TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/12 W222 2198542-1

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Veröffentlicht am 12.10.2018
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Entscheidungsdatum

12.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W222 2198542-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 46, 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 20.06.2016 vor einem Organ der LPD Wien einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde er am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen.

Zu seiner Person gab er an, in XXXX , Indien geboren worden zu sein und der Volksgruppe der Jat anzugehören. In Indien habe er zwölf Jahre die Schule besucht und zuletzt als Landwirt gearbeitet. In seinem Heimatland würden seine Eltern, sein Bruder und seine Schwestern sowie seine Ehefrau und seine drei Kinder leben. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab dieser Folgendes an: "Unser heiliges Buch wurde entehrt, die Seiten wurden aus dem Buch herausgerissen und in die Gassen geworfen. Ich und andere Leute haben gegen die Regierung protestiert, wir forderten, dass der Täter gefasst wird und eine gerechte Strafe erhält. Aus diesem Grund wurde ich von der Polizei geschlagen, sie wollten mich auch deshalb festnehmen und ich musste flüchten. Ich kann in meiner Heimat nicht mehr sicher leben."

Am 17.05.2018 erfolgte eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt. Der Beschwerdeführer gab an, gesund zu sein und nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen. Er habe ein Zertifikat von einem A1 Deutschkurs. In Indien würden seine Eltern, seine Schwester, seine Ehefrau und seine drei Kinder, sowie Onkeln und Tanten leben. Er habe zwölf Jahre die Schule besucht und anschließend als Schweißer gearbeitet. Er habe keine Familienangehörigen in Österreich. Weiters wurde ausgeführt: "LA: Haben Sie in Indien von sich aus jemals eine Polizeidienststelle, ein Gericht oder sonstige Sicherheitsbehörden (insb. auch Militärbehörden) aufgesucht?

VP: Nein.

LA: Sind Sie jemals mit dem Gesetz in Konflikt geraten und wurden strafrechtlich verurteilt?

VP: Nein.

LA: Hatten Sie jemals Probleme mit der Polizei, weiteren (Sicherheits)Behörden, dem Militär oder Gerichten in Indien?

VP: Ja.

LA: Worin bestand das Problem?

VP: Das Problem bestand mit der Polizei.

LA: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen und in Österreich einen Asylantrag gestellt? Nennen Sie bitte all Ihre Fluchtgründe!

VP: Unser heiliges Buch Guru Grant Sahib wurde von einigen Personen gedemütigt. Als wir unsere Stimmen erhoben haben und das nicht akzeptieren konnten, weil wir Sikh sind und unsere Religion damit sehr gedemütigt wurde. Als wir Demonstrationen gemacht haben, kam die Polizei und belästigte mich und es fing die Verfolgung an. Wir haben protestiert und einen Aufstand gebildet, da unsere Religion gedemütigt wurde. Wir können doch nicht einfach still sitzen und nichts tun, wenn so etwas passiert. Wegen dem Aufstand ist die Polizei gekommen und sagte, wir sollen Frieden geben. Wir haben gesagt, wir würden Frieden geben, wenn die Sache geklärt ist und der Täter es gesteht und sich entschuldigt. Da die Polizei nichts unternommen hat und wir weiterhin demonstriert haben, kam die Polizei eines Tages auf mich zu und sagte mir, wenn ich nicht aufhören würde Unruhe zu stiften, würde sie mich einsperren und mir eine Strafe geben, damit ich einige Jahre im Gefängnis sitze.

LA: Haben Sie nun all Ihre Fluchtgründe genannt?

VP: Ja.

LA: Ihre Angaben sind vage und unkonkret machen Sie mir genaue Angaben rund um Ihren Fluchtgrund! Nennen Sie mir Einzelheiten und Details!

VP: Ich habe alles gesagt was passiert ist.

Wh. der Frage: Sie schildern einen abstrakten Sachverhalt, Ihr Vorbringen lässt Details und Einzelheiten vermissen. Machen Sie mir konkrete Angaben über Ihren Fluchtgrund!

VP: Ich habe gesagt was passiert ist.

LA: Mehr können Sie nicht angeben?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie persönlich bedroht oder verfolgt?

VP: Ja.

LA: Wie oft wurden Sie bedroht oder verfolgt?

VP: Bedroht wurde ich öfters.

LA: Wann wurden Sie zum ersten Mal und wann zum letzten Mal bedroht?

VP: Ca. eineinhalb Monate nach dem Vorfall, wo ich das erste Mal den Aufstand gemacht habe, sind die Polizisten zu mir nach Hause gekommen und haben gesagt, sie sollen mir erklären, dass ich aufhören soll Aufstände zu machen. Nachdem ich freigekommen bin flüchtete ich.

LA: Wann fanden diese Vorfälle genau statt! Geben Sie mir einen zeitlichen Überblick!

VP: Im Jahr 2010 oder 2012 hat es begonnen, und ein bis zwei Jahre ging es so weiter. Bis jetzt hören sie nicht damit auf.

Anm.: Überlegt lange was er antworten soll.

LA: Wie gestalteten sich diese Vorfälle der Bedrohung? Machen Sie mir umfangreiche Angaben darüber!

VP: Welche Vorfälle?

Wh. der Frage: Sie gaben an, dass es Vorfälle gegeben hat. Machen Sie umfangreiche Angaben über diese Vorfälle!

VP: Ich und andere Sikhs haben uns vereint, da unser heiliges Buch gedemütigt wurde. Wir haben uns alle aufgeregt und einen Aufstand gemacht, weil das nicht akzeptabel ist was gemacht wurde. Wir demonstrierten und schrien, weil wir wollten dass er Täter die Tat gesteht und dementsprechend bestraft wird. Die Polizei kam um die Situation zu beruhigen, aber sie hat genau das Gegenteil gemacht, denn die Polizei hat geschossen dabei sind zwei Personen ums Leben gekommen.

LA: Erstatten Sie ein konkretes Vorbringen bezüglich Ihrer Bedrohung der Polizei, als diese auf Sie zukamen! Schildern Sie mir alle Einzelheiten und Details über die Bedrohung.

VP: Die Polizei hat gestoppt den Aufstand zu machen. Sie würden den Fall bearbeiten. Sie hat aber nichts getan. Wir haben ein bis zwei Monate bis der Fall bearbeitet wird. Da sind nichts getan hat, mussten wir selbst alles in die Hand nehmen. Da wir das selbst in die Hand genommen haben, meinte die Polizei wir stiften Unruhe und machen Aufstand, was für sie nicht akzeptabel war.

Wh. der Frage! Machen Sie mir umfangreiche Angaben über den Vorfall, als die Polizei Sie bedroht hat! Ihre Schilderungen lassen Einzelheiten, Details und Gefühle vermissen.

VP: Die Polizei sagte ich soll mich nicht wehren und aufhören. Ich habe ihnen gesagt, ich wehre mich deshalb, weil ich das nicht akzeptieren kann, da unsere Religion dermaßen beleidigt wird. Sie hat mir gesagt, wenn ich nicht damit aufhören werde, würde sie mich mitnehmen und foltern.

Wh. der Frage! Sie gaben an von der Polizei bedroht worden zu sein, machen Sie mir substantiierte Schilderungen über diese Ereignisse!

VP: Sie haben mir gesagt, sie würden mich schlagen, foltern und einsperren, wenn ich nicht damit aufhöre.

LA: Mehr können Sie nicht angeben?

VP: Nein.

LA: Erklären Sie die Aussage, was Sie mit "wo ich das erste Mal habe den Aufstand gemacht" gemein haben. Diese Angabe ist nicht aussagekräftig.

VP: Nachdem unser heiliges Buch gedemütigt wurde. Wir Sikhs haben eine Gruppe gebildet und haben beschlossen, dass wir unsere Stimme erheben werden. Wir haben uns in XXXX vereint und demonstriert und wollten, das der Täter bestraft und verhaftet wird. Die Polizisten haben den Auftrag von den Politikern erhalten, dass diejenigen die demonstrieren bestraft werden sollen bzw. geschlagen werden sollen. Wir haben demonstriert und für unsere Religion eingesetzt. Es haben sich viele Leute vereint.

Vorhalt: Sie gaben an, dass Sie "den Aufstand gemacht haben". Was meinen Sie damit?

VP: Ich war nur ein Demonstrant.

LA: Erstatten Sie umfangreiche Angaben zu dieser Demonstration!

VP: Ich habe alles schon gesagt. Das ist dasselbe.

Wh. der Frage.: Machen Sie mir umfassende Angaben über diese Demonstration, z. B. wie sie anfing, wer sie anführte, wie sie endete, wie viele Personen anwesend waren, etc.

VP: Ganz Punjab war dort.

LA: Mehr können Sie nicht mehr angeben?

VP: Nein.

LA: Sie gaben an 15 Jahre in XXXX gelebt zu haben. Was haben Sie dort gemacht?

VP: Ich habe dort gelebt und auch gearbeitet.

LA: Wie war das Verhältnis zu Ihrer Familie wenn Sie an einem anderen Ort leben?

VP: Sie lebten mit mir. XXXX ist der Bezirk, XXXX ist das Dorf.

Vorhalt: Sie gaben an, dass Sie nachdem Sie "freigekommen sind" geflüchtet sind. Erklären Sie mir diesen Umstand dieser Aussage.

VP: Sie haben mich als auch andere Personen, die auch demonstriert haben eingesperrt. Sie haben es deshalb getan, weil sie uns Angst einjagen wollten und damit wir aufhören zu demonstrieren.

LA: Machen Sie mir detaillierte, stichhaltige Angaben über Ihre Aussage. Ihre Angaben sind nicht aussagekräftig und glaubhaft.

VP: Bei der Polizeistation in einer kleinen Zelle. Beamte kamen zu uns, und sagten uns wir sollen aufhören, mit dem was wir tun. Danach kam die Polizei ein bis zwei Mal zu mir um mir weiterhin Angst einzujagen, und damit es eine Lehre für mich ist. Meine Eltern hatten Angst, dass sie mich wieder jederzeit einsperren würden.

Wh. der Frage: Machen Sie mir konkrete Angaben über Ihren Aufenthalt in der Polizeistation.

VP: Vier bis fünf Tage. Ca. eine Woche.

LA: Erstatten Sie umfangreiche Angaben über diese Polizeistation und Ihre Zeit in der Zelle.

VP: Die Polizeistation war im Nachbarsdorf. Sonst hat die Polizei nichts mit mir gemacht.

LA: Sind Sie ein gläubiger Sikh?

VP: Ja.

LA: Wie haben Sie ihre Religion in Indien ausgelebt?

VP: Ich gehe regelmäßig zum Sikhtempel. Dort wurde ich über meine Religion aufgeklärt wie viele Propheten wir haben und weiteres.

LA: Wie erkennt man einen gläubigen Sikh?

VP: Die gläubigen Sikh haben fünf K's "Der Turban, das Schwert, ein Armband, eine spezielle Kopfbedeckung und wir haben eine Unterhose bis zu den Knien"

LA: Warum tragen Sie keinen Turban mehr? Warum haben Sie sich die Haare geschnitten?

VP: Ich möchte mich hier anpassen. Das ist der Hauptgrund.

LA: Beschreiben Sie mir Ihren Alltag in Indien?

VP: Ich habe in der Landwirtschaft gearbeitet.

LA: Hatten Sie in Indien Probleme im Alltag?

VP: Nein.

LA: Haben Sie sich einen Anwalt genommen?

VP: Nein.

LA: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Indien? Was würde passieren, wenn Sie morgen zurück nach Indien geschickt werden würden?

VP: Sie werden mich foltern und hinter mir her sein.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in das vom BFA zur Beurteilung Ihres Falles herangezogene Länderinformationsblatt zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

VP: Ich brauche das nicht.

LA: Wie finanzieren Sie sich den Aufenthalt in Österreich? Womit bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich?

VP: Ich bin in der Grundversorgung.

LA: Sind Sie der Arbeit wegen nach Österreich gekommen?

VP: Nein

LA: Wie sieht Ihr Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich aus? Zum wem haben Sie Kontakt, mit wem haben Sie Umgang?

VP: Ich habe keine Freunde.

LA: Wie gestalten Sie Ihre Freizeit in Österreich?

VP: Manchmal gehe ich ins Fitnessstudio.

LA: Haben Sie in Österreich Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert?

VP: Ich habe einen A1 Deutschkurs besucht. Jetzt bin ich im A2 Kurs.

LA: Sind oder waren Sie in Vereinen oder Organisationen in Österreich tätig oder nehmen Sie auf andere Weise am sozialen bzw. kulturellen Leben in Österreich teil?

VP: Nein."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Beweiswürdigend hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl betreffend die konkreten Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates im Wesentlichen fest, dass das Vorbringen nicht glaubhaft sei.: "Sie führten an, dass Sie an Demonstrationen teilgenommen hätten, da das heilige Buch gedemütigt worden wäre. Die Polizei hätte Sie daraufhin belästigt und wären dadurch bedroht worden. Die Bedrohungen hätten eineinhalb Monate nach dem Vorfall begonnen. Ihre Angaben waren allgemein gehalten wobei Sie immer erwähnten, dass die Polizei Ihnen mitgeteilt hätte, dass Sie aufhören sollten zu demonstrieren, da Sie sonst bestraft werden würden. Zusätzlich gaben Sie auch an, dass Sie nach der letzten mutmaßlichen Bedrohung, welche Ihre Verhaftung gewesen wäre, geflüchtet sind. Konkrete Angaben über Ihre mutmaßliche Inhaftierung konnten Sie jedoch nicht tätigen.

Trotz mehrmaligen Nachfragens waren Ihre Aussagen allgemein gehalten und schilderten Ihre Befürchtungen und Ängste im Hinblick nach detaillierten Angaben bezüglich Ihres Fluchtvorbringens nicht. Sie konnten keine konkreten, nachvollziehbaren Erlebnisse bezüglich Ihres Fluchtgrundes schildern.

Bei der eigenen Darstellung der Fluchtgründe haben Sie sich auf das Aufstellen von bloß abstrakten und unkonkreten Behauptungen beschränkt. Darüber hinaus haben Sie Ihr Vorbringen auch sehr allgemein gehalten dargestellt und sind in persönlicher Hinsicht nicht glaubwürdig! Ihre Angaben waren detailarm und Sie konnten keine konkreten Ereignisse rund um Ihren Fluchtgrund anführen.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist jedoch davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend zu schildern, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt sei. Eine wie von Ihnen dargelegte Schilderung der Geschehnisse verdeutlicht, dass Sie offenbar Einzelheiten präsentieren, die nicht der Wahrheit entsprechen. Ansonsten hätten Sie derartige Umstände weitaus konkreter verdeutlicht.

Weiters war es Ihnen nicht möglich die näheren Umstände und die konkret gegen Sie gerichteten Drohungen der Polizei mit Einzelheiten versehen zu beschreiben. Wiederum mehrmals von der Behörde aufgefordert konkrete und substantiierte Angaben über diese angeblich erfolgten Tathergänge und Geschehnisse zu machen, waren Sie abermals nicht in der Lage diese einschneidenden Erlebnisse zu erläutern:

Es ist davon auszugehen, dass Personen, die solch einschneidende Erfahrungen (Bedrohung, Inhaftierung) machten, welche zur Flucht aus dem Land führten, gerade über solche Erlebnisse fundierte und konkrete Auskünfte erteilen könnten bzw. auch anscheinende Nebensächlichkeiten und irgendwelche Details in Ihr Vorbringen einfließen lassen. Ihr Vorbringen war nicht derartig ausgestaltet sodass auch dieser Aspekt Ihres Vorbringens nicht glaubhaft ist.

Obwohl Sie trotz mehrmaligen Nachfragens immer nur von Drohungen sprachen und nie von einer Verhaftung, erwähnten Sie zuvor trotzdem die letztmalige Bedrohung als mutmaßliche Inhaftierung. Danach befragt gaben Sie an, dass Sie vier bis fünf Tage mit anderen Personen, die ebenfalls demonstriert hätten, in einer Zelle einer Polizeistation, gewesen wären. Während der gesamten Einvernahme kam nicht zum Vorschein, dass die Polizei gegen Sie handgreiflich geworden wäre.

Ein elementarer Widerspruch, der das Fehlen jeglicher Glaubwürdigkeit Ihres Fluchtvorbringens untermauert, ist der Fakt, dass Sie bei der Erstbefragung durch die Polizei einen divergierenden Sachverhalt dargestellt haben. So gaben Sie bei der Erstbefragung an, dass Sie von der Polizei geschlagen worden wären und man Sie hätte festnehmen wollen. Vor dem BFA gaben Sie an, längerfristig über ein bis zwei Jahre von der Polizei bedroht worden zu sein und dass Sie sogar inhaftiert worden wären.

Glaubwürdige Vorbringen weichen selbst nach mehrmaliger Wiederholung der Fragestellung nicht voneinander ab. Diese gravierenden und elementaren Abweichungen in Ihren Angaben lassen somit darauf schließen, dass Sie sich nicht zureichend an die von Ihnen getätigten Aussagen der Erstbefragung erinnern konnten, oder aber vor dem BFA bewusst einen anderen Sachverhalt schilderten.

Dieser Widerspruch kann von der Behörde nicht nachvollzogen werden, zumal derartige Ereignisse, sowie die daran beteiligten Personen, im Allgemeinen auch über einen längeren Zeitraum in Gedächtnis haften bleiben und selbst Jahre später noch genannt werden können - umso mehr, als es sich hierbei um einen wesentlichen und zentralen Teil des Vorbringens handelt.

Zusätzlich gaben Sie an, dass die Polizei auf Personen geschossen hätte und zwei Leute ums Leben gekommen wären. Dieses Vorbringen erwähnten Sie in keiner Weise in der Erstbefragung.

Dies erweckt zusätzlich den Anschein, als ob Sie die Intensität Ihrer Fluchtgründe im Zuge der Einvernahme steigern wollten um schwerwiegendere asylrelevante Fluchtgründe angeben zu können.

Sie haben Indien legal per Flugzeug verlassen, somit ist eine staatliche Verfolgung Ihrerseits auszuschließen! Im Zuge des gegenständlichen Asylverfahrens ist es Ihnen nicht gelungen, asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen.

Ihre Befürchtungen stützen sich lediglich auf vage, widersprüchliche bzw. unglaubwürdige Vermutungen, konkrete glaubwürdige Anhaltspunkte oder Hinweise für die von Ihnen behaupteten Verfolgungshandlungen konnten Ihrem Vorbringen nicht entnommen werden, und steht Ihr Vorbringen auch im Widerspruch zu den ermittelten Tatsachen."

Rechtlich hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. fest, dass das Bundesamt nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht gelangt, dass es nicht glaubhaft ist, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Verfolgung droht.

Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesamt u.a. aus: "Aus der allgemeinen Lage im Herkunftsland allein ergibt sich eine solche Gefährdung nicht. Sie sind ein gesunder, erwerbsfähiger, arbeitswilliger Mann der in Indien aufgewachsen ist und dort auch über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte verfügt. Es ist möglich, Ihre Existenz nach Ihrer Ausreise zu sichern. Sie verfügen über eine Schulbildung und Arbeitserfahrung, die es Ihnen erleichtern wird, Ihr Leben in Indien zu meistern. Darüber hinaus können Sie Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation wenden. Überdies sind Sie mit den örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in XXXX bestens vertraut.

Sie verfügen über ein soziales Netzwerk und es ist davon auszugehen, dass Ihnen kein reales Risiko droht. Im Falle der Rückkehr ist es unwahrscheinlich in eine ausweglose Situation zu geraten, da Arbeit, Unterkunft und eine hinreichende Versorgung mit Lebensmittel für Sie gewährleistet ist.

In Ihrem Fall konnten keine konkreten Anhaltspunkte glaubhaft dargelegt werden, dass Sie im Falle der Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnten. Auch aus der allgemeinen Situation in Ihrem Heimatstaat bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine lässt sich eine solche nicht ableiten.

Darüber hinaus können Sie Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation wenden.

Es besteht kein Hinweis auf das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" (lebensbedrohende Erkrankung oder dergleichen), die eine Abschiebung im Sinne von Art. 3 EMRK und § 50 FPG unzulässig machen könnte.

Auch ergibt sich aus den ha. Feststellungen zur allgemeinen Lage in Indien kein Hinweis, dass im gesamten Staatsgebiet Indiens eine extreme Gefahrenlage mit besonders exzessiver und unkontrollierter Gewaltanwendung gegenüber der Zivilbevölkerung, oder eine unmenschliche Behandlung bewirkende humanitäre Situation im gesamten Staatsgebiet vorliegt.

Im Übrigen ist die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln in Indien grundsätzlich gewährleistet. Es traten keine Gründe hervor, welche der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts entgegenstehen.

Dass Sie im Falle der Abschiebung in eine aussichtslose Situation geraten würden ist nicht feststellbar.

Es ist Ihnen zuzumuten sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung zukünftig in Indien den Lebensunterhalt zu sichern. Hinderungsgründe - etwa infolge von Krankheit - sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen."

Zu den Spruchpunkten III., IV., V. und VI. hielt das Bundesamt u.a. fest, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 57 AsylG nicht erfülle. Sein Aufenthalt in Österreich beruhe nur auf der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz. Er befinde sich erst seit kurzem (Juni 2016) in Österreich, den wesentlich längeren und prägenden Teil seines Lebens habe er in Indien verbracht. Er habe keine Freunde und verfüge über keine nennenswerten Bindungen. Er verfüge über Sprachkenntnisse auf dem Niveau A1.

Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher falscher Entscheidung und mangelhafter Verfahrensführung erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien und stammt aus dem Bundesstaat Punjab, er gehört der Religionsgemeinschaft der Sikh an. In Indien besuchte er 12 Jahre eine Schule. Er spricht Punjabi, Hindi und Deutsch. Am 20.06.2016 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen und auch keine Freunde. In einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Gemeinschaft lebt er ebenso wenig, hingegen halten sich seine Ehefrau und seine drei Kinder, seine Eltern und Geschwister im Heimatland auf. Er engagiert sich weder in einem Verein noch in einer anderen Organisation. Der Beschwerdeführer ist in der Grundversorgung. Er ist gesund, arbeitsfähig und in Österreich unbescholten. Er verfügt über Sprachkenntnisse auf dem Niveau A1.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aus den von ihm genannten Gründen - konkret aufgrund der Verfolgung durch die Polizei wegen der Teilnahme an Demonstrationen anlässlich der Entehrung des heiligen Buches der Sikhs - verlassen hat.

Zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Indien wird Folgendes festgestellt:

A) Politische Lage

Indien ist mit über 1,2 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA Factbook 12.12.2016; vgl. auch: AA 16.8.2016, BBC 27.9.2016). Die - auch sprachliche - Vielfalt Indiens wird auch in seinem föderalen politischen System reflektiert, in welchem die Macht von der Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt wird (BBC 27.9.2016). Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten (AA 9.2016a). Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 13.4.2016). Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus (AA 9.2016a).

Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster (AA 16.8.2016), der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist durchgesetzt (AA 9.2016a). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, die über einen dreistufigen Instanzenzug verfügt, ist verfassungsmäßig garantiert (AA 16.8.2016). Das oberste Gericht in New Delhi steht an der Spitze der Judikative (GIZ 11.2016). Die Entscheidungen der staatlichen Verwaltung (Bürokratie, Militär, Polizei) unterliegen überdies der Kontrolle durch die freie Presse des Landes, die nicht nur in den landesweiten Amtssprachen Hindi und Englisch, sondern auch in vielen der Regionalsprachen publiziert wird. Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft (AA 9.2016a).

Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 13.4.2016). Die Legislative besteht aus einer Volkskammer (Lok Sabha) und einer Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene (AA 16.8.2016).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 13.4.2016). Das Präsidentenamt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse. Seit Juli 2012 ist Präsident Pranab Kumar Mukherjee indisches Staatsoberhaupt (AA 9.2016a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister (GIZ 11.2016).

Wahlen zum Unterhaus finden nach einfachem Mehrheitswahlrecht ("first-past-the-post") alle fünf Jahre statt, zuletzt im April/Mai 2014 mit knapp 830 Millionen Wahlberechtigten (AA 16.8.2016). Dabei standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber: Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der Bharatiya Janata Party (BJP - Indische Volkspartei) und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht sowie die aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangene Aam Aadmi Party (AAP) (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Abgesehen von kleineren Störungen, verliefen die Wahlen korrekt und frei (AA 16.8.2016).

Als deutlicher Sieger mit 336 von 543 Sitzen löste das Parteienbündnis NDA (AA 16.8.2016), mit der hindu-nationalistischen BJP (AA 9.2016a) als stärkster Partei (282 Sitze), den Kongress an der Regierung ab (AA 16.8.2016). Die seit 2004 regierende Kongress-geführte Koalition unter Manmohan Singh erlitt hingegen große Verluste, womit Sonia Gandhi und Sohn Rahul nun auf die Oppositionsbank rücken (Eurasisches Magazin 24.5.2014; vgl. auch:

FAZ 16.5.2014, GIZ 11.2016). Die AAP, die 2013 bei der Wahl in Delhi 28 von 70 Sitzen erringen konnte, errang landesweit nun nur vier Sitze (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Der BJP Spitzenkandidat, der bisherige Ministerpräsident von Gujarat, Narendra Modi, wurde zum Premierminister gewählt (AA 16.8.2016) und steht seit 16.5.2014 (GIZ 11.2016) einem 65-köpfigen Kabinett vor (AA 16.8.2016).

Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 12.2016).

Unter Premierminister Modi betreibt Indien eine aktivere Außenpolitik als zuvor. Die frühere Strategie der "strategischen Autonomie" wird zunehmend durch eine Politik "multipler Partnerschaften" mit allen wichtigen Ländern in der Welt überlagert. Wichtigstes Ziel der indischen Außenpolitik ist die Schaffung eines friedlichen und stabilen globalen Umfelds für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Profilierung als aufstrebende Großmacht (AA 9.2016b). Ein ständiger Sitz im VN-Sicherheitsrat ist dabei weiterhin ein strategisches Ziel (GIZ 12.2016). Gleichzeitig strebt Indien eine stärkere regionale Verflechtung mit seinen Nachbarn an. Indien ist Dialogpartner der südostasiatischen Staatengemeinschaft (Association of Southeast Asian Nations - ASEAN) und Mitglied im "ASEAN Regional Forum" (ARF). Auch bilateral hat Indien in den letzten Monaten seine Initiativen in den Nachbarländern verstärkt. Überdies nimmt Indien am East Asia Summit und seit 2007 auch am Asia-Europe Meeting (ASEM) teil. In der BRICS-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) hat Indien im Februar 2016 von Russland den diesjährigen Vorsitz übernommen. Bei ihrem Treffen in Ufa im Juli 2015 beschloss die Shanghai Cooperation Organisation (SCO), Indien und Pakistan nach Abschluss der Beitrittsprozeduren als Vollmitglieder aufzunehmen (AA 9.2016b).

Die Beziehungen zum gleichfalls nuklear gerüsteten Nachbarn Pakistan haben sich jüngst erneut zugespitzt. In den Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit haben sich wiederholt Phasen des Dialogs und der Spannungen bis hin zur kriegerischen Auseinandersetzung abgelöst.

Größtes Hindernis für eine Verbesserung der Beziehungen ist weiterhin das Kaschmirproblem (AA 9.2016b).

Indien ist durch das Nuklearabkommen mit den USA ein Durchbruch gelungen. Obwohl es sich bis heute weigert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, bedeutet das Abkommen Zugang zu Nukleartechnologie. Ebenfalls positiv hat sich das Verhältnis Indiens zu China entwickelt. Zwar sind die strittigen Grenzfragen noch nicht geklärt, aber es wurden vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart, um zumindest in dieser Frage keinen Konflikt mehr herauf zu beschwören. Auch ist man an einer weiteren Steigerung des bilateralen Handels interessiert, der sich binnen eines Jahrzehnts mehr als verzehnfacht hat (GIZ 12.2016).

Die Beziehungen zu Bangladesch sind von besonderer Natur, teilen die beiden Staaten doch eine über 4.000 km lange Grenze, kontrolliert Indien die Oberläufe der wichtigsten Flüsse Bangladeschs, und war Indien maßgeblich an der Entstehung Bangladeschs beteiligt. Schwierige Fragen wie Transit, Grenzverlauf, ungeregelter Grenzübertritt und Migration, Wasserverteilung und Schmuggel werden in regelmäßigen Regierungsgesprächen erörtert. Die Beziehungen des Landes zur EU sind vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht von besonderer Bedeutung. Die EU ist der größte Handels- und Investitionspartner Indiens. Der Warenhandel in beide Richtungen hat sich faktisch stetig ausgeweitet (GIZ 12.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (9.2016a): Indien, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016

-

AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien, Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_F210BC76845F7B2BE813A33858992D23/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 29.12.2016

-

BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016): India country profile - Overview,

http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 5.12.2016

-

CIA - Central Intelligence Agency (15.11.2016): The World Factbook

-

India,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/in.html, Zugriff 9.1.2017

-

Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,

http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 4.1.2017

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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (16.5.2014): Modi ist Mann der Stunde,

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fruehaufsteher/wahlentscheid-in-indien-modi-ist-der-mann-der-stunde-12941572.html, Zugriff 4.1.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2016): Indien,

http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html, Zugriff 5.12.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmBH (11.2016): Indien, Wirtschaftssystem und Wirtschaftspolitik, http://liportal.giz.de/indien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 5.12.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 5.12.2016

B) Sicherheitslage

Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2016). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 16.8.2016).

Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011

Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.4.2015). Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2011 1.073 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt, für das Jahr 2012 803, für das Jahr 2013 885, für das Jahr 2014 976 für das Jahr 2015 722 und für das Jahr 2016 835 [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 9.1.2017).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Ermordungen und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer) zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People's Liberation Front etc.). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als "communal violence" bezeichnet (ÖB 12.2016).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 16.8.2016).

Pakistan und Indien

Pakistan erkennt weder den Beitritt Jammu und Kaschmirs zur indischen Union im Jahre 1947 noch die seit dem ersten Krieg im gleichen Jahr bestehende de-facto-Aufteilung der Region auf beide Staaten an. Indien hingegen vertritt den Standpunkt, dass die Zugehörigkeit Jammu und Kaschmirs in seiner Gesamtheit zu Indien nicht zur Disposition steht (AA 9.2016b). Seit 1947 gab es bereits drei Kriege, davon zwei aufgrund des umstrittenen Kaschmirgebiets. Friedensgespräche, die 2004 begannen, wurden trotz Spannungen wegen der Kaschmirregion und sich immer wieder ereignenden schweren Bombenaschlägen bis zu den von Islamisten durchgeführten Anschlägen in Mumbai 2008, fortgesetzt (BBC 27.9.2016).

Indien wirft Pakistan vor, Infiltrationen von Terroristen auf indisches Staatsgebiet zumindest zu dulden, wenn nicht zu befördern. Größere Terroranschläge in Indien in den Jahren 2001 und 2008 und der jüngste terroristische Angriff auf eine Militärbasis im indischen Teil Kaschmirs hatten die Spannungen in den bilateralen Beziehungen erheblich verschärft. Indien reagierte auf den Anschlag, bei dem 18 indische Soldaten ums Leben kamen, mit einer begrenzten Militäroperation ("surgical strike") im pakistanisch kontrollierten Teil Kaschmirs, die sich nach indischen Angaben gegen eine bevorstehende terroristische Infiltration richtete. In der Folge kommt es immer wieder zu Schusswechseln zwischen Truppenteilen Indiens und Pakistans an der Waffenstillstandslinie in Kaschmir. Indien sieht Pakistan in der Verantwortung für die terroristischen Bedrohungen an seiner Nordwestgrenze und erhöht den Druck auf den Nachbarn, um wirksame pakistanische Maßnahmen gegen den Terrorismus zu erreichen (AA 9.2016b). Bei einem Treffen in New York Ende September 2013 vereinbarten die Premierminister Singh und Sharif lediglich, den Waffenstillstand künftig besser einhalten zu wollen (GIZ 11.2016a). Der von 2014-2015 Hoffnung gebende Dialogprozess zwischen beiden Seiten ist über die aktuellen Entwicklungen zum Stillstand gekommen. Noch am Weihnachtstag 2015 hatte Premierminister Modi seinem pakistanischen Amtskollegen einen Überraschungsbesuch abgestattet und damit kurzzeitig Hoffnungen auf eine Entspannung aufkeimen lassen (AA 9.2016b).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_09493FC61FD08185D486477F8D93E1EE/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016

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BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016): India country profile - Overview,

http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 5.12.2016

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Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,

http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 5.12.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2016a): Indien,

http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html, Zugriff 5.12.2016

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

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SATP - South Asia Terrorism Portal (9.1.2017): Data Sheet - India Fatalities: 1994-2016,

http://www.satp.org/satporgtp/countries/india/database/indiafatalities.htm, Zugriff 9.1.2017

B.1. Punjab

Laut Angaben des indischen Innenministeriums zu den Zahlen der Volkszählung im Jahr 2011 leben von den 21 Mio. Sikhs 16 Millionen. im Punjab (MoHA o.D.) und bilden dort die Mehrheit (USDOS 10.8.2016).

Der Terrorismus im Punjab ist Ende der 1990er Jahre nahezu zum Erliegen gekommen. Die meisten hochkarätigen Mitglieder der verschiedenen militanten Gruppen haben den Punjab verlassen und operieren aus anderen Unionsstaaten oder Pakistan. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland (ÖB 12.2016). Nichtstaatliche Kräfte, darunter organisierte Aufständische und Terroristen, begehen jedoch zahlreiche Morde und Bombenanschläge im Punjab und Konfliktregionen wie etwa Jammu und Kaschmir (USDOS 13.4.2016). Im Juli 2015 griffen Mitglieder einer bewaffneten Gruppe eine Polizeiwache und einen Busbahnhof in Gurdaspur im Bundesstaat Punjab an und töteten drei Zivilpersonen und vier Polizisten. 15 Personen wurden verletzt (USDOS 2.7.2016; vgl. auch: AI 24.2.2016). Es handelte sich dabei um den ersten größeren Anschlag seit den Aktivitäten militanter Sikhs in 1980er und 1990er Jahren (USDOS 2.7.2016).

Im Oktober 2015 gab es in fünf Distrikten des Punjab weitverbreitete und gewalttätige Proteste der Sikhs gegen die Regierung in Punjab. Dabei hat die Polizei auf Protestanten geschossen und zwei Personen getötet sowie 80 Personen verletzt. Grund der Proteste waren Berichte, laut denen unbekannte Täter das heilige Buch der Sikhs entweiht hätten. Die Polizei hat ein Duzend Protestanten wegen versuchten Mordes, Beschädigung öffentlichen Eigentums und des Tragens von illegalen Waffen festgenommen. Was die Aufarbeitung der Gewaltausbrüche im Jahr 1984, bei denen 3.000 Menschen, darunter hauptsächlich Sikhs, ums Leben gekommen seien betrifft, so kommen Gerichtsverfahren nur langsam voran. Zivilgesellschaftliche Aktivisten und Interessensverbände der Sikhs zeigen sich weiterhin besorgt, dass die Regierung die Verantwortlichen noch nicht zur Rechenschaft ziehen konnte (USDOS 10.8.2016).

Der illegale Waffen- und Drogenhandel von Pakistan in den indischen Punjab hat sich in letzter Zeit verdreifacht. Im Mai 2007 wurden dem indischen Geheimdienst Pläne der ISI bekannt, die gemeinsam mit BKI und anderen militanten Sikh- Gruppierungen Anschläge auf Städte im Punjab (Jalandhar, Ludhiana, Pathankot) beabsichtigten. Die Sicherheitsbehörden im Punjab konnten bislang die aufkeimende Wiederbelebung der militanten Sikh-Bewegung erfolgreich neutralisieren (ÖB 12.2016). In Jammu und Kaschmir, im Punjab und in Manipur haben die Behörden besondere Befugnisse ohne Haftbefehl Personen zu suchen und zu inhaftieren (USDOS 13.4.2016; vgl. auch:

BBC 20.10.2015). Menschenrechtsberichten zufolge kommt es im Punjab regelmäßig zu Fällen von Menschenrechtsverletzungen insbesondere der Sicherheitsbehörden (extralegale Tötungen, willkürliche Festnahmen, Folter in Polizeigewahrsam, Todesfolge von Folter etc.) (ÖB 12.2016). Ehrenmorde stellen vor allem in den nördlichen Bundesstaaten Haryana und Punjab weiterhin ein Problem dar. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass bis zu 10% aller Tötungen in diesen Staaten sogenannte Ehrenmorde sind (USDOS 13.4.2016).

Die Staatliche Menschenrechtskommission im Punjab hat in einer Reihe von schweren Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte (Folter, Folter mit Todesfolge, extra-legale Tötungen etc.) interveniert. In vielen Fällen wurde die Behörde zu Kompensationszahlungen verpflichtet. Die Menschenrechtskommission erhält täglich 200-300 Beschwerden über Menschenrechtsverletzung und ist in ihrer Kapazität überfordert. Oft sind Unterkastige oder Kastenlose Opfer der polizeilichen Willkür (ÖB 12.2016).

Die Zugehörigkeit zur Sikh-Religion ist kein Kriterium für polizeiliche Willkürakte Die Sikhs, 60% der Bevölkerung des Punjabs, stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hoch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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