TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/6 98/01/0541

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Veröffentlicht am 06.10.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/09 Internationales Privatrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/03 Personenstandsrecht;

Norm

AVG §37;
IPRG §13 Abs1;
IPRG §9 Abs1;
NÄG 1988 §1 Abs1 Z1;
NÄG 1988 §2 Abs1 Z9;
NÄG 1988 §3 Abs1 Z6 idF 1995/025;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des MO in W, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landhausgasse 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Mai 1998, Zl. MD-VfR - O 25 u. O 26/97, betreffend Namensänderung der mitbeteiligten Parteien, AA, geboren am 4. April 1990, und OA, geboren am 18. Dezember 1991, beide vertreten durch die Mutter SA, 1110 Wien, Lindenbauergasse 7 (Haus 9)/9, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitbeteiligten entstammen der Ehe des Beschwerdeführers mit SA, früher O. Sie sind sowohl österreichische als auch nigerianische Staatsangehörige. Die Ehe der Eltern wurde mit seit 9. Juli 1992 rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichtes Floridsdorf einvernehmlich geschieden. Aufgrund des anlässlich der Scheidung abgeschlossenen Vergleiches, Zl. 13 C 113/92, kommt der Mutter die Obsorge allein zu. Am 4. August 1993 hat die Mutter neuerlich geheiratet und trägt seither den Familiennamen "A".

Über die Anträge der Mutter und gesetzlichen Vertreterin vom 1. August 1995 wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Mai 1998 die Änderung des Familiennamens der beiden Mitbeteiligten von "O" in "A" bewilligt. Die belangte Behörde stützte sich dabei auf § 2 Abs. 1 Z. 9 des Namensänderungsgesetzes (NÄG), BGBl. 195/1988, in der Fassung des Namensrechtsänderungsgesetzes, BGBl Nr. 25/1995, wonach die Herstellung der Namensgleichheit eines Minderjährigen mit der obsorgeberechtigten Person einen Grund für die Namensänderung darstelle. Dem Vater sei es nicht gelungen, Umstände aufzuzeigen, dass die beantragte Namensänderung im Sinn des § 3 Abs. 1 Z. 6 NÄG dem Wohl der minderjährigen Mitbeteiligten abträglich wäre. Die Gefühle des leiblichen Vaters sowie das Verhältnis zwischen diesem und dem nunmehrigen Ehemann der Mutter seien rechtlich nicht ausschlaggebend. Die Änderung des Familiennamens stehe der Aufrechterhaltung einer entsprechenden Verbindung zwischen den Mitbeteiligten und ihrem Vater sowie dessen Verwandten nicht entgegen. Da die Mitbeteiligten österreichische Staatsbürger seien, stehe die Beurteilung der Namensänderung ausschließlich nach österreichischem Recht mit dem Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) im Einklang. Dadurch werde aber "weder in nigerianisches Recht noch in die nigerianische Rechtsordnung selbst" eingegriffen.

Über die vom Verfassungsgerichtshof unter Ablehnung ihrer Behandlung abgetretene (Beschluss vom 28. September 1998, B 1168/98) Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 NÄG liegt ein Grund für die Änderung des Familiennamens vor, wenn der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist. Der Umstand, dass die allein obsorgeberechtigte Mutter nach der Eheschließung nunmehr einen anderen Familiennamen trägt, stellt somit einen Grund für die Änderung des Familiennamens der Kinder dar. Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 6 NÄG darf die Änderung des Familiennamens oder Vornamens nicht bewilligt werden, wenn die beantragte Änderung dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist.

Der nicht obsorgeberechtigte Elternteil kann sich somit nur dann mit Erfolg gegen die Namensänderung wenden, wenn es ihm gelingt aufzuzeigen, dass die Änderung dem Wohl des Kindes abträglich ist.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann aus dem von ihm vorgebrachten Umstand, dass die nunmehrige Ehe der Mutter nicht harmonisch sei (und allenfalls geschieden werden könnte), noch nicht auf eine Gefährdung des Kindeswohles durch die Namensänderung geschlossen werden. Sollten die Kinder - wie der Vater vorbringt - tatsächlich nicht von sich aus den Wunsch geäußert haben, ihren Familiennamen zu ändern, so wäre dies ebenfalls noch kein Indiz dafür, dass die Namensänderung dem Wohl abträglich sei. Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, dass die Mutter vom Obsorgerecht zum Nachteil der Kinder Gebrauch mache, und in diesem Zusammenhang die Unterlassung der Einholung eines aktuellen Berichtes des zuständigen Jugendamtes rügt, ist ihm zu entgegnen, dass der Mutter jedenfalls die alleinige Obsorge zukommt und daher der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z. 9 NÄG erfüllt ist. Ein bereits konkret absehbarer künftiger Obsorgewechsel (und eine in diesem Zusammenhang zu erwartende neuerliche Namensänderung) könnte zwar dazu führen, dass die Namensänderung dem Wohl der Minderjährigen abträglich wäre, doch hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren kein konkretes Vorbringen in dieser Richtung erstattet. Das Beschwerdevorbringen, wonach das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien in einer im Rahmen des Besuchsrechtsverfahrens getroffenen Entscheidung Bedenken gegen die "Erziehungsfähigkeit" der Mutter geäußert habe und ein entsprechendes Gutachten in Auftrag gegeben worden sei, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung dar.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, dass die belangte Behörde zu wenig berücksichtigt habe, dass die Mitbeteiligten auch nigerianische Staatsangehörige seien. In einem derartigen Fall sei das Wohl der Minderjährigen auch nach nigerianischem Recht zu beurteilen. Nach diesem Recht führe die Änderung der Familiennamen dazu, dass die beiden Mitbeteiligten aus ihrem Familienverband ausscheiden und ihre damit verbundenen vermögensrechtlichen und erbrechtlichen Ansprüche verlieren würden.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:

Gemäß § 13 Abs. 1 IPRG ist die Führung des Namens einer Person nach deren jeweiligem Personalstatut zu beurteilen, auf welchem Grund auch immer der Namenserwerb beruht.

Gemäß § 9 Abs. 1 IPRG ist das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staates, dem die Person angehört. Hat eine Person neben einer fremden Staatsangehörigkeit auch die österreichische Staatsbürgerschaft, so ist diese maßgebend. Dem gemäß ist das NÄG gemäß dessen § 1 Abs. 1 Z. 1 auf (alle) österreichischen Staatsbürger anzuwenden. Die belangte Behörde hat den Antrag daher zu Recht nach österreichischem Recht beurteilt. Wie dargestellt wäre danach die beantragte Namensänderung zu verweigern, wenn sie dem Wohl der Minderjährigen abträglich ist.

Der Beschwerdeführer hat bereits im Verwaltungsverfahren ausgeführt, dass die Namensänderung nach nigerianischem Recht zu einem Ausscheiden aus dem bisherigen Familienverband führe. Dies sei mit Rechtsverlusten, insbesondere im Bereich des Erbrechtes verbunden. In einem bei den Verwaltungsakten erliegenden Schreiben der nigerianischen Botschaft drückt diese ihre Besorgnis über die vorliegenden Namensänderungen aus und führt u.a. aus, dass die beiden Mitbeteiligten dadurch unermesslichen Schaden ("incalculable damage") erleiden würden.

Zweifellos könnte ein mit der Namensänderung verbundener Verlust von Rechten, insbesondere der Verlust des Erbrechtes gegenüber dem Vater und dessen Verwandten, dem Wohl der Mitbeteiligten abträglich sein. Die belangte Behörde hätte sich daher mit diesem Vorbringen auseinander setzen und den Beschwerdeführer zur konkreten Darlegung und Glaubhaftmachung der behaupteten (vermögensrechtlichen) Nachteile auffordern müssen. Dadurch, dass sie zu diesem Vorbringen lediglich ausführte, durch die Namensänderungen werde "weder in nigerianisches Recht noch in die nigerianische Rechtsordnung selbst eingegriffen", belastete sie ihren Bescheid daher mit einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Es sei hinzugefügt, dass die - nicht näher erläuterten - Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift, wonach die vorliegenden Namensänderungen auf den nach nigerianischem Recht zu führenden Familiennamen der Mitbeteiligten keinen Einfluss hätten, nicht geeignet sind, die fehlende Bescheidbegründung zu ersetzen.

Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden. Wien, am 6. Oktober 1999

Schlagworte

Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998010541.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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