TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/17 W119 1421442-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.10.2018
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Entscheidungsdatum

17.10.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
IntG §10
IntG §9

Spruch

W119 1421442-2/43E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Bangladesch, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christian SCHMAUS, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9. 10. 2014, Zl 831086808/1696739/BMI-BFA_STM_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8. 7. 2015, am 21. 3. 2016 und am 26. 9. 2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt III wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, iVm § 9 Absatz 3 BFA-VG idgF auf Dauer unzulässig ist.

Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 iVm § 9 und § 10 Integrationsgesetz, BGBl. I. Nr. 68/2017 idgF, wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der damals minderjährige Beschwerdeführer stellte am 21.04.2011 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

Am 22.04.2011 wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, in der er zunächst angab, er habe sein Heimatland von Dhaka aus in der ersten Jännerwoche 2011 verlassen. Zu seinen Fluchtgründen brachte er vor, dass sein Onkel Vorsitzender des Gemeindeverbandes " XXXX " und ein Funktionär der Bangladesch Nationalist Party (= BNP) sei. Er selbst werde als Sympathisant der BNP von Mitgliedern der regierenden Partei Awami League (= AL) verfolgt. Im Oktober 2010 sei er von drei bis vier bewaffneten AL-Mitgliedern angegriffen und verletzt worden. Im November 2010 sei sein Elternhaus in Brand gesetzt worden und er sei nach Dhaka geflohen, von wo aus er die Ausreise aus Bangladesch organisiert habe. Bei einer Rückkehr habe er Angst, von den AL-Mitgliedern umgebracht zu werden. Mit staatlichen Sanktionen habe er nicht zu rechnen.

Ein vom Bundesasylamt in Auftrag gegebenes gerichtsmedizinisches Gutachten zur forensischen Altersschätzung vom 10.06.2011 ergab, dass das vom Beschwerdeführer angegebene Geburtsdatum (Alter zum Untersuchungszeitpunkt 17 Jahre und zehn Monate) aus gerichtsmedizinischer Sicht nicht ausgeschlossen werden könne.

Am 17.08.2011 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen, in der er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen seine in der Erstbefragung angegebenen Fluchtgründe wiederholte. Betreffend den Vorfall vom Oktober 2010 brachte er vor, er und fünf seiner Freunde seien von ca. 15 bis 20 Anhängern der AL mit Cola-Flaschen geschlagen worden. Im November 2010 seien Mitglieder der AL zu ihm nach Hause gekommen, wovor er von Freunden zuvor gewarnt worden sei und daher sei er vorab aus seinem Elternhaus weggelaufen. Sein Vater und sein Onkel seien nicht zu Hause gewesen. Seine Mutter und seine Geschwister, die zu Hause geblieben seien, seien von "den Leuten" geschlagen worden, die danach die Wohnung in Brand gesetzt hätten, wobei jedoch nicht alles niedergebrannt sei. Gleich nach dem Brandanschlag sei er nach Dhaka gefahren, wo er erst ca. 10 bis 12 Tage später von seiner Mutter am Telefon von dem Anschlag erfahren habe. Er sei nicht in Dhaka geblieben, weil "diese Leute" das herausgefunden und ihn auch dort geschlagen hätten. Er selbst sei nicht Mitglied der BNP; er werde bedroht, weil sein Onkel bei der BNP tätig sei und er ihn bei dessen Tätigkeit unterstützt habe. Seine Familie und sein Onkel würden jetzt in Dhaka leben. Sein Onkel und seine Familie könnten in Dhaka leben, da "die Leute hatten ja auf mich den Zorn" [offenbar gemeint:

"die Leute" seien auf ihn zorniger gewesen als auf seine anderen Familienmitglieder]. Sein Onkel sei Obmann und könne dort leben; er nicht. Von der Regierung befürchte er nichts, aber die Parteimitglieder der AL seien hinter ihm her. Sonst habe er keine Probleme in Bangladesch. Er sei noch zur Schule gegangen. Sein Vater, der auch Mitglied der BNP sei, sei Besitzer eines Restaurants und einer Transportfirma; weiters habe die Familie eine Landwirtschaft. Geldprobleme habe es nicht gegeben. Verwandte oder persönliche Beziehungen in Österreich habe er nicht. Er besuche einen Deutschkurs und versuche sich in Österreich zu integrieren. Auf Vorhalt der Länderfeststellungen des Bundesasylamtes zur Lage in Bangladesch gab er an, die Situation sei noch schlimmer. Das Schlimmste sei die Politik. Es gebe jeden Tag Streit und die, die an der Macht seien, würden von der Polizei unterstützt. Die Polizei habe ihm auch nicht geholfen. Auf Vorhalt, das Bundesasylamt gehe aufgrund seines Aussageverhaltens von der Unglaubwürdigkeit seines Vorbringens aus, gab er erstmals an, er habe Beweismittel bei sich, die seine Geschichte belegen würden. Im Februar 2011 sei gegen ihn in Abwesenheit ein Prozess geführt worden, bei dem sein Vater und er beschuldigt worden seien, jemanden getötet zu haben. Das Verfahren sei noch offen. Was mit seinem Vater los sei, wisse er nicht. Er habe zuletzt im Juli mit seiner Mutter telefoniert, die nichts über seinen Vater erzählt habe. Seine Mutter wisse "davon" gar nichts; sein Vater wisse schon "davon". Als er gesagt habe, alle würden in Dhaka wohnen, habe er nicht seinen Vater gemeint; er wisse nicht, wo sein Vater sei. Seine Mutter habe ihm am Telefon auch gesagt, dass sie es nicht wisse. Auf die Frage, ob sein Vater noch im Elternhaus gelebt habe, als er von XXXX nach Dhaka geflohen sei, gab er an:

"Nein. Ich weiß nicht, wo er damals wohnte. Das Restaurant und die Transportfirma sind in XXXX . Wegen der politischen Probleme wohnte mein Vater nicht bei uns. Er wollte die Familie schützen." Die nunmehr in Kopie vorgelegten Dokumente habe er im Juli 2011 per Post von Freunden bekommen, nachdem er mit seiner Mutter telefoniert habe. Auf Vorhalt der Länderfeststellungen hinsichtlich der Möglichkeit, falsche oder gefälschte Dokumente aus Bangladesch zu besorgen, gab er an, die vorgelegten Dokumente seien nicht gefälscht, sondern Originale. Im Rahmen dieser Einvernahme legte er ein zwölfseitiges Konvolut an Unterlagen in bengalischer Sprache vor, die das Bundesasylamt ins Deutsche übersetzen ließ. Hierbei handelt es sich um folgende Schriftstücke bzw. um folgende Teile eines Schriftstückes:

Schreiben mit der Bezeichnung "erster wahrheitsgemäßer schriftlicher Bericht" der Polizeistation XXXX betreffend einen Vorfall vom XXXX , bei dem der Beschwerdeführer sowie neun weitere Personen (darunter der Vater des Beschwerdeführers) namentlich als Beschuldigte mit dem Hinweis, es gebe 40 bis 50 weitere Beschuldigte angeführt sind; es werde Strafantrag wegen "Raub/Plünderung und Säure/Auflösung" gestellt; die Beschuldigten würden beschuldigt, illegal "Zerstörungen und Verletzungen" gemacht zu haben, Molotow Cocktails geworfen und gemordet zu haben (erstes bis drittes Blatt des zwölfseitigen Konvoluts);

Vermerk vom 21.02.2011, dass schriftlich Anzeige erstattet worden sei und Bestimmung der Person des Ermittlungsleiters ohne Nennung von Beschuldigten und/oder Sachverhalt (viertes Blatt des zwölfseitigen Konvoluts);

Aussage eines Zeugen des betreffenden Vorfalls, in welcher die im "ersten wahrheitsgemäßen schriftlichen Bericht" namentlich genannten Beschuldigten (so auch der Beschwerdeführer und sein Vater) als "falsch Beschuldigte" bezeichnet werden, mit namentlicher Nennung von neun weiteren Zeugen (fünftes bis siebentes Blatt des zwölfseitigen Konvoluts);

Schreiben mit der Bezeichnung "Klage/Beschwerde" betreffend des Vorfalls vom 21.02.2011, ca. 10 Uhr in der XXXX , wobei als Kläger der Vorsitzende der AL, XXXX und als Beklagte die BNP genannt werden; die AL habe eine Versammlung organisiert, die durch Anhänger der BNP gestört worden sei; diese hätten Leute geschlagen, Sachen zerstört und mit Molotow Cocktails geworfen; einige Personen seien verletzt worden und die ersten beiden im "ersten wahrheitsgemäßen schriftlichen Bericht" namentlich genannten Beschuldigten seien als falsch Beschuldigte verhaftet worden; einer der Verletzten sei verstorben und hätten die BNP-Anhänger ein gemeinsames Totengebet für den Verstorbenen abgehalten; die Situation zweier weiterer Verletzter sei kritisch und man versuche, die wirklichen Täter zu finden (achtes bis zehntes Blatt des zwölfseitigen Konvoluts) und

Schreiben mit der Bezeichnung "Anordnung für die Unterlagen/Akten des Amtsrichters" vom 23.02.2011, in welchem die im "ersten wahrheitsgemäßen schriftlichen Bericht" namentlich genannten Beschuldigten (so auch der Beschwerdeführer und sein Vater) wieder als Beschuldigte angeführt sind und vermerkt wurde, dass die beiden Festgenommenen (das sind die beiden Beschuldigten, die im "ersten wahrheitsgemäßen schriftlichen Bericht" an erster und zweiter Stelle namentlich genannt wurden) dem Gericht vorgeführt worden seien (elftes und zwölftes Blatt des zwölfseitigen Konvoluts).

Bei sämtlichen Schriftstücken ist angeführt, dass es sich um beglaubigte Kopien handelt und zwar versehen mit dem Rundsiegel eines "öffentlichen Notars für ganz Bangladesch" und mit dem Datum der Beglaubigung "15.05.2011".

Weiters legte der Beschwerdeführer eine Kopie seiner Geburtsurkunde in bengalischer Sprache vor.

Nach Durchführung des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens wurde der gegenständliche Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.09.2011 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde dieser aus dem Bundesgebiet nach Bangladesch ausgewiesen. Neben einer Darstellung des Verfahrensganges und Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurde begründend ausgeführt, dass er Staatsangehöriger von Bangladesch sei und seine Identität nicht feststehe. Er leide an keinen schwerwiegenden Erkrankungen. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Bangladesch zu befürchten habe, von Mitgliedern der AL verfolgt zu werden. Der vorgebrachte Sachverhalt werde den Feststellungen nicht zu Grunde gelegt. Das Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich einer aktuellen Bedrohungssituation in Bangladesch sei als nicht glaubhaft zu bezeichnen. Der Beschwerdeführer habe keine persönlichen Beziehungen und keine Verwandten in Österreich.

Dies wurde beweiswürdigend wie folgt begründet:

"Die von der Behörde getroffenen Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung: Die vom Asylwerber geltend gemachte Furcht muss nicht nur behauptet, sondern auch glaubhaft gemacht werden. Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörde davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht worden ist.

Die Behörde hat sich dabei von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Zum Fluchtgrund befragt, gaben Sie im Wesentlichen an, dass Sie befürchten in Bangladesch von Mitgliedern der Awami League verfolgt zu werden. Der Sachverhalt wurde vage geschildert und beschränkte sich auf Gemeinplätze. Sie waren nicht in der Lage konkrete und detaillierte Angaben über Ihre Erlebnisse zu machen. So konnten Sie auf Grund der vagen und allgemein gehaltenen Angaben keinen Bezug zu Ihrer Person herstellen und nicht glaubhaft machen, dass Sie das von Ihnen Geschilderte tatsächlich selbst erlebt hätten.

Soweit Sie das 12-seitige Gerichtsschreiben vorlegen, um damit ihre Verfolgung durch Mitglieder der Awami League zu beweisen, ist anzuführen, dass aus den vorliegenden Länderfeststellungen eindeutig hervorgeht, dass ein Großteil der Dokumente sich als Fälschungen herausstellt. Aufgrund diesen Umstandes und auch das sie und ihr Vater erst nach ihrer Ausreise angezeigt worden sein sollen, ihre Familie nichts davon erwähnt hatte bzw. wusste und sie eine Kopie dieser Anzeigengleichschrift des Gerichtes in Dhaka von Freuden erhalten haben wollen, geht das Bundesasylamt davon aus, dass es sich hierbei ebenfalls um Fälschungen bzw. Gefälligkeitsschreiben handelt. Würde diese Anzeige der Wahrheit entsprechen und sie von den Behörden gesucht werden, dann hätten die Behörden sie auf jeden Fall nach dem Zeitpunkt der Anzeige bei ihnen zu Hause gesucht bzw. ihre Familie dazu befragt. Wäre dies der Fall gewesen, wären sie bereits früher von ihrer Familie darüber informiert worden.

Weiters ist es weder glaubhaft noch nachvollziehbar, dass sie, nur aufgrund ihrer Unterstützung für ihren Onkel, der selbst Mitglied der BNP ist und in Bangladesch keiner Verfolgung ausgesetzt sein soll, von den Mitgliedern der Awami League verfolgt werden. Sie konnten nicht plausibel darlegen, wieso ausschließlich sie aus Bangladesch flüchten mussten, obwohl ihr Vater und ihr Onkel Mitglieder bei der BNP und einflussreiche Leute und auch ihre Mutter und ihre Geschwister von Mitgliedern der Awami League überfallen und geschlagen worden sein sollen."

Mit Schriftsatz vom 19.09.2011 wurde gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben. Begründend wurde zunächst die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes zu den Feststellungen zur Person sowie zum Fluchtweg des Beschwerdeführers kritisiert und in der Folge ausgeführt, dass die Annahme der Behörde, das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gerichtsschreiben sei eine Fälschung nicht nachvollziehbar sei. Nach seiner Ausreise sei die Familie des Beschwerdeführers umgezogen und er habe keinen Kontakt zu dieser. Der Beschwerdeführer sei von Mitgliedern der AL gezielt attackiert und verletzt worden. Die AL habe ihn ausgesucht, da er das schwächste Glied in der Kette sei; sein Vater sei präventiv verschwunden und sein Onkel sei als Obmann nicht so einfach zu attackieren. In weiterer Folge bezog sich die Beschwerde auf die Feststellungen zur Sicherheitslage in Bangladesch und verwies auf weitere Berichte unter anderem auch zu Zusammenstößen zwischen Mitgliedern der AL und Mitgliedern der BNP; dies jedoch ohne einen näheren Bezug zur Person des Beschwerdeführers bzw. zu seiner individuellen Situation herzustellen. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass die Behörde die "Tatsachen der Konflikte der politischen Parteien" nicht gewürdigt habe und es auch keinerlei Feststellungen zur Situation für Mitglieder der BNP gebe. Daher gründe sich auch die Entscheidung zu Spruchpunkt II. auf eine ungenügende und mangelhaft begründete Grundlage. Ferner gefährde der Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich keineswegs das öffentliche Interesse und stelle auch keine Gefahr für ein geordnetes Fremdenwesen dar. In Anbetracht der konkreten Umstände seines Falles hätte die Interessensabwägung nicht zu seinem Nachteil ausfallen dürfen. Der Beschwerdeführer besuche ab 28.09.2011 einen Deutschkurs und sei bemüht, sich zu integrieren.

Der Beschwerdeführer legte am 03.10.2011 Kopien seines Staatsbürgerschaftsnachweises ("Nationality Certificate") vom 21.09.2011 und seiner Geburtsurkunde ("Birth Certificate") vom 27.12.2007, beides in englischer Sprache, vor.

Mit Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 10.10.2011, Zl. C2 421442-1/2011/2Z, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 2 AsylG ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

Mit weiterer Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom selben Tag, Zl.: C2 421442-1/2011/3Z, wurde der Beschwerdeführer aufgefordert binnen Frist alle Beweismittel vorzulegen, allfällige neue Flucht- oder Verfolgungsgründe darzutun und zu erklären, ob dieser mit Erhebungen im Herkunftsstaat einverstanden sei. Weiters wurde er aufgefordert, allfällige Protokollrügen zum Verfahren vor dem Bundesasylamt binnen gleicher Frist zu erstatten und allenfalls bestehende akute psychische und physische Erkrankungen darzutun. Auch wurden dem Beschwerdeführer Fragen zu seiner aktuellen Situation in Österreich gestellt und dieser wurde darauf hingewiesen, dass er während des laufenden Beschwerdeverfahrens selbständig alle Veränderungen zu den oben bezeichneten Themengebieten schriftlich vorbringen und ebenso selbständig alle neu zur Verfügung stehenden Beweismittel vorlegen müsse.

Mit Schriftsatz vom 27.10.2011 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zur Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes und legte seine vom Bundesasylamt rückübermittelten Originaldokumente (zwölfseitiges Konvolut an Schriftstücken) vor. Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, dass neue Flucht- bzw. Verfolgungsgründe nicht vorliegen würden. Er sei gesund, habe keine Familienmitglieder in Österreich und beherrsche lediglich Basisvokabel der deutschen Sprache. Der Beschwerdeführer gehe keiner Beschäftigung nach, besuche jedoch einen Deutschkurs auf dem Niveau A1, dessen Zahlungsbestätigung er zum Beweis beilege, und versuche, Freundschaften zu knüpfen. Er sei illegal in das Bundesgebiet eingereist, habe niemals einen anderen als auf das Asylverfahren gegründeten Aufenthaltstitel gehabt und sei gerichtlich unbescholten.

Mit Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 07.11.2011 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, seine Geburtsurkunde und seinen Staatsbürgerschaftsnachweis im Original sowie die Kuverts, mit denen ihm diese Urkunden übermittelt wurden, ebenfalls im Original vorzulegen.

Der Beschwerdeführer gab mit E-Mail vom 16.11.2011 bekannt, dass er nur die vorliegenden englischen Übersetzungen seiner Dokumente (Staatsbürgerschaftsnachweis und Geburtsurkunde) aus Bangladesch erhalten habe und nunmehr seine Familie ersuchen müsse, auch die Originale zu schicken, was ca. zwei bis drei Wochen Zeit in Anspruch nehmen werde.

Mit Schreiben vom 18.11.2011 verwies der Beschwerdeführer darauf, dass er seine Geburtsurkunde und seinen Staatsbürgerschaftsnachweis bereits im Original übermittelt habe. Er lege einer Bestätigung der Übersetzung seiner vorgelegten Urkunden [offenbar gemeint: von Bengali in Englisch] bei. Ferner lege er die Kuverts bei und wolle anmerken, dass seine Dokumente von Bangladesch über Dubai nach Österreich geschickt worden seien.

In der Folge legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28.12.2011 die Originale seiner Geburtsurkunde und seines Staatsbürgerschaftsnachweises, beide in Bengali, eine Schulbesuchsbestätigung in Bengali samt englischer Übersetzung sowie die bezughabenden Kuverts dem Asylgerichtshof vor.

Mit Verfahrensanordnung vom 16.07.2012 veranlasste der Asylgerichtshof eine Dokumentenüberprüfung auf Echtheit und Unverfälschtheit betreffend das vom Beschwerdeführer dem Bundesasylamt vorgelegte zwölfseitige Konvolut an Unterlagen.

Dem diesbezüglichen Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamtes vom 19.09.2012 ist zunächst zu entnehmen, dass der fragliche Formularvordruck nach derzeitigem Erkenntnisstand authentisch, jedoch keine Beurteilung der Ausstellungsmodalitäten möglich sei. Allerdings finden sich im Bericht Bedenken betreffend die Buchstabenanordnungen des Rundstempelabdrucks des "öffentlichen Notars in ganz Bangladesch", die nicht radial ausgerichtet seien, was auf einen Abdruck eines so genannten Setzkastensystems und daraus resultierend auf eine Fälschung hinweise.

Dieser Untersuchungsbericht wurde den Verfahrensparteien mit Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 26.09.2012 zur Stellungnahme übermittelt und dem Beschwerdeführer darüber hinaus aufgetragen, binnen gleicher Frist allenfalls bestehende akute psychische und physische Erkrankungen darzutun sowie Fragen zu seiner aktuellen Situation in Österreich zu beantworten.

Mit Stellungnahme vom 09.10.2012 brachte der Beschwerdeführer vor, dass dem Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamtes die Zusicherung der Echtheit seiner Dokumente zu entnehmen sei; ausgeführt werde, dass der Bedruckstoff, die Drucktechnik sowie die Druckqualität dem Stand authentischer bengalischer Urkunden entspreche. Daher schließe er sich dem Ergebnis des Untersuchungsberichtes ausdrücklich an. Ferner sei er gesund und würden sich keine seiner Familienangehörigen in Österreich befinden. Er spreche Deutsch und könne sich in deutscher Sprache verständigen. Er besuche derzeit den Vorbereitungskurs auf Niveau A2 und wolle die Prüfung A2 absolvieren. Er gehe keiner Beschäftigung nach, nehme jedoch am Grazer Kulturprojekt "Warteschleife Heimat" teil und verfüge bereits über einen großen Freundeskreis. Im Rahmen seines Privatlebens verfüge er über Bindungen an Österreich, die sich in einem starken Ausbildungswunsch bzw. der bereits erfolgten Sprachverfestigung gründen würden. Der Stellungnahme waren folgende Dokumente beigelegt:

Dankesschreiben von "Warteschleife Heimat" betreffend die Mitarbeit des Beschwerdeführers am genannten Projekt vom 13.05.2012;

Kursbesuchsbestätigung "Deutschkurs A2/1" von Innovative Sozialprojekte GmbH vom 04.07.2012;

Kursbesuchsbestätigung "Deutschkurs für Erwachsene 1 A (Niveau A1/1)" von Innovative Sozialprojekte GmbH vom 16.12.2011;

Kursbesuchsbestätigung "Deutschkurs A1/2" von Innovative Sozialprojekte GmbH vom 28.03.2012 und Kopie einer FotoCD Frontpage von "Warteschleife Heimat".

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.11.2012, Zl. C2 421442-1/2011/14E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.09.2011 gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen festgestellt, dass die Identität des nunmehr volljährigen Beschwerdeführers infolge der vorgelegten Dokumente feststehe. Weiters wurde festgestellt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen - wie bereits vom Bundesasylamt ausgeführt - nicht glaubhaft sei und er dieses trotz Vorlage eines 12-seitigen Konvoluts nicht beweisen habe können. Er habe schon zum behaupteten Vorfall vom Oktober 2010 zwei völlig unterschiedliche Versionen vorgebracht; es sei aber auch sein Vorbringen zu einem Brandanschlag auf sein Elternhaus im November 2010 nicht plausibel gewesen. Wie bereits das Bundesasylamt ausgeführt habe, sei auch nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet der Beschwerdeführer, welcher nicht einmal Mitglied sondern lediglich Sympathisant der BNP sei, aus politischen Gründen von den Mitgliedern der AL gezielt gesucht und angegriffen werden sollte, obwohl sein Onkel als Vorsitzender des Gemeindeverbandes " XXXX " ein Funktionär der BNP und sein Vater ein Mitglied der BNP seien. Die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgung wegen seiner Unterstützung des Onkels sei nicht plausibel, zumal er eine Verfolgung des Onkels nicht vorgebracht habe. Zudem habe er nicht nachvollziehbar darlegen können, warum seine Familie, nicht jedoch er in Dhaka leben könne. Auch sei seinem Vorbringen zum Brandanschlag auf das Elternhaus zu entnehmen, dass es die Anhänger der AL nicht ausschließlich auf den Beschwerdeführer abgesehen hätten, sondern offenbar auch seine Familienangehörigen gefährdet gewesen seien, welche nun offenbar unbehelligt in Dhaka leben könnten. Zu seinem weiteren Vorbringen, dass er wegen einer angeblich im Februar 2011 fälschlich erstatteten Anzeige gegen ihn und seinen Vater gesucht werde, sei auf sein ursprüngliches Vorbringen zu verweisen, wonach ihm eine staatliche Verfolgung nicht gedroht habe. Zu den dazu erst später nachgereichten Schriftsätzen wurde die nachvollziehbare Frage aufgeworfen, wieso diese nicht bereits viel früher vorgelegt worden seien, sodass daraus ebenfalls auf die Unglaubwürdigkeit seines weiteren Vorbringens geschlossen werde. Sodann folgten beweiswürdigende Ausführungen zu den vom Beschwerdeführer vorgelegten Schriftsätzen unter Einbeziehung des Untersuchungsberichtes des Bundeskriminalamtes, wonach es sich zwar um authentische bengalische Formularvordrucke handele, dessen Inhalt jedoch der konstruierten Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers angepasst worden sei, und dessen beglaubigte Abschrift nicht von einem "öffentlichen Notar in ganz Bangladesch" stamme, weil Hinweise auf eine Fälschung des Rundstempelabdruckes dieses Notars hervorgekommen seien. Im Übrigen wurde wegen widersprüchlicher Angaben des Beschwerdeführers nicht als glaubhaft erachtet, dass der Beschwerdeführer den Aufenthaltsort seines Vaters nicht kenne, insbesondere weil er zuvor vorgebracht hatte, sein Vater habe ihm die von ihm vorgelegten Unterlagen geschickt. Nähere Auseinandersetzungen mit dem "politischen Konflikt der Parteien" seien mangels Glaubwürdigkeit des Vorbringens zu den Fluchtgründen nicht erforderlich gewesen. Weiters wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer keinem realen Risiko einer Verfolgung aus Gründen der Zugehörigkeit zu seiner Ethnie oder Religionsgemeinschaft, wegen seiner Ausreise, seiner Asylantragstellung oder anderer Umstände, welche sich außerhalb seines Heimatstaates ereignet hätten, ausgesetzt sei. Es wurden auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nicht als gegeben erachtet, zumal sich der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer mit guter Ausbildung bei einer Rückkehr im Herkunftsstaat mit der Unterstützung seiner gut situierten Familie bzw. notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes Auskommen sichern könne. Auch die allgemeine Lage im Herkunftsstaat sei nicht dergestalt, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr einem realen Risiko ausgesetzt wäre, dort als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein oder der Todesstrafe unterworfen zu werden. Mangels eines Familienlebens in Österreich und nach Abwägung seiner privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet gegen die öffentlichen an einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme wurde die Ausweisung des Beschwerdeführers gemäß Art. 8 EMRK als gerechtfertigt erachtet. Diese Entscheidung erwuchs mit 06.12.2012 in Rechtskraft.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26.06.2013, Zl., U 1068/2013-8, wurde die dagegen erhobene Beschwerde abgelehnt.

Am 27.07.2013 stellte der Beschwerdeführer einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, gab er an, Österreich seit dem Abschluss seines ersten Asylverfahrens nicht verlassen zu haben. Als Grund für die Antragstellung führte er aus, dass seine bisherigen Fluchtgründe noch aufrecht seien und sich ausgeweitet hätten. Sein Onkel väterlicherseits sei 2012 getötet worden. Einen Monat danach sei ein Cousin mütterlicherseits durch einen Verkehrsunfall getötet worden, wozu ihm Freunde berichtet hätten, dass es sich dabei um Mord gehandelt habe. Er habe seit 9 Monaten (etwa Dezember 2012) keinen telefonischen Kontakt mehr zu seiner Familie; Freunde hätten ihm dies erzählt, ebenso wie, dass er im Fall der Rückkehr von seinen Feinden getötet werden würde. Er sei wegen Mordes zu einer 25-jährigen Haftstrafe verurteilt worden und es sei ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden. Im Fall der Rückkehr befürchte er ins Gefängnis zu kommen. Er wisse auch nicht wohin er sich begeben solle, weil seine Familie seit ca. 9 Monaten nicht mehr an ihrer Heimatadresse aufhältig sei. Er habe im Juni oder Juli 2012 von diesem Fluchtgrund erfahren. Da damals sein Asylverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen sei, bringe er diese Tatsachen erst jetzt vor. Er habe nicht gewusst, wie er dieses Vorbringen im laufenden Verfahren (der Behörde) zur Kenntnis hätte bringen sollen.

Die beiden anlässlich der Antragstellung bei der Durchsuchung des Beschwerdeführers am 27.07.2013 aufgefundenen bengalischen (internationalen) Führerscheine wurden vom Bundeskriminalamt einer Überprüfung unterzogen. Bei den beiden Dokumenten handelt es sich um Totalfälschungen.

Am 06.09.2013 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt einvernommen. Dabei gab er an, gesund zu sein. Weiters legte er einen Haftbefehl, gerichtliche Urteile und Verfügungen im Original vor und gab an, von der Polizei gesucht zu werden. Die Unterlagen habe ihm ein Freund mit Hilfe eines Anwalts organisiert. Er wiederholte, fälschlicherweise von den Anhängern der AL angezeigt worden zu sein. Diese hätten seinen Onkel und seinen Cousin 2012 umgebracht, wovon er im Dezember durch einen Anruf seines Freundes XXXX erfahren habe. Für die Ermordung seines Onkels habe er keine Beweise. Sein Onkel sei ungefähr im Juni bis August 2012 und sein Cousin zwei Monate später umgebracht worden. Er habe nicht gewusst, wie er dies dem Bundesasylamt mitteilen solle, habe es aber der Caritas gesagt. Zu seiner Familie habe er seit etwa zehn Monaten keinen Kontakt. Sein Onkel habe XXXX geheißen. Aus den in englischer Sprache vorgelegten Bestätigungen ergebe sich, dass er selbst zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Weiters brachte er vor, dass er fälschlicherweise angezeigt und dann in Abwesenheit verurteilt worden sei. Seine Eltern hätten ihm zuletzt vor 10 Monaten geraten, nicht zurückzukehren, da das Leben der gesamten Familie in Gefahr sei. Er wisse nicht, wo sich seine Familie (Eltern, zwei Schwestern, ein Bruder) aktuell aufhalten würde.

Anlässlich seiner Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) am 07.05.2014 erklärte sich Beschwerdeführer mit Erhebungen im Herkunftsstaat einverstanden und erklärte, keine weiteren Beweismittel zu besitzen. Er habe aktuell auch mit niemandem im Herkunftsstaat mehr Kontakt. Seinen Freund habe er zuletzt im Dezember 2013 kontaktiert. Den Aufenthaltsort seiner Familie kenne er nicht. Zur Aufforderung seine neuen Asylgründe zu schildern, brachte er vor, dass er zu lebenslanger Haft bzw. 25 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Die Dokumente habe er bereits vorgelegt ( XXXX , ausgestellt am 30.07.2013]; Gerichtsurteil [ XXXX ] sowie Schreiben bzw. Stellungnahme vom Rechtsanwalt [ausgestellt am 30.07.2013] - alle Dokumente im Original mit Übersetzung in Englisch und Deutsch).

Die im Wege der Staatendokumentation durchgeführten Recherchen vom 27.06.2014 ergaben, dass sämtliche vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente falsch, gefälscht bzw. fingiert seien. Demnach sei der Beschwerdeführer kein Angeklagter, es gebe kein schwebendes Gerichtsverfahren oder Urteil gegen ihn. Hingegen existiere das Übersetzungsbüro, allerdings sei zu bedenken, dass zwar die Übersetzung korrekt, jedoch der Originaltext falsch sei. Zur Familie des Beschwerdeführers habe die Recherche ergeben, dass der Onkel des Beschwerdeführers 2012 verstorben sei und sein Cousin die letzten 6 bis 7 Jahre im Ausland lebe. Sein Vater halte sich zusammen mit der Mutter des Beschwerdeführers und seinen Geschwistern die meiste Zeit in Dhaka auf, wo sein Vater in ein Geschäft involviert sei und seine Geschwister studieren würden. Es sei nichts Ungewöhnliches zum Aufenthaltsort der Familie gefunden worden. Auch hätten die Dorfbewohner keine Kenntnis über eine Zugehörigkeit oder Assoziierung der Familienangehörigen des Beschwerdeführers, seines Onkels und seines Cousins zur Politik oder zu einer politischen Partei in Bangladesch. Der Anfragebeantwortung waren Tabellen mit Auffälligkeiten/Abweichungen in den vorgelegten Dokumenten im Vergleich zu den Originalen beigelegt.

Am 24.07.2014 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesamt neuerlich einvernommen. Zu den ihm zur Kenntnis gebrachten Ermittlungsergebnissen brachte er vor, dass es sich dabei um Fehlinformationen handle. Es gebe genügende Feinde im Land, welche ihm wehtun wollten; bestimmt habe der eine oder andere eine falsche Information weitergegeben. Er könne sich nicht vorstellen, dass alles als falsch bzw. gefälscht deklariert worden sei. Zu den ihm zur Kenntnis gebrachten Länderinformationen brachte er vor, dass die angeblichen Freiheiten in Bangladesch ein Idealbild darstellten, wie dies in Wirklichkeit nicht der Fall sei. Im Fall seiner Rückkehr nach Bangladesch befürchte er umgebracht zu werden oder für mindestens 25 Jahre ins Gefängnis zu kommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.10.2014, Zl. 831086808/1696739/BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 27.07.2013 hinsichtlich der Zuerkennung von Asyl gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 ASylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 ASylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung von subsidiärem Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde ausgeführt, dass sein Vorbringen, er befürchte in Bangladesch von den Behörden festgenommen zu werden, sich nicht als zutreffend erwiesen habe, da die von ihm vorgelegten Dokumente sich allesamt als Fälschungen erwiesen und durchgeführte Ermittlungen in Bezug auf seine Familie auch keine politischen Anknüpfungspunkte ergeben hätten. Er habe eine Verfolgung im Sinne der GFK im Herkunftsstaat nicht glaubhaft machen können. Weder aus den allgemeinen Verhältnissen in Bangladesch noch aus seinen persönlichen Umständen lasse sich eine Gefährdung im Sinne des § 8 AsylG 2005 erkennen. Er sei als arbeitsfähiger, junger und gesunder Mann, dem grundsätzlich die Teilnahme am Erwerbsleben zugemutet werden könne, in der Lage sich im Herkunftsstaat ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften bzw. könne er mit einer ausreichenden Unterstützung (seitens seiner Familie) rechnen. Die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 hätten nicht festgestellt werden können. Mangels eines Familienlebens und eines schützenswerten Privatlebens im Bundesgebiet würden die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung seine persönlichen am Verbleib im Bundesgebiet überwiegen. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 komme demnach nicht in Betracht. Die Abschiebung des Beschwerdeführers sei gemäß § 46 FPG auch zulässig. Gründe für eine längere Frist zur freiwilligen Ausreise nach § 55 Abs. 1 bis 3 FPG hätten nicht festgestellt werden können.

Mit Verfahrensanordnung vom 09.10.2014 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen der Verein Menschenrechte Österreich zur Seite gestellt.

Mit Schriftsatz vom 15.10.2014 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesamtes Beschwerde. Darin wurde gerügt, dass die Behörde das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht mit der gebotenen Tiefe ermittelt habe. Die Länderberichte seien in wesentlichen Teilen nicht aktuell. Ferner wurde eine fehlerhafte Beweiswürdigung bemängelt. Es sei ihm zu keiner Zeit bewusst gewesen, dass es sich bei seinen Führerscheinen um Totalfälschungen handle. Auch könne er sich nicht vorstellen, dass es sich bei den gerichtlichen Dokumenten um Fälschungen handle. Sodann wandte er sich gegen den Inhalt des Ermittlungsergebnisses im Wege der Staatendokumentation durch einen Vertrauensanwalt. Hiezu verwies er auf die Judikatur des VwGH vom 27.01.2000, 99/20/0488. Dieser habe nicht ermittelt, ob sein Onkel oder Vater in politischen Funktionen tätig gewesen seien, sodass das Ermittlungsergebnis als nicht ausreichend erscheine, um ein abschließendes Urteil fällen zu können. Der Tod seines Onkels im Jahr 2012 sei bestätigt worden. Hierauf gründe die unrichtige rechtliche Beurteilung. Es wäre ihm Asyl wegen Verfolgung aus politischen Gründen zuzuerkennen gewesen, weil ihm auf Grund seiner Unterstützung von politisch Oppositionellen Verfolgung durch die Behörden drohe. Ferner sei eine Verletzung von Art. 3 EMRK auf Grund der dargelegten Länderberichte überaus wahrscheinlich, weshalb ihm auch der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu erteilen gewesen wäre. Zudem liege im konkreten Fall die Verhältnismäßigkeit der Rückkehrentscheidung zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele nicht vor. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Schreiben vom 16.01.2015 wurden fünf Unterstützungserklärungen für den Beschwerdeführer übermittelt, eine weitere am 20.01.2015.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 8. 7. 2015, am 21. 3. 2016 und am 26. 9. 2018 eine mündliche Verhandlung durch. In der Verhandlung vom 8. 7. 2016 brachte der Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung, diverse Fotos, mehrere Unterstützungserklärungen, ein Empfehlungsschreiben eines Abendgymnasiums in Graz, eine Einstellungszusage, einen Arbeitsvorvertrag sowie eine Schulbesuchsbestätigung bei und verwies auf die bereits vorgelegten Bescheinigungsmittel. Auf Befragen brachte er zur Rüge betreffend das Rechercheergebnis im Herkunftsstaat vor, dass er keine Tante mehr habe und er den Namen der darin genannten Dame nicht kenne. Es sei unmöglich, dass sich auf der Originalanklageschrift sein Name nicht befinde. Seit Oktober 2012 könne er seine Familie telefonisch nicht mehr erreichen. Er habe in Bangladesch im Dorf XXXX , Polizeiverwaltungsbezirk XXXX , im Distrikt XXXX , gelebt. Er erklärte sich mit der Beiziehung des Dolmetschers als landeskundigen Sachverständigen einverstanden. Auf weiteres Befragen machte er detaillierte Angaben zu seinen Lebensumständen in Bangladesch und gab an, dass sein Onkel zwischen Juni und August 2012 ermordet worden sei. Sein Cousin sei im Oktober oder November 2012 im Zuge eines fingierten Verkehrsunfalles getötet worden, weil dieser auch mit seinem Vater und seinem Onkel unterwegs gewesen sei. Dessen Gegner sei auch die AL. Der Beschwerdeführer sei wegen ihm unterstelltem Mord nach seiner Ausreise in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Auch sein Vater und einige Familienmitglieder seien angezeigt worden. Er glaube, dass sie alle verurteilt worden seien.

Dem Sachverständigen wurde der Auftrag erteilt, das vorliegende Urteil auf seine Echtheit zu überprüfen und mögliche Konsequenzen für den Beschwerdeführer zu beleuchten.

Der Beschwerdeergänzung zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers ist zusammengefasst zu entnehmen, dass er in XXXX gemeinsam mit seiner Familie und seinem Onkel in einem Haus gelebt habe. Da der Onkel keine Kinder gehabt habe, sei der Beschwerdeführer wie ein Sohn für ihn gewesen und er habe diesen als Aktivisten der BNP bei seiner politischen Arbeit unterstützt. Im Oktober 2010 seien der Beschwerdeführer und seine fünf Freunde von Anhängern der AL (15-20 Personen, die in drei Kleinwagen gekommen seien) mit Cola-Flaschen tätlich angegriffen und verprügelt worden. Dabei habe der Beschwerdeführer eine ca. 4-5 cm lange Schnittwunde am linken Unterarm erlitten. Sein Onkel und sein Vater seien zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Versteck gewesen. Im November 2010 seien die Aktivisten der AL zum Haus der Familie des Beschwerdeführers gekommen, der Beschwerdeführer sei jedoch auf Grund einer Vorwarnung durch seine Freunde nicht zu Hause sondern bereits in Dhaka gewesen. Da er zu Hause nicht angetroffen worden sei, hätten die Anhänger der AL aus Wut die Mutter und die Geschwister des Beschwerdeführers angegriffen und das Haus angezündet. Aus Angst vor Verfolgung durch die AL habe sich der Beschwerdeführer erst 10 Tage später telefonisch bei seiner Mutter gemeldet. Er habe Bangladesch auf Anraten seiner Familie im Jänner 2011 von Dhaka aus nach Indien (Kalkutta) verlassen. Von Freunden habe er vom Tod seines Onkels und seines Cousins mütterlicherseits im Jahr 2012 erfahren. Seit Oktober 2012 habe er seine Familie weder telefonisch noch postalisch erreichen können, sodass er nicht wisse, ob diese noch am Leben sei. Am 21.02.2012 sei in Bangladesch gegen den Beschwerdeführer in seiner Abwesenheit und seinen Vater wegen Mordes ein Haftbefehl ausgestellt worden. Noch im Februar 2012 sei der Beschwerdeführer in Abwesenheit wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und wegen des Vergehens gegen das Sprengmittelgesetz zu einer 25-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zu den im Herkunftsstaat durchgeführten Recherchen bemängelte er, dass die angeblich im Heimatdorf im Haus der Familie angetroffene Frau nicht nach ihren Personalien gefragt und überprüft worden sei, zumal er keine lebende Tante mehr habe. Ferner machte er unter Hinweis auf diverse Internetseiten Angaben zur aktuellen Situation in Bangladesch.

Nach dem Ermittlungsbericht des länderkundigen Sachverständigen vom 31.01.2016 handelt es sich bei den vom Beschwerdeführer zu seiner behaupteten Verurteilung vorgelegten Dokumenten um Fälschungen, zumal nach Einsichtnahme in die entsprechenden Register keine Vorgänge unter den angegebenen Geschäftszahlen bzw. Daten über den Beschwerdeführer gefunden werden können.

Anlässlich der mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht am 21.03.2016 legte der Beschwerdeführer zunächst eine Schulbesuchsbestätigung sowie eine Unterstützungserklärung vor. Zu dem ihm zur Kenntnis gebrachten Ermittlungsergebnis in seinem Herkunftsstaat brachte der Beschwerdeführer vor, dass er den Ermittlungsbericht nicht zur Kenntnis nehmen würde, weil die Klage nicht in XXXX sondern in XXXX eingebracht worden sei. Das Verfahren werde in XXXX und nicht in XXXX abgewickelt. Seine Dokumente seien Originale des Gerichtes, weshalb er die Ermittlungsergebnisse insgesamt nicht zur Kenntnis nehme. In Bangladesch habe er keine Verwandten mehr. Seine Tante lebe in Amerika. Seit 4 Jahren versuche er mit seinen Eltern Kontakt aufzunehmen, könne sie jedoch nicht finden. Sein Onkel und sein Cousin seien umgebracht und das Haus niedergebrannt worden. Er habe nur eine Schulausbildung in Bangladesch absolviert. Weiters brachte er vor, nicht nach Bangladesch zurückkehren zu können, weil sein Leben in Gefahr sei. Er befürchte im Fall der Rückkehr von den Feinden seines Onkels und seiner Cousins umgebracht zu werden. All seine Familienmitglieder seien umgebracht worden. Deswegen besuche er (in Österreich) die AHS und werde in zwei Jahren maturieren; danach wolle er Luftfahrttechnik studieren. Seine Gegner hätten die Fälschung(en) bewirkt, damit sie ihn wieder nach Bangladesch lotsen könnten.

Mit der am 27.06.2016 für den Beschwerdeführer übermittelten Mitteilung wurde ein Schreiben seines Anwaltes vorgelegt, worin dieser bestätigt, dass in Bangladesch keine Ermittlungen im Hinblick auf sein Gerichtsverfahren stattgefunden hätten.

Mit Schreiben vom 05.10.2017 langte eine Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer als Lehrling (Industriekaufmann) für die Zeit vom 15.11.2017 bis 14.05.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein, wonach er für eine Ganztagsbeschäftigung mit 40 Wochenstunden ein monatliches Entgelt von 508,9 € brutto erhalte.

Am 26.09.2018 fand beim Bundesverwaltungsgericht eine fortgesetzte Verhandlung statt, zu welcher ein Vertreter des Bundesamtes nicht erschienen ist. Der Beschwerdeführer legte eingangs ein Zeugnis zur Integrationsprüfung, eine Schulbesuchsbestätigung der HTL, eine Bewerbung für einen Lehrplatz, einen ablehnenden Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung, eine Beschäftigungsbewilligung für einen Lehrplatz (Zeitraum 15. 11. 2017 bis 14. 5. 2021), eine Arbeitsplatzzusage sowie zahlreiche Unterstützungserklärungen vor. Über Befragen gab er an, dass sein Strafverfahren in Österreich wegen Urkundenfälschung (Führerschein) eingestellt worden sei. Er sei in Bangladesch lediglich zur Schule gegangen, seine Eltern habe er zuletzt 2012 gesprochen. Dass sie sich in XXXX befinden könnten, habe ihm ein Freund mitgeteilt, der auch umgebracht worden sei. Sonstige Kontakte habe er in Bangladesch nicht. Er sei nach dem ersten Asylverfahren nicht ausgereist, weil er dort umgebracht werde. Er befinde sich seit siebeneinhalb Jahren in Österreich, bilde sich weiter und habe viele Freunde in Österreich. Er wolle seine Ausbildung fortführen, um in Zukunft ein gutes Leben zu haben. Er besuche eine HTL und wolle Informatiker werden. Die meiste Zeit lerne er mit Freunden. Am Wochenende würden sie gemeinsam ausgehen. Er spiele Fußball und trainiere in einem Fitnesscenter. Im Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels würde er tagsüber arbeiten und abends die HTL besuchen. Sein potentieller Arbeitgeber handle mit Waren aus Indien. Da er Hindi spreche, wäre er für diesen eine große Unterstützung Er habe die B1-Prüfung abgelegt und suche nunmehr einen Praktikumsplatz. Er sei auch schon ehrenamtlich tätig gewesen.

Dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers wurden die Länderfeststellungen übergeben und ihm eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.

Mit Stellungnahme vom 10. 10. 2018 wurde zunächst auf die äußerst angespannte Lage in Bangladesch betont. Zahlreiche Länderberichte namhafter anerkannter internationaler Organisationen würden bestätigen, dass Personen regelmäßig "verschwinden" und ein klarer Zusammenhang zu den staatlichen Sicherheitskräften aufgestellt werden könne.

Zudem wurde auf das in Österreich existierende schützenswerte Privatleben des Beschwerdeführers hingewiesen, wonach er über eine Arbeitsplatzzusage verfüge, er zahlreiche Unterstützungsschreiben vorgelegt habe und er noch als Minderjähriger in das Bundesgebiet geflüchtet sei, sodass er sein gesamtes Erwachsenenleben in Österreich verbracht habe. Zudem leide er an Schlafstörungen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch, gehört der bengalischen Bevölkerungsgruppe an und ist sunnitischen Glaubens. Er lebte in einem Dorf im Distrikt XXXX und besuchte dort die XXXX . Er beendete diese mit dem S.S.C-Abschluss.

Er lebte bis zu seiner Ausreise in Bangladesch, bevor er im April 2011 seinen ersten Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz stellte. Dieses Verfahren wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29. 11. 2012 rechtskräftig negativ abgeschlossen. Die Behandlung einer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde mit Beschluss vom 26. 6. 2013 abgelehnt.

Der Beschwerdeführer verließ das Bundesgebiet nicht und stellte am 27. 3. 2013 stellte einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Die Eltern des Beschwerdeführers leben weiterhin in Bangladesch.

Es kann weder festgestellt werden, dass sich der Beschwerdeführer politisch betätigt noch dass er einer politischen Partei angehört hat.

Der Beschwerdeführer ist nicht einer landesweiten Verfolgungsgefahr in Bangladesch ausgesetzt gewesen und wurde dort auch nicht strafrechtlich verfolgt.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung und es besteht auch kein längerfristiger Pflege- oder Rehabilitationsbedarf.

Der Beschwerdeführer lebt seit April 2011 im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer absolvierte die Integrationsprüfung (Sprachkompetenz, Niveau: B1). Er knüpfte auch zahlreiche freundschaftliche Beziehungen zu Österreichern. Zudem ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt von Leistungen aus der Grundversorgung. Er besucht eine Höhere Technische Lehranstalt und verfügt über eine Arbeitsplatzzusage. Er war bereits bemüht eine Beschäftigungsbewilligung zu erlangen, dieser Antrag wurde jedoch vom Arbeitsmarktservice negativ beschieden. Zudem ist er strafrechtlich unbescholten.

Politische Lage

Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 5.2017).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt Großteils zeremonielle Funktionen aus, die Macht liegt in den Händen des Premierministers als Regierungschef, der von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Der Premierminister, ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der 5-jährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige "Caretaker"-Regierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. GIZ 5.2017). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 5.2017). Aktuell hat Sheikh Hasina von der Awami League (AL) das Amt der Premierministerin inne (ÖB New Delhi 12.2016)

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB New Delhi 12.2016) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 14.1.2016). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der "Caretaker"-Regierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB New Delhi 12.2016).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen (AA 3.2017a). AL und BNP werden quasi-dynastisch von Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia geführt, die das politische Vermächtnis ihrer ermordeten Männer fortführen und eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei genießen. Sie beeinflussen den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter und geben den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 5.2017). Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit sonst nur die Jatiya Party (JP) und die JI erzielt (GIZ 5.2017).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 5.2017).

Bereits am 30.7.2011 hat das Parlament bei nur einer Gegenstimme, die BNP und ihre Verbündeten haben der Parlamentssitzung nicht beigewohnt, in der 15. Verfassungsänderung den Islam als Staatsreligion bestätigt, jedoch den Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteilichen? Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a).

Am 5.1.2014 boykottierte die BNP die 10. Parlamentswahlen wodurch die AL eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen konnte. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Es gab Berichte über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a). Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet und über 130 Wahllokale in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks und in vielen Distrikten wurde über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v.a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 5.2017).

Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen Gesetzen zu Medien, Äußerungen im Internet, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NGOs aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 3.2017a). Auch die BNP ist dadurch in der Defensive (GIZ 5.2017). Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden acht Todesurteile und mehrere lebenslange Haftstrafen ausgesprochen, sechs Hinrichtungen wurden vollstreckt. Dabei hat sich innerhalb der säkularen Zivilgesellschaft mit Blick auf das Kriegsverbrechertribunal ein grundlegender Dissens entwickelt: Während die einen auf rechtstaatliche Standards pochen und die Todesstrafe ablehnen, ist für andere, v.a. aus der urbanen Protestbewegung Shabagh, jedes Urteil unterhalb der Todesstrafe inakzeptabel (GIZ 5.2017).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 9.6.2017

-

NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 9.6.2017

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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

Sicherheitslage

Es gibt in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (AA 3.2017a).

Die Opposition organisierte Proteste und Straßenblockaden, unter denen die Wirtschaft leidet. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf u

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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