TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/13 96/13/0040

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Veröffentlicht am 13.10.1999
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §6 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde der J und P Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-OHG in W, vertreten durch Dr. Peter Kunz ua, Rechtsanwälte in Wien IX, Porzellangasse 4-6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. Dezember 1995, GZ 15-92/1042/04, betreffend Feststellung von Einkünften für 1987 und Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1987 und 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs-OHG wurde zum 1. Jänner 1986 gegründet. Dr. J war an der Gesellschaft bei ihrer Gründung mit 99 %, Dr. P mit 1% beteiligt. Zum 1. Jänner 1987 erwarb Dr. P weitere 24,5 %-Anteile an der OHG um einen Preis von S 3,150.000,--. Gleichzeitig schenkte Dr. J 24,5 % Anteile seiner Tochter Dr. F. Im Dezember 1987 veräußerte Dr. F ihren Anteil um S 2,940.000,-- an Dr. P. Die bei den Erwerbsvorgängen entstandenen Firmenwerte wurden im Sonderbetriebsvermögen des Dr. P aktiviert. Der auf den Erwerb von Dr. J entfallende Firmenwert wurde nicht abgeschrieben, während der auf den Erwerb der Anteile von Dr. F entfallende als abnutzbar behandelt wurde.

Bei einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde vom Prüfer die Auffassung vertreten, dass der anlässlich des Anteilserwerbs von Dr. F aktivierte Firmenwert nicht abschreibbar sei. (Der Anteilserwerb von Dr. J wurde demgegenüber vom Prüfer als abschreibbar beurteilt.) Im Prüfungsbericht wurde dazu ausgeführt, Dr. P sei seit dem Jahre 1977 neben seiner Tätigkeit an der Wirtschaftsuniversität bei Dr. J beschäftigt gewesen. Ab dem Jahre 1985 habe Dr. P die Tätigkeit an der Wirtschaftsuniversität sehr stark eingeschränkt und die Beschäftigung im Unternehmen des Dr. J hauptberuflich ausgeübt. Im Jänner 1986 sei sodann die beschwerdeführende OHG gegründet worden. Ab 1985 habe Dr. P ein Gehalt von S 70.000,-- bezogen. 1986 habe Dr. P bei einer 1 %-Beteiligung neben Aufwandsentschädigungen S 1,000.000,-- Gewinnanteil erhalten. Dr. P habe im Dezember 1987 die Befugnis zum Wirtschaftsprüfer erhalten. Daraus sei ersichtlich, dass Dr. P bereits vor dem Erwerb des Gesellschaftsanteils von Dr. F durch besonders qualitative Arbeit als Angestellter bzw ab 1986 als Gesellschafter maßgeblich für das Vertrauen der Klienten in die OHG verantwortlich gewesen sei.

Gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide wurde Berufung erhoben. Zunächst wurde darin die Auffassung vertreten, die von der Beschwerdeführerin (selbst) der Bilanzierung zu Grunde gelegte Ermittlung des Firmenwertes sei unrichtig. Die Aktivierung eines Firmenwertes komme nur insoweit in Betracht, als der Kaufpreis für den Gesellschaftsanteil den Teilwert der übernommenen anteiligen Wirtschaftsgüter und Schulden übersteige. Bei der Position "nicht abgerechnete Leistungen" handle es sich um Prüfungsaufträge und Aufträge für die Erstellung von betriebswirtschaftlichen Gutachten, die bereits vor dem Bilanzstichtag von den Kunden erteilt worden seien, auf eindeutig vereinbarten Preisen beruhten und deren Abwicklung sich im Allgemeinen bis Mitte des Folgejahres erstreckte. Im Wert der nicht abgerechneten Leistungen würden erhebliche stille Reserven stecken, die als nicht bilanzierbare Gewinne zunächst noch nicht in Erscheinung träten. Diesem am Stichtag des Anteilserwerbes bereits fix kontrahierten und auch kalkulierbaren Gewinnpotenzial vorhandener Aufträge käme bei Findung des Anteilskaufpreises eine entscheidende Rolle zu. Dies ergebe sich schon aus Art 7 Nr 16 Abs 1 EVHGB, wonach der ausgeschiedene Gesellschafter am Gewinn und Verlust teilnehme, der sich aus den zur Zeit seines Ausscheidens schwebenden Geschäften ergebe. Auch aus der Höhe des Kaufpreises selbst sei erkennbar, dass bei der Kaufpreisbestimmung offenkundig besondere Umstände maßgeblich gewesen seien, da für einen buchmäßigen Kapitalanteil in Höhe von S 125.000,-- ein Betrag von S 3,150.000,-- vereinbart worden sei, ohne dass im Anlagevermögen stille Reserven vorhanden gewesen wären. Wirtschaftlich sei dieses Gewinnpotenzial dem Vorratsvermögen, das heißt einem selbstständig bewertbaren Wirtschaftsgut, zuzuordnen. Dementsprechend sei es auch kein Bestandteil des Firmenwertes. In den schwebenden Aufträgen zum 31. Dezember 1986 sei unter Berücksichtigung sämtlicher nach diesem Stichtag noch anfallender Kosten insgesamt ein Gewinnpotenzial von S 5,687.900,-- enthalten gewesen, sodass auf den übertragenen 24,5 %-igen Gesellschaftsanteil ein aliquoter Anteil von S 1,393.500,-- entfalle. Der über den buchmäßigen Kapitalanteil hinaus bezahlte Kaufpreis entfalle demnach mit S 1,393.500,-- auf stille Reserven und mit S 1,634.000,-- auf den Firmenwert. In den schwebenden Aufträgen per Dezember 1987 sei ein Gewinnpotenzial von S 9,065.600,-- enthalten, sodass auf den übertragenen Anteil von 24,5 eine Quote von S 2,221.100,-- entfalle. Vom Überhang über den buchmäßigen Kapitalanteil entfielen daher S 2,221.100,-- auf stille Reserven im Vorratsvermögen und nur noch S 596.400,-- auf den Firmenwert.

Hinsichtlich der Abschreibbarkeit des Firmenwertes wurde von der Beschwerdeführerin vorgebracht, Dr. J sei im Zeitpunkt der ersten Anteilsabtretung nahezu 74 Jahre alt gewesen. Er habe seine Mitarbeit altersbedingt immer mehr reduziert. Die OHG habe ihre Tätigkeit zu Jahresbeginn 1985 aufgenommen. Sie sei eine reine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die keine Einnahmen aus Steuerberatungsaufträgen beziehe. Die vereinzelte Mitwirkung des Dr. P in der Kanzlei bis Anfang 1985 habe nur dem Erwerb der für die Erlangung der Berufsbefugnis notwendigen Praxiszeit gedient. Die Herstellung eines Vertrauensverhältnisses zu den Klienten sei in dieser Zeit nicht möglich gewesen. Die für eine nach außen sichtbare Leitungsfunktion notwendige Befugnis eines Wirtschaftsprüfers habe Dr. P am 14. Dezember 1987 erlangt. Berücksichtige man die den Aufträgen an die Kanzlei innewohnende Sensibilität und die daraus resultierende extreme Personenbezogenheit, so entbehre die Feststellung des Prüfers, Ende 1987 seien die Jahrzehnte währenden Kundenbeziehungen zu mehr als 50 % auf das Vertrauen der Klienten in die Leistungen Dris. P zurückzuführen, jeglicher Grundlage.

Der Prüfer erstattete eine Stellungnahme zur Berufung, die der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht wurde. In einer die Berufung ergänzenden Eingabe vom 15. Jänner 1992 wurde ausgeführt, die beschwerdeführende OHG sei als reine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft organisiert und habe im Zeitraum zwischen 1986 und 1988 keine Einnahmen aus Steuerberatungsaufträgen bezogen. Sie sei zu Jahresbeginn 1986 unter Übernahme eines Stocks von etwa fünf Großklienten als Nachfolgegesellschaft der bisherigen Einzelkanzlei Dr. J gegründet worden. Die gesamten Steuerberatungsaktivitäten sowie diverse kleine und mittelgroße Klienten der bisherigen Einzelkanzlei seien in eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH eingebracht worden. Diese äußerst geringe Anzahl von Klienten sei von Dr. J zum Teil seit Jahrzehnten betreut worden. Zu ihm habe ein in jahrelangen Kontakten aufgebautes Vertrauensverhältnis bestanden, die Aufträge und der für ihre Abwicklung erforderliche Zeitaufwand seien ebenso bekannt gewesen wie die Grundsätze der seit Jahren praktizierten Honorarverrechnung. Neue Klienten seien nach den im Hinblick auf die unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse gesellschaftsvertraglich getroffenen Festlegungen von der GmbH zu betreuen gewesen. Einem langfristigen, dynamischen Wachstum der OHG seien daher seit ihrer Gründung enge Grenzen gesetzt gewesen, da jeder Verlust eines der wenigen Klienten eine substanzielle Einbuße habe bedeuten müssen. Weiters sei in Rechnung zu stellen, dass 1985 (kurz vor der Gesellschaftsgründung) gravierende Änderungen im Personalstand eingetreten seien, die einen Abgang wichtiger Mitarbeiter zur Folge gehabt hätten. Schließlich habe sich Dr. J mit den Abtretungsverträgen durch die damit verbundene Bindung von Dr. P an die Gesellschaft für die ihm verbliebenen 50 % der Anteile ein ungleich höheres Ertragspotenzial gesichert, als es für ihn ohne diese Anteilsabtretungen durch Weiterführung in der bisherigen Struktur realisierbar gewesen wäre.

Zu den unter den Vorräten als nicht abgerechnete Leistungen ausgewiesenen Positionen habe es sich nach der Eingabe vom 15. Jänner 1992 um Prüfungsaufträge und Aufträge für die Erstellung von betriebswirtschaftlichen Gutachten gehandelt, die bereits vor dem Bilanzstichtag von den Kunden erteilt wurden, auf eindeutig vereinbarten Preisen beruhten und deren Abwicklung sich im Allgemeinen bis Mitte des Folgejahres erstreckte. In der Bilanz seien diese Aufträge mit den bis zum Bilanzstichtag angefallenen Herstellungskosten bewertet worden. Nach dem für die laufende Bilanzierung maßgeblichen Realisationsprinzip seien die Gewinne aus diesen Aufträgen erst im Jahr der Auftragserfüllung zu erfassen. Aus der Sicht der Gesellschaft bilde aber nicht die Fertigstellung des Auftrages das maßgebliche erfolgsbestimmende Element, sondern dessen Erlangung. Mit der verbindlichen Auftragserteilung sei der Erfolg bereits als gesichert anzusehen. Bei der Bewertung einer Wirtschaftsprüfungskanzlei komme dem Posten "nicht abgerechnete Leistungen" wesentliche Bedeutung zu, weil das Gros der Aufträge im Herbst erteilt und ausgearbeitet werde, während die Fertigstellung (und damit die Fakturierung) im ersten oder zweiten Quartal der Folgeperiode stattfinde. Unter den gegebenen Umständen würde auch jeder Dritte bereit sein, bei der Übernahme der Kanzlei für derartige Vorräte mehr zu bezahlen als den Buchwert (iSd bisher angefallenen Herstellungskosten). Der Ansatz eines konkret vorhandenen Vorratsvermögens durch den Erwerber mit seinem vollen Teilwert im Abtretungszeitpunkt könne nicht in Frage gestellt werden. Als Firmenwert könne nur jene Restgröße zum Ansatz gelangen, die unter Berücksichtigung des tatsächlichen Wertes auf die im Abtretungszeitpunkt vorhandenen, von Kunden rechtsverbindlich erteilten und auf eindeutigen Preisvereinbarungen beruhenden Aufträge entfallen sei.

Im angefochtenen Bescheid folgte die belangte Behörde der begehrten Berechnung des Firmenwertes und der Auffassung, bei dem Firmenwert handle es sich um ein abnutzbares Wirtschaftsgut, nicht. Geschäfte, die noch von keiner Seite erfüllt worden sind, bei denen sich also nur die vertraglichen Ansprüche und Verpflichtungen gegenüberstehen, seien nicht zu bilanzieren. Solange die Leistung noch nicht erbracht worden sei, habe die darin enthaltene Gewinnchance nicht den Charakter eines selbstständig bewertbaren Wirtschaftsgutes und sei daher auch nicht selbstständig bilanzierbar. Der solchermaßen übertragene Wert werde beim Anteilskauf im Kaufpreis abgegolten und sei, da er nicht selbstständig bilanzierbar sei, Teil des Firmenwertes.

Hinsichtlich der Abnutzbarkeit des Firmenwertes ging die belangte Behörde davon aus, dass das Recht zur Klientenbetreuung nicht auf einmal an einen Fremden verkauft worden sei. Es sei neben einer Steuerberatungs-GmbH noch eine Wirtschaftsprüfungs-OHG gegründet worden. An beiden Gesellschaften sei Dr. P beteiligt gewesen. Dieser sei bereits seit 1977, ab 1985 hauptberuflich im Einzelunternehmen beschäftigt gewesen. Es seien die Klienten daher vor und nach der Veräußerung von den gleichen Personen betreut worden. Es habe das Vertrauen der Klienten nicht neu erworben werden müssen. Die veränderte gesellschaftsrechtliche Stellung des Berufsausübenden könne die Abnutzbarkeit (des Firmenwertes) nicht begründen, basiere doch das Vertrauen des Klienten zum Berufsausübenden nicht auf dessen gesellschaftsrechtlicher Stellung. Dem Vorbringen, das Dienstverhältnis des Dr. P sei nur ein Teilzeitverhältnis gewesen, das ihm nicht ermöglicht hätte, ein Vertrauensverhältnis zu den Klienten herzustellen, hielt die belangte Behörde entgegen, nach den Feststellungen des Prüfers sei "in den Unterlagen" ein umfangreicher Kontakt des Erwerbers mit den Klienten in Form von Taggeldabrechnungen und Fahrtenbuch dokumentiert. Auch sei das einzige "Chef- und Besprechungszimmer" in der Kanzlei (nicht für Dr. J, sondern) für Dr. P, und zwar bereits im Mai 1987, also vor dem Erwerb der Wirtschaftsprüfungsbefugnis im Dezember 1987, eingerichtet worden, was für eine umfangreiche und nach außen wirkende Tätigkeit spreche. Da der Firmenwert von Dr. J und Dr. P begründet worden sei, sei eine Abnutzbarkeit des Firmenwertes nicht gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Weder aus dem Vorbringen im Verwaltungsverfahren noch aus jenem in der Beschwerdeschrift ist leicht zu ergründen, unter welche Rechtsfigur die Beschwerdeführerin den von ihr relevierten Umstand, dass zu den im Beschwerdefall vorliegenden beiden Stichtagen der Abtretung von Anteilen an der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufträge vorhanden waren, die die Realisierung von Gewinnen nach diesen Stichtagen versprachen, subsumiert wissen will. In der Berufung selbst wird die Auffassung vertreten, es handle sich bei dem "Gewinnpotenzial" aus den zu den hier maßgeblichen Stichtagen bestehenden Aufträgen um ein selbstständig bewertbares Wirtschaftsgut. In der die Berufung ergänzenden Eingabe vom 15. Jänner 1992 wurde demgegenüber ausgeführt, die Aufträge seien in der Bilanz mit den bis dahin angefallenen Herstellungskosten bewertet worden. Bei der Übernahme der Kanzlei wäre jeder Dritte bereit, für derartige Vorräte mehr zu bezahlen als den Buchwert (also die angefallenen Herstellungskosten). Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid auf die Erörterung der Frage beschränkt, ob es sich bei der Gewinnchance aus einem schwebenden Geschäft um ein selbstständig bewertbares Wirtschaftsgut handelt. In der Beschwerdeschrift wird zunächst als maßgebend erachtet, ob das im Auftragsstand enthaltene Gewinnpotenzial einer vom Firmenwert losgelösten Bewertung zugänglich sei. Im weiteren wird in der Beschwerdeschrift aber fortgesetzt, es sei nicht die Aktivierungsfähigkeit und damit die Bilanzierungsfähigkeit eines gesonderten Wirtschaftsgutes "Gewinnpotenzial Aufträge" dem Grunde nach, sondern die Bewertung des bestehenden Postens "nicht abrechenbare Leistungen" der Höhe nach zu beurteilen.

Firmenwert ist der Mehrwert, den ein Unternehmen über die sonstigen Wirtschaftsgüter hinaus deshalb aufweist, weil seine Erträge höher oder gesicherter sind als ohne den mit diesem Mehrwert verbundenen Unternehmensvorteil. Ein Firmenwert kommt demnach für den Differenzbetrag der erworbenen Wirtschaftsgüter zu Teilwerten und der Gegenleistung zum Ansatz (vgl insbesondere Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch, 287, mwH).

Wie die Beschwerdeführerin insoferne zutreffend vorbringt, sind bei der Ermittlung des zu den jeweiligen Übergabszeitpunkten bestehenden Firmenwertes die noch nicht abgerechneten Leistungen zu berücksichtigen, wobei diese Leistungen mit ihrem Teilwert - das ist der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Z 1 Satz 3 EStG 1972) - anzusetzen sind. Wie dabei schon aus dem Begriff der "noch nicht abgerechneten Leistungen" ersichtlich ist, sind dabei aber nur die bereits zum jeweiligen Stichtag tatsächlich erbrachten Leistungen, keinesfalls aber Leistungen zu berücksichtigen, die erst nach diesem Stichtag ausgeführt wurden. Sollte die Beschwerdeführerin mit ihrem diesbezüglich undeutlichen Vorbringen - im Zusammenhang mit der Ermittlung des Teilwertes der noch nicht abgerechneten Leistungen ist in der Beschwerdeschrift von einem "Gewinnpotenzial" die Rede - gemeint haben, dass bei der Bewertung der noch nicht abgerechneten Leistungen auch künftige Leistungen, für die zum Stichtag bereits entsprechende Aufträge vorlagen, zu berücksichtigen sind, so wäre eine solche Auffassung nicht im Gesetz gedeckt. Wenn die Beschwerdeführerin dabei auf das Urteil des deutschen Bundesfinanzhofes vom 20. November 1962, I 266/61 U, BStBl 1963 III 59, in dem - ebenso wie im Urteil dieses Gerichtshofes vom 5. August 1970, I R 180/66, BStBl 1970 II 804 - ausgesprochen wurde, dass immaterielle Wirtschaftsgüter wie Gewinnchancen aus schwebenden Geschäften nicht im Geschäftswert aufgehen, verweist, so kann sich der Verwaltungsgerichtshof dieser Auffassung in dieser allgemeinen Form nicht anschließen, zumal es sich bei den vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fällen im Wesentlichen um andersartige Sachverhalte (etwa im Falle des Urteils vom 5. August 1970 um Belieferungsrechte und in jenem vom 17. März 1977, IV R 218/72, BStBl II 595, um Nutzungsrechte) gehandelt hat. Voraussetzung für die Wirtschaftsguteigenschaft ist nämlich bei immateriellen Gütern stets, dass sie in irgendeiner Form eigenständig in Erscheinung treten. Es muss sich dabei um nach der Verkehrsauffassung selbstständig bewertbare Güter handeln und nicht bloß um den Ausfluss eines ("anderen") Wirtschaftsgutes (vgl das hg Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. Jänner 1986, 84/14/0129, mwH). Wirtschaftsgut in diesem Sinne sind aber die nicht abgerechneten Leistungen.

Die belangte Behörde hat sich, wie ausgeführt, im angefochtenen Bescheid mit der im Berufungsverfahren wohl aufgeworfenen Frage der Bewertung der nicht abgerechneten Leistungen nicht auseinander gesetzt. Bei der hier maßgeblichen Frage der Ermittlung des Firmenwertes in dem von der belangten Behörde insofern bestätigten erstinstanzlichen Bescheid wurde vom Bilanzwert des Wirtschaftsgutes "nicht abgerechnete Leistungen", also von den Herstellungskosten ausgegangen. Diese Vorgangsweise entsprach nicht dem Gesetz, da diese (bereits ausgeführten) Leistungen wie dargelegt mit dem Teilwert - der jedenfalls auf Grund der darin enthaltenen Gewinnkomponente höher als die Herstellungskosten sein wird - anzusetzen sind. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde zu prüfen haben, ob diese Auffassung bereits im Streitjahr (durch allfällige Abrechnung der bereits erbrachten Leistungen zwischen dem Anteilserwerb durch Dr. P und dem Bilanzstichtag) Auswirkungen auf den Gewinn hatten.

Zur weiteren Frage der Abnutzbarkeit des in Rede stehenden Firmenwertes ist darauf zu verweisen, dass der Firmenwert bei der Ausübung eines freien Berufes im Hinblick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem Inhaber des freien Berufes und seinen Auftraggebern von Lehre und Rechtsprechung als ein abnutzbares Wirtschaftsgut angesehen wurde. Ausnahmen von diesem Grundsatz wurden insbesondere dann gesehen, wenn das Vertrauensverhältnis zum bisherigen Unternehmer trotz Überganges des Unternehmens aufrecht geblieben ist

(vgl zB Quantschnigg/Schuch, aaO, 465). Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Abnutzbarkeit des in Rede stehenden Firmenwertes mit der Begründung verneint, dass der Übernehmer des Gesellschaftsanteils Dr. P bereits ab dem Jahre 1977 (zunächst teilzeitbeschäftigt) und ab 1985 hauptberuflich im vormaligen Einzelunternehmen des Dr. J beschäftigt gewesen sei. Nach Auffassung der Behörde hatten in dieser Zeit umfangreiche Kontakte zu den Klienten stattgefunden. Der Firmenwert sei daher nach Auffassung der belangten Behörde durch die Leistung des Übernehmers begründet gewesen. Die "Veränderung der gesellschaftsrechtlichen Stellung" des Erwerbers habe die Abnutzbarkeit des Firmenwertes nicht begründen können. Bei dieser Beurteilung wird von der belangten Behörde zunächst außer Acht gelassen, dass zwischen der Übertragung von Gesellschaftsrechten an der gleichzeitig begründeten Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH und an der beschwerdeführenden OHG zu unterscheiden ist. In der Berufung wurde dazu vorgebracht, die OHG habe sich allein mit der Wirtschaftsprüfung und nicht mit der Steuerberatung beschäftigt. Die Befugnis eines Wirtschaftsprüfers habe Dr. P erst am 14. Dezember 1987 erlangt. In der die Berufung ergänzenden Eingabe vom 15. Jänner 1992 wurde dazu ausgeführt, in die OHG sei ein Stock von etwa fünf Großklienten übernommen worden. Diese äußerst geringe Anzahl von Klienten sei von Dr. J zum Teil seit Jahrzehnten betreut worden. Neue Klienten seien demgegenüber von der GmbH zu betreuen gewesen. Dieses Vorbringen erscheint für die Beurteilung, ob für den Bereich des von der OHG übernommenen Stocks an (wenigen) Klienten in Wirtschaftsprüfungsangelegenheiten ein besonderes Vertrauensverhältnis allein zu Dr. J bestanden hat oder ob ein solches bereits zu Dr. P hergestellt worden ist, von Bedeutung. Da sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit diesem Vorbringen in der Eingabe vom 15. Jänner 1992 nicht auseinander gesetzt hat, hat sie aber ihren Bescheid diesbezüglich mit einem Begründungsmangel belastet, bei dessen Vermeidung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Da der Aufhebungsgrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit gegenüber jenem der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften prävaliert, war der angefochtene Bescheid aus den oben angeführten Gründen gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung war aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 13. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996130040.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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