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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des H G in W, vertreten durch die GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Museumstraße 31a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 1. August 2018, Zl. LVwG-151651/4/EW, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Stadt W; weitere Partei:
Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Verein A in W, vertreten durch dessen Obmann S in G), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Darin ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Dieser ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0158, mwN).
5 Mit erstinstanzlichem Bescheid des Magistrates der Stadt W. vom 9. Jänner 2018 wurde auf Grund des Bauansuchens der mitbeteiligten Partei vom 20. Juli 2017 die Baubewilligung für das Bauvorhaben "Errichtung eines albanischen Kulturzentrums" unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt. Die dagegen erhobene Berufung des Revisionswerbers, der gegen das hier gegenständliche Bauvorhaben (u.a.) mit dem Vorbringen, dass es durch die Hühnerställe auf seinem Grundstück für die Benutzer des geplanten Bauvorhabens zu Lärm- und Geruchsbelästigungen kommen werde, Einwendungen erhoben hatte, wurde mit Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom 13. März 2018 als unbegründet abgewiesen.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (unter Spruchpunkt I.) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen diesen Berufungsbescheid als unbegründet abgewiesen und (unter Spruchpunkt II.) eine Revision für unzulässig erklärt.
7 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, es gelte die Frage zu klären, auf welche Bauvorhaben die Bestimmung des § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994 anzuwenden sei, zumal hiezu keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Generell gehe es darum, ob sich ein bereits bestehender Gewerbebetrieb im Falle einer heranrückenden Bebauung stets und nur in bestimmten Fällen auf die Bestimmung des § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 berufen dürfe und dies davon abhängen solle, in welchem Ausmaß eine Nutzung des neu zu errichtenden Gebäudes als Wohngebäude erfolgen solle. Das Argument der belangten Behörde, wonach die Definition des Wohngebäudes anhand der eindeutigen Rechtslage habe geklärt werden können, gehe schlichtweg am Kern der Sache vorbei, da damit noch überhaupt nicht gesagt werden könne, inwieweit dies den Tatbestand des § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 betreffe, welcher zwar von Wohngebäuden spreche, jedoch vom Telos her nicht darauf abstellen könne, ob es sich bei einem heranrückenden Bauvorhaben um ein Gebäude mit auch nur einer Wohnung und ansonsten anderer Nutzung oder ausschließlicher Nutzung als Wohngebäude handle.
8 Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
9 § 31 Oö. BauO 1994, LGBl. Nr. 66, in der hier maßgeblichen Fassung der Oö. Bauordnungs-Novelle 2013, LGBl. Nr. 34, lautet auszugsweise:
"§ 31
Einwendungen der Nachbarn
(1) Nachbarn sind
1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen
Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;
2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die
Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.
Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.
...
(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.
(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.
(5) Beim Neubau von Wohngebäuden auf bisher unbebauten Grundstücken (heranrückende Bebauung) sind auch Einwendungen zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer bestehenden benachbarten Betriebsanlage oder von einem bestehenden benachbarten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken. Dies gilt jedoch nur für Immissionen, die auf Grund rechtskräftiger Bescheide zulässig sind. In diesem Fall hat der Nachbar die entsprechenden Nachweise beizubringen.
..."
10 Die in § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 angeführten Einwendungen ("heranrückende Bebauung") können somit nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung nur im Falle des Neubaus eines Wohngebäudes auf einem bisher unbebauten Grundstück erhoben werden.
11 Die Revision bestreitet in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht die Feststellungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht), dass im Untergeschoss des projektierten Kulturzentrums "Jugend/Sanitärräume" und "Haustechnik/Lager", in dessen Erdgeschoss das Kulturzentrum, der Shop und das Bistro, in dessen
1. Obergeschoss das Kulturzentrum, die Verwaltung und Seminarräume sowie im 2. Obergeschoss zwei Wohnungen geplant seien, und zieht insoweit auch nicht die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in Zweifel, dass bei diesem Bauvorhaben, weil das geplante Gebäude nur die genannten beiden Wohnungen enthalte, die betriebliche Nutzung die Wohnnutzung erheblich überwiege. Sie wendet sich jedoch gegen die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, dass der Revisionswerber, weil es sich bei dem geplanten Gebäude (Kulturzentrum) um kein Wohngebäude im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 handle, den Einwand der heranrückenden Wohnbebauung nicht erheben könne.
12 Dazu ist Folgendes auszuführen:
13 Nach der zur Oö. BauO 1994 ergangenen ständigen hg. Judikatur (vgl. etwa VwGH 31.1.2006, 2003/05/0179, mwN), auf welche im angefochtenen Erkenntnis verwiesen wird, ist unter einem "Wohngebäude" ein Gebäude zu verstehen, das ausschließlich oder zumindest vorwiegend für Wohnzwecke bestimmt ist. Ferner ist - worauf das Verwaltungsgericht ebenso hingewiesen hat - in den "OIB-Richtlinien - Begriffsbestimmungen" (nach dem Stand 2015), die durch § 9 Abs. 2 erster Satz Oö. Bautechnikverordnung 2013, LGBl. Nr. 36, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 39/2017 für verbindlich erklärt werden, der Begriff "Wohngebäude" als "Gebäude, die ganz oder überwiegend zum Wohnen genutzt werden", definiert.
14 Mit seiner Beurteilung, dass im gegenständlichen Fall in Anbetracht der erheblich überwiegenden betrieblichen Nutzung des Gebäudes kein Wohngebäude vorliege, steht das Verwaltungsgericht daher auf dem Boden der hg. Judikatur.
15 In Anbetracht des eindeutigen Wortlautes des § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 ("... Wohngebäuden ...") und auch der hg. Judikatur zum Begriff Wohngebäude besteht nach diesem Gesetz keine Grundlage, dem Revisionswerber dennoch ein Mitspracherecht im Sinne dieser Gesetzesbestimmung einzuräumen. Im vorliegenden Fall ist die Rechtslage somit eindeutig, und es besteht auch - wie dargelegt - Judikatur zu diesem Begriff. Im Hinblick darauf wirft die Revision mit ihrem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.
16 Sollte der Revisionswerber mit seinem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung allenfalls Bedenken in verfassungsrechtlicher Hinsicht gegen die in § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 getroffene Regelung verbinden, ist darauf hinzuweisen, dass Bedenken gegen generelle Rechtsvorschriften keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründen (vgl. nochmals VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0198, mwN).
17 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 30. Oktober 2018
Schlagworte
Baurecht NachbarNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050259.L00Im RIS seit
26.11.2018Zuletzt aktualisiert am
29.11.2018