TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/19 W152 2014557-1

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Veröffentlicht am 19.10.2018
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Entscheidungsdatum

19.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W152 2014557-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. der Volksrepublik China, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2014, Zl. 1031535107-14982067, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.05.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG sowie § 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt III des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Asylwerberin behauptet, Staatsangehörige der Volksrepublik China zu sein, und reiste nach ihren Angaben am 17.09.2014 illegal in das Bundesgebiet ein. Am selben Tag stellte sie einen Antrag auf internationalen Schutz, worauf sie am 19.09.2014 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Erstbefragung) und am 25.09.2014 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen wurde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, wies dann den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit Bescheid vom 14.10.2014, Zl. 1031535107-14982067, gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Volksrepublik China abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde hiebei gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde weiters eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde hiebei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Volksrepublik China zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgehalten, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III).

Gegen diesen Bescheid erhob die Asylwerberin fristgerecht Beschwerde.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen (Sachverhalt):

Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Volksrepublik China ist der Herkunftsstaat der Asylwerberin. Sie ist Angehörige der Volksgruppe der Han-Chinesen, konfessionslos und lebte im Dorf XXXX der Provinz XXXX der Volksrepublik China. Die Angaben zu ihren Fluchtgründen konnten der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit jedoch nicht zugrunde gelegt werden.

Die Asylwerberin relevierte keine schwerwiegende Krankheit. Sie bezeichnete sich in der Verhandlung als "gesund" und befindet sich nicht in ärztlicher Behandlung.

Die Mutter der Asylwerberin lebt in XXXX in der Volksrepublik China, wobei die Asylwerberin mit ihr in Kontakt steht. Die Asylwerberin hat keine Kinder und keine Geschwister. Sie lebt seit etwa eineinhalb Jahren mit einem österreichischen Staatsangehörigen, den sie seit etwa drei Jahren kennt, in Wien. Sie hat in Österreich keine Verwandten, weitere Freunde oder Bekanntschaften. Die Asylwerberin weist bloß rudimentäre Deutschkenntnisse auf. In Österreich ist sie auch in keinem Verein Mitglied. Die Asylwerberin geht seit 23.12.2014 (legal) der Prostitution nach.

Feststellungen zur Lage in der Volksrepublik China:

China versteht sich als sozialistischer Staat mit alleinigem Herrschaftsanspruch der Kommunistischen Partei (KPCh). Unter Staatspräsident Xi Jinping wird die Reformpolitik in Wirtschaft und Gesellschaft unter strikter Wahrung des Machtmonopols der KPCh fortgesetzt. Ziel ist die auf Schaffung privaten Wohlstands gerichtete „sozialistische Marktwirtschaft". Dabei legt die Führung den Schwerpunkt zunehmend auf qualitatives Wachstum, Nachhaltigkeit und eine gleichmäßigere Wohlstandsentwicklung.

Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik China ein „sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht" (Art. 1 der Verfassung der VR China). Die führende Rolle der KPCh wird in der Präambel der Verfassung vorgegeben. Eine echte Gewaltenteilung ist nicht vorgesehen und wird von der Partei und Regierung klar abgelehnt. Regierung, Gerichte und auch der NVK - das „Parlament" - sind letztlich der Partei verantwortlich. So besteht auf allen Ebenen die für sozialistische Systeme typische Doppelstruktur.

Nach dem Gesetz über den Schutz und die Rechte von Frauen ist sexuelle Belästigung von Frauen strafbar. Das Gesetz ist jedoch sehr vage formuliert, entsprechende Regelungen im Strafgesetz fehlen. Die chinesische Führung zeigt sich mehr und mehr für das Thema sensibilisiert. Im März 2016 ist nach jahrelangem Druck der Zivilgesellschaft ein Gesetz gegen häusliche Gewalt in Kraft getreten, das insbesondere den Erlass von Gewaltschutzanordnungen vorsieht. NROen halten die gesetzliche Definition von häuslicher Gewalt für zu eng, da zB Ex-Partner/Ehegatten nicht erfasst sind und weder sexuelle und psychische Gewalt noch wirtschaftlicher Missbrauch geregelt werden. Dennoch bewerten sie die Verabschiedung des Gesetzes als klaren Schritt nach vorne, da damit eine lange überfällige gesetzliche Grundlage geschaffen wurde. Allerdings läuft die Implementierung landesweit nur sehr schleppend an.

Die Menschenrechtslage in China bietet weiterhin ein zwiespältiges und trotz aller Fortschritte im Ergebnis negatives Bild. 2004 wurde der Begriff „Menschenrechte" in die Verfassung aufgenommen, die individuellen Freiräume der Bürger in Wirtschaft und Gesellschaft wurden in den letzten Jahrzehnten erheblich erweitert. Andererseits bleiben die Wahrung der inneren Stabilität und der Machterhalt der KPCh oberste Prämisse und rote Linie.

Der Schutz einiger Grund- und Menschrechte ist in Art. 33 ff. der Verfassung vorgesehen. Dazu gehören u. a. die Rede-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Demonstrationsfreiheit. Religionsfreiheit besteht nur bei „normalen" religiösen Aktivitäten (Art. 36). Allerdings sind alle Bürgerinnen und Bürger nach Art. 51 verpflichtet, bei der Grundrechtsausübung u.a. nicht gegen Interessen des Staates zu verstoßen.

Viele Grund- und Menschenrechtsverletzungen sind strafbar, etwa die Verletzung der Freiheit der Person (Art. 238 Abs. 4 chin. StG), des Rechts auf räumliche Privatsphäre (Art. 245 Abs. 2 chin. StG), der Menschenwürde durch im Wege der Folter erzwungene Geständnisse (Art. 247 chin. StG), der körperlichen Unversehrtheit (Art. 248 chin. StG), der Glaubensfreiheit (Art. 251 chin. StG), der Rechte ethnischer Minderheiten (Art. 251 chin. StG), des Post- und Fernmeldegeheimnisses (Art. 252 ff. chin. StG) oder des Wahlrechts (Art. 256 chin. StG). Verfahren auf Grund dieser Strafnormen gegen Staatsorgane sind bisher kaum bekannt geworden.

China gehört zu den Staaten, in denen die Todesstrafe verhängt und vollstreckt wird. Derzeit können 55 Delikte mit der Todesstrafe belegt werden. Darunter befinden sich auch Eigentums- und Steuerdelikte und Korruption. Zwangsweise Organentnahme und Erzwingen von Organspenden werden als vorsätzliche Tötung gewertet uns können mit der Todesstrafe geahndet werden. Der nationale Volkskongress hat im August 2015 eine Streichung der Todesstrafe für neun Straftatbestände, insbesondere im Bereich der Wirtschaftskriminalität (zB. Schmuggel von Waffen, Munition, von nuklearem Material oder gefälschten Banknoten, Währungsfälschung, betrügerische Geldbeschaffung) beschlossen. Angesichts der Tatsache, dass rd. 90 % der Todesurteile in China für schwere Verbrechen wie Mord, Raubmord, Vergewaltigung oder Drogenschmuggel verhängt werden, wird die Beschränkung der Todesstrafe absehbar nicht signifikant weniger Todesurteilen in China führen.

Todesurteile werden entweder zur sofortigen Vollstreckung oder mit zweijährigem Vollstreckungsaufschub verhängt. In letzterem Fall werden die Urteile nach Ablauf der Frist, falls sich der Delinquent in dieser Zeit straffrei verhalten hat, regelmäßig in lebenslange Strafen umgewandelt. Seit dem 1. Januar 2007 müssen Todesurteile zur sofortigen Vollstreckung wieder vom Obersten Volksgericht (VG) bestätigt werden. Offiziellen Angaben zufolge werden rd. 10 % dieser Todesurteile im Rahmen dieses Verfahrens aufgehoben. Zudem sollen nach offiziellen Aussagen bereits durch die Überprüfung der Urteile durch das OVG die erstinstanzlichen Gerichte hinsichtlich der Strafmaßes der Todessstrafe vorsichtiger und genauer geworden sein.

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Der Lebensstandard der Bevölkerung steigt im Allgemeinen kontinuierlich an, wenn auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Jahreseinkommen der chinesischen Stadtbevölkerung ist 2014 preisbereinigt um 6,8 % auf

28.844 RMB (ca. 4300 Euro), das der Landbevölkerung um 9,2 % auf

10.489 RMB (ca. 1.560 Euro) angestiegen.

Die Regierung will bis 2020 mit Hilfe eines entwicklungsorientierten Programms zur Armutsreduzierung in ländlichen Regionen gezielt in die soziale Infrastruktur von besonders zurückgebliebenen Schlüsselregionen investieren.

Soweit Rückführungen aus Deutschland erfolgen, konnten die zurückgeführten Personen die Passkontrolle nach einer Identitätsüberprüfung unbehindert passieren und den Flughafen problemlos verlassen bzw. ihre Weiterreise in China antreten.

Vereinzelte Nachverfolgungen von Rückführungen durch die Deutsche Botschaft Peking ergaben keinen Hinweis darauf, dass abgelehnte Personen allein deshalb politisch oder strafrechtlich verfolgt werden, weil sie im Ausland einen Asylantrag gestellt haben. Ein Asylantrag allein ist nach chinesischem Recht kein Straftatbestand. Personen, die China illegal, d.h. unter Verletzung der Grenzübertritt-Bestimmungen verlassen haben, können bestraft werden. Es handelt sich aber um ein eher geringfügiges Vergehen, das - ohne Vorliegen eines davon unabhängigen besonderen Interesses - keine politisch begründeten, unmenschlichen Repressalien auslöst. Nach Art. 322 chin. StG droht bei Vorliegen schwerwiegender Tatumstände Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr, Gewahrsam oder Überwachung und zusätzlich eine Geldstrafe. Nach bisherigen Erkenntnissen wird das Vergehen in der Praxis aber nur gelegentlich und dann mit Geldbuße geahndet (Bericht des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China vom 15.12.2016).

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich des Herkunftsstaates, der Volksgruppe der Asylwerberin, der Religionszugehörigkeit und ihres Aufenthaltsortes im Herkunftsstaat ergeben sich aus dem Vorbringen der Asylwerberin und daraus, dass keine entgegenstehenden Anhaltspunkte vorliegen.

Die Asylwerberin konnte ihr Nationale mit keinem chinesischen Lichtbildausweis belegen. Sie war im Übrigen nicht einmal in der Lage, ein chinesisches Dokument, das auf ihr Nationale ausgestellt ist, vorzuweisen.

Die Asylwerberin brachte - zu ihren Fluchtgründen befragt - in der Verhandlung im Wesentlichen vor, sie habe zunächst mit ihrem Ehegatten in ihrem Heimatdorf ein Kleinhandelsgeschäft betrieben, wobei ihr dieses Geschäft gehört habe. Nach der Scheidung sei ihr vormaliger Ehegatte zu ihr gekommen und habe Geld verlangt. Als er eines Tages mit seiner Freundin wieder bei der Asylwerberin erschienen sei und abermals Geld verlangt habe, habe dies die Asylwerberin verweigert und es sei zum Streit gekommen, wobei die Asylwerberin dessen Freundin verletzt habe, weshalb die Asylwerberin dann die Volksrepublik China verlassen habe.

Das von der Asylwerberin erstattete Vorbringen ist jedoch mit mangelnder Glaubwürdigkeit behaftet.

Zunächst ist vorauszuschicken, dass die Asylwerberin weder ihre Identität noch ihre Fluchtgeschichte mit Urkunden belegen konnte.

Weiters wird die Glaubwürdigkeit der Asylwerberin bereits dadurch schwerstens erschüttert, dass ihr der Bezug zu ihren relevierten persönlichen Verhältnissen fehlt. So gab sie im Rahmen der Erstbefragung zu Protokoll, dass ihr Vater XXXX verstorben sei (vgl. S. 11 des Verwaltungsaktes des Bundesamtes), wogegen sie im Rahmen der vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Verhandlung das Sterbejahr ihres Vaters nicht mehr nennen konnte (vgl. S. 4 der Verhandlungsschrift). Weiters gab sie im Rahmen der Erstbefragung und der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt das Geburtsdatum ihres (geschiedenen) vormaligen Ehegatten jeweils genau

-

XXXX (vgl. S. 11 bzw. S. 29 des Verwaltungsaktes des Bundesamtes)

-

an, was sie jedoch in der Verhandlung nicht mehr vermochte (vgl. S. 5 der Verhandlungsschrift). Ebenso nannte die Asylwerberin ein unterschiedliches Scheidungsdatum. So gab sie vor dem Bundesamt hiezu den " XXXX " zu Protokoll (vgl. S. 39 des Verwaltungsaktes des Bundesamtes), wogegen sie in der Verhandlung nunmehr den " XXXX " anführte (vgl. S. 7 der Verhandlungsschrift). Dieses Unvermögen wiegt umso schwerer, weil die Person ihres (vormaligen) Ehegatten untrennbar mit ihrer relevierten Fluchtgeschichte verknüpft ist. In diesem Zusammenhang fällt weiters auf, dass die Beschwerdeführerin auf die in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Aufforderung, ihre Fluchtgeschichte ohne Unterbrechung möglichst detailliert vorzutragen, aus eigenem Antrieb ein Vorbringen erstattete, das zu ihrem Fluchtgrund bloß vier Zeilen in der diesbezüglichen Niederschrift einnimmt (vgl. S. 7 der Verhandlungsschrift). Auch dies zeigt deutlich, dass ihr Vorbringen nicht aus eigenem Erleben geschöpft und bloß eine konstruierte Fluchtgeschichte präsentiert wurde.

Aber auch das den Kern der Fluchtgeschichte betreffende Vorbringen der Asylwerberin weist unüberbrückbare Widersprüche auf. So brachte die Asylwerberin in der Verhandlung zunächst vor, sie habe im Zuge eines Streits die Freundin ihres vormaligen Ehegatten verletzt (vgl. S. 7 der Verhandlungsschrift), wobei sie eine Verletzung ihres vormaligen Ehegatten jedoch nicht erwähnte. Im weiteren Verlauf der Verhandlung relevierte sie jedoch plötzlich, sie habe ihren vormaligen Ehegatten im Streit an den Augen verletzt, wobei sein Auge geblutet habe (vgl. S. 8 der Verhandlungsschrift). Mit diesem Widerspruch konfrontiert änderte die Asylwerberin wiederum ihr Vorbringen dahingehend, sie habe hiebei die Freundin des vormaligen Ehegatten am Auge verletzt (vgl. S. 9 der Verhandlungsschrift). Hiezu ist zu bemerken, dass die von der Asylwerberin verursachte Verletzung, die ja ihren Ausreisegrund darstellen soll, so einprägsam sein müsste, dass die Person, der diese Verletzung von der Asylwerberin zugefügt worden sein soll, eindeutig benannt werden könne. Im Übrigen erstattete die Asylwerberin auch unterschiedliche Angaben zum Gegenstand mit dem sie die Verletzung verursacht habe. So bezeichnete sie jenen Gegenstand vor dem Bundesamt noch (eindeutig) als "Schere" (vgl. S. 35 und 39 des Verwaltungsaktes des Bundesamtes), wogegen sie in der Verhandlung diesbezüglich von einem "Werkzeug, entweder Hammer oder Schere" sprach, es sei ein "selbsthergestelltes Werkzeug", eine "Sonderanfertigung" gewesen (vgl. S. 9 der Verhandlungsschrift). Das sich ergebende Bild abrundend wird noch darauf hingewiesen, dass die Asylwerberin vor dem Bundesamt noch angab, die Freundin ihres vormaligen Ehegatten habe sie im Zuge des Streits auch an den Haaren gezogen (vgl. S. 35 des Verwaltungsaktes des Bundesamtes), wogegen sie in der Verhandlung - selbst nach diesbezüglicher Nachfrage - dies nicht mehr relevierte (vgl. S. 10 der Verhandlungsschrift).

Aus der Gesamtschau der obigen Ausführungen ergibt sich, dass das Vorbringen der Asylwerberin hinsichtlich ihrer Fluchtgründe somit als unglaubwürdig zu bewerten ist.

Die Feststellungen zur Lage in der Volksrepublik China, die auch im Rahmen der Verhandlung vorgehalten und kommentarlos zur Kenntnis genommen wurden, ergeben sich aus dem Bericht des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China vom 15.12.2016 (vgl. Beilage A). Im Übrigen wird betont, dass auch in der Beschwerde keine (allgemeine) Gefahrenlage in der Volksrepublik China releviert wurde. Den in der Beschwerde ohne nähere Begründung gestellten Beweisanträgen auf Bestellung eines landeskundigen Sachverständigen zwecks Befassung mit der aktuellen Situation in der Volksrepublik China, insbesondere im Hinblick auf das persönliche Vorbringen, bzw. zu recherchieren, ob die Fluchtgründe der Beschwerdeführerin der Wahrheit entsprechen, war angesichts der Unglaubwürdigkeit des individuellen Vorbringens der Beschwerdeführerin im Verfahren nicht stattzugeben.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und Privat- und Familienleben der Asylwerberin ergeben sich aus ihrem, insbesondere in der Verhandlung erstatteten Vorbringen und einem die Ausübung der Prostitution belegenden Schreiben der Landespolizeidirektion Wien/Meldestelle für Prostitutionsangelegenheiten vom 29.12.2014 über die am 23.12.2014 erfolgte sanitätspolizeiliche Kontrollstellung der Beschwerdeführerin als Prostituierte (vgl. hg. OZ 2).

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 2 Z 17 AsylG 2005 ist der Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, iVm Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 ist Flüchtling, wer sich (infolge von vor dem 1. Jänner 1951 eingetretenen Ereignissen/diese Worte in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention sind gemäß Art. 1 Abs. 2 des oben genannten Protokolls als nicht enthalten anzusehen) aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich (infolge obiger Umstände/diese Worte in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention sind ebenfalls gemäß Art. 1 Abs. 2 des oben genannten Protokolls als nicht enthalten anzusehen) außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende bzw. pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

Rechtlich folgt aus dem Umstand, dass dem Vorbringen der Asylwerberin zu ihren Fluchtgründen die Glaubwürdigkeit versagt werden musste, dass ihr kein Asyl zu gewähren ist.

Zu Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung der Asylwerberin in ihr Heimatland Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.06.1994, 94/18/0295), und eine drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein, das heißt, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.06.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 05.04.1995, 93/18/0289).

Eine solche Glaubhaftmachung ist der Asylwerberin jedoch nicht gelungen. Diesbezüglich wird auf die obige Beweiswürdigung verwiesen.

Vor dem Hintergrund, dass die Mutter der Asylwerberin in XXXX in der Volksrepublik China lebt, mit der die Asylwerberin Kontakt steht, sie keine schwerwiegende Krankheit relevierte und keine Anhaltspunkte für eine Erwerbsunfähigkeit vorliegen, erweist sich die Existenzgrundlage der Asylwerberin in der Volksrepublik China als gesichert, weshalb ihre Verbringung in die Volksrepublik China diesbezüglich keine Verletzung des Art. 3 EMRK bewirken kann.

Es haben sich weiters keine Umstände ergeben, dass auf dem gesamten Staatsgebiet der Volksrepublik China eine solche extreme Gefahrenlage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, wobei auch kein internationaler oder innerstaatlicher Konflikt vorliegt, mit welchem eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre.

Zu Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

"1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist."

Die Beschwerdeführerin befindet sich (nachweislich) seit September 2014 (durchgängig) im Bundesgebiet und ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Sie ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die Beschwerdeführerin ist keine begünstigte Drittstaatsangehörige, und es kommt ihr kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel und Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 31110/67, Yb 11, 494(518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde auch von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Bei der Prüfung der Zulässigkeit von Ausweisungen und dem damit verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben hat eine Einzelfallprüfung zu erfolgen, die sich nicht in der formelhaften Abwägung iSd Art. 8 EMRK erschöpfen darf, sondern auf die individuelle Lebenssituation des von der Ausweisung Betroffenen eingehen muss. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29.09.2007, B328/07, dargelegt hat, lassen sich aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes eine Vielzahl von Kriterien ableiten, die bei der gebotenen Interessensabwägung zu beachten sind. Dazu zählen vor allem die Aufenthaltsdauer, die an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft ist (EGMR vom 31.01.2006, 50.435/99), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR vom 28.05.1985, 9214/80, 9473/81, 9474/81 ua.) und dessen Intensität (EGMR vom 02.08.2001, 54.273/00), der Grad der Integration, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schul- oder Berufsausbildung, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (EGMR vom 04.10.2001, 43.359/98 ua.), die Bindung zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (EGMR vom 24.11.1998, 40.447/98 ua.) und die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR vom 24.11.1998, 40.447/98 ua.).

Im Verfahren ergaben sich keine Anhaltspunkte für einen beachtenswerten Integrationsgrad der Asylwerberin. Die Asylwerberin hält sich zwar seit etwa vier Jahren im Bundesgebiet auf, wobei sie jedoch bloß rudimentäre Deutschkenntnisse aufweist, was angesichts der Dauer des bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet besonders negativ bewertet wird, und ist auch in keinem Verein in Österreich Mitglied. Hinsichtlich einer Erwerbstätigkeit bleibt bloß darauf hinzuweisen, dass sie seit 23.12.2014 (legal) der Prostitution nachgeht. Sie lebt seit etwa eineinhalb Jahren mit ihrem Lebensgefährten bzw. Freund, einem österreichischen Staatsangehörigen, den sie seit etwa drei Jahren kennt, zusammen. Vor dem Hintergrund, dass die Lebensgemeinschaft erst seit etwa eineinhalb Jahren besteht, und auch ihre Mutter, mit der sie in Kontakt steht, im Heimatdorf in der Volksrepublik China lebt, ist weiterhin von einer starken Bindung der Asylwerberin zu ihrem Heimatstaat auszugehen. Weiters entstand die Lebensgemeinschaft der Beschwerdeführerin in einem Zeitpunkt, in dem sie sich ihres unsicheren Aufenthaltsstatus als Asylwerberin bewusst war. Abwägend wird schließlich ausgeführt, dass der Aufenthalt der Asylwerberin durch eine illegale Einreise begonnen wurde und der nur vorläufig rechtmäßige Aufenthalt lediglich auf einen unbegründeten Asylantrag zurückzuführen ist, weshalb im gegenständlichen Fall dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens der Vorrang eingeräumt wird.

Es ist daher von keiner Verletzung des Art. 8 EMRK auszugehen.

Da die Erlassung einer Rückkehrentscheidung keine Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 iVm Art. 8 EMRK darstellt, war die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 daher nicht geboten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang z. B. in seinem Erkenntnis vom 15.03.2016, Ra 2015/21/0174, mwN, ausgeführt, dass das Gesetz keine Grundlage dafür biete, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen werde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Umstände, welche das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung begründen würden, kamen nicht hervor. Ebenso ergibt sich aus den umfassenden beweiswürdigenden Überlegungen sowie den rechtlichen Ausführungen zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz, dass keine Umstände vorliegen, welche gegen eine Abschiebung in die Volksrepublik China sprechen.

Da somit alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Rückkehr festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige besondere Umstände wurden weder vorgebracht noch bestehen diesbezügliche Anhaltspunkte, die für eine längere Frist sprächen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 1985/10 idgF (VwGG), hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idgF ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hiebei ist einerseits darauf zu verweisen, dass der gegenständliche Fall ohnedies maßgeblich auf der Tatsachenebene zu beurteilen war. Im Übrigen weicht das Erkenntnis anderseits nicht von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab bzw. ist die Rechtslage eindeutig.

Schlagworte

Glaubwürdigkeit, Interessenabwägung, mangelnde Asylrelevanz, non
refoulement, öffentliches Interesse, private Streitigkeiten,
Rückkehrentscheidung, Rückkehrsituation, Verfolgungsgefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W152.2014557.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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