TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/10 I409 2207073-1

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Veröffentlicht am 10.10.2018
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Entscheidungsdatum

10.10.2018

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §33 Abs1 Z2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I409 2207073-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des CXXXX OXXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch den "MigrantInnenverein St. Marx" in 1090 Wien, Pulverturmgasse 4/2/R1, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26. September 2018, Zl. 1206098102/180874200, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid unter dem Punkt "A) Verfahrensgang" Folgendes aus:

"Sie sind am 12.09.2018 mit Flug ET aus Addis Abbeba, Äthiopien, kommend, am Flughafen Wien-Schwechat angereist und wurden einer Kontrolle unterzogen.

Zum angegebenen Vorfallszeitpunkt erfolgte eine Identitätsfeststellung nach § 12a GrekoG am oben angeführten Anhalteort.

Hierbei konnte festgestellt werden, dass in der IZR 3 aufrechte Treffer wegen Einreise- /Aufenthaltsverbot gegen Sie aufschienen. Da Sie im Besitz einer spanischen Aufenthaltskarte waren, wurde KL2 zur weiteren Abklärung verständigt. Nach Abklärung mit dem BT-VerdiE, dass es sich bei dem niger. RP und der span. Aufenthaltskarte um echte Dokumente handelt wurde mit den Behörden in Madrid per Mail Kontakt aufgenommen.

Hierbei wurde mitgeteilt, dass Sie sich seit 2016 nicht mehr in Spanien aufgehalten haben und somit die span. Aufenthaltskarte die Gültigkeit verloren hat. Daraufhin wurde Ihnen mitgeteilt, dass er nach Addis Abeba zurückgewiesen wird. In der Folge stellten Sie einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei Sie angaben, den Namen O. C. zu führen, am XX.XX.XXXX geboren und nigerianischer Staatsangehöriger zu sein. Sie gaben an, da Sie nach Addis Abeba zurückgewiesen werden sollten und Ihre Frau in Frankreich lebe, hier um Asyl ansuchen zu wollen.

Das Zulassungsverfahren wurde in der Erstaufnahmestelle am Flughafen geführt.

Bei der Erstbefragung am 14.09.2018 vor dem SPK Schwechat, REFERAT lll-FB 2- Grenzbe.Sonderaufgaben, gaben Sie vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu Ihren Fluchtgründen Folgendes an:

Es wurde mir am 12.09.2018 hier von der Polizei nach meiner Ankunft am Flughafen mitgeteilt, dass meine spanische Aufenthaltskarte nicht mehr gültig ist. Ich sollte anschließend nach Äthiopien zurückgeschickt werden. Ich sagte zur Polizei, sie sollen mir die Weiterreise nach Spanien erlauben, damit ich dort meine Angelegenheiten bezüglich meiner Aufenthaltskarte erledigen kann. Das wurde mir aber nicht gestattet. Da ich auf keinen Fall nach Äthiopien oder nach Nigeria zurück möchte, habe ich anschließend einen Asylantrag gestellt. Ich kann nicht zurück nach Nigeria, weil ich dort weder Arbeit, Unterkunft noch Familienangehörige habe.

Befragt was Sie bei einer Rückkehr befürchten würden, sagten Sie, dass Sie Angst hätten, da Sie dort zuletzt von Kriminellen angegriffen und im Jahr 2016 in Nigeria entführt worden seien.

Bereits am 17.09.2018 wurde ein Dublin-Konsultationsverfahren eingeleitet, welches jedoch in der Folge aufgrund des Umstandes, dass der Aufenthaltstitel bereits mehr als zwei Jahre lang nicht mehr gültig ist, keine Grundlage hatte, was jedoch erst später bekannt wurde.

Am 24.09.2018 wurde für Sie in der Erstaufnahmestelle Flughafen durch einen Rechtsberater, im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Englisch eine Rechtsberatung durchgeführt, wobei dem Rechtsberater zuvor schon der gesamte Akteninhalt zur Einsichtnahme überlassen worden war.

Ihre niederschriftliche Einvernahme am 24.09.2018 durch die erkennende Organwalterin des BFA, in Anwesenheit der Rechtsberaterin und im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Englisch gestaltete sich wie folgt:

...

LA: Hatten Sie in Nigeria je Probleme mit den Behörden?

VP: Es ist eine lange Geschichte, ich habe seit 2017 Probleme.

LA: Waren Sie in der Heimat jemals politisch oder militärisch in irgendeiner Form aktiv?

VP: Ja, in Zusammenhang mit Biafra.

LA: Bitte geben Sie an, aus welchen Gründen Sie Nigeria nun 2018 erneut verlassen haben? Erzählen Sie über die Probleme, die letztendlich zu Ihrer Ausreise führten? Machen Sie wenn möglich chronologische Angaben. Sie werden nochmals auf Ihre Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage hingewiesen!

VP: 2017 hatten wir ein Problem mit Biafra, unser Anführer N. C. (phoet)

AW legt einen Zettel mit handschriftlichen Aufzeichnungen vor. Er gibt dazu an: Ich habe das nicht geschrieben, es hat jemand für mich geschrieben.

Anm.: Dolmetscherin schaut im Internet nach: N. K.

AW wird nochmal aufgefordert den Namen ganz langsam auszusprechen:

M. N. K.

AW wird aufgefordert, seinen Fluchtgrund zu erzählen.

Ich habe Probleme bekommen, wegen Biafra. Im September 2017 sind viele Leute gestorben. Wir, d.h. die Leute von Biafra werden als Gesuchte ausgeschrieben. Die haben auch Boko Haram, befragt die Menschen in Nigeria haben auch Boko Haram, sie haben auch die HERDSMEN. Seit der Zeit habe ich herausgefunden, dass sich unsere Fotos bei der Polizei befinden. Ich habe mein Foto in einer Zeitung gefunden.

AW wird aufgefordert, das Bild zu zeigen.

AW zeigt das Bild, und sagt: Das ist nicht scharf. Ich machte das aus einer Zeitung.

Anm: Der AW ist nicht identifizierbar.

LA: Der Mann auf dem Bild kann nicht identifiziert werden, das kann jeder sein. Außerdem zeigt das Bild einen jungen Mann. Es kann weder erkannt werden, dass das Bild aus einer Zeitung stammt, noch, von wann.

VP: Die Herdsman überfielen N.K. Viele Leute starben. Wir mussten dagegen demonstrieren. Und da fand dich mein Foto.

Die Polizei sucht nach uns. Das ist warum ich sehr Angst habe. Wenn ich in Nigeria bin, weiß ich nicht was passieren wird. Ich bin sehr froh, dass im September 2018, am 14.September wir (AW sagt wörtlich mehrfach: sit at home).

Nochmals befragt, was das bedeutet, gibt AW auf Englisch unverständliche Dinge an.

Nochmals befragt, was sit in home bedeutet: es wäre gefährlich gewesen raus zu gehen.

LA: Wie lange dauerte das "sit in home".

VP: Nur einen Tag.

LA: Das heißt Sie waren einen Tag zu Hause, weil es gefährlich war, ich verstehe den Sinn nicht.

VP: Wir wollen die Freiheit. Befragt wer, der N. K. ist der Führer von Biafra, Abia State.

Befragt er ist aus Abia State.

LA: Ist er Führer von Biafra?

( Anm: Diese Frage wurde ca. zehn Mal gestellt. Der AW ist nicht in der Lage anzugeben, ob der Führer ein Parteiführer, ein Angehöriger einer Behörde oder ein gewählter Repräsentant ist)

VP: Wir wollen Biafra.

LA: Was bedeutet das für Sie?

VP: Ich will Freiheit.

LA: Was bedeutet das, was ändert sich dann?

VP: Wenn ich in Nigeria bin, habe ich immer Probleme.

LA: Was meinen Sie damit? Sie sagten, Sie hätten nie Probleme mit Behörden gehabt, Sie seien nie inhaftiert gewesen, noch verurteilt.

VP: Ja, aber wenn wir für Biafra demonstriere, dann haben wir Probleme.

LA: Wieso sind Sie, obwohl Sie im Norden aufgewachsen sind, sind Sie immer wieder in den Süden zurückgekehrt.

VP: Ich war nachdem ich vom Norden weggegangen bin, in anderen Ländern gelebt, z.B. war ich in Togo, in Niger oder Ghana.

LA: Und wenn Sie in so verschiedenen Ländern waren, auch in Europa etc. wieso sind Sie dann plötzlich an Biafra interessiert?

VP. Man sagte mir dass ich aus Biafra bin.

LA: Und wenn Ihnen das nicht gesagt worden wäre, an wären Sie nicht daran interessiert?

VP: Nein.

LA: Was war nun das Problem? Ich verstehe nicht, was genau zwischen September 2017 und September 2018 geschah?

VP: Da war jeder in seinem Haus.

LA: Was war am 14.09.2018?

VP: Ich spreche von 2017.

LA: Was geschah in diesem Jahr.

VP. Ich war am 14.09.2018 nicht in Nigeria. Ich habe gehört dass alles geschlossen war. Die Leute aus Nigeria wollten die Leute aus Biafra, daher war alles geschlossen.

LA: Was geschah seither, seit dem Problem 2017, bitte beantworten Sie diese Frage.

VP: Was mit mir geschah?

LA: Ja.

VP: Die Polizei hat mich für Gesucht erklärt. Seitdem war ich im Versteck, bevor ich 2018 ausreiste. Ich beschloss, nach Europa zurückzukehren. Das ist der Grund, warum ich hier bin.

LA: Ist das alles, was Sie vorbringen könne?

VP: Ja.

LA: Sie haben weder nachvollziehbar gemacht, warum Sie auf einmal in Biafra interessiert sind, Sie haben keinerlei Hintergrundwissen darüber, Sie haben bisher sich auch nicht damit beschäftigt. Sie haben bisher sich nur um Ihr Business gekümmert. Sie haben als "Beweis" mir ein Foto vorgelegt, auf dem man Sie nicht erkennt und das keinerlei Bezug zu einer Zeitung zeigt, das sieht aus wie ein Foto, das Sie aus dem Internet oder selbst gemacht haben. Sie sind zudem mit Ihrem echten nigerianischen Pass ausgereist, der noch dazu erst am 30.082018 ausgestellt wurde.

VP: Die Behörden haben ja nicht unsere Namen. Nur die Hälfte.

...

Anmerkung: In einer Internetrecherche kann die Bedeutung des sit-at-home ermittelt werden

https://allafrica.com/view/qroup/main/main/id/00Q61478.html

Weiters kann aus dem alten Pass des AW ermittelt werden, dass der AW zwischen März 2017 und April 2018 keinen Aus- oder Einreisestempel im Pass hat.

LA: Wir haben jetzt die Bedeutung eruiert, können Sie das bitte nochmals versuchen, zu erklären?

VP: Das ist die Erinnerung, was vor einem Jahr passiert ist. Da vor einem Jahr viele gestorben sind. Befragt, ein Jahr vorher.

LA: Nicht zwei Jahre?

VP: Nein, vor einem Jahr.

LA: Und warum sitzen die Leute zu Hause?

VP: Weil Sie weinen. Vielleicht weil der Bruder gestorben ist oder der Bruder von jemand anderem.

LA: Hatten Sie nur diesen Pass, oder noch weitere?

VP: Nur diesen

Anm.: Der Pass wurde 2013 in Madrid ausgestellt. Das erste Mal wurde er 2016 verwendet.

LA: Aufgrund der Ein- und Ausreisestempel kann nicht nachvollzogen werden, dass Sie sich im September 2017 in Nigeria aufgehalten haben.

VP: Manchmal wird auch vergessen, einen Stempel in den Pass zu geben.

LA: Das ist schwer nachzuvollziehen, denn da müssten ja zweimal die Stempel vergessen worden sein, bei der Ausreise aus Europa und bei der Einreise in Nigeria und dann umgekehrt.

VP: Ich hatte doch einen anderen Pass.

LA: Ich habe gemeint, Sie meinen, ob ich jetzt noch einen anderen Pass habe.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alle Ihre Gründe für die Antragstellung vorzubringen oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

VP: Ich habe mit einem Freund Kontakt aufgenommen, er wird zum Haus der Familie meiner Frau gehen. Vielleicht kann er etwas herausfinden.

LA: Theoretisch, was befürchten Sie im Falle der Rückkehr nach Nigeria?

VP: Ich kann nicht nach Nigeria zurück, weil ich gesucht werde. Ich kann auch nicht sagen, dass ich in Europa ein gutes Leben hatte. Wenn ich hier nicht geheiratet hätte, würde ich sagen, dass ich nach Afrika zurückgehen, aber nicht nach Nigeria. Ich würde irgendwo anders hingehen.

Am 24.09.2018 wurde auch UNHCR um Zustimmung gem. § 31 AsylG ersucht, die am heutigen Tage erteilt wurde."

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. September 2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß "§ 33 Absatz 1 Ziffer 2 iVm § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" sowie gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" als unbegründet ab (Spruchpunkte I und II). Dem Beschwerdeführer wurde überdies ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß "§ 57 AsylG" nicht erteilt (Spruchpunkt III).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit einem undatierten Schriftsatz Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid

A) 1. Feststellungen

A) 1.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist verheiratet, volljährig, ledig, gesund und erwerbsfähig, Staatsangehöriger von Nigeria und christlichen Glaubens.

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird nicht festgestellt, dass er in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde. Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria also mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

A) 1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Zur Lage in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

"Politische Lage

Nigeria ist in 36 Bundesstaaten und einen Bundeshauptstadtbezirk sowie 774 Local Government Areas (LGA/Bezirke) untergliedert. Die Bundesstaaten werden von direkt gewählten Gouverneuren regiert (AA 21.11.2016; vgl. AA 4.2017a; vgl. GIZ 7.2017a). Die Bundesstaaten verfügen auch über direkt gewählte Parlamente (AA 4.2017a).

Nigeria verfügt über ein Mehrparteiensystem. Die Verfassung vom 29.5.1999 enthält alle Attribute eines demokratischen Rechtsstaates (inkl. Grundrechtskatalog), und orientiert sich insgesamt am System der USA. Einem starken Präsidenten, der zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, und einem Vizepräsidenten stehen ein aus Senat und Repräsentantenhaus bestehendes Parlament und eine unabhängige Justiz gegenüber (AA 21.11.2016; vgl. AA 4.2017a). In der Verfassungswirklichkeit dominiert die Exekutive in Gestalt des direkt gewählten Präsidenten und die direkt gewählten Gouverneure. Der Kampf um politische Ämter wird mit großer Intensität und häufig auch mit undemokratischen, gewaltsamen Mitteln geführt. Polizei und Justiz werden ebenfalls vom Bund kontrolliert (AA 21.11.2016).

Die Parteienzugehörigkeit orientiert sich bei den meisten der ca. 50 kleineren Parteien an Führungspersonen. Loyalitäten gegenüber der eigenen ethnischen Gruppe bzw. gegenüber Personen gehen anderen Loyalitäten vor; entsprechend repräsentiert keine der Parteien eine eindeutige politische Richtung (AA 21.11.2016).

Die Wahlen von Präsident und Nationalversammlung 2015 und die seitdem stattgefundenen

Wahlen der Gouverneur- und Landesparlamente in 31 von 36 Bundesstaaten haben die politische Landschaft in Nigeria grundlegend verändert. Die seit 2013 im All Progressives' Congress (APC) vereinigte Opposition gewann neben der Präsidentschaftswahl eine klare Mehrheit in beiden Häusern des Parlaments und regiert nun auch in 23 der 36 Bundesstaaten. Die seit 1999 dominierende People-s Democratic Party (PDP) musste zum ersten Mal in die Opposition und ist durch Streitigkeiten um die Parteiführung stark geschwächt. Lediglich in den südöstlichen Bundesstaaten des ölreichen Niger-Deltas konnte sie sich als Regierungspartei behaupten (AA 21.11.2016).

Bei den Präsidentschaftswahlen am 28.3.2015 besiegte der frühere Militärmachthaber und Kandidat der Opposition, Muhammadu Buhari, den bisherigen Amtsinhaber Goodluck Jonathan mit 54,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Bei diesen Wahlen, die von der internationalen Öffentlichkeit als beispielhaft für die Demokratie Afrikas gelobt wurden, kam es zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit Nigerias zu einem demokratischen Machtwechsel (GIZ 7.2017a). Der APC gewann die Gouverneurswahlen in 20 von 29 Bundesstaaten. Er stellt in den 36 Bundesstaaten derzeit 24 Gouverneure, die PDP 11 und All Progress Grand Alliance (APGA) einen Gouverneur. Unter den 36 Gouverneuren ist weiterhin keine Frau. Die Wahlen vom März/April 2015 wurden sowohl in Nigeria als auch von internationalen Wahlbeobachtern trotz organisatorischer Mängel als im Großen und Ganzen frei und fair bezeichnet. Die Spitzenkandidaten Jonathan und Buhari hatten sich in einer Vereinbarung (Abuja Accord) zur Gewaltlosigkeit verpflichtet. Dies und die Tatsache, dass Präsident Jonathan seine Wahlniederlage sofort anerkannte, dürfte größere gewalttätige Auseinandersetzungen verhindert haben. Die Minister der Regierung Buhari wurden nach einem längeren Sondierungsprozess am 11.11.2015 vereidigt (AA 4.2017a).

Neben der modernen Staatsgewalt haben auch die traditionellen Führer immer noch einen nicht zu unterschätzenden, wenn auch weitgehend informellen Einfluss. Sie gelten als Kommunikationszentrum und moralische Instanz und können wichtige Vermittler in kommunalen und in religiös gefärbten Konflikten sein (AA 4.2017a).

Fast im ganzen Norden Nigerias ist das System der LGA kollabiert. Große Teile kamen unter Kontrolle von Milizen und lokalen "Strongmen", die den politischen und sozio-ökonomischen Raum ausfüllen. Dies führte zur Vertiefung lokaler und regionaler Missstände (BS 2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

Sicherheitslage

Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete und keine Bürgerkriegsparteien (AA 21.11.2016). In drei Gebieten herrschen Unsicherheit und Spannungen: im Nordosten (islamistische Gruppe Boko Haram); im Middle Belt (v.a. im Bundesstaat Plateau); und im Nigerdelta (SBM 17.1.2017). Laut SBM Intel war Boko Haram im Jahr 2016 für 71 Vorfälle mit 1.240 Toten verantwortlich. Den Fulani-Hirten werden für das Jahr 2016 47 Vorfälle mit 1425 Toten zugeschrieben. Viehdiebstahl, welcher für viele Jahre an Bedeutung verloren hat, ist inzwischen für Hirten, die hauptsächlich von Fulani abstammen, ein Grund für Konflikte und Angriffe geworden. Bei zwölf Vorfällen von Viehdiebstahl sind 470 Menschen getötet worden. Die Ölkonflikte, die sich im Jahr 2016 im Nigerdelta zugetragen haben, haben sich auf die ölproduzierenden Bundesstaaten im Südwesten und Südosten verbreitet. Bei 32 Vorfällen wurden 97 Menschen getötet (SBM 17.1.2017).

Es besteht aufgrund wiederholter Angriffe und Sprengstoffanschläge militanter Gruppen (Boko Haram, Ansaru) derzeit ein sehr hohes Anschlagsrisiko insbesondere für Nord- und Nordostnigeria, einschließlich für die Hauptstadt Abuja. In mehreren Städten Nord- und Nordostnigerias finden immer wieder Gefechte zwischen Sicherheitskräften und militanten Gruppen statt. Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsstellen, christliche Einrichtungen - aber auch Einrichtungen gemäßigter Moslems - sowie Märkte, Wohnviertel und internationale Organisationen sind Anschlagsziele der militanten Gruppen. Drohungen bestehen gegen moslemische Einrichtungen im Süden (BMEIA 24.7.2017).

Das deutsche Auswärtige Amt warnt vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Bauchi und Gombe. Darüber hinaus wird auch von nicht notwendigen Reisen in die übrigen Landesteile Nordnigerias abgeraten. Wegen des besonders hohen Entführungsrisikos wird außerdem von Reisen in die Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Imo (insb. Hauptstadt Owerri), Abia, Anambra, Ebonyi, Edo, Enugu, Delta, Kogi, den südlichen Teil von Cross Rivers, Ogun und Akwa Ibom abgeraten (AA 24.7.2017). Auch das österreichische Außenministerium warnt vor Reisen in die Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Plateau sowie den südlichen Landesteil von Bauchi und Kano. Mit Gewaltausbrüchen in allen zwölf nördlichen Bundestaaten ist jederzeit zu rechnen (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt zusätzlich noch vor Reisen in die Flussgegenden der Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Akwa Ibom und Cross River States sowie an die Grenze zu Niger im Bundesstaat Zamfara (UKFCO 24.7.2017).

Das österreichische Außenministerium hat für folgende Bundesstaaten eine partielle Reisewarnung ausgesprochen: Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bayelsa, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti, Enugu, Imo, Kaduna, Kano, Oyo, Ondo, Rivers, einschließlich Port Harcourt und die vorgelagerten Küstengewässer (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt vor unnötigen Reisen nach: Bauchi, Zamfara, Kano, Kaduna, Jigawa, Katsina, Kogi, Abia sowie an die Grenze zu Niger in Sokoto und Kebbi und die Trockengebiete von Delta, Bayelesa und Rivers (UKFCO 24.7.2017). In Nigeria können in allen Regionen meist kaum vorhersehbar lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe dafür sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile) (AA 24.7.2017).

In Lagos kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen verschiedenen Ethnien, politischen Gruppierungen aber auch zwischen Militär und Polizeikräften (BMEIA 24.7.2017) bzw. zu Problemen (u.a. Mobs, Plünderungen) durch die sogenannten "Area Boys". Der Einsatz von Schlägertruppen und privaten Milizen zur Erreichung politischer oder wirtschaftlicher Ziele ist weit verbreitet (AA 21.11.2016).

Gemäß den Zahlen des Council on Foreign Relations für die Zeitspanne Jänner 2016 bis Juni 2017 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (3.097), Benue (754), Rivers (360), Zamfara (308) und Adamawa (201). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer relativ niedrigen Zahl hervor: Jigawa (2), Gombe (3), Kebbi (7) und Sokoto (8) (CFR 2017). Laut OSAC besteht eine erhebliche terroristische Bedrohung vor allem in Nordnigeria. Boko Haram hat für die meisten terroristischen Aktivitäten die Verantwortung übernommen. In der gesamten Nigerdelta-Region greifen mehrere aufständische Gruppen gezielt die Infrastruktur und Mitarbeiter von internationalen Ölgesellschaften an. Viele Gebiete im südlichen Nigeria erleben aufgrund großer Armut, mangelnder Bildung, Jugendarbeitslosigkeit und bedeutender Inflation Unruhen verursacht durch Zivilisten (OSAC 4.7.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-

CFR - Council on Foreign Relations (2017): Nigeria Security Tracker, http://www.cfr.org/nigeria/nigeria-security-tracker/p29483, Zugriff 25.7.2017

-

OSAC - Overseas Security Advisory Council (4.7.2017): Nigeria 2017 Crime and Safety Report - Abuja, https://www.osac.gov/pages/ContentReportDetails.aspx?cid=21604, Zugriff 25.7.2017

-

SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

-

UKFCO - United Kingdom Foreign and Commonwealth Office (24.7.2017): Foreign Travel Advice - Nigeria, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/nigeria, Zugriff 24.7.2017

Nigerdelta

Das Nigerdelta, welches die Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River umfasst, sorgt mit seinen Öl- und Gasreserven für 95 Prozent der Exporterlöse Nigerias (DACH 2.2013; vgl. OP 22.6.2017).

Die Lage im Nigerdelta hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, ist aber noch nicht vollständig stabil und bleibt volatil; die Bedrohung der dort angesiedelten Öl- und Gasförderung durch militante Gruppen und Piraten bleibt ein Risiko, ebenso wie die Verschlechterung der ökologischen Grundlagen der Region (AA 4.2017c). Es gab eine Reihe von Angriffen auf die Ölinfrastrukturen, so zum Beispiel übernahm im Mai 2016 die aufständische Gruppe Niger Delta Avengers die Verantwortung für mehrere Angriffe auf die Ölgiganten Chevron, Shell und Nigerian National Petroleum Company (N24 29.5.2016). Ende August 2016 gaben die Niger Delta Avengers bekannt, dass die Gruppe die Feindseligkeiten einstellt und zum Dialog mit der Regierung bereit sei (NW 30.8.2016). Die Delta Avengers haben mit ihren Angriffen aufgehört, um den Friedensgesprächen eine Chance zu geben. Allerdings hat sich eine neue Gruppe, die sich die "New Delta Avengers" nennen, gebildet (Reuters 14.6.2017; vgl. NW 29.6.2017). Der Vizepräsident, Yemi Osinbajo, hat dem Nigerdelta bereits mehrere Besuche abgestattet und sich dabei mit traditionellen Führern und lokalen Politikern getroffen, um die Lage zu besprechen (FT 9.4.2017).

Entführungen sind besonders häufig im Nigerdelta und in den südöstlichen Bundesstaaten Abia, Imo und Anambra. Politiker, Reiche und Ausländer waren die häufigsten Opfer (FH 1.2017).

Von 2000 bis 2010 agierten im Nigerdelta militante Gruppen, die den Anspruch erhoben, die Rechte der Deltabewohner zu verteidigen und die Forderungen auf Teilhabe an den Öleinnahmen auch mittels Gewalt gegenüber der Regierung durchzusetzen (AA 21.11.2016).

2009 gelang dem damaligen Präsidenten Yar'Adua mit dem Amnestieangebot für die Militanten im Niger-Delta eine Beruhigung des Konflikts. Unter Buhari lief das Programm am 15.12.2015 aus. Damit begannen wieder die Angriffe auf die Ölinfrastruktur und die Produktion brach ein. Die Regierung scheint vornehmlich auf eine militärische Lösung zu setzen (AA 21.11.2016). Mit dem Amnestieprogramm gingen Kriminalität und Gewalt im Süden zunächst merklich zurück. Allerdings steigen Kriminalität und Gewalt in letzter Zeit wieder an. Deshalb hat die Regierung Buhari im Februar 2016 beschlossen, das Ende 2015 ausgelaufene Amnestieprogramm um weitere zwei Jahre bis 2017 zu verlängern (AA 4.2017a).

Bei den bewaffneten Auseinandersetzungen im Nigerdelta handelt es sich sowohl um einen Konflikt zwischen regionalen militanten Gruppen und der Staatsgewalt, als auch um Rivalitäten zwischen den unterschiedlichen lokalen Gemeinschaften. Im ersten Fall stehen in der Regel finanzielle Interessen der bewaffneten Gruppen im Vordergrund, im zweiten Fall geht es um einen Verteilungskampf rivalisierender Gruppen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind bis heute teils unter Kontrolle von separatistischen und kriminellen Gruppen. Teile des unzugänglichen Gebiets stellen weiterhin einen weitgehend rechtsfreien Raum dar, in dem die Einflussmöglichkeiten staatlicher Ordnungskräfte begrenzt sind (AA 21.11.2016). Das UK Home Office berichtet, dass laut DefenceWeb eine Joint Task Force (JTF) 2013 eingerichtet wurde, um den Terrorismus und andere Bedrohungen im Nigerdelta zu bekämpfen (UKHO 8.2016a). Die JTF, auch Operation Pulo Shield genannt, wurde im Juni 2016 umstrukturiert und mit der neuen Operation Delta Safe ersetzt, damit die derzeitigen Sicherheitsprobleme im Nigerdelta angegangen werden können (PT 22.6.2016; vgl. auch NT 9.7.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 24.8.2016

-

DACH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (27.2.2013):

D-A-CH Fact-sheet zu Nigeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1361973048_dach-nigeria-factsheet-gr-2013-02.doc, Zugriff 27.7.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FT - Financial Times (9.4.2017): Talks help crude and peace flow in the Niger Delta,

https://www.ft.com/content/8fc6b24c-152a-11e7-80f4-13e067d5072c, Zugriff 26.7.2017

-

N24 - News 24 (29.5.2016): Buhari to keep Delta amnesty programme, http://www.news24.com/Africa/News/buhari-to-keep-delta-amnesty-programme-20160529-2, Zugriff 26.7.2017

-

NT - Nigerian Tribune (9.7.2016): Operation Delta Safe gets new Coordinator,

http://tribuneonlineng.com/operation-delta-safe-gets-new-coordinator/, Zugriff 26.7.2017

-

NW - Newsweek (29.6.2017): Nigeria Oil: Militants Will 'Give Peace a Chance' and Stop Attacks in Niger Delta, http://www.newsweek.com/nigeria-oil-yemi-osinbajo-niger-delta-629964, Zugriff 26.7.2017

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NW - Newsweek (30.8.2016): Niger Delta Avengers say 'Hostilities ceased' against Nigerian Government, http://europe.newsweek.com/niger-delta-avengers-say-hostilities-ceased-against-nigerian-government-494387?rm=eu, Zugriff 2.8.2017

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OP - Oilprice.com (22.6.2017): Once Again, Tensions Are Rising In Nigeria's Oil Sector,

http://oilprice.com/Energy/Crude-Oil/Once-Again-Tensions-Are-Rising-In-Nigerias-Oil-Sector.html, Zugriff 25.7.2017

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PT - Premium Times (22.6.2016): Nigerian military scraps Niger Delta 'Operation Pulo Shield',

http://www.premiumtimesng.com/news/top-news/205761-nigerian-military-scraps-niger-delta-operation-pulo-shield.html, Zugriff 26.7.2017

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Reuters (14.6.2017): Nigeria Oil: Militants Will 'Give Peace a Chance' and Stop Attacks in Niger Delta, http://www.reuters.com/article/nigeria-security-avengers-idUSL8N1J94QB, Zugriff 26.7.2017

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UKHO - UK Home Office (8.2016a): Country Information and Guidance Nigeria: Background information, including actors of protection, and internal relocation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1471849541_cig-nigeria-background-v2-0-august-2016.pdf, Zugriff 26.7.2017

Middle Belt inkl. Jos/Plateau

Die ethnischen Gegensätze in Nigeria werden durch religiös-konfessionelle Trennlinien verstärkt, die aufgrund historischer Entwicklungen und moderner Binnenmigration viel komplizierter verlaufen, als es das vereinfachte Bild einer Nord-Süd-Teilung Nigerias in einen überwiegend muslimischen Norden und einen stärker christlich geprägten Süden nahelegt. Immer wieder kommt es zu lokalen Konflikten zwischen einzelnen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen, wie insbesondere zwischen Hirten und Bauern in Zentralnigeria (AA 4.2017a). Während diese Gewalt gewöhnlich nicht als religiöser Konflikt beginnt, nimmt es häufig religiöse Untertöne an und wird so von vielen Beteiligten als religiöser Konflikt wahrgenommen (USCIRF 26.4.2017). Bei derartiger Gewalt liegt der Ursprung gewöhnlich jedoch darin, dass in einem sehr heterogenen und ethnisch vielfältigen Teil Nigerias eine Gruppe die Kontrolle des Staatsapparates gegenüber einer anderen Gruppe beansprucht (KAS 12.7.2013; vgl. WWR 20.3.2015, IRIN 13.6.2017). Die Gründe, die für die Gewalt genannt werden, sind unter anderem Landstreitigkeiten, da Hirten Weideland für ihre Rinder suchen; bewaffnete Hirten, die sich vor Viehdiebstahl schützen wollen; und Fulani, die im Süden von Kaduna Rache für 500 Muslime, die bei Gewalt nach den Wahlen getötet wurden, ausüben (USCIRF 26.4.2017).

Obwohl kommunale Auseinandersetzungen in nahezu allen Regionen des Landes vorkommen, sind Intensität und Opfer in der Region des "Middle Belt? gravierender. Dies gilt v.a. für die Bundesstaaten Kaduna und Plateau, wo zahllose Menschen, vornehmlich Frauen und Kinder, auf brutalste Weise ermordet werden (KAS 12.7.2013; vgl. WWR 20.3.2015). Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Die Region wird von kleinen christlichen Ethnien dominiert, die eine lange Tradition des Widerstandes gegen die muslimischen Ethnien aus dem Norden haben. Die Spannungen im Middle Belt sind mit dem Problem der "Indigenität" verbunden: Jeder Bundesstaat und jede LGA in Nigeria unterteilt seine Bevölkerung in "indigene" und "nicht-indigene" Bürger, oder "Einheimische" und "Siedler". Im Middle Belt genießen vorwiegend die o.g. kleinen christlichen Ethnien den Status der Indigenen, während die muslimischen Hausa und Fulani als Siedler eingestuft werden (DACH 2.2013; vgl. WWR 20.3.2015; IRIN 13.6.2017).

In Nigeria leben 18 Millionen Fulani, die auch Fulbe oder Peul genannt werden. 98 Prozent der Fulani sind muslimisch (CWI 6.2016). Die Fulani haben seit Jahrhunderten in einem großen Bereich Westafrikas ihre Rinderherden weiden lassen, doch sind sie dem wachsenden Druck ausgesetzt sich niederzulassen. Viele von ihnen haben es auch bereits getan. Da die Umweltbedingungen sich in der Sahelzone verschlechtern, sind die Fulani-Hirten gezwungen, auf der Suche nach neuen Weidegebieten langsam Richtung Süden und Westen zu wandern. Dies führt zu Konkurrenz und somit auch zu Kämpfen zwischen den Hirten und den Bauern um die natürlichen Ressourcen (CWI 6.2016; vgl. IRIN 27.7.2017).

Die wiederkehrende Gewalt zwischen den überwiegend christlichen Bauern und überwiegend muslimischen nomadischen Hirten ist im Jahr 2016 und Anfang 2017 angestiegen und hat zu hunderten von Toten und Zerstörungen von Kirchen geführt. Solche Angriffe wurden für Kaduna, Plateau, Bauchi, Taraba und Benue vermeldet. So wurden im März 2016 in Agatu Local Government Area, Benue zwischen 100-300 Menschen getötet und laut Berichten zufolge mindestens sechs Dörfer zerstört (USCIRF 26.4.2017). Eine andere Quelle spricht von über 500 Toten. Insgesamt sind im Jahr 2016 bei 59 Vorfällen 1.895 Menschen getötet worden (SBM 7.1.2017).

Die Regierung hat es lange nicht geschafft auf diese Gewalt adäquat zu reagieren. Die Bundespolizei wird selten eingesetzt, geschweige denn rechtzeitig. Die Regierung hat Polizei und Militär ins südliche Kaduna entsandt, um die Gewalt dort in den Griff zu bekommen. Jedoch gibt es Berichte, dass die Truppen sich nur bei den Hauptstraßen aufhielten und nicht weiter in die ländlichen Gebiete, wo es auch zu Gewalt kommt, vorgedrungen sind (USCIRF 26.4.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 26.7.2017

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CWI - 21st Century Wilberforce Initiative (6.2016): Nigeria, Fractured and Forgotten, Discrimination And Violence Along Religious Fault Lines,

http://www.standwithnigeria.org/wp-content/uploads/2016/06/NIgeria-Fractured-and-Forgotten.pdf, Zugriff 27.7.2017

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DACH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (27.2.2013):

D-A-CH Factsheet zu Nigeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1361973048_dach-nigeria-factsheet-gr-2013-02.doc, Zugriff 27.7.2017

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IRIN - IRIN News (13.7.2017): The deadly conflict tearing Nigeria apart (and it's not Boko Haram), https://www.irinnews.org/analysis/2017/06/13/deadly-conflict-tearing-nigeria-apart-and-it%E2%80%99s-not-boko-haram, Zugriff 27.7.2017

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KAS - Konrad Adenauer Stiftung (12.7.2013): Unsicherheit in Nigeria,

http://www.kas.de/wf/doc/kas_34967-544-1-30.pdf?130716165200, Zugriff 27.7.2017

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SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

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USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

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WWR - World Watch Research (30.3.2015): Mi

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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