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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §10 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 99/01/0220 E 20. Oktober 1999Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde der am 13. August 1986 geborenen V F, vertreten durch S F, beide in W, vertreten durch Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. Oktober 1998, Zl. 205.146/0-IV/29/98, betreffend Erstreckung von Asyl (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Mutter der Beschwerdeführerin stellte nach der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage mit Schreiben vom 3. Juli 1998 einen Antrag auf Gewährung von Asyl und beantragte unter anderem die "Ausdehnung des Verfahrens" auf die Beschwerdeführerin.
Das Bundesasylamt wies den Asylerstreckungsantrag mit Bescheid vom 13. August 1998 gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) ab. Begründend wurde ausgeführt, der Asylantrag der Mutter sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 7. Juli 1998 gemäß § 7 AsylG abgewiesen worden. Da somit zum Entscheidungszeitpunkt keine Asylgewährung an einen im § 10 Abs. 2 AsylG angeführten Angehörigen vorliege, sei der Asylerstreckungsantrag abzuweisen.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Behörde erster Instanz habe in ihrem Bescheid zwar zutreffend ausgeführt, dass der Asylantrag der Mutter mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12. August 1998 gemäß § 7 AsylG abgewiesen worden sei, die Behörde habe jedoch mit demselben Bescheid vom 12. August 1998 gemäß § 8 AsylG von Amts wegen festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Mutter in die Bundesrepublik Jugoslawien nicht zulässig sei und habe diese Entscheidung mit der Abweisung des Asylantrages verbunden. Sie stellte den Antrag, den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. August 1998 zur Gänze aufzuheben und bescheidmäßig festzustellen, dass ihre Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG unzulässig sei.
Der unabhängige Bundesasylsenat wies die Berufung mit Bescheid vom 1. Oktober 1998 gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 AsylG ab. In der Begründung führte der unabhängige Bundesasylsenat aus, die Beschwerdeführerin sei Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien und habe am 3. Juli 1998 durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Antrag gemäß § 10 Abs. 1 AsylG auf Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährleisteten Asyls gestellt. Das Bundesasylamt habe diesen Asylerstreckungsantrag mit Bescheid vom 13. August 1998 gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Asyl durch Erstreckung könne lediglich dann gewährt werden, wenn der diesbezügliche Antrag zulässig sei, einem der in § 10 Abs. 2 AsylG genannten Angehörigen des Asylwerbers auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen Asyl gewährt worden sei und die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 MRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich sei. Die Voraussetzung für die Asylerstreckung sei im Falle der Beschwerdeführerin nicht erfüllt. Der Asylantrag ihrer Mutter sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12. August 1998 gemäß § 7 AsylG "rechtskräftig abgewiesen" worden. Da der Mutter der Asylerstreckungswerberin sohin kein Asyl in Österreich gewährt worden sei, liege die gemäß § 10 Abs. 1 AsylG geforderte Voraussetzung, nämlich die einen Angehörigen im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG betreffende Asylgewährung, nicht vor, sodass dem Asylwerber folglich auch durch Erstreckung kein Asyl habe gewährt werden können. Dem Berufungsvorbringen betreffend die aktuelle Situation im Kosovo sei entgegenzuhalten, dass ein derartiges Vorbringen in einem Verfahren gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 AsylG nicht berücksichtigt werden könne. Zum Antrag auf bescheidmäßige Feststellung, dass eine Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG unzulässig sei, sei "festzuhalten", dass bei Entscheidungen über eine Asylerstreckung eine Non-refoulement-Prüfung gesetzlich nicht vorgesehen ist. Die Fremdenbehörden hätten jedoch darauf Bedacht zu nehmen, dass die der Beschwerdeführerin aus Art. 8 MRK im Hinblick auf die rechtskräftige positive Entscheidung gemäß § 8 AsylG (Refoulementverbot) hinsichtlich ihrer Mutter erfließenden Rechte gewahrt würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die §§ 3, 10 und 11 AsylG lauten (auszugsweise):
"Asylantrag
§ 3. (1) Fremde, die in Österreich Schutz vor Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) suchen, begehren mit einem Asylantrag die Gewährung von Asyl. Ein gesonderter Antrag auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft ist nicht zulässig.
...
Asylerstreckungsantrag
§ 10. (1) Fremde begehren mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyl.
(2) Asylerstreckungsanträge können frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat.
Asylerstreckung
§ 11. (1) Die Behörde hat auf Grund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
..."
Die Beschwerdeführerin weist zu Recht darauf hin, dass in der albanischen Fassung des Spruches des angefochtenen Bescheides ein anderer Vorname aufscheint als derjenige der Beschwerdeführerin. Damit zeigt die Beschwerdeführerin zwar im Hinblick auf § 29 Abs. 1 AsylG, wonach Bescheide ua. den Spruch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten haben, einen Verfahrensfehler der belangten Behörde auf, es ist allerdings, wie schon die Einbringung der Beschwerde erkennen lässt, nicht ersichtlich, in welcher Weise die Beschwerdeführerin, die auf der ersten Seite der Bescheidausfertigung dreimal mit ihrem richtigen Vornamen angesprochen wird, durch die (offenkundig) irrtümliche Erwähung eines anderen Vornamens in der albanischen Fassung an einer effektiven Wahrung ihrer rechtlichen Interessen gehindert worden wäre.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Abweisung eines Asylerstreckungsantrages unzulässig, solange nicht der Asylantrag desjenigen Angehörigen, dessen (gewährtes) Asyl auf den Erstreckungswerber erstreckt werden soll, rechtskräftig abgewiesen worden ist. (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/01/0402 und 98/01/0555). Der angefochtene Bescheid wäre demnach mit Rechtswidrigkeit behaftet, wenn der Asylantrag der Mutter der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte nach der Aktenlage und dem von der Beschwerdeführerin eingebrachten Verfahrenshilfeantrag am 6. Oktober 1998) noch nicht rechtskräftig abgewiesen worden wäre.
Die belangte Behörde begründet den angefochtenen Bescheid ua. damit, dass der Asylantrag der Mutter der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12. August 1998 gemäß § 7 AsylG "rechtskräftig abgewiesen" worden sei. Dieser Beurteilung tritt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde mit dem Vorbringen entgegen, die belangte Behörde habe übersehen, dass die Mutter der Beschwerdeführerin durch einen bestellten Verfahrenshilfeanwalt "diese Entscheidung des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 12.8.1998 bekämpft hat, sodass von einer endgültigen im Sinne der Erledigungswirkung rechtskräftigen Entscheidung nicht gesprochen werden kann". Es kann im Folgenden dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde gehalten gewesen wäre, ihre Annahme von der bereits erfolgten rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages der Mutter der Beschwerdeführerin dieser vorzuhalten, das Beschwerdevorbringen ist nämlich nicht geeignet aufzuzeigen, wie die belangte Behörde bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Das Vorbringen der Mutter enthält keine konkreten Angaben, bei deren Zutreffen davon auszugehen wäre, dass der Asylantrag ihrer Mutter im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht - rechtskräftig - abgewiesen worden war (auch aus dem Akteninhalt ergibt sich nichts Gegenteiliges). Der Verwaltungsgerichtshof legt daher seinen weiteren Überlegungen die Feststellung der belangten Behörde zu Grunde, der Asylantrag der Mutter der Beschwerdeführerin sei im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - rechtskräftig - abgewiesen gewesen.
Auf der Basis dieser Bescheidfeststellung kann allerdings die Rechtsansicht der belangten Behörde, eine Erstreckung des Asyls sei mangels Asylgewährung im Falle der Mutter der Beschwerdeführerin nicht zulässig, nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/01/0555, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Ebenso wenig zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, wenn sie rügt, die belangte Behörde habe es unterlassen festzustellen, dass ihrer Mutter "zuletzt" gemäß § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 3 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 11. Mai 1999 erteilt worden sei. Abgesehen davon, dass aus dem Beschwerdevorbringen nicht klar hervorgeht, ob die Erteilung einer derartigen Aufenthaltsberechtigung bereits im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgt war, könnte sich am Ergebnis - der Rechtmäßigkeit der Abweisung des Asylerstreckungsantrages - nichts ändern, weil im Falle der Beschwerdeführerin eine notwendige Bedingung für die Gewährung der Asylerstreckung, nämlich die Asylgewährung an einen Angehörigen (hier: der Mutter) nicht erfüllt ist. Auf die Frage, ob dem Angehörigen gemäß § 15 AsylG eine befristete Aufenthaltsbewilligung erteilt worden ist, kommt es im Verfahren über einen Asylerstreckungsantrag nicht an.
Schließlich kann es dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung auch den Antrag auf Feststellung, dass eine Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG unzulässig sei, gestellt hat, und ob gegebenenfalls dieser Antrag noch nicht erledigt ist (der Spruch des angefochtenen Bescheides lässt einen Abspruch über einen solchen Feststellungsantrag nicht erkennen). Wie die belangte Behörde nämlich zu Recht ausführt, sieht § 8 AsylG eine Non-refoulement-Prüfung nur im Falle der Abweisung eines Asylantrages vor. Nach der Systematik des Gesetzes sind jedoch Asylerstreckungsanträge, wie § 10 Abs. 1 AsylG zeigt, vom Rechtsbegriff "Asylantrag" nicht umfasst. Wenn § 8 AsylG eine Non-refoulement-Prüfung nur für den Fall der Abweisung eines Asylantrages vorsieht, so ist davon auszugehen, dass in dieser Bestimmung von "Asylantrag" im (technischen, dh. speziellen) Sinn des § 3 AsylG auszugehen ist. Die Beschwerdeführerin wäre durch den angefochtenen Bescheid daher auch dann, wenn er als Abspruch über einen allfälligen Feststellungsantrag nach § 8 AsylG zu werten wäre, nicht in Rechten verletzt worden.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 6. Oktober 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999010219.X00Im RIS seit
21.02.2002