Entscheidungsdatum
11.09.2018Norm
BDG 1979 §44 Abs1Spruch
W170 2191858-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Robathin & Partner Rechtsanwalts KG, gegen das Disziplinarerkenntnis des Kommandanten der Militärstreife und Militärpolizei vom 09.03.2018, Zl. S91551/10-MilStrf&MP/Kdo/2017 (1), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Heeres-disziplinargesetz 2014, BGBl. I Nr. 2/2014 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, und § 44 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch zu lauten hat:
" XXXX ist schuldig, er hat am 28.06.2017, gegen 16.30 Uhr, in Wien 22., Schillingstr. 18 (ARBÖ-Übungsplatz) im Rahmen eines Fahrsicherheitstrainings die durch Vorzeigen einer Übung gegebene Weisung des Vorgesetzten XXXX vorsätzlich missachtet, indem er vorsätzlich entgegen dieser Weisung das zu beübende Modul verlassen und vorsätzlich ein anderes Modul befahren hat.
XXXX hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung nach § 44 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, begangen.
Über XXXX wird gemäß § 6 Heeresdisziplinargesetz 2014, BGBl. I Nr. 2/2014 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, die Disziplinarstrafe einer Geldbuße in der Höhe von € 80,-- verhängt."
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer), ein (zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt karenzierter) Unteroffizier des Bundesheeres, war am 28.06.2017 Soldat der Militärstreife und der Militärpolizei.
2. Nach Durchführung eines Kommandantenverfahrens wurde der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis des Kommandanten der Militärstreife und Militärpolizei vom 09.03.2018, Zl. S91551/10-MilStrf&MP/Kdo/2017 (1), mit einer Geldbuße in der Höhe von € 80,- disziplinarrechtlich bestraft, weil er am 28.06.2017, gegen 16.30 Uhr, gegen die Dienstpflicht gegenüber Vorgesetzten "gem. § 44 (1) des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979" verstoßen habe, indem er im Zuge eines Fahrsicherheitstrainings am ARBÖ Gelände in Wien 22., Schillingstraße 18, den Anordnungen des Ausbildungsleiters, XXXX , fahrlässig nicht nachgekommen sei und in Folge durch unbefugtes und unsachgemäßes Befahren einer Ausbildungseinrichtung Sachschaden verursacht habe. Der Beschwerdeführer habe daher eine Pflichtverletzung begangen.
Das Disziplinarerkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 14.03.2018 zugestellt.
3. Gegen dieses Disziplinarerkenntnis brachte der Beschwerdeführer am 28.03.2018 eine Beschwerde ein, in der im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass eine entsprechende Weisung ebenso wenig wie eine entsprechende Sicherheitseinweisung erteilt worden sei und daher eine Pflichtverletzung nicht vorliegen würde.
4. Die Beschwerde wurde am 10.04.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, das im Wesentlichen durch die Durchführung von einer mündlichen Verhandlung am 19.06.2018, fortgesetzt am 28.08.2018, Beweis erhoben hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
XXXX war am 28.06.2017 ein im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehender Unteroffizier (MZUO) bei der Militärstreife und Militärpolizei, das Dienstverhältnis ist aufrecht, aber XXXX ist derzeit karenziert, wenn er dies am 28.06.2017 auch noch nicht war.
XXXX befand sich vor seiner Karenzierung gehaltsrechtlich in der Einstufung MZUO, Gehaltsstufe 02, und erhielt einen Bruttogrundbezug von € 1.882,80 und eine Wahrungszulage von € 15,74.
Am Nachmittag des 28.06.2017 war XXXX mit anderen Soldaten der Militärstreife und Militärpolizei dazu eingeteilt, in Wien 22., Schillingstr. 18, am ARBÖ-Übungsplatz ein Fahrsicherheitstraining zu absolvieren.
Dieses Fahrsicherheitstraining wurde von XXXX geleitet, dieser war in dieser Funktion für die Teilnehmer des Fahrsicherheitstrainings, also auch für XXXX , als Dienstvorgesetzter eingeteilt. Das war XXXX auch bewusst.
Die Teilnehmer des gegenständlichen Fahrsicherheitstrainings, auch XXXX , der gemeinsam mit XXXX während des Trainings ein Dienstfahrzeug abwechselnd gesteuert hat, hatten zuerst in mehreren Durchgängen die als Modul 2 bezeichnete Kreisbahn zu beüben und nach Abschluss dieser Übungen in mehreren Durchgängen die als Modul 1 bezeichnete Schleuderplatte. Beide Module haben jeweils eine Rutschplatte, das sind die während der Durchführung der Übung zu bewässernden Teile der Übungsmodule, die ein Schleudern oder Ausbrechen des Fahrzeugs verursachen. Die Module 1 und 2 sind räumlich getrennt, die einzelnen Rutschplatten der Module sind so weit vom Übungsbereich des jeweils anderen Moduls entfernt, dass ein unabsichtliches Befahren einer Rutschplatte während der Beübung des anderen Moduls ausgeschlossen ist.
XXXX hat die Übungen an den einzelnen Modulen vorgezeigt, dies hat
XXXX auch wahrgenommen. Dabei hat XXXX die Module 2 und 1 jeweils einzeln beübt und ist insbesondere während der Übung am Modul 1 nicht über die Rutschplatte des Moduls 2 gefahren.
XXXX hat auch vor jeder Übung deren Durchführung erklärt, jedoch diese Erklärungen kurz gehalten, da er eine "erwachsenengerechte" Ausbildung bieten wollte. Es ist nicht mehr feststellbar, ob XXXX das Überfahren des nicht beübten Moduls für XXXX wahrnehmbar verbal untersagt hat oder nicht bzw. wie genau er die Durchführung der Module verbal erklärt hat.
Während der Beübung des Modules 1 haben XXXX und XXXX , jeweils nach Ende der einzelnen Übung auf dem Modul 1, anstatt sich jeweils gleich wieder hinter den wartenden Fahrzeugen einzureihen, wie dies von XXXX vorgezeigt worden war, etwa sechs Mal, sich als Fahrer abwechselnd, die Rutschplatte des Moduls 2 befahren und erst danach sich wieder hinter den wartenden Fahrzeugen eingereiht. XXXX war klar und er war sich dessen bewusst, dass er die Übung somit anders durchführt, als dies von XXXX vorgezeigt worden war.
Durch dieses Verhalten wurde die Rutschplatte des Moduls 2 beschädigt, XXXX hat dies nicht ernstlich für möglich gehalten, bei gebotener Umsicht des XXXX wäre dieser Schaden aber zu vermeiden gewesen. Der Schaden wurde durch eine entsprechende Meldung an die Versicherung wiedergutgemacht.
XXXX ist disziplinarrechtlich unbescholten und hat - noch am 28.06.2017 - am ARBÖ-Übungsplatz ein Tatsachengeständnis abgegeben. Er bereut den durch sein Verhalten verursachten Schaden, nicht aber die Missachtung der Weisung des XXXX .
2. Beweiswürdigung und Beweisanträge:
2.1. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person, zur dienstlichen Stellung und gehaltsrechtlichen Einstufung sowie Karenzierung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen Vorbringen sowie den diesbezüglich vorgelegten Beweisen, insbesondere dem Gehaltsauszug.
Die Feststellungen zur Einteilung des Beschwerdeführers zum Fahrsicherheitstraining am ARBÖ-Übungsplatz in Wien 22., Schillingstr. 18, und zur Funktion des XXXX während dieses Trainings ergeben sich aus den gleichlautenden Zeugenaussagen und den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht. Daran, dass die Vorgesetztenfunktion des XXXX dem Beschwerdeführer bewusst war, besteht im Lichte der Schilderungen des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht, in denen das Verhalten des XXXX in einer für Vorgesetzte typischen Art - Belehrung im Lehrsaal, Vorzeigen der Übungen, Überwachung der Durchführung - beschrieben wurde. Dem Beschwerdeführer war als Berufssoldat klar, dass XXXX daher Vorgesetztenfunktion zukommt.
In weiterer Folge sind unter dem Begriff "Zeugen" alle vom Bundesverwaltungsgericht vernommenen Zeugen und die Zeugin zu verstehen.
Der grundsätzliche Ablauf des Fahrsicherheitstrainings wurde sowohl vom Beschwerdeführer als auch von den Zeugen gleichartig beschrieben und steht daher fest. Selbiges gilt für die Ausstattung der Module 1 und 2; diese wurden auch durch die von der belangten Behörde beigelegten Fotos belegt. Die Authentizität dieser Fotos wurde nie bestritten. Dass die Module 1 und 2 räumlich getrennt und die einzelnen Rutschplatten der Module so weit vom Übungsbereich des jeweils anderen Moduls entfernt sind, dass ein unabsichtliches Befahren einer Rutschplatte während der Beübung des anderen Moduls ausgeschlossen ist, ergibt sich ebenfalls aus den Zeugenaussagen und den Fotos, die zwar keinen konkreten Maßstab aufweisen, aber durchaus die ungefähre Dimension der Anlage erkennen lassen, die ein unabsichtliches Überfahren der Schleuderplatte des gerade nicht beübten Moduls ausschließt.
Dass XXXX die Übungen an den einzelnen Modulen vorgezeigt hat und dies vom Beschwerdeführer auch wahrgenommen wurde, ergibt sich alleine schon aus der Aussage des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht, die mit den Zeugenaussagen übereinstimmt. Ebenso ergibt sich aus den Zeugenaussagen, die der Beschwerdeführer nicht bestritten hat, dass XXXX die Module 2 und 1 jeweils einzeln beübt und insbesondere während der Übung am Modul 1 nicht über die Rutschplatte des Moduls 2 gefahren ist, zumal ja während der Beübung des Moduls 2 das Modul 1 nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen noch von einer anderen (zivilen) Gruppe beübt worden ist und das Modul 2 während der Beübung des Moduls 1 bereits ausgeschaltet war. Auch hat XXXX vor dem Bundesverwaltungsgericht nachvollziehbar und glaubhaft die Art und Weise der Durchführung geschildert.
Dass XXXX vor jeder Übung deren Durchführung erklärt, jedoch diese Erklärungen kurzgehalten hat, da er eine "erwachsenengerechte" Ausbildung bieten wollte, ergibt sich aus dessen Aussagen sowie der der Zeugen und des Beschwerdeführers.
Das Bundesverwaltungsgericht kann auf Grund der unterschiedlichen Aussagen der Zeugen nicht mehr feststellen, ob XXXX das Überfahren des nicht beübten Moduls für den Beschwerdeführer wahrnehmbar verbal untersagt hat oder nicht bzw. wie genau er die Durchführung der Module verbal erklärt hat. Dies verwundert für erst die ein Jahr nach dem Vorfall stattfindende Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht, die Behörde hat jedoch die betroffenen Soldaten durch die Militärpolizei relativ unmittelbar nach dem Vorfall einvernehmen lassen. Trotzdem sind auch hier die Aussagen different, sodass eine entsprechende Feststellung nicht möglich ist.
Dass der Beschwerdeführer sowie der in den Feststellungen genannte andere Soldat während der Beübung des Modules 1, jeweils nach Ende der einzelnen Übung auf dem Modul 1, anstatt sich jeweils gleich wieder hinter den wartenden Fahrzeugen einzureihen etwa sechs Mal, sich als Fahrer abwechselnd, die Rutschplatte des Moduls 2 befahren und erst danach sich wieder hinter den wartenden Fahrzeugen eingereiht haben, ergibt sich aus deren übereinstimmender Aussage. Dass dem Beschwerdeführer somit klar war, dass er die Übung anders durchführt, als dies von XXXX vorgezeigt worden war, ergibt sich aus seiner Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht, in der er angab, dass XXXX die Übung vorgezeigt habe, er diese aber durch Hinzufügen einer Überfahrt über die Rutschplatte des nicht mehr beübten Moduls 2 erweitert hat. Es ist unzweifelhaft und lebensnah, dass einem ausgebildeten Militärpolizisten wie dem Beschwerdeführer auffällt, dass er somit die Übung anders als vorgesehen durchgeführt hat.
Dass durch dieses Verhalten die Rutschplatte des Moduls 2 beschädigt wurde, hat der Beschwerdeführer eingestanden; eine nähere Bezifferung der nicht tatbildlichen Beschädigung ist für das Bundesverwaltungsgericht im Lichte dessen, dass "nur" ein Weisungsverstoß vorgeworfen wurde, nicht nötig. Dass der Beschwerdeführer die Beschädigung der Rutschplatte des Moduls 2 nicht ernstlich für möglich gehalten hat, ergibt sich aus seiner glaubhaften Einlassung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dass bei gebotener Umsicht des Beschwerdeführers dieser Schaden aber zu vermeiden gewesen wäre, ergibt sich schon alleine daraus, dass bei einer gewollten Veränderung eines angewiesenen Ablaufs - warum der Ablauf gerade so angewiesen wird, ist dem Empfänger der Weisung ja nicht bekannt - nur eine ausdrückliche Rückfrage allfällige Schäden abwenden kann; eine solche hat der Beschwerdeführer aber trotz einfacher Möglichkeit - es gab nach seiner Aussage eine dauernde Funkverbindung zu XXXX - nicht durchgeführt.
Dass der Schaden durch eine entsprechende Meldung an die Versicherung wiedergutgemacht wurde, ergibt sich aus der im Akt einliegenden Versicherungsmeldung.
Dass der Beschwerdeführer disziplinarrechtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Aktenlage; dass er noch am 28.06.2017 am ARBÖ-Übungsplatz ein Tatsachengeständnis abgegeben hat aus seiner und der Aussage der Zeugen.
Glaubhaft ist, dass der Beschwerdeführer bereut, dass durch sein Verhalten ein Schaden verursacht wurde. Dass der Beschwerdeführer aber die Missachtung der Weisung des XXXX nicht bereut, ergibt sich daraus, dass er diese während des Verfahrens nicht als solche anerkannt hat, obwohl das Bundesverwaltungsgericht - nach reiflicher Beweiswürdigung - davon ausgeht, dass er dieselbe als solche erkannt hat.
2.2. Beweisanträge:
Seitens der Behörde sind keine Beweisanträge offen.
Seitens des (anwaltlich vertretenen) Beschwerdeführers wurden in der Beschwerde keine und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht folgende Beweisanträge gestellt:
1. Einvernahme der Zeugen XXXX , XXXX und XXXX ,
2. Beischaffung eines maßstabgebenden Plans der Module 1 +2 des ARBÖ-Übungsplatzes in Wien 22., Schillingstr. 18, und schließlich
3. die Durchführung eines Lokalaugenscheines an der oben angeführten Örtlichkeit.
Den Beweisanträgen hinsichtlich der Zeugen XXXX und XXXX wurde (schon im Hinblick auf die amtswegig vorzunehmende Pflicht zur Wahrheitsermittlung) nachgekommen, die Einvernahme des Zeugen XXXX unterblieb aufgrund dessen Auslandseinsatzes und da die anderen Zeugen im Wesentlichen gleichartig ausgesagt hatten - sieht man von der Frage der Tiefe der Belehrung durch XXXX ab - und die wesentlichen Aussagen bereits durch die Einvernahme des Beschwerdeführers - nämlich, dass XXXX die Übungen vorgefahren ist und der Beschwerdeführer dies wahrgenommen hat - geklärt waren.
Die Beweisanträge 2. und 3. werden mangels beachtlichen Beweisantrags - der Beweisantrag enthält keinen Beweiszweck - zurückgewiesen, dies insbesondere auch im Hinblick auf die anwaltliche Vertretung des Beschwerdeführers. Selbst wenn diese beachtlich gewesen wären, ist nicht zu erkennen, wie deren Berücksichtigung zur Wahrheitsfindung hätten beitragen sollen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung:
i. Gegenständlich ist, ob der Beschwerdeführer am 28.06.2017, gegen
16.30 Uhr, in Wien 22., Schillingstr. 18 am dortigen ARBÖ-Übungsplatz eine Weisung missachtet hat oder nicht, da er - entgegen der vorgezeigten Art und Weise - das zu beübende Modul verlassen und über die Schleuderplatte eines nicht beübten Moduls gefahren ist. Für die Begehung der Dienstpflichtverletzung nicht gegenständlich ist, ob die Schleuderplatte beschädigt wurde oder nicht; dies mag aber im Rahmen einer allfälligen Strafbemessung von Relevanz sein.
ii. Für das Bundesverwaltungsgericht ergibt sich aus dem Umstand, dass XXXX mit der Durchführung eines Fahrsicherheitstrainings als Trainer beauftragt war und der Beschwerdeführer an diesem teilgenommen hat, dass XXXX für den Beschwerdeführer - so wie für alle Teilnehmer des Kurses - während der Durchführung des Fahrsicherheitstrainings als Vorgesetzter zu sehen und berechtigt war, Weisungen bzw. Befehle zu erteilen. Das war dem Beschwerdeführer auch bewusst, der die Vorgesetztenstellung des XXXX nie bestritten hat.
iii. Festgestellt wurde, dass XXXX die Übungen an den einzelnen Modulen vorgezeigt und dies XXXX auch wahrgenommen hat. Dabei hat
XXXX die Module 2 und 1 jeweils einzeln beübt und ist insbesondere während der Übung am Modul 1 nicht über die Rutschplatte des Moduls 2 gefahren. Auch wurde festgestellt, dass XXXX auch vor jeder Übung deren Durchführung kurz erklärt hat; es ist aber nicht mehr feststellbar, ob XXXX das Überfahren des nicht beübten Moduls für diesen wahrnehmbar verbal untersagt hat oder nicht bzw. wie genau er die Durchführung der Module verbal erklärt hat. Daher ist - in dubio pro reo - für dieses Disziplinarverfahren davon auszugehen, dass
XXXX dem Beschwerdeführer weder das Überfahren des beübten Moduls verbal untersagt hat noch dies Inhalt der kurzen Belehrung der Teilnehmer war.
iv. Im Wesentlichen stellt sich daher verfahrensgegenständlich und im Licht der Feststellungen die Frage, ob eine Weisung ausdrücklich gegeben werden muss oder dies auch durch schlüssige Handlungen, etwa durch Vorzeigen, möglich ist.
Dazu ist einleitend auszuführen, dass der Begriff der Weisung weder in Art. 20 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge:
B-VG) noch in § 44 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, definiert ist, sondern begrifflich vorausgesetzt wird. Unter einer Weisung ist eine von einem Verwaltungsorgan erlassene normative Anordnung an ein nachgeordnetes Organ zu verstehen. Gegenstand der Weisung kann nur das Verhalten eines nachgeordneten Organs - sohin ein Tun oder Unterlassen - sein (vgl. VwGH 14.10.2013, 2013/12/0042, VwGH 18.12.2014, Ro 2014/12/0018).
Für die Form einer Weisung ist jede Art der Publikation zugelassen, es bewirkt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Erteilung durch "Post It" und Kenntnisnahme durch den Beamten die Erteilung einer gültigen Weisung. Eine Weisung liegt vor, wenn sie einen normativen Gehalt aufweist (vgl. VwGH 06.03.2008, 2007/09/0175, VwGH 12.11.2013, 2013/09/0044). Im Zweifel ist eine Weisung so auszulegen, dass sie nicht als unwirksam ins Leere geht (VwGH 15.05.2013, 2012/12/0143).
Im Lichte der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht für das Bundesverwaltungsgericht fest, dass - jedenfalls im militärischen Konnex - schon alleine das Vorzeigen einer Übung als Weisung zu verstehen ist, die Übung möglichst gleichartig durchzuführen; diese Weisung wird dann befolgt, wenn versucht wird, die Übung wie vorgezeigt durchzuführen. Wird die Übung anders durchgeführt, etwa durch das Weglassen von Übungsteilen oder das Hinzufügen zusätzlicher Elemente, wird grundsätzlich gegen die durch das Vorzeigen angewiesene Durchführung verstoßen. Dies mag im Einzelfall nicht schuldhaft erfolgen, da es gerade Zweck der Übung ist, einen Vorgang zu erlernen; dies ist hier aber nicht der Fall.
Der Beschwerdeführer hat nämlich am 28.06.2017, gegen 16.30 Uhr, in Wien 22., Schillingstr. 18 (ARBÖ-Übungsplatz) die durch das von ihm wahrgenommene Vorzeigen einer Übung gegebene Weisung des Vorgesetzten XXXX missachtet, indem er entgegen dieser Weisung den Übungsbereich verlassen und einen anderen, räumlich hinreichend getrennten Übungsbereich befahren hat. Dies war allerdings kein Fehler, der dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnen war, sondern entschied sich dieser - aus welchen Motiven auch immer - absichtlich dazu, die Übung anders durchzuführen, als sie ihm vorgezeigt wurde.
Er hat daher vorsätzlich und absichtlich weisungswidrig gehandelt und liegt somit die im Spruch beschriebene Dienstpflichtverletzung vor.
3.2. Zur Strafbemessung:
i. Im Gegensatz zum Straf- oder Verwaltungsstrafrecht zeichnet sich das Disziplinarrecht dadurch aus, das es kein Typenstrafrecht kennt; es kann daher der einzelnen Dienstpflichtverletzung kein jeweils genau definierter Strafrahmen zugeordnet werden. Daher muss, wird das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung festgestellt, zuerst ein Strafrahmen festgelegt und die Strafe in weiterer Folge innerhalb dieses Strafrahmens durch die Bedachtnahme auf Milderungs- und Erschwernisgründen festgelegt werden.
Der Strafrahmen bestimmt sich anhand der Schwere der Dienstpflichtverletzung sowie im Lichte der zu beachtenden spezial- und generalpräventiven Gründe.
ii. Die Strafzumessung ist eine Ermessensentscheidung der Disziplinarbehörde, grundsätzlich steht es dem Verwaltungsgericht nur zu, die Ermessensübung darauf zu kontrollieren, ob diese im Sinne des Gesetzes erfolgt ist. Ist dies der Fall, liegt keine vom Verwaltungsgericht aufzugreifende Rechtswidrigkeit vor und ist die Beschwerde diesbezüglich auch dann abzuweisen, wenn das Verwaltungsgericht das Ermessen anders geübt hätte. Allerdings hat das Verwaltungsgericht die Ermessenskontrolle vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehenden Sach- und Rechtslage durchzuführen. Erfolgte die behördliche Ermessensübung nicht im Sinne des Gesetzes, ist das Verwaltungsgericht bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache selbst befugt, eigenes Ermessen zu üben (VwGH 15.12.2016, Ra 2015/11/0059).
iii. Die Behörde hat die Disziplinarstrafe mit einer Geldbuße in der Höhe von € 80 festgesetzt. Dabei übersieht die Behörde allerdings, dass der dienstliche Gehorsam eine der vornehmsten Pflichten des Beamten ist (VwGH 14.05.1980, 91/80 = VwSlg. 10134 A/1980, VwGH 11.10.2006, 2003/12/0177); dies gilt umso mehr für einen Soldaten. Schon bei einem öffentlich Bediensteten, der kein Soldat ist, wird mit der unberechtigten Ablehnung der Befolgung einer Weisung gegen eine grundsätzliche Bestimmung des Dienstrechtes verstoßen, was nicht für die Verhängung der geringsten Disziplinarstrafe spricht (vgl. VwGH 21.02.1991, 90/09/0180, VwGH 15.09.2004, 2001/09/0023). Dies gilt umso mehr für einen Soldaten und im gesteigerten Maße für einen Militärpolizisten, dessen Aufgabe gerade auch die Ahndung von Weisungsverstößen umfasst. Es liegt daher eine grundsätzlich schwere Dienstpflichtverletzung vor. Da der Beschwerdeführer noch, wenn auch karenzierter, Soldat ist, liegt durchaus ein - wenn auch nur durchschnittliches - spezialpräventives Interesse an einer Bestrafung vor. Aber schon aus generalpräventiven Gründen - die Missachtung von Weisungen stellt im militärischen Umfeld ein besonderes Problem dar, da das Militär nur durch die ordnungsgemäße Befolgung von Weisungen seine Einsatzfähigkeit und Schlagkraft bewahren kann - wäre daher bei einem Weisungsverstoß im Lichte der besonderen Stellung des Beschwerdeführers jedenfalls eine Geldstrafe zu verhängen gewesen.
iv. Allerdings darf gemäß § 35 Abs. 2 HDG auf Grund einer ausschließlich vom Beschuldigten oder zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde keine strengere Strafe verhängt werden als in der angefochtenen Entscheidung; dies ist hier der Fall; das Bundesverwaltungsgericht darf daher nicht über die (äußerst geringe) Geldbuße hinausgehen.
Daher sieht das Bundesverwaltungsgericht trotz der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, des hinsichtlich des Schadens reumütigen Tatsachengeständnisses und der Schadenswiedergutmachung und unter Bedachtnahme, dass es durch den Weisungsverstoß zu einem Schaden gekommen ist, jedenfalls nicht die Möglichkeit, die Disziplinarstrafe herabzusetzen.
3. Die Beschwerde ist daher - nach genauerer Fassung des Spruches - abzuweisen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es hinsichtlich der Frage, ob eine Weisung durch Vorzeigen erteilt werden kann, an einschlägiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.
Schlagworte
Dienstpflichtverletzung, Disziplinarerkenntnis, Gehorsamspflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W170.2191858.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.11.2018