Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Kontrollorin Gsellmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Faisal N***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Edgar A***** gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 10. Juli 2018, GZ 613 Hv 7/18w-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Edgar A*****, demgemäß auch im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie im Kostenausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – Edgar A***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 (zu ergänzen:) zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II) schuldig erkannt.
Danach hat er zwischen 10. und 13. Februar 2018 in M***** zur Einfuhr einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift durch den unter einem rechtskräftig wegen des Transports von 18 Kilogramm Heroin (Reinsubstanz 9.000 Gramm Heroin und 660 +/- 24 Gramm Monoacetylmorphin) per Flugzeug von L***** via J***** und K***** nach Österreich schuldig erkannten Angeklagten Faisal N***** beigetragen, indem er die Übernahme der Hälfte des geschmuggelten Suchtgifts in Österreich zusagte und sich zu dessen Abholung zum vereinbarten Treffpunkt in einem Hotel in S***** begab.
Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 4 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A*****.
Rechtliche Beurteilung
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Urteil im – den Beschwerdeführer betreffenden – Schuldspruch II nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 9 lit a) zu seinem Nachteil anhaftet, die von Amts wegen wahrzunehmen war (§
290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
Beitragstäterschaft im Sinn des § 12 dritter Fall StGB setzt ein Verhalten voraus, das die Ausführung der Tat durch einen anderen ermöglicht, erleichtert, absichert oder in anderer Weise fördert.
Der Beitrag muss vor oder während der Ausführung der Tat geleistet werden und für den Tatablauf kausal sein. Er kann in einer psychischen Unterstützung bestehen, worunter auch ein Bestärken im Tatentschluss, etwa durch die Zusicherung einer (wenn auch) erst nach Tatausführung zu gewährenden Hilfestellung, fällt (RIS-Justiz
RS0090508, RS0090488 [T2], RS0090384).
Demgemäß begründet bei – hier in Rede stehender – Einfuhr von Suchtgift die (mit entsprechendem Vorsatz) erklärte Zusage an den unmittelbaren Täter (im Falle – hier allerdings nicht konstatierter – Tatbegehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung auch mittelbar über die Organisatoren des Suchtgiftschmuggels; vgl dazu 15 Os 119/92 [zur Rechtslage nach dem SGG]), das eingeführte Suchtgift im Inland zu übernehmen, (nur dann) psychische Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB, wenn sie vor oder während der Tatausführung erfolgt und zwischen ihr und der Verwirklichung des Tatbildes ein ursächlicher Zusammenhang im aufgezeigten Sinn besteht (RIS-Justiz RS0087917; zum Ganzen: Fabrizy in WK² StGB § 12 Rz 87 ff, 94 [zum Erfordernis einer strengen
Kausalitätsprüfung besonders bei psychischem Beitrag: Rz 90]).
Nach den insoweit wesentlichen Feststellungen (US 4 ff) reiste der unmittelbare Täter N***** am 10. Februar 2018 per Flugzeug von Pakistan über Saudi-Arabien und Ägypten nach Österreich. Dabei checkte er einen Koffer auf seinen Namen ein, der ihm „vor seiner Abreise in Pakistan … übergeben worden war“ und – verpackt in zwei Laptoptaschen – 18 Kilogramm Heroin (Reinsubstanz 9.000 Gramm Heroin und 660 +/- 24 Gramm Monoacetylmorphin) enthielt. Da das Gepäckstück jedoch nicht „gemeinsam mit dem Erstangeklagten (sondern erst am 13. Februar 2018) in W***** einlangte“, erstattete dieser am Lost & Found-Schalter des Flughafens eine entsprechende Verlustmeldung und gab dort als Zustelladresse ein Hotel in S***** an, in dem er in weiterer Folge ein Zimmer bezog und auf das Einlangen des Koffers wartete.
Der Angeklagte A***** hatte „zuvor unbekannten Hintermännern noch vor Eintreffen des Heroins in Österreich die Übernahme der Hälfte des vom Erstangeklagten transportierten Heroins in Österreich zugesagt“. Im Sinne dieser Erklärung reiste er am Morgen oder Vormittag des 13. Februar 2018 mit dem Flugzeug von B***** nach W*****, begab sich danach in das selbe Hotel wie der Angeklagte N***** und klopfte in der Folge dort an dessen Zimmertüre, um das Heroin abzuholen.
Die baldige Ankunft einer oder mehrerer Personen, welchen das Suchtgift übergeben werden sollte, war dem Letztgenannten nach den weiteren Urteilsannahmen von seinen „Hintermännern“ erst während seines Aufenthalts in dem Hotel „vor Einlangen des Koffers in W*****“ telefonisch angekündigt worden.
Abgesehen davon, dass sich aus diesen Feststellungen nicht einmal unmissverständlich ergibt, ob die Suchtgifteinfuhr zu diesem Zeitpunkt nicht bereits vollendet war (vgl dazu erneut RIS-Justiz RS0087917, RS0087977), erreichte der Anruf den Angeklagten N***** danach jedenfalls erst, als er zu der dem Tatbestand des § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG entsprechenden Sachverhaltswirklichung nichts mehr beizutragen hatte, der tatbestandsmäßige Erfolg also ohne sein weiteres Zutun eingetreten wäre (zum beendeten Versuch: Hager/Massauer in WK² StGB § 16 Rz 155).
Dass er davor Kenntnis von der gelungenen Organisation der Suchtgiftübernahme im Inland erlangt hätte (vgl auch RIS-Justiz RS0090165), wurde nicht festgestellt. Inwieferne das konstatierte Verhalten des Beschwerdeführers den unmittelbaren Täter dennoch in seinem Tatentschluss bestärken hätte können, lässt sich dem Urteilssachverhalt nicht entnehmen. Dass dadurch allfällige (in der Veranlassung des Angeklagten N***** zur Suchtgifteinfuhr oder der Übergabe des Heroins an diesen bestehende) Bestimmungs- oder Beitragshandlungen der „unbekannt gebliebenen Hintermänner“ im Sinn des § 12 dritter Fall StGB gefördert worden wären (vgl dazu Fabrizy in WK² § 12 Rz 96), geht daraus ebenso wenig hervor, weil auch die dazu in zeitlicher Hinsicht getroffenen Feststellungen („noch vor Eintreffen des Heroins in Österreich“; US 6) offen lassen, ob die inkriminierte Zusage vor oder nach deren relevanten Tathandlungen erfolgte und ob der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Zusage und Tatausführung gegeben war.
Die Konstatierung, nach der der Beschwerdeführer durch die festgestellte Erklärung gegenüber den „Hintermännern“ – mit darauf gerichtetem Vorsatz – einen kausalen Beitrag zur Suchtgifteinfuhr leistete (erneut US 6), bleibt daher ohne Sachverhaltsbezug (RIS-Justiz
Da aufgrund des aufgezeigten Rechtsfehlers mangels Feststellungen eine Aufhebung des Urteils bereits bei nichtöffentlicher Beratung unvermeidlich ist (§ 285e StPO),
erübrigt sich ein Eingehen auf die Argumentation der Nichtigkeitsbeschwerde.
Bleibt der Vollständigkeit halber für den zweiten Rechtsgang anzumerken, dass hinsichtlich der von der Anklage umfassten versuchten Übernahme (der Hälfte) des nach Österreich geschmuggelten Suchtgifts im Inland (ON 38 S 3) – im Fall der Erweislichkeit eines auf dessen nachfolgende Inverkehrsetzung gerichteten Vorsatzes – eine rechtliche Beurteilung als Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 15 StGB, § 28 Abs 1 und 2 (Abs 3) SMG in Betracht kommt (vgl RIS-Justiz RS0111410 [T9]).
Mit seiner Berufung war der Angeklagte
A***** auf diese Entscheidung zu verweisen.
Eine Kostenentscheidung entfällt, weil das Urteil im ihn betreffenden Umfang zur Gänze aufgehoben wurde (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 7).
Textnummer
E123272European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00106.18X.1113.000Im RIS seit
28.11.2018Zuletzt aktualisiert am
28.07.2021