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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des AM in W, geboren am 16. Dezember 1975, vertreten durch Mag. Richard Strobl, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 31, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 26. Jänner 1999, Zl. 202.987/0-V/13/98, betreffend 1.) Asylgewährung, und
2.) Feststellung gemäß § 8 AsylG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 1.) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in seinem Spruchpunkt 2.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Sudan, der am 10. März 1998 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 16. März 1998 die Gewährung von Asyl. Er wurde am 16. und 18. März 1998 niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer behauptete, er sei in seiner Heimat durch radikale Moslems, die in unregelmäßigen Zeitabständen in seinem Heimatdorf erschienen seien und Christen getötet und verletzt hätten, bedroht. Auch sein Vater sei Anfang Februar 1998 von solchen Männern umgebracht worden. Andererseits sei er am 12. Februar 1998 von einer christlichen Rebellenarmee zwangsrekrutiert worden. Ortsbewohner, welche sich körperlich gegen die Mitnahme gewehrt hätten, seien umgebracht worden. Er habe die Aufforderung abgelehnt, sich aber nicht gegen eine Festnahme gewehrt. Er sei in ein Lager gebracht worden, aus dem er nach einigen Tagen habe fliehen können. Er sei während des Aufenthalts im Lager vor die Wahl gestellt worden, sich binnen fünf Tagen der Rebellenarmee als Kämpfer anzuschließen oder im Falle der Weigerung umgebracht zu werden.
Die Behörde erster Instanz wies den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 - AsylG, mit der wesentlichen Begründung ab, dass den Angaben des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit versagt werden müsse und er daher keine begründete Furcht vor Verfolgung habe glaubhaft machen können. Mit Spruchpunkt 2. stellte die Behörde erster Instanz fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat zulässig sei.
Im Berufungsverfahren erhielt die belangte Behörde davon Kenntnis, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 7. Oktober 1998 "wegen § 28 Abs. 1 und 2 Suchtmittelgesetz - SMG - zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe, davon acht Monate Freiheitsstrafe bedingt auf drei Jahre Probezeit" rechtskräftig verurteilt worden sei.
Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 iVm § 13 Abs. 1 AsylG ab und stellte mit Spruchpunkt 2. gemäß § 8 AsylG fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Sudan sei zulässig.
Die belangte Behörde stützte sich zu Spruchpunkt 1. ausschließlich auf das zitierte Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien und leitete daraus ab, der Antragsteller stelle "jedenfalls eine Gefahr für die Gemeinschaft dar". Der wesentliche Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides in diesem Punkt lautet folgendermaßen (Hervorhebungen im Original):
"Das Verbrechen gemäß § 12 Abs. 2 des Suchtgiftgesetzes" (in der Folge: SGG) "war mit einem Strafrahmen von angedrohter Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, womit der objektive Tatbestand des § 13 Abs. 2 AsylG jedenfalls erfüllt ist.
Des Weiteren gelangt die erkennende Behörde auf Grund der offenbar gewordenen fortgesetzten sozialschädlichen Neigung zu der Auffassung, dass der Antragsteller sohin jedenfalls wegen dieses wiederholten strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet, weshalb die Asylgewährung zu versagen war.
Im Rahmen des Schriftsatzes vom 6.5.1998 machte der Antragsteller ua. Angaben zu seinem Asylantrag im engeren Sinne. Auf die Darstellung des bezughabenden Vorbringens wird verzichtet, da in casu unabhängig vom Vorbringen des Antragstellers jedenfalls die obzitierten Gründe für die Versagung der Asylgewährung vorliegen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die ihm vorgeworfene rechtskräftige Verurteilung. Er bringt aber vor, dass "gemäß § 28
Abs. 2 SMG ... die dort beschriebene strafbare Tat mit einer
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht" sei. Die belangte Behörde beziehe sich noch auf § 12 Suchtgiftgesetz und gehe von einer angedrohten Freiheitsstrafe von ein bis zu zehn Jahren aus. Es liege kein besonders schweres Verbrechen vor, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sei. Die belangte Behörde gehe auch unzulässigerweise davon aus, dass der Beschwerdeführer auf Grund wiederholten strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft darstelle. Er sei außer der einmaligen Verurteilung unbescholten. Ohne Einsicht in den der Verurteilung zugrundeliegenden Strafakt könne eine fortgesetzte sozialschädliche Neigung sowie wiederholtes strafbares Verhalten zur Bescheinigung der Gefahr für die Gemeinschaft nicht beurteilt werden, die belangte Behörde habe den Strafakt nicht beigeschafft.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen lauten:
"Ausschluss von der Asylgewährung
(1) Asyl ist ausgeschlossen, wenn einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt.
(2) Asyl ist weiters ausgeschlossen, wenn Fremde aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine solche durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht."
§ 57 Abs. 4 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 idgF - FrG:
"Die Abschiebung Fremder in einen Staat, in dem sie zwar im Sinne des Abs. 2 jedoch nicht im Sinne des Abs. 1 bedroht sind, ist nur zulässig, wenn sie aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder wenn sie von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten (Art. 33 Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge)."
Artikel 33 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 - GFK:
"Verbot der Ausweisung oder der Zurückweisung
1. Kein vertragschließender Staat darf einen Flüchtling in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre.
2. Der Vorteil dieser Bestimmung kann jedoch von einem Flüchtling nicht in Anspruch genommen werden, der aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder der, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet."
Die belangte Behörde hat sich in ihrer Entscheidung zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides nicht den Erwägungen der Behörde erster Instanz angeschlossen, sondern auf Grund der hervorgekommenen strafgerichtlichen Verurteilung den Asylausschlussgrund des § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG herangezogen.
Das Asylgesetz aus 1968 hatte den in Art. 33 Z. 2 GFK enthaltenen Begriff "besonders schweres Verbrechen" mit der Umschreibung "Verbrechen, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist" präzisiert (vgl. § 4 leg. cit.). Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 verlor ein Flüchtling - u.a. - Asyl, wenn festgestellt wurde, dass hinsichtlich seiner Person einer der in Art. 33 Abs. 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestände eingetreten ist. Obwohl diese Bestimmung von einer "Konkretisierung" des Begriffs "besonders schweres Verbrechen" abzusehen schien, umschrieb § 37 Abs. 4 des Fremdengesetzes aus 1992 diesen Begriff weiterhin als "Verbrechen, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist" (vgl. dazu Rohrböck, Das Asylgesetz 1991, 148 ff). Gestützt darauf ging die Rechtsprechung weiterhin davon aus, dass auch unter dem in § 5 Abs. 1 Z 3 Asylgesetz 1991 übernommenen Begriff "besonders schweres Verbrechen" ein solches zu verstehen ist, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1996, Zl. 95/20/0247 uva.). Wie sich im Fall Ahmed vor dem EGMR (vgl. dazu EGMR 17. Dezember 1996 Ahmed, 71/1995/577/663) gezeigt hatte, war die Konkretisierung des Begriffs "besonders schweres Verbrechen" nach abstrakten Deliktstypen nicht dazu geeignet, den Unwert einer Tat im Einzelfall (insbesondere unter Berücksichtigung von Erschwernis- und Milderungsgründen) zu erfassen und führte in Einzelfällen aus völkerrechtlicher Sicht zu bedenklichen Ergebnissen. Mit der seit 1. Jänner 1998 geltenden Rechtslage wurde von einer Konkretisierung des Begriffs "besonders schweres Verbrechen" überhaupt abgesehen und nur die - aus dem Völkerrecht stammenden - Wendungen "aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit" der Republik
darstellen oder die .... "wegen eines besonders schweren
Verbrechens rechtskräftig verurteilt" worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens "eine Gefahr für die Gemeinschaft" bedeuten, übernommen (vgl. § 13 Abs. 2 AsylG 1997 und § 57 Abs. 4 FrG 1997, die wörtlich an Art. 33 Z. 2 GFK anknüpfen).
Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 2 AsylG ergibt sich einerseits, dass der Gesetzgeber nunmehr bereits für das Asylverfahren jene Überprüfungskriterien eingeführt hat, welche nach dem in Art. 33 GFK enthaltenen "Verbot der Ausweisung oder der Zurückweisung" aus der Sicht der GFK erst im Verfahren zur Außerlandesbringung zu beurteilen wären. Andererseits schloss er sich damit der völkerrechtlichen Bedeutung dieser Wortfolgen an. Es besteht auch für den Verwaltungsgerichtshof kein Grund, zwischen der Bedeutung dieser Begriffe im AsylG und im FrG 1997 zu differenzieren.
Gemäß Art. 33 Z. 2 GFK müssen nach internationaler Literatur und Judikatur kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Heimat- oder Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden, drittens gemeingefährlich sein und viertens müssen die öffentlichen Interessen an der Rückschiebung die Interessen des Flüchtlings am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen (vgl. mit zahlreichen Hinweisen auf internationale Literatur und Judikatur Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, (1990), S 227 ff).
Nach Kälin, aaO, S 182 und 228 (ua. mit Hinweis auf den UNHCR) und Rohrböck (Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, (1999), Rz 455, mit weiteren Hinweisen auf internationale Lehre) fallen unter den Begriff des "besonders schweren Verbrechens" nach herrschender Lehre des Völkerrechts nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen.
Die von der belangten Behörde herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff des "besonders schweren Verbrechens" ist daher auf Grund der Änderung der Rechtslage nicht mehr anzuwenden. Das bedeutet im konkreten Fall, dass es zunächst gleichgültig ist, mit welcher Strafdrohung das SMG die vom Beschwerdeführer begangenen Taten bedroht, weshalb sich aus der Verwechslung von § 12 Abs. 2 SGG und § 28 Abs. 1 und 2 SMG durch die belangte Behörde allein keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergibt. Denn bei Drogenhandel (eine Form des Drogenhandels beinhaltet auch § 28 Abs. 2 SMG) handelt es sich um typischerweise besonders schwere Verbrechen.
Allerdings genügt es nicht, dass der Antragsteller ein abstrakt als schwer einzustufendes Delikt verübt hat. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. Milderungsgründe, Schuldausschließungsgründe und Rechtfertigungsgründe sind zu berücksichtigen (vgl. Kälin, aaO, S 229 mwN).
Dass der Beschwerdeführer im konkreten Fall rechtskräftig verurteilt wurde, ist unbestritten.
Nur gemeingefährliche Straftäter dürfen in den Heimat- oder Herkunftsstaat verbracht werden. Besteht für das zukünftige Verhalten des Täters eine günstige Prognose, darf § 13 Abs. 2 AsylG im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GFK nicht angewendet werden (vgl. Kälin, aaO, S 230 mwN).
Als letzter Punkt für die Zulässigkeit der Zurückverbringung hat die belangte Behörde eine Güterabwägung vorzunehmen, ob die Interessen des Zufluchtsstaates jene des Flüchtlings überwiegen. Diese Verpflichtung zur Güterabwägung wird in der Staatenpraxis anerkannt (vgl. Kälin, aaO, S 231 mwN). Diesbezüglich besteht zwischen (den in § 13 AsylG übernommenen Teilen des) Art. 1 Abschnitt F lit. b GFK und Art. 33 Abs. 2 GFK kein Unterschied (vgl. Kälin, aaO, S 228). Bei dieser Güterabwägung hat die belangte Behörde die Verwerflichkeit eines Verbrechens und die potentielle Gefahr für die Allgemeinheit den Schutzinteressen des Asylwerbers beinhaltend das Ausmaß und die Art der ihm drohenden Maßnahmen gegenüberzustellen. Art. 1 Abschnitt F lit. b GFK und Art. 33 Abs. 2 GFK können etwa keine Anwendung finden, wenn die drohenden Maßnahmen relativ schwer sind, der Asylwerber aber weitgehend als resozialisiert gelten kann, weil er nicht rückfällig geworden ist. Hat der Asylwerber mit Folter oder Tod zu rechnen, überwiegen die öffentlichen Interessen an der Nichtasylgewährung eher selten die individuellen Schutzinteressen. In solchen Fällen ist sogar Kriminellen Asyl zu gewähren, wenn ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung droht (vgl. Rohrböck, aaO, Rz 455).
Es wird zur Vermeidung von Missverständnissen aber darauf hingewiesen, dass § 13 Abs. 2 AsylG aus Art. 33 GFK nicht dessen Geltung für "Flüchtlinge" übernommen hat, sondern Asylausschlussgründe normiert, bei denen es nicht auf die vorherige Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ankommt, sondern auf die inhaltliche Prüfung der Schwere der dem Asylwerber in seinem Heimatland drohenden Gefahr nach den oben genannten Kriterien. Das Fehlen eines Ausschlussgrundes nach § 13 Abs. 2 AsylG bedeutet demnach nicht zwangsläufig die Asylgewährung (eine solche könnte etwa dann versagt werden, wenn die dem Asylwerber drohenden Maßnahmen nicht auf einem der Gründe des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK beruhen).
Damit erweist sich der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt 1. mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet. Die belangte Behörde führt zwar einleitend richtig aus, dass bei einer auf § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG gestützten Entscheidung - unter anderem - eine entsprechende Zukunftsprognose (zur Beurteilung der Gemeingefährlichkeit des Straftäters) zu erstellen ist, wobei es auf "das gesamte Verhalten des Antragstellers ankommt". Demgemäß seien seine Einstellung während der Dauer seines Aufenthaltes gegenüber dem Staat bzw. der Gemeinschaft der in diesem Staat lebenden Bürger und seine in diesem Zeitraum gesetzten Handlungen maßgeblich, welche geeignet wären, das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft zu gefährden. Die belangte Behörde hat sich aber ausschließlich auf die Tatsache der strafgerichtlichen Verurteilung gestützt, ohne sich mit den - schon zur Beurteilung, ob sich die zugrundeliegenden Straftaten in diesem Fall als subjektiv besonders schwerwiegend erweisen, einzubeziehenden - zugrundeliegenden Straftaten, den Umständen der Strafbegehung etc. sowie dem übrigen Gesamtverhalten des Beschwerdeführers während seines Aufenthaltes in Österreich zu befassen. Sie hat daher ihre Zukunftsprognose auf Grund einer unzureichenden Ausgangsbasis erstellt, was der Beschwerdeführer in der Beschwerde auch aufzeigt. Insbesondere ist auf Grund der unzureichenden Sachverhaltsfeststellung nicht nachvollziehbar, woraus die belangte Behörde eine "fortgesetzte sozialschädliche Neigung" und ein "wiederholtes strafbares Verhalten" ableitet.
Neben diesem Ermittlungsmangel ist der belangten Behörde auch eine mangelhafte Bescheidbegründung dahingehend vorzuwerfen, dass sie es unterlassen hat, die erforderliche Güterabwägung zwischen der vom Beschwerdeführer ausgehenden potentiellen Gefahr für die Allgemeinheit und dem Ausmaß und der Art der von ihm behaupteten, in seiner Heimat ihm drohenden Verfolgung vorzunehmen. Einerseits ist die Begründung der belangten Behörde zur vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr im Sinne obiger Ausführungen unvollständig. Andererseits hat die belangte Behörde - im Gegensatz zur Behörde erster Instanz - die Angaben des Beschwerdeführers nicht zur Gänze als unglaubwürdig gewürdigt, sondern lediglich im Rahmen ihrer Erwägungen zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides die vom Beschwerdeführer "befürchteten Übergriffe durch Angehörige der moslemischen Glaubensgemeinschaft im Süden des Sudan schon auf Grund der Tatsache, dass der Anteil der Moslems im Süden nur bei etwa 10 % der dort lebenden Bevölkerung liegt, sowie der sich ergebenden regionalen Minderheitenposition" als "erheblich unwahrscheinlich" angesehen. Sie hat somit zumindest die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohung durch die Rebellenarmee in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht behandelt (vgl. zur möglichen Asylrelevanz einer solchen Bedrohung das hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 95/19/0077).
Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt 1. aus den oben dargestellten Gründen nicht gerecht, weshalb der angefochtene Bescheid in diesem Punkt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Erweist sich aber die Abweisung des Asylantrages als rechtswidrig, so fehlt der Feststellung gemäß § 8 AsylG die rechtliche Grundlage (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1999, Zl. 98/01/0566), weshalb der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt 2. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 6. Oktober 1999
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999010288.X00Im RIS seit
21.02.2002Zuletzt aktualisiert am
03.07.2018