TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/20 W199 2143215-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2018
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Entscheidungsdatum

20.08.2018

Norm

AVG §57 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
GEG §7 Abs2
GGG Art.1 §14
GGG Art.1 §15 Abs3a
JN §56 Abs2
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W 199 2143215-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael SCHADEN als Einzelrichter über die Beschwerde von der XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 09.11.2016, Zl. 100 Jv 243/161-33-3, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 14 GGG iVm § 56 Abs. 2 JN stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Herr XXXX räumte mit zwei Vereinbarungen vom 26.6.2009 seiner Ehefrau, der beklagten Partei des Grundverfahrens, das Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB hinsichtlich der in seinem Eigentum stehenden Anteile an bestimmten Liegenschaften ein. Der beschwerdeführenden Gesellschaft, einer Bank, standen oder stehen gegen Herrn XXXX auf Grund zweier Wechselzahlungsaufträge des Landesgerichtes Salzburg (in der Folge: Landesgericht) zwei vollstreckbare Forderungen zu, und zwar über 72.670 Euro sA und über 363.000 Euro sA. Da sie auf Grund der Belastungs- und Veräußerungsverbote nicht in die Herrn XXXX gehörenden Liegenschaftsanteile vollstrecken konnte, brachte sie am 24.2.2011 gegen die Beklagte eine Klage mit folgendem Urteilsbegehren ein:

"1. Die aufgrund der Vereinbarungen vom 26.06.2009 zugunsten der beklagten Partei erfolgte Einräumung der Belastungs- und Veräußerungsverbote hinsichtlich der Herrn XXXX [...] gehörenden Anteile [an näher genannten Liegenschaften] wird gegenüber der klagenden Partei für rechtsunwirksam erklärt.

2. Die beklagte Partei ist schuldig, die Exekution der klagenden Partei durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung und/oder Zwangsversteigerung in die dem Herrn XXXX [...] gehörenden Anteile an [näher genannten Liegenschaften] zur Einbringung der vollstreckbaren Forderungen aufgrund der beiden Wechselzahlungsaufträge des Landesgerichtes [...] im Betrag von €

363.000 samt 5,625 % Zinsen seit 16.09.2010 sowie Prozesskosten in Höhe von EUR 8.341,44 bzw. im Betrag von EUR 72.670,00 samt 5,625 % Zinsen seit 04.09.2010, sowie Prozesskosten in Höhe von EUR 2.149,66, sowie der Kosten dieses Prozesses zu gestatten."

Der dritte Punkt des Klagebegehrens betrifft die Kosten des mit dieser Klage eröffneten Rechtsstreits, also des Grundverfahrens. Im Rubrum der Klagsschrift heißt es "wegen: Anfechtung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes (Streitwert: € 70.000,00 sA.)". Nach einem Vermerk des Kostenbeamten vom 28.2.2011, der auf der Klage angebracht ist, wurden Gebühren von 1258 Euro eingezogen.

1.2. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 15.9.2016 schrieb die Kostenbeamtin des Landesgerichtes namens des Präsidenten dieses Gerichtshofes - der belangten Behörde - der beschwerdeführenden Gesellschaft "Gebühren/Kosten" zur Zahlung vor, die im Verfahren aufgelaufen seien, und zwar

"Sonstige Vorschreibung ON 1 restl. TP 1 6.071,00 EUR

Einhebungsgebühr § 6a Abs 1 GEG 8,00 EUR

offener Gesamtbetrag 6.079,00 EUR"

Eine Begründung enthält dieser Mandatsbescheid nicht. Aus dem vorgelegten Akt ergibt sich jedoch, dass der Revisor oder die Revisorin des Oberlandesgerichtes Linz beim Landesgericht am 10.8.2016 die Gebührenberechnung beanstandete und restliche Pauschalgebühren nach TP 1, TP 2 und TP 3 Gerichtsgebührengesetz BGBl. 501/1984 (in der Folge: GGG; die beklagte Partei hatte Berufung und Revision erhoben) von 6071, von 9514 und von 12.691 Euro für angebracht hielt. Am selben Tag ist möglicherweise eine Lastschriftanzeige über 6071 Euro an die beschwerdeführende Gesellschaft ergangen.

1.3. Gegen diesen Mandatsbescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft am 22.9.2016 eine Vorstellung, in der ausgeführt wurde, eine notwendige Konsequenz der Unwirksamerklärung der Belastungs- und Veräußerungsverbote sei es, dass die beklagte Partei die Exekution (durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung bzw. Zwangsversteigerung) in die Anteile an den erwähnten Liegenschaften gestatten müsse. Die Exekution diene der Einbringung der vollstreckbaren Forderungen auf Grund zweier Wechselzahlungsaufträge im Betrag von 363.000 Euro sowie im Betrag von 72.670 Euro, insgesamt sohin von 435.670 Euro. Die Revisorin des Landesgerichtes (gemeint: des Oberlandesgerichtes Linz beim Landesgericht) habe nunmehr den Betrag von 435.670 Euro als Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG herangezogen. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe ihr Interesse an der Anfechtung der Belastungs- und Veräußerungsverbote gemäß § 56 Abs. 2 JN mit 70.000 Euro bewertet. Dies sei zulässig, da die beiden Urteilsbegehren weder den §§ 57 und 58 JN unterstellt werden könnten noch geldgleiche Ansprüche zum Inhalt hätten. Die Rechtsansicht der Revisorin beruhe offenbar auf einem falschen Verständnis des § 15 Abs. 3a GGG (den die Vorstellung sodann zitierte). Im Grundverfahren sei niemals von der beklagten Partei die unmittelbare oder mittelbare Zahlung eines Betrages verlangt worden. Sie sollte nur dazu verpflichtet werden, sich gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht auf das Belastungs- und Veräußerungsverbot zu berufen, sodass die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung bzw. Zwangsversteigerung möglich werde. Die Anwendung des § 15 Abs. 3a GGG setze voraus, dass ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren Gegenstand einer Klage sei. Die im zweiten Punkt des Urteilsbegehrens genannten Beträge hätten jedoch nur der näheren Bestimmung jener Wechselzahlungsaufträge gedient, deren exekutive Durchsetzung die beklagte Partei zu dulden habe. Die dort angeführten Geldbeträge seien somit nicht Inhalt der Leistungspflicht oder Gegenstand der Klage geworden, sodass § 15 Abs. 3a GGG nicht anzuwenden sei (Hinweis auf VwGH 27.9.2012, 2012/16/0073; 16.10.2014, 2011/16/0219).

Die Vorstellung langte am 22.9.2016 beim Landesgericht ein; am 27.9.2016 legte die Kostenbeamtin sie der belangten Behörde zur Entscheidung vor, wo sie noch am selben Tag einlangte.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid schrieb die belangte Behörde der beschwerdeführenden Gesellschaft Gerichtsgebühren vor, die wie folgt aufgeschlüsselt werden:

"restliche Pauschalgebühr Tarifpost 1 Gerichtsgebührengesetz

Bemessungsgrundlage € 435.670,-- € 6.071,--

Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz €

€ 8,--

offener Gesamtbetrag € 6.079,--"

Begründend wird zunächst der Verfahrensgang geschildert. Die belangte Behörde gibt den Inhalt von Rechtsgrundlagen wieder (§ 14 GGG, § 57 JN, § 15 Abs. 3a GGG). Nach ständiger Rechtsprechung (Hinweis auf VwGH 26.2.2004, 2003/16/0125) sei § 56 Abs. 2 JN auf Klagen betreffend die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer ziffernmäßig bestimmten Geldforderung nicht anzuwenden. In diesen Fällen entspreche der Streitwert dem Geldbetrag, der dem Anspruch zugrunde liege. § 15 Abs. 3a GGG setze nicht voraus, dass Gegenstand der Klage ein Leistungsbegehren oder die Feststellung von Forderungen oder Verpflichtungen sei. Nach dem "klaren Wortlaut" dieser Bestimmung bilde ein Geldbetrag, der in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren Gegenstand einer Klage sei, ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger die Bemessungsgrundlage. Soweit im ersten Halbsatz demonstrativ auf Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren verwiesen werde, bedeute dies keine Einschränkung des Tatbestandsmerkmales "ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren" (Hinweis auf VwGH 26.6.2014, Ro 2014/16/0033). Im vorliegenden Fall betrage der zu sichernde Anspruch 363.000 sowie 72.670 Euro, "welcher" als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei. Da gemäß § 7 Abs. 2 des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes BGBl. 288/1962 (in der Folge: GEG) der Mandatsbescheid ex lege außer Kraft getreten sei, sei "der angeführte Zahlungsauftrag neu zu erlassen" gewesen.

Dieser Bescheid wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft am 15.11.2016 zu Handen ihrer rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 13.12.2016 bei der belangten Behörde eingelangte und daher fristgerechte Beschwerde. Begründend wiederholt sie das Vorbringen der oben geschilderten Vorstellung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten Sachverhalt aus.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Beschwerde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Dies ist bei Rechtssachen nach dem GGG der Fall, wie sich aus § 1 Z 1 und § 6 Abs. 1 GEG ergibt.

3.2. Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Art. 1 BG BGBl. I 33/2013 (in der Folge: VwGVG), idF BG BGBl. I 122/2013 ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits kundgemacht waren, unberührt. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - wie die vorliegende - das AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teiles, die Bestimmungen weiterer, hier nicht relevanter Verfahrensgesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Verwaltungsbehörde in jenem Verfahren angewandt hat oder anzuwenden gehabt hätte, das dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - und somit auch das Bundesverwaltungsgericht - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Verwaltungsbehörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde "unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens" widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Verwaltungsbehörde ist dabei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von der das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine andere als die Zuständigkeit des Einzelrichters ist für die vorliegende Rechtssache nicht vorgesehen, daher ist der Einzelrichter zuständig.

Zu A)

1.1.1.1. § 57 AVG lautet:

"(1) Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.

(2) Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

(3) Die Behörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen."

Bescheide nach § 57 AVG werden üblicherweise als "Mandatsbescheide" bezeichnet.

1.1.1.2. § 7 GEG steht unter der Überschrift "Vorstellung und Berichtigung"; seine Absätze 1 und 2 lauten wie folgt:

(1) Wer sich durch den Inhalt eines Mandatsbescheids, der von einem Kostenbeamten (§ 6 Abs. 2) namens der Behörde erlassen wurde, beschwert erachtet, kann binnen zwei Wochen Vorstellung bei der Behörde (§ 6 Abs. 1) erheben. In der Rechtsmittelbelehrung des Mandatsbescheids kann auch angeordnet werden, dass die Vorstellung bei der das Grundverfahren führenden Dienststelle einzubringen ist; auch in diesem Fall gilt aber die Einbringung bei der Behörde nach § 6 Abs. 1 als rechtzeitig.

(2) Verspätete und unzulässige Vorstellungen sind von der Behörde zurückzuweisen. Mit der rechtzeitigen Erhebung der Vorstellung tritt der Mandatsbescheid außer Kraft, soweit sich die Vorstellung nicht ausdrücklich nur gegen einen Teil des vorgeschriebenen Betrags richtet. Die Behörde kann erforderlichenfalls Ermittlungen durchführen und hat mit Bescheid auszusprechen, ob und inwieweit eine Zahlungspflicht besteht; dabei ist sie nicht an die Anträge der Partei gebunden, sondern kann auch über eine weitergehende Zahlungspflicht absprechen. Liegt dem Mandatsbescheid ein Antrag zu Grunde, so hat die Behörde über diesen abzusprechen; die Frist nach § 73 Abs. 1 AVG beginnt mit dem Einlangen der Vorstellung. Bescheide nach diesem Absatz dürfen nicht vom Kostenbeamten nach § 6 Abs. 2 im Namen der Behörde erlassen werden."

§ 7 GEG wurde durch Art. 5 Z 5

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz - Justiz BGBl. I 190/2013 (in der Folge: VAJu) neu gefasst; Abs. 1 gilt in dieser Fassung. Sie trat gemäß § 19a Abs. 11 erster Satz GEG idF des Art. 5 Z 14 VAJu mit 1.1.2014 in Kraft. Durch Art. 2 Z 4 Gerichtsgebühren-Novelle 2015 BGBl. I 156 (in der Folge: GGN 2015) wurde § 7 Abs. 2 GEG geändert. Die Neufassung trat gemäß § 19a Abs. 15 erster Satz GEG idF des Art. 2 Z 5 GGN 2015 am 1.1.2016 in Kraft und ist nach dieser Vorschrift auf Vorschreibungsverfahren anzuwenden, in denen die Vorstellung nach dem 31.12.2015 erhoben wird.

Da die Vorstellung 2016 erhoben wurde, ist die Neufassung im vorliegenden Verfahren anzuwenden.

1.1.2. § 6 GEG steht unter der Überschrift "Zuständigkeit"; sein Abs. 2 lautet:

"Die nach Abs. 1 zuständige Behörde kann die Leiter der Geschäftsabteilungen oder andere geeignete Bedienstete der eigenen oder der das Grundverfahren führenden Dienststelle ermächtigen, Entscheidungen (Mandatsbescheide) auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren im Namen der Behörde zu erlassen (Kostenbeamte). Insoweit sind sie auch unmittelbar der Dienst- und Fachaufsicht der Behörde unterstellt. Gegen einen vom Kostenbeamten erlassenen Bescheid ist nur das Rechtsmittel der Vorstellung (§ 7 Abs. 1) zulässig; eine Belehrung darüber und über die Tatsache, dass der Bescheid vom Kostenbeamten im Namen der Behörde erlassen wurde, muss dem Bescheid zu entnehmen sein."

Diese Gestalt erhielt § 6 Abs. 2 GEG durch Art. 5 Z 2 VAJu; er trat gemäß § 19a Abs. 11 GEG idF des Art. 5 Z 14 VAJu am 1.1.2014 in Kraft.

1.2.1. § 14 GGG lautet:

"Bemessungsgrundlage ist, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN."

Diese Bestimmung gilt in der Stammfassung des GGG.

§ 56 JN lautet:

"(1) Erbietet sich der Kläger an Stelle der angesprochenen Sache eine bestimmte Geldsumme anzunehmen oder stellt er ein alternatives Begehren auf Zuerkennung einer Geldsumme, so ist die in der Klage angegebene Geldsumme für die Beurtheilung der Zuständigkeit und für die Besetzung des Gerichtes (§ 7a) maßgebend.

(2) In allen anderen Fällen hat der Kläger den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung von Feststellungsklagen. Unterläßt der Kläger eine Bewertung in einer Klage, so gilt der Betrag von 5000 Euro als Streitwert.

(3) Bei der Bewertung des Streitgegenstandes sind die dem Kläger etwa obliegenden Gegenleistungen nicht in Abzug zu bringen."

Diese Gestalt erhielt § 56 JN durch Art. 12 Z 2 Budgetbegleitgesetz 2009 BGBl. I 52.

1.2.2. Der Abs. 3a des § 15 GGG - der unter der Überschrift "Besondere Bestimmungen" steht - lautet:

"Ist ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren, Gegenstand einer Klage, so bildet - ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger nach § 56 Abs. 2 der Jurisdiktionsnorm - dieser Geldbetrag die Bemessungsgrundlage."

Diese Gestalt erhielt § 15 Abs. 3a GGG durch Art. X Z 2 Zivilverfahrens-Novelle 2004 BGBl. I 128. Gemäß Art. VI Z 22 dritter Satz GGG idF Art. X Z 6 Zivilverfahrens-Novelle 2004 trat § 15 Abs. 3a GGG idF des Art. X Z 2 Zivilverfahrens-Novelle 2004 mit 2.1.2005 in Kraft.

2.1. Unter dem Datum des 15.9.2016 erging ein Mandatsbescheid, gegen den die beschwerdeführende Gesellschaft am 22.9.2016 eine Vorstellung erhob. Diese langte am selben Tag beim Landesgericht ein und war offenbar rechtzeitig; sie wandte sich nicht nur "gegen einen Teil des vorgeschriebenen Betrags". Daher trat die Rechtsfolge des § 7 Abs. 2 zweiter Satz GEG ein: Der Mandatsbescheid trat außer Kraft. Bei dieser Vorschrift handelt es sich offenbar um eine lex specialis gegenüber § 57 Abs. 3 erster Satz AVG.

Die belangte Behörde war daher frei, einen neuen Bescheid zu erlassen; genau dies hat sie mit dem angefochtenen Bescheid getan.

2.2.1. Mit dem ersten Punkt des Klagebegehrens wurde beantragt, die Einräumung von Belastungs- und Veräußerungsverboten gegenüber der klagenden Partei für rechtsunwirksam zu erklären. Dass hier ein Geldbetrag nicht Gegenstand der Klage bildet, ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht strittig. Der zweite Punkt des Klagebegehrens zielt darauf, dass die klagende Partei die Exekution zur Einbringung vollstreckbarer Forderungen in näher bestimmte Liegenschaftsteile zu gestatten habe. Hier handelt es sich offenkundig um kein Leistungsbegehren. Zwischen den Parteien ist strittig, ob hier "ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren, Gegenstand einer Klage" ist. Wäre dies der Fall, so bildete dieser Geldbetrag die Bemessungsgrundlage, auch wenn die klagende Partei, hier die beschwerdeführende Gesellschaft, den Klagsgegenstand nach § 56 Abs. 2 JN anders bewertet hat (§ 15 Abs. 3a GGG). Die belangte Behörde ist der Ansicht, die im zweiten Punkt des Klagebegehrens genannten Beträge (die vollstreckbaren Forderungen, die der beschwerdeführenden Gesellschaft auf Grund zweier Wechselzahlungsaufträge zustehen) seien in diesem Sinn "Gegenstand" der Klage.

Ist durch eine anfechtbare Rechtshandlung eine Sache an den Anfechtungsgegner veräußert oder geschenkt worden (fallbezogen: Ist sie dieserart dem Zugriff des Gläubigers entzogen worden), so kann der Gläubiger verlangen, dass der Anfechtungsgegner ihm zur Hereinbringung seiner Geldforderung die Exekution auf die Sache gestattet, als ob der Schuldner sie nicht veräußert oder verschenkt hätte (fallbezogen: als ob er kein Belastungs- und Veräußerungsverbot eingeräumt hätte). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes muss die Anfechtungsklage in diesem Fall den Gegenstand, in den die Forderung vollstreckt werden soll, angeben und das Begehren enthalten, dass der Anfechtungsgegner die Zwangsvollstreckung zur Befriedigung der gegnerischen Forderung in diesen Gegenstand zu dulden habe (SZ 2009/84 mwN). Genau das ist mit dem zweiten Punkt des Klagebegehrens geschehen: Sein Gegenstand ist die Verpflichtung der beklagten Partei, die Exekution durch die klagende Partei (also die beschwerdeführende Gesellschaft) in Gegenstände zu dulden, die ihr gar nicht selbst gehören, hinsichtlich derer ihr aber ein Belastungs- und Veräußerungsverbot eingeräumt ist. Das Bundesverwaltungsgericht kann nicht finden, dass die Bezugnahme auf zwei Wechselzahlungsaufträge im zweiten Punkt des Klagebegehrens bereits dazu führen würde, dass Gegenstand der Klage ein Geldbetrag wäre (vgl. auch die Rsp. des OGH, wonach beim Anfechtungsanspruch auf Duldung einer Exekution [zur Hereinbringung einer Geldforderung] der Streitgegenstand nicht in einem Geldbetrag besteht: RIS-Justiz RS0042300). Der bloße Umstand, dass ein Betrag aus welchem Grund auch immer - hier: um die Forderungen zu spezifizieren - genannt wird, kann nicht dazu führen, dass dieser Geldbetrag bereits dadurch "Gegenstand" der Klage iSd § 15 Abs. 3a GGG wäre. Wollte man dies annehmen, so sind Fälle denkbar, in denen dies zu völlig unsachlichen Ergebnissen führen würde. Dies kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden. So hat auch der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass § 15 Abs. 3a GGG nicht anzuwenden ist, wenn die im Klagebegehren genannten Beträge nur zur Bestimmung jenes Geschäftes (fallbezogen: jenes Devisenoptionsgeschäftes) dienten, aus dem die den Klägern behaupteter Maßen entstandenen oder noch entstehenden Schäden resultieren, ohne dass anhand dieser Beträge das endgültige Schadensausmaß und damit der festzustellende Haftungsumfang betraglich eingegrenzt worden wären (VwGH 27.9.2012, 2012/16/0073).

Zweck des § 15 Abs. 3a GGG ist es offenbar, zu verhindern, dass durch eine zu niedrig angesetzte Bewertung die Bemessungsgrundlage verfälscht und der Gebührengläubiger um seine Ansprüche verkürzt werde. Damit davon gesprochen werden kann, dass "ein Geldbetrag [...] Gegenstand einer Klage" geworden ist, muss also ein Zusammenhang zwischen dem Streitgegenstand und dem Betrag bestehen, der im Klagebegehren genannt wird. In einer Konstellation wie der vorliegenden ist das nicht offenkundig der Fall: Unter diese Fallgruppe fallen auch Klagen, in denen eine Forderung hereingebracht werden soll, die weitaus höher als der Wert des Gegenstandes ist, auf den sich die Anfechtung bezieht, für die aber zB ein Exekutionstitel besteht. Wird in einem solchen Fall die Forderung im Klagebegehren spezifiziert, indem der Exekutionstitel und dabei auch seine Höhe genannt werden, so ist nicht ersichtlich, dass es einen Zusammenhang zwischen dieser Höhe und dem Streitwert gäbe. Dem Gläubiger muss es aber selbstverständlich unbenommen bleiben, auch in solchen Fällen zumindest eine teilweise Befriedigung in dem Gegenstand geringeren Wertes zu suchen.

Gegen dieses Auslegungsergebnis spricht jedenfalls nicht, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum GGG die Gebührenpflicht an formale äußere Tatbestände anknüpft, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten (statt vieler VwGH 22.10.2015, Ro 2014/16/0021, mwN; 12.9.2017, Ra 2017/16/0119; ausdrücklich auf eine solche Handhabung durch den Kostenbeamten abstellend VwGH 21.9.2005, 2005/16/0138; 26.9.2006, 2006/16/0065; 25.1.2007, 2006/16/0141, vgl. auch schon VwGH 17.10.2001, 2001/16/0347). Ein solcher formaler äußerer Tatbestand liegt hier in der Erhebung der Klage (VwGH 28.2.2014, 2011/16/0183), aber auch in der Bewertung des Streitgegenstandes durch den Kläger. Durch das Anknüpfen an einen weiteren Betrag, der im Klagebegehren auch genannt wird, wird die Handhabung des Gesetzes nicht vereinfacht; im Gegenteil gewährleistet gerade das Anknüpfen an die Bewertung durch den Kläger eher "eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes". Nun verbietet § 15 Abs. 3a GGG allerdings für die von ihm erfassten Fälle (und nur für diese) das Anknüpfen an den formalen äußeren Tatbestand der Bewertung des Streitgegenstandes durch den Kläger. Soweit für diesen Auslegungsgrundsatz daher im Zusammenhang mit § 15 Abs. 3a GGG überhaupt noch Raum bleibt, muss, damit der in der Klagsschrift genannte Betrag Gegenstand der Klage wird, dies ohne Weiteres erkennbar sein (wie dies bei den im Gesetz beispielhaft genannten Feststellungs- und Unterlassungsklagen in der Regel der Fall ist); ansonsten kann davon nicht ausgegangen werden, wäre doch das Gesetz dann nicht möglichst einfach handhabbar. Da aber, wie oben ausgeführt, ein Zusammenhang zwischen dem Streitgegenstand und jenem Betrag bestehen muss, der im Klagebegehren genannt wird, will man dem Gesetz nicht einen völlig unsachlichen Inhalt unterstellen, muss auch dieser Zusammenhang erst festgestellt werden, ein Vorgang, der möglicherweise nicht als "eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes" bezeichnet werden kann.

- Aber auch abgesehen davon kann ganz grundsätzlich das Anliegen des Gesetzgebers, eine einfache Handhabbarkeit der Gebührenvorschriften sicherzustellen, nicht dazu führen, allenfalls völlig unsachliche Ergebnisse zu rechtfertigen, vielmehr ist dieser Auslegungsgesichtspunkt nur einer unter mehreren.

2.2.2. § 15 Abs. 3a GGG ist somit nicht heranzuziehen. Bemessungsgrundlage ist vielmehr gemäß § 14 GGG iVm § 56 Abs. 2 JN der von der beschwerdeführenden Gesellschaft als klagender Partei angegebene Wert des Streitgegenstandes, somit 70.000 Euro. Die entsprechende Gebühr ist bereits bei Klagseinbringung eingezogen worden. Eine weitere Gebühr hat die beschwerdeführende Gesellschaft nach dem Gesagten nicht zu entrichten.

2.2.3. Da der angefochtene Bescheid aus diesen Gründen mit Rechtswidrigkeit belastet ist, ist er aufzuheben.

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Sie kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegensteht.

Eine mündliche Verhandlung konnte daher unterbleiben, da der Sachverhalt feststeht, eine weitere Klärung der Rechtssache durch eine Verhandlung nicht zu erwarten ist und dem auch die oben genannten Vorschriften nicht entgegenstehen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, nämlich der Frage, ob die - allenfalls zufällige - Nennung eines Geldbetrages im Klagebegehren einer Anfechtungsklage Bemessungsgrundlage iSd § 15 Abs. 3a GGG ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 4.7.2018, L521 2198869-1/2E, einen mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Fall in derselben Weise entschieden wie mit dem vorliegenden Erkenntnis. Es hat dort die Revision mit der Begründung zugelassen, es könne - "schon in Anbetracht des weit gefassten Wortlautes des § 15 Abs. 3a GGG" - auch die Ansicht "vertreten werden, dass die im Klagebegehren ziffernmäßig genannte Forderung, die mittels der Anfechtungsklage einer Befriedigung zugeführt werden soll, das wertmäßige Interesse des Klägers in diesem Verfahren konstituiert und demnach sehr wohl Gegenstand der Klage im Sinn des § 15 Abs. 3a GGG" sei. Aus demselben Grund erachtet das Bundesverwaltungsgericht auch die Revision gegen das vorliegende Erkenntnis für zulässig.

Schlagworte

Anfechtungsklage, Bemessungsgrundlage, ersatzlose Behebung,
Geldbetrag, Klagsgegenstand, Mandatsbescheid, Rechtslage,
Streitgegenstand, Streitwert, Vorstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W199.2143215.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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