgrund seiner Inskription im Sommersemester 2013 die Beihilfe zu Unrecht bis einschließlich August 2013 ausbezahlt worden.
Bei einer Beurlaubung im Sommersemester 2013 hätte dieses Semester nicht als inskribiertes Semester gezählt und der Beschwerdeführer hätte sich daher im Wintersemester 2013/2014 im 2. Semester seines Studiums befunden. Die Frist zur Erreichung des günstigen Erfolges wäre dann der 15. Mai 2014 gewesen. Daher könne der Senat auch keine Ungleichbehandlung zwischen männlichen und weiblichen Studierenden feststellen.
Zum (eventualiter gestellten) Wiederaufnahmeantrag führte der Senat (jedoch ohne spruchmäßige Abhandlung) aus, dass der erforderliche Studienerfolg im Ausmaß von 30 ECTS-Punkten oder 14 Semesterstunden im dritten inskribierten Semester nicht vorgelegen sei, weshalb der Antrag mangels Erfolgs habe abgewiesen werden müssen. Da keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen seien, werde eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 AVG vom Senat abgewiesen.
5. In der fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer zusätzlich zusammengefasst Folgendes vor:
Über seinen in eventu gestellten Wiederaufnahmeantrag sei nicht abgesprochen worden; Ausführungen (lediglich) in der Begründung würden nicht reichen.
Es stimme nicht, dass keine Ungleichbehandlung zwischen männlichen und weiblichen Studierenden bestehe. Selbst bei einer Beurlaubung hätte der Beschwerdeführer bis 15. Mai 2014 nur Prüfungen aus dem ersten Semester des Physikstudiums machen können, zumal dieses ein "chronologisch aufgebautes" Studium sei und er nicht ohne das erste und das zweite Semester positiv abgeschlossen zu haben, Prüfungen aus dem 3. Semester machen dürfe. Wenn die Studienbeihilfenbehörde § 49 Abs. 1 StudFG i.V.m. § 20 Abs. 1 Z 2 StudFG, ohne Berücksichtigung des § 19 Abs. 3 Z 4 StudFG bei Studienrichtungen mit aufbauendem Studienverlauf anwende, dann verletze sie den Gleichbehandlungsgrundsatz.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der Beschwerdeführer begann im Wintersemester 2012/2013 das Bachelorstudium "Physik" an der Universität Innsbruck.
Von September 2012 bis einschließlich August 2013 wurde ihm eine monatliche Studienbeihilfe in Höhe von 155,- Euro bewilligt und ausbezahlt.
Vom 1. Jänner 2013 bis zum 30. September 2013 leistete er seinen Zivildienst ab. In diesem Zeitraum war er als ordentlicher Studierender an der Universität Innsbruck zum Studium zugelassen bzw. zur Fortsetzung des Studiums gemeldet. Eine Beurlaubung i.S.v.
§ 67 Universitätsgesetz 2002 (UG) lag nicht vor.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A)
3.1.1. Vorab ist festzuhalten, dass es sich bei den Ansprüchen auf Studienbeihilfe nach den Bestimmungen des StudFG um zeitraumbezogene Ansprüche handelt (vgl. dazu etwa VwGH 18.03.1992, 91/12/0077; 22.03.1995, 94/12/0360). Es ist daher nicht die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Rechtslage maßgebend, sondern eine zeitraumbezogene Beurteilung vorzunehmen (vgl. VwGH 14.07.2011, 2009/10/0177 unter Hinweis auf VwGH 19.04.1995, 95/12/0009).
Folglich ist im vorliegenden Fall auf die Rechtslage abzustellen, die für den Bezug der Studienbeihilfe im Kalenderjahr 2013 maßgeblich war:
Gemäß § 49 Abs. 1 erster Satz StudFG (in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 47/2008) ruht der Anspruch auf Studienbeihilfe während der Semester, in denen Studierende nicht grundsätzlich im vollen Umfang zum Studien- und Prüfungsbetrieb zugelassen sind (§ 3 Abs. 6), und während der vollen Monate, in denen sie am Studium überwiegend behindert sind oder durch mehr als zwei Wochen den Präsenz- oder Zivildienst leisten.
Gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG (in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 11/2005) haben Studierende Studienbeihilfenbeträge, die nach dem Eintritt eines gesetzlichen Erlöschensgrundes oder während des Ruhens des Anspruches ausbezahlt wurden, zurückzuzahlen.
3.1.2. Das Ruhen des Anspruches auf Studienbeihilfe tritt ex lege bei Vorliegen der im Gesetz abschließend geregelten Tatbestände ein. Die Erlassung eines (Feststellungs-)Bescheides betreffend das Ruhen ist weder in jedem Fall vom Gesetz geboten noch für den Eintritt der Rechtsfolgen, die mit dem Ruhen verbunden sind, notwendig (vgl. VwGH 18.12.2003, 99/12/0159).
Das StudFG enthält nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass Studienbeihilfen, die trotz Kenntnis der Studienbeihilfenbehörde vom Vorliegen eines Ruhenstatbestandes (oder obwohl die Behörde dies wissen hätte müssen) ausbezahlt wurden, nicht zurückzuzahlen sind (vgl. VwGH 06.09.1995, 95/12/0074).
Aus der Systematik des § 51 StudFG ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber eine abschließende Regelung der Rückzahlungspflicht getroffen hat und der gutgläubige Empfang/Verbrauch der Studienbeihilfe nicht die Rückzahlungsverpflichtung, soweit sie nach den Rückforderungstatbeständen überhaupt in Betracht kommt, ausschließt (vgl. VwGH 06.09.1995, 95/12/0074; 08.01.2001, 2000/12/0301).
3.1.3. Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer in den Monaten Jänner 2013 bis September 2013 jeweils mehr als zwei Wochen seinen Zivildienst leistete.
Damit trat ex lege die Ruhensbestimmung des § 49 Abs. 1 erster Satz StudFG ein. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist daher ein Ermittlungsverfahren, inwiefern er durch seinen Zivildienst überwiegend am Studium behindert gewesen wäre, nicht erforderlich.
Der Beschwerdeführer bemängelt überdies, dass er von der Studienbeihilfenbehörde am 15. November 2012 bei einem Beratungsgespräch "sehr irreführend" beraten worden sei. Dazu ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 13a AVG die Behörde nicht verpflichtet, die Partei in materiell-rechtlicher Hinsicht zu beraten (vgl. etwa VwGH 03.05.2011, 2009/05/0247 m.w.N.)
Weiters hegt das Bundesverwaltungsgericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 49 Abs. 1 erster Satz StudFG, da - wie schon die Studienbehilfenbehörde zutreffend festhielt - bei einer Beurlaubung im Sommersemester 2013 dieses Semester nicht als inskribiertes Semester gezählt hätte. So entschloss sich der Beschwerdeführer dennoch dazu, die Fortsetzung seines Studiums auch im Sommersemester 2013 zu melden, obwohl es ihm freigestanden wäre, sich während der Zeit der Ableistung seines Zivildienstes vom Studium beurlauben zu lassen und somit nachteilige Folgen hinsichtlich seines Anspruches auf Studienbeihilfe zu verhindern. Es kann überdies dahingestellt bleiben, ob das vom Beschwerdeführer betriebene Studium tatsächlich - wie von ihm vorgebracht - ein "chronologisch aufbauendes" Studium darstellt, weil von etwaigen, sich aus dem Aufbau eines Studiums ergebende Schwierigkeiten im Studiumfortgang alle Studierenden dieses Studiums in gleicher Weise betroffen sind. Somit läge auch in dieser Hinsicht keine Ungleichbehandlung zwischen männlichen und weiblichen Studierenden vor.
Wie oben ausgeführt, sind auch Studienbeihilfen, die trotz Kenntnis der Studienbeihilfenbehörde vom Vorliegen eines Ruhenstatbestandes ausbezahlt wurden, zurückzuzahlen (vgl. nochmals VwGH 06.09.1995, 95/12/0074). Dies gilt umso mehr, wenn die Studienbeihilfenbehörde - wie hier, wo der Beschwerdeführer seiner Meldepflicht nach § 48 Abs. 4 StudFG nicht nachkam - keine Kenntnis davon hatte, dass der Beschwerdeführer seinen Zivildienst ableistete.
Die trotz Vorliegens eines Ruhenstatbestandes ausbezahlten Monatsraten von Jänner 2013 bis einschließlich August 2013 in Höhe von insgesamt 1.240,- Euro sind daher vom Beschwerdeführer gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG zurückzuzahlen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Studienbehilfenbehörde - wie auch im Vorlageschreiben zutreffend ausgeführt - noch über den Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers abzusprechen haben wird.
3.1.3. Eine Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht strittig ist und die Lösung der Rechtssache von Rechtsfragen abhängt, wofür eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. EGMR 20.06.2013, Rs. 24510/06, Abdulgadirov v. Aserbaidschan, Rz. 34 ff; VfGH 18.06.2012, B 155/12; VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).
3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2.2. Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass die Ruhensbestimmung des § 49 Abs. 1 erster Satz StudFG ex lege eintritt, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
3.3. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Meldeverstoß, ordentlicher Zivildienst, Rechtslage,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W227.2133031.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.11.2018