TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/16 W207 2178946-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.10.2018
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Entscheidungsdatum

16.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W207 2178946-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX 1996, StA. Afghanistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2017, Zahl 1097226108-151902773, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.10.2018 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise am 01.12.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der am 01.12.2015 abgehaltenen Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, am 01.01.1996 in Jalalabad in der Provinz Nangarhar, Afghanistan, geboren zu sein, Pashtu als Muttersprache in Wort und Schrift zu sprechen und der Volksgruppe der Pashtunen sowie dem moslemischen Glauben sunnitischer Ausrichtung anzugehören. Er habe in einem näher genannten Ort von 2002 bis 2012 in der Provinz Kapisa die Grundschule besucht. Zu seinen beruflichen Tätigkeiten gab der Beschwerdeführer an, er habe im Lebensmittelgeschäft des Vaters gearbeitet. Seine Familie habe ein Haus und vier Lebensmittelgeschäfte gehabt, diese seien von den Taliban zerstört worden. Seine letzte Wohnadresse sei ein näher genannter Ort in der Provinz Kapisa gewesen. Er habe ca. 2 Monate zuvor den Entschluss gefasst, seinen Herkunftsstaat zu verlassen und sei über Kabul nach Pakistan und anschließend in den Iran gelangt. In der Folge sei er über ihm unbekannte Länder bis nach Serbien und in der Folge nach Österreich gereist.

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates, sohin zu seinen Fluchtgründen, gab der Beschwerdeführer an, die Taliban seien in das Geschäft der Familie gekommen und hätten Lebensmittel mitnehmen wollen, sie hätten jedoch dafür nichts zahlen wollen und der Beschwerdeführer habe es verboten; daraufhin sei der Beschwerdeführer geschlagen worden und man habe ihn aufgefordert, für die Taliban zu kämpfen. Der Beschwerdeführer habe aber nicht für die Taliban kämpfen wollen und sei aus Angst um sein Leben geflohen. Nach seiner Flucht habe er erfahren, dass die Taliban die Geschäfte der Familie zerstört und seinen Vater mitgenommen hätten. Im Fall einer Rückkehr in die Heimat befürchte der Beschwerdeführer, von den Taliban getötet bzw. zwangsrekrutiert zu werden.

Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) am 04.10.2017 niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme brachte der Beschwerdeführer vor, seine Mutter, vier Brüder sowie zwei Schwestern und zwei Onkel würden nach wie vor in Afghanistan in der Provinz Kapisa leben. Sein Vater habe vier Geschäfte und ein Auto, er habe in einem näher genannten Ort in der Provinz Kapisa Lebensmittel verkauft, sie hätten auch Treibstoff, Zement, Farbe und Vergleichbares verkauft. In einem dieser Geschäfte habe der Beschwerdeführer etwa zehn Jahre gearbeitet. Eines Tages seien die Taliban zum Geschäft gekommen, es sei an einem Freitag gewesen, und hätten etwas zu essen vom Vater des Beschwerdeführers verlangt und bekommen. Die Regierung habe davon erfahren. Die Regierung habe ihnen gesagt, sie sollten die Taliban nicht unterstützen und ihnen nichts zu essen zu geben. Dann seien die Taliban wiedergekommen, der Vater des Beschwerdeführers habe zu ihnen gesagt, dass er sie nicht unterstützen könne. Die Taliban seien zu dritt gewesen, und der Beschwerdeführer sei alleine gewesen. Sie hätten den Beschwerdeführer mit dem Gewehrkolben geschlagen. Es sei zum Kampf gekommen; der Beschwerdeführer habe den Taliban zwei Schläge verpasst und sei weggelaufen. Auf der Flucht sei der Beschwerdeführer kurz stehen geblieben, dabei er habe gesehen, wie die Taliban dem Vater die Hände gefesselt und ihn mitgenommen hätten. Der Vater des Beschwerdeführers befinde sich nach wie vor in Gefangenschaft der Taliban. Auf Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, die Taliban seien insgesamt zwei Mal ins Geschäft gekommen. Auf weitere Nachfrage, weshalb "die Regierung" davon gewusst habe, dass die Taliban ins Geschäft gekommen seien und Lebensmittel verlangt hätten, gab der Beschwerdeführer zunächst an, sie hätte davon gewusst, weil der Polizeiposten in der Nähe des Geschäftes gewesen sei. Auf abermalige Nachfrage gab er an, die Regierung habe deswegen davon gewusst, weil sein Vater Waren hin und her gefahren und ihm unterwegs irgendjemand mitgeteilt habe, er dürfe die Taliban nicht unterstützen. Auf nochmalige Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, es sei in der Nacht gewesen, da hätten sie von der Regierung an die Tür geklopft und gesagt, der Beschwerdeführer und sein Vater dürften die Taliban nicht unterstützen; in der Nacht sei die Regierung da und tagsüber die Taliban. Auf weiteren Vorhalt durch die belangte Behörde, der Beschwerdeführer habe - im Gegensatz zur Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 01.12.2015 - diesmal nicht angegeben, dass die Taliban von ihm verlangt hätten, dass er für die Taliban hätte kämpfen solle, führte der Beschwerdeführer aus, so etwas habe er nie gesagt.

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen dieser Einvernahme diverse Kursbesuchsbestätigung des Magistrates der Stadt Wien sowie eine Unterstützungserklärung einer näher genannten Sprachkursleiterin vom 28.09.2017, in der unter anderem ausgeführt wird, der Beschwerdeführer habe in Afghanistan im Basar gearbeitet und Bekleidung verkauft, das interessiere ihn nach wie vor und er habe ein großes Talent, schönen passende Kleidungsstücke zu finden und zusammenzustellen, vor.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (SpruchpunktIII.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgelegt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine damalige Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 04.10.2017 fristgerecht Beschwerde ein, in der den von der belangten Behörde beweiswürdigend verwerteten Widersprüchen im Vorbringen des Beschwerdeführers nicht konkret entgegengetreten wurde. Unter Hinweis auf weiterführende Länderberichte wurde im Ergebnis vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht möge die gegenwärtige prekäre Lage in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers und in Städten wie Kabul, Herat und Mazar-e-Sharif nicht verkennen.

Mit Schriftsatz vom 21.08.2018 gab der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehrigen neuen Rechtsvertretung eine schriftliche Stellungnahme zur Situation in Afghanistan ab, in der er zusammengefasst auf die weiterhin prekäre bzw. noch weiter verschlechterte Sicherheits-und Wirtschaftslage hinweist. Unter anderem wird auf die Situation der Angehörigen der Volksgruppe der Hazara - obgleich der Beschwerdeführer der Volksgruppe der Paschtunen angehört - hingewiesen, zu berücksichtigen sei, sowie auf das Problem der "verwestlichten" Rückkehrer aus Europa. Darüber hinaus wurden diverse Unterlagen über die Teilnahme an Kursen, die die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers bescheinigen sollen, beigelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 12.10.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer zu den Fluchtgründen, zu seinen persönlichen Umständen im Herkunftsstaat sowie zu seiner Integration in Österreich befragt wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verzichtete auf die Durchführung und die Teilnahme an dieser Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist Muslim sunnitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer stammt aus Jalalabad in der Provinz Nangarhar, Afghanistan, und ist in der Provinz Kapisa aufgewachsen, wo er 10 Jahre eine Schule besuchte. Der Beschwerdeführer arbeitete mehrere Jahre im Lebensmittelgeschäft seines Vaters in der Provinz Kapisa, wo er unter anderem Buch führte über die Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen alleinstehenden, kinderlosen, leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf. Der Beschwerdeführer leidet aktuell an keinen körperlichen und an keinen psychischen Erkrankungen. Er spricht Paschtu in Wort und Schrift. Der Beschwerdeführer verfügt in Afghanistan über familiären Anknüpfungspunkte; die Mutter, drei Brüder und zwei Schwestern sowie zwei Onkel leben in Afghanistan im der Provinz Kapisa; ein Bruder des Beschwerdeführers ist gegenwärtig in der Türkei aufhältig.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich bisher strafgerichtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer ist nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet seit seiner Antragstellung am 01.12.2015 durchgehend auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Er bestreitet den Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung, einer legalen Erwerbstätigkeit in Österreich geht er und ging er bisher nicht nach. Der Beschwerdeführer verfügt über Grundkenntnisse der deutschen Sprache; er hat in Österreich Deutschkurse sowie mehrere Basisbildungskurse besucht; er hat eine Deutschprüfung abgelegt, das Ergebnis ist noch ausständig. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten und keine sonstigen engen familienähnlichen Bindungen. Für außergewöhnliche Integrationsbestrebungen des Beschwerdeführers gibt es keine Anhaltspunkte.

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:

Nicht festgestellt werden können die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer Verfolgung durch Taliban, die sich in einer näher genannten Stadt in der Provinz Kapisa Lebensmittel aus dem Lebensmittelgeschäft des Vaters des Beschwerdeführers hätten besorgen wollen, was der Beschwerdeführer aber - auf Anordnung der Regierung - verweigert habe, woraufhin die Taliban den Beschwerdeführer geschlagen sowie ihn aufgefordert hätten, sich ihnen anzuschließen und für sie zu kämpfen, und die darüber hinaus den Vater des Beschwerdeführers gefangen genommen hätten, weswegen der Beschwerdeführer fliehen habe müssen, ausgesetzt wäre. Nicht festgestellt werden kann daher, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten individuellen Verfolgungsgefahr durch die Taliban oder sonstige Personen oder Personengruppen ausgesetzt wäre.

Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:

Sicherheitslage

Am 19.5.2018 erklärten die Taliban, sie würden keine Mitglieder afghanischer Sicherheitskräfte mehr angreifen, wenn diese ihre Truppen verlassen würden, und gewährten ihnen somit eine "Amnestie". In ihrer Stellungnahme erklärten die Aufständischen, dass das Ziel ihrer Frühlingsoffensive Amerika und ihre Alliierten seien (AJ 19.5.2018).

Am 7.6.2018 verkündete Präsident Ashraf Ghani einen Waffenstillstand mit den Taliban für den Zeitraum 12.6.2018 - 20.6.2018. Die Erklärung erfolgte, nachdem sich am 4.6.2018 über 2.000 Religionsgelehrte aus ganz Afghanistan in Kabul versammelt hatten und eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aussprachen (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 7.6.2018, RFL/RL 5.6.2018). Durch die Fatwa wurden Selbstmordanschläge für ungesetzlich (nach islamischem Recht, Anm.) erklärt und die Taliban dazu aufgerufen, den Friedensprozess zu unterstützen (Reuters 5.6.2018). Die Taliban selbst gingen am 9.6.2018 auf das Angebot ein und erklärten einen Waffenstillstand von drei Tagen (die ersten drei Tage des Eid-Fests, Anm.). Der Waffenstillstand würde sich jedoch nicht auf die ausländischen Sicherheitskräfte beziehen; auch würden sich die Taliban im Falle eines militärischen Angriffs verteidigen (HDN 10.6.2018; vgl. TH 10.6.2018, Tolonews 9.6.2018).

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Registriert wurde auch eine Steigerung öffentlichkeitswirksamer gewalttätiger Vorfälle (UNGASC 27.2.2018)

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet (AAN 17.3.2017).

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.4.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friendens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden (NYT 27.3.2018).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).

Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).

Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.

Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul

Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).

Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).

Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Balkh

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).

Quellen:

-ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (23.2.2018):

Islamic State in Afghanistan,

https://www.acleddata.com/2018/02/23/islamic-state-in-afghanistan/ Zugriff 26.3.2018

-BBC (17.6.2017): Afghan soldier attacks US troops at Camp Sheheen, http://www.bbc.com/news/world-asia-40314612, Zugriff 28.3.2018

-BBC (22.4.2017): Afghan casualties in Taliban Mazar-e Sharif attack pass 100, h ttp://www.bbc.com/news/world-asia-39672357 , Zugriff 28.3.2018

-BFA Staatendokumentation (4.2018): FFM Bericht Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/1430912.html, Zugriff 7.5.2018

-CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (4.2017):

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Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

Quellen:

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-AJ - Al Jazeera (25.6.2017): Taliban attack targets police in Afghanistan's Herat,

https://www.aljazeera.com/news/2017/06/taliban-attack-targets-police-afghanistan-herat-170625102845231.html, Zugriff 19.3.2018

-AJ - Al Jazeera (8.3.2012): Profile: Herat province, https://www.aljazeera.com/indepth/features/2012/02/201221512133033128.html, Zugriff 16.3.2018

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-CP - Citypopulation (21.9.2017): Afghanistan, Die größten Städte, http://www.citypopulation.de/Afghanistan_d.html, Zugriff 16.3.2018

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-FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (1.8.2017): Mindestens 50 Tote bei Anschlag in Afghanistan,

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-Gandhara (22.2.2018): Afghan Militants "Trained In Iran" Surrender Before TAPI Attack,

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-Tolonews (4.3.2018): Taliban Group Ready To Join Peace Process, https://www.tolonews.com/afghanistan/taliban-group-ready-join-peace-process, Zugriff 19.3.2018

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-UN OCHA - United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (4.2014): Hirat Province, District Atlas, https://www.humanitarianresponse.info/sites/www.humanitarianresponse.info/files/Hirat.pdf, Zugriff 16.3.2018

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https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Afghan_opium_survey_2017_cult_prod_web.pdf, Zugriff 16.3.2018

Kapisa

Kapisa zählt zu den zentralen Provinzen Afghanistans. Die Provinz grenzt im Norden an Panjshir, im Westen an Parwan, im Süden an Kabul und im Osten an Laghman. Im Nordosten der Provinz befinden sich die Vorhügel des Hindukusch-Gebirges und breit bewaldete Gegenden, während der Südwesten felsiger und flacher ist. Die Provinz besteht aus folgenden Distrikten: Hesa Dovon/Hisa-e-Duwum-e-Kohestan, Kohistan, Hesa Aval Kohistan/Hisa-e-Awal-e-Kohestan, Koh Band/Kohband, Nijrab/Nejrab, Ala Sai/Alasay, Tag Ab/Tagab und die Provinzhauptstadt Mahmud-i-Raqi/Mahmud-e-Raqi (NPS o.D. vgl. UN OCHA 4.2014). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 455.574 geschätzt (CSO 4.2017). In der Provinz leben Tadschiken, Ghilzai, Safi, Paschai und Nuristani (NPS o.D.). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 122 von 344

In Kapisa stieg die Opium-Produktion im Jahr 2017 (+360 Hektar), wenngleich nicht so stark wie in der Provinz Nangarhar. Insgesamt wurden im selben Jahr in Kapisa drei Hektar an Opiumfeldern umgewidmet (UNODC 11.2017).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage in Kapisa

Kapisa war eine der relativ friedlichen Provinzen in Nordostafghanistan, jedoch hat sich die Sicherheitslage in einigen abgelegenen Gebieten der Provinz in den letzten Jahren verschlechtert (Khaama Press 10.8.2017; vgl. Khaama Press 8.8.2017, Khaama Press 1.7.2017). Im Rahmen eines von Taliban geführten Aufstandes in Schlüsselprovinzen im Norden und Süden des Landes, versuchen regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen die Provinz Kapisa zu destabilisieren (Khaama Press 2.10.2017). Talibanaufständische sind in abgelegenen und unruhigen Distrikten der Provinz aktiv; ihre Aktivitäten sind: gezielte Tötungen, Straßenbomben und koordinierte Angriffe auf Sicherheitskräfte, Regierungsbeamte und deren private Anlagen (Khaama Press 1.7.2017; vgl. Pajhwok 6.3.2018, Aawsat 20.2.2018).

Speziell im Winter haben Sicherheitskräfte mit Unterstützung durch die Luftwaffe begonnen Nachtrazzien in unsicheren Gegenden von Kapisa durchzuführen (Pajhwok 24.11.2017).

In der Provinz Kapisa arbeiten auch Frauen für die afghanischen Sicherheitskräfte (DVIDS 3.8.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 83 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in Kapisa 101 zivile Opfer (34 getötete Zivilisten und 67 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet einen Rückgang von 19% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

In Kapisa leben Binnenflüchtlinge, die aus dem Distrikt Tagab aus Sicherheitsgründen flüchten mussten (ARCS 21.2.2018). Mitte März 2018 wurde von ca. 1.300 Personen berichtet, die aus verschiedenen Teilen des Landes (Kapisa, Laghman, Nuristan und Parwan) aufgrund anhaltenden gewaltsamen Konflikts in die Distrikte Mahmud-e-Raqi, Hisa-e-Awal-e-Kohestan und Hisa-e-Duwum-e-Kohestan der Provinz Kapisa geflüchtet sind (UN OCHA o.D.).

Militärische Operationen in Kapisa

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 1.3.2018; vgl. AAT 11.3.2018, Tolonews 23.1.2017, Xinhua 22.1.2017, Khaama Press 22.1.2017, Khaama Press 15.1.2017, Tolonews 12.1.2017, Pajhwok 24.11.2017); dabei wurden unter anderem Anhänger der Taliban und des IS getötet (Khaama Press 1.3.2018; vgl. AA Turkey 11.3.2018, Khaama Press 2.10.2017, Tolonews .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 124 von 344

19.1.2017, Khaama Press 7.1.2017, Kabul Tribune 4.1.2017) und manchmal ihre Anführer (Pajhwok 6.3.2018; vgl. Khaama Press 2.10.2017).

Luftangriffe wurden durchgeführt; dabei wurden Taliban-Kommandanten getötet (Tolonews 11.11.2017; vgl. Pajhwok 24.11.2017). Es kommt zu Zusammenstößen zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Xinhua 22.2.2018; vgl. NZH 21.2.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Kapisa

Talibanaufständische sind in abgelegenen und unruhigen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 1.7.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen - zu denen Taliban und IS zählen - sind in folgenden Distrikten aktiv: Tagab, Alasay und Najrab (Khaama Press 1.3.2018; vgl. Pajhwok 24.11.2017, Pajhwok 8.9.2017, Pajhwok 5.9.2017). In Tagab haben die Taliban 2016 ein Fernsehverbot ausgesprochen und 2017 Frauen aus dem Distrikt-Bazar verbannt. Afghanische Sicherheitskräfte betonten, dass sie im Distrikt-Bazaar von Tagab vor Ort wären und dass das Frauen-Verbot nicht implementiert werden würde bzw. weiterhin zurückgewiesen bleibe.(Pajhwok 8.9.2017).

Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kapisa keine IS-bezogenen Sicherheitsvorfälle registriert (ACLED 23.2.2018).

Quellen:

-AAT - Anadolu Agency Turkey (11.3.2018): Afghan government says 171 terrorists killed,

https://aa.com.tr/en/asia-pacific/afghan-government-says-171-terrorists-killed/1085784, Zugriff 21.3.2018

-Aawsat - Asharq Al-Awsat (20.2.2018): 3 Killed in Bombing in Afghanistan's Jalalabad,

https://aawsat.com/english/home/article/1181546/3-killed-bombing-afghanistan%E2%80%99s-jalalabad, Zugriff 21.3.2018

-ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project - Islamic State in Afghanistan,

https://www.acleddata.com/2018/02/23/islamic-state-in-afghanistan/ Zugriff 19.3.2018

-ARCS - Afghan Red Crescent Society (21.2.2018): ARCS Donates Relief Items to Internally Displaced Families in Kapisa Province, http://www.redcrescent.af/news-details?lang=en&title=ARCS%20Donates%20Relief%20Items%20to%20Internally%20Displaced%20Families%20in%20Kapisa%20Province, Zugriff 20.3.2018

-CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (4.2017):

Estimated Population of Afghanistan 2017-2018, http://cso.gov.af/Content/files/%D8%AA%D8%AE%D9%85%DB%8C%D9%86%20%D9%86%D9%81%D9%88%D8%B3/Final%20Population%201396.pdf, Zugriff 4.5.2018

-DVIDS - Defense Visual Information Distribution Service (3.8.2018):

Afghan Special Security Forces Women: Pushing boundaries, Breaking barriers,

https://www.dvidshub.net/news/268531/afghan-special-security-forces-women-pushing-boundaries-breaking-barriers, Zugriff 20.3.2018

-EASO - European Asylum Support Office (12.2017): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_Afghanistan_s

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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