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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1356;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde der F-G in W, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 29. Jänner 1998, Zl MD-VfR-F 31/97, betreffend Kommunalsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist die im Bundesgesetz vom 12. Mai 1977 betreffend die Erleichterung der Finanzierung von Unternehmungen durch Garantien der Finanzierungsgarantie-Gesellschaft m.b.H. (Garantiegesetz 1977), BGBl. Nr. 296, genannte Gesellschaft.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 5. November 1996 wurde der Beschwerdeführerin Kommunalsteuer für die Jahre 1994 und 1995 sowie für Jänner bis Mai 1996 vorgeschrieben.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Auffassung vertreten, § 16 Abs 2 KommStG, wonach in anderen Bundesgesetzen vorgesehene Befreiungen von bundesgesetzlich geregelten Abgaben für die Kommunalsteuer nicht gelten, könne die Spezialbestimmung des § 7 Abs 4 Garantiegesetz 1977 nicht "außer Wirksamkeit setzen". Der Beschwerdeführerin seien Verwaltungsaufgaben des Bundes übertragen. Die Erfüllung dieser Aufgaben solle nach § 7 Abs 4 Garantiegesetz ebenso wenig einer bundesrechtlich geregelten Besteuerung unterliegen, wie auch sonst für Bundesbeamte mangels Unternehmereigenschaft des Bundes keine Kommunalsteuer anfalle. Insoweit die Beschwerdeführerin Aufgaben außerhalb des Hoheitsbereiches durchführe, sei Kommunalsteuer auch abgeführt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei gemäß § 3 Abs 1 KommStG 1993 Unternehmer kraft Rechtsform und daher in vollem Umfang kommunalsteuerpflichtig. Nach § 7 Abs 4 Garantiegesetz 1977 sei die Beschwerdeführerin lediglich von den bundesgesetzlich geregelten Abgaben vom Einkommen und Vermögen und den Kapitalverkehrsteuern befreit. Die Beschwerdeführerin sei daher von der Kommunalsteuer nicht befreit.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde, deren Behandlung mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28. September 1998, B 597/98-7, abgelehnt wurde und die mit weiterem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1998, B 597/98-9, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde, erwogen:
Nach § 3 Abs 1 Satz 1 KommStG 1993 umfasst das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. In der Stammfassung des KommStG 1993 galten nach Satz 3 der angeführten Gesetzesstelle Holdinggesellschaften und Mitunternehmerschaften im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 stets als Unternehmen. Durch Art X Z 1 des Abgabenänderungsgesetzes 1994, BGBl Nr 680, wurde dieser dritte Satz des § 3 Abs 1 KommStG 1993 mit Wirksamkeit vom 27. August 1994 neu gefasst. Danach gelten als Unternehmer und Unternehmen stets und in vollem Umfang Körperschaften im Sinne des § 7 Abs 3 Körperschaftsteuergesetz 1988, Stiftungen sowie Mitunternehmerschaften im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 und sonstige Personengesellschaften.
Die §§ 1 bis 5 Garantiegesetz 1977, BGBl Nr 296, lauten in ihrer hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl Nr 424/1996:
"§ 1. (1) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, zur Erleichterung der Finanzierung von Unternehmungen mit Sitz im Inland namens des Bundes Entschädigungsbürgschaften (§ 1348 ABGB) gegenüber der Finanzierungsgarantie-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im folgenden Gesellschaft genannt) für den Fall zu übernehmen, dass sie aus der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten aus der Übernahme von Haftungen in Form von Garantien oder Ausfallsbürgschaften (im folgenden Garantien genannt) Zahlungen zu leisten hat. Finanzierungen von Unternehmungen im Sinne dieses Bundesgesetzes können in Form von Krediten (Darlehen) oder durch Übernahme von Beteiligungen bestehen.
(2) Der Bundesminister für Finanzen darf Entschädigungsbürgschaften gemäß § 1 nur bis zu einem jeweils ausstehenden Gesamtbetrag von 3 Mrd. S an Kapital und 3 Mrd. S an Zinsen und Kosten und nur dann übernehmen, wenn
1. die von der Gesellschaft zu übernehmenden Garantien zur Förderung der
a) Finanzierung von Investitionen einschließlich des mit diesen Investitionen verbundenen Betriebsmittelbedarfes oder
b) Verbesserung der Finanzierungsstruktur durch Beteiligungsfinanzierung oder durch gegenüber den übrigen Gläubigern nachrangige Kreditfinanzierung dienen;
2. auf Grund der Vorschau der Gesellschaft nach angemessener Anlaufzeit eine nachhaltige Verbesserung der Ertragslage des Kreditnehmers oder der Unternehmung, an der eine Beteiligung erworben wird, erwartet werden kann und
3. sich die Finanzierung auf inländische industrielle oder gewerbliche Produktions- oder Forschungsunternehmungen sowie Unternehmungen der inländischen Fremdenverkehrs- oder Verkehrswirtschaft erstreckt.
(3) Weiters darf der Bundesminister für Finanzen Entschädigungsbürgschaften gemäß Abs. 1 nur dann übernehmen, wenn
1. die von der Gesellschaft zu übernehmende Garantie
a) 85 v.H. des Buchwertes des garantierten Rechtes zuzüglich anteiliger Zinsen und Kosten nicht übersteigt oder
b) den vollen Buchwert des garantierten Rechtes zuzüglich anteiliger Zinsen und Kosten umfasst, falls der gewährte Kredit als Deckung für vom Kreditgeber auszugebende langfristige Teilschuldverschreibungen bestimmt oder es zufolge gesetzlicher Veranlagungsvorschriften beim Kreditgeber erforderlich ist, und sich der Kreditgeber, eine andere Kreditunternehmung oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes verpflichtet, im Falle der Inanspruchnahme der Garantie die Gesellschaft nach Erfüllung der Garantieverpflichtung mit mindestens 15 v.H. des Ausfalls schadlos zu halten;
2.
die Gesamtlaufzeit der Garantie 15 Jahre nicht übersteigt;
3.
die Garantie auf Schillingwährung lautet und
4.
die von der Gesellschaft zu übernehmende Garantie im Einzelfall 2,5 Mill. S hinsichtlich der inländischen Fremdenverkehrswirtschaft 1 Mill. S nicht überschreitet. Falls es die Übernahme der Garantie zur Verbesserung der Finanzierungsstruktur erfordert, können jedoch die genannten Betragsgrenzen auch unterschritten werden.
(4) Die Garantie der Gesellschaft ist auf Grund der vom Bund übernommenen Haftung der Haftung öffentlich-rechtlicher Körperschaften gleichzuhalten.
§ 2. (1) Die Gesellschaft hat ein Konto für eine Deckungsrücklage einzurichten. Diesem Konto ist der jährliche Überschuss der Erträge - einschließlich der Erlöse aus der Verwertung von Sicherheiten - über die Aufwendungen zuzuweisen.
(2) Die Gesellschaft hat Sammelwertberichtigungen im Sinne des § 10 des Rekonstruktionsgesetzes, BGBl. Nr. 183/1955, nicht zu bilden.
§ 3. Der Bund kann von der Gesellschaft aus seiner Haftung nur insoweit in Anspruch genommen werden, als eine Zahlungsverpflichtung der Gesellschaft gemäß § 1 Abs. 1 aus der von dieser gemäß § 2 zu bildenden Deckungsrücklage nicht gedeckt werden kann.
§ 4 Die Gesellschaft hat für ihre Garantieübernahme die Zahlung eines Entgeltes von mindestens 0,5 v.H. p.a., jedoch nicht mehr als 1,5 v.H. p.a. des Buchwertes des garantierten Rechten zu vereinbaren.
§ 5. (1) Der Bundesminister für Finanzen hat zur Wahrung der Rechte des Bundes in der Gesellschaft einen Beauftragten und einen Stellvertreter des Beauftragten bei der Gesellschaft zu bestellen. Dem Beauftragten (Stellvertreter) steht das Recht zu, in alle Bücher, Urkunden und sonstigen Schriften der Gesellschaft Einsicht zu nehmen und an allen Sitzungen (ausgenommen solchen der Generalversammlung), zu welchen sie rechtzeitig einzuladen sind, teilzunehmen.
(2) Dem Beauftragten (Stellvertreter) obliegt insbesondere die Prüfung der bei der Gesellschaft eingereichten Anträge hinsichtlich der Voraussetzungen für die Übernahme der Haftung durch den Bund. Voraussetzung für die Übernahme der Haftung des Bundes ist die Zustimmung des Beauftragten (Stellvertreters) zur Übernahme der Garantie durch die Gesellschaft im Einzelfall auf Grund seiner Prüfung. Verweigert der Beauftragte (Stellvertreter) die Zustimmung, kann die Gesellschaft binnen acht Tagen, gerechnet vom Zeitpunkt der Verweigerung der Zustimmung an, beim Bundesminister für Finanzen beantragen, die Zustimmung zu erteilen; wird ein solcher Antrag nicht fristgerecht gestellt oder bestätigt der Bundesminister für Finanzen die Verweigerung, darf die Gesellschaft die Garantie nicht übernehmen. Falls der Bundesminister für Finanzen nicht binnen zwei Wochen nach Einlangen des Antrages der Gesellschaft eine Entscheidung trifft, gilt die Zustimmung als erteilt.
(3) Für die vom Bundesministerium für Finanzen dem Beauftragten und seinem Stellvertreter zu leistende Vergütung (Funktionsgebühr) ist der Gesellschaft die Entrichtung eines jeweils durch den Bundesminister für Finanzen zu bestimmenden, an den Bund zu entrichtenden jährlichen Pauschalbetrages vorzuschreiben. Die Funktionsgebühr hat in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Tätigkeit verbundenen Aufwendungen zu stehen."
Nach § 7 Abs 4 Garantiegesetz 1977 war die Gesellschaft (= die Beschwerdeführerin), soweit sie im Rahmen dieses Bundesgesetzes tätig war, von den bundesgesetzlich geregelten Abgaben vom Einkommen und vom Vermögen sowie von der Gewerbesteuer (Bundesgewerbesteuer) und den Kapitalverkehrsteuern befreit. Durch Z 7 des Bundesgesetzes BGBl Nr 424/1996 entfiel mit Wirksamkeit vom 1. August 1996 im § 7 Abs 4 Garantiegesetz 1977 die Wortfolge "der Gewerbesteuer (Bundesgewerbesteuer) und".
Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren zunächst geltend gemacht, es seien ihr Verwaltungsaufgaben des Bundes übertragen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Ausdruck "Hoheitsbereich" gebraucht. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinander gesetzt; vielmehr ging sie in diesem Bescheid ausschließlich von der Anwendung des KommStG 1993 in der Fassung des erst ab 27. August 1994 anzuwendenden Abgabenänderungsgesetzes 1994 aus. Auch bei Vermeidung dieses Begründungsmangels hätte die belangte Behörde allerdings zu keinem anderen Bescheid kommen können:
Eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des dem Umsatzsteuerrecht nachgebildeten § 3 KommStG 1993 liegt nicht vor, wenn sie eine hoheitliche Tätigkeit ist. Eine Ausübung der öffentlichen Gewalt und damit eine hoheitliche Tätigkeit ist insbesondere anzunehmen, wenn es sich um Leistungen handelt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnungen verpflichtet ist (vgl die diesbezügliche Begriffsbestimmung im § 2 Abs 5 KStG 1988). Dass die Beschwerdeführerin eine hoheitliche Tätigkeit ausübt, wird von ihr in der Beschwerde nicht ausdrücklich behauptet. Vielmehr spricht sie von einer "staatlichen" Tätigkeit, bei der sie "Nichtunternehmer" sei. In einer Replik auf die Gegenschrift der belangten Behörde ist in diesem Zusammenhang von der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben die Rede. Abgesehen davon, dass die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben nicht jener hoheitlicher Aufgaben gleichgesetzt werden kann, ist der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, dass nur eine hoheitliche Tätigkeit, nicht aber eine sonstige "staatliche" Tätigkeit, also insbesondere eine solche im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung, die Unternehmereigenschaft ausschließt.
Aus dem oben wiedergegebenen Gesetzestext des Garantiegesetzes 1977 ist aber nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführerin mit der Durchführung hoheitlicher Aufgaben betraut ist. Der zweifellos bestehende Zusammenhang mit der Erfüllung "staatlicher" Aufgaben besteht vielmehr darin, dass die Beschwerdeführerin bei der im privatrechtlichen Bereich gelegenen Übernahme von Haftungen in Form von Garantien oder Ausfallbürgschaften gegenüber gleichberechtigten Trägern von Privatrechten in ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung insoferne beschränkt ist, als die Wirksamkeit dieser Rechtsgeschäfte von der Zustimmung eines Beauftragten des Bundes abhängig ist. Eine solche Tätigkeit ist aber - ungeachtet dieser gesetzlicher Beschränkungen - als gewerbliche bzw berufliche Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs 1 KommStG 1993 anzusehen. Daraus folgt somit auch, dass die durch das Abgabenänderungsgesetz 1994 erfolgte Änderung des Satzes 3 dieser Gesetzesstelle für den Beschwerdefall nicht weiter von Bedeutung ist.
Wenn die Beschwerdeführerin weiters darauf verweist, dass sie nach § 7 Abs 4 Garantiegesetz 1977 von der Gewerbesteuer - und damit auch von der Lohnsummensteuer - befreit gewesen ist, so kann sie damit ihre Auffassung, sie sei von der Kommunalsteuerpflicht befreit, nicht stützen: Wenngleich die Lohnsummensteuer als Erhebungsform der Gewerbesteuer im Sinne der Bestimmungen des Gewerbesteuergesetzes 1953 durch das KommStG 1993 unter der Bezeichnung "Kommunalsteuer" weitergeführt wurde (vgl Fellner, MKK KommStG, § 1, Rz 1), so bedeutet dies nicht, dass Befreiungen von der Gewerbesteuer auch im Bereich der Kommunalsteuer zur Anwendung kommen können. Dem steht vielmehr die ausdrückliche Bestimmung des § 16 Abs 2 KommStG entgegen, wonach in anderen Bundesgesetzen vorgesehene Befreiungen von bundesgesetzlich geregelten Abgaben nicht für die Kommunalsteuer gelten. Nach dieser eindeutigen und nicht weiter auslegungsbedürftigen Bestimmung war somit die Befreiungsbestimmung im § 7 Abs 4 Garantiegesetz 1977 auf die Kommunalsteuer nicht anzuwenden. § 16 Abs 2 KommStG kann überdies entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keine Differenzierung danach entnommen werden, ob in einer bundesgesetzlichen Regelung eine Befreiung von allen bundesgesetzlich geregelten Abgaben oder eine solche nur von bestimmten bundesgesetzlich geregelten Abgaben (hier: von der Gewerbesteuer) enthalten war. Die Auffassung, dass sämtliche Befreiungsvorschriften in bundesgesetzlichen Regelungen - ausgenommen Regelungen des internationalen Rechtes - von sämtlichen bundesgesetzlich geregelten Abgaben auf die Kommunalsteuer unanwendbar sind, wird auch vom Ausschussbericht zum KommStG 1993 gestützt, wonach es der Zielsetzung des Gesetzgebers entsprach, dass Befreiungen von der Kommunalsteuer ausnahmslos im KommStG selbst geregelt sein sollten (vgl 1302 BlgNR 18. GP).
Die Beschwerde war aus den dargestellten Gründen gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 13. Oktober 1999
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999130010.X00Im RIS seit
21.02.2002