TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/19 W196 1437431-2

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Veröffentlicht am 19.09.2018
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Entscheidungsdatum

19.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W196 1437431-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2014, Zl. 830756203-1664675, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Spruchteil des Spruchpunktes I. wie folgt lautet:

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wird nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am 07.06.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Am 08.06.2013 wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zu seinen persönlichen Verhältnissen zusammenfassend vorbrachte, dass er Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Zugehöriger der tschetschenischen Volksgruppe sei. Er spreche Russisch und Tschetschenisch in Wort und Schrift und habe von 1989 bis 2000 die Grundschule besucht. Von 2000 bis 2009 habe er in XXXX studiert. Im Herkunftsland würden seine Mutter, sein Bruder und seine beiden Schwestern leben. Sein Vater sei bereits verstorben. Er habe weder Familienangehörige in Österreich noch in einem anderen Staat der europäischen Union.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er sein Herkunftsland verlassen habe, da ihm im März 2013 durch seinen Cousin telefonisch mitgeteilt worden sei, dass die Polizei bei dem Beschwerdeführer zuhause sei und nach diesem suchen würde. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer umgehend nach Benoi geflüchtet. Der Beschwerdeführer habe Angst vor der Polizei gehabt, da er im Jahr 2009 festgenommen und für etwa einen Monat gefangen gehalten worden sei. Es sei ihm damals vorgeworfen worden, dass er Informationen besitze, er sei während seiner Anhaltung auch geschlagen worden. Im Fall einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er, möglicherweise verhaftet zu werden.

Am 23.07.2013 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt einvernommen, wobei er eingehend zu seinen Fluchtgründen befragt wurde. Des Weiteren gab er an, dass er im österreichischen Bundesgebiet über keine Verwandte verfüge. Seine Mutter und seine Geschwister würden nach wie vor in Tschetschenien leben und habe er Kontakt zu seiner Mutter. Zudem brachte er zu seinem Gesundheitszustand vor, dass er Probleme mit dem Kopf gehabt habe. Er sei einige Male beim Neurologen gewesen, wobei seine medizinischen Unterlagen in der Heimat geblieben seien. Seine genaue Diagnose kenne er nicht. Er bekomme ein Rauschen im Kopf und verliere sein Bewusstsein. Er sei bei einem Arzt, der Prothesen anfertige, gewesen. Die gesundheitlichen Probleme seien nicht seine Fluchtgründe, zumal er in XXXX eine Prothese gratis bekommen hätte.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.08.2013, Zl. 13 07.562-BAT, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziff. 13 leg. cit. abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 leg. cit. wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Begründet führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus, dass eine asylrelevante Verfolgung vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht habe werden können. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hätten sich keine Hinweise, die auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, der gemäß Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK zur Gewährung von Asyl führen würde, ergeben. Den Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Fluchtgründe hätte keine Glaubwürdigkeit beschieden werden können, da er eine individuelle Gefährdungslage nicht glaubhaft machen habe können. Zur Ausweisung führte das Bundesasylamt nach Wiedergabe des § 10 Abs. 1 Z. 2, Abs. 2, Abs. 5 AsylG 2005 und Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2 EMRK aus, dass weder ein Eingriff in das Familienleben vorliege, noch der Eingriff in das Privatleben ungerechtfertigt wäre, zumal er sich zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst seit etwa zwei Monaten in Österreich aufgehalten habe und er in dieser Zeit keine nennenswerten wirtschaftlichen oder sozialen Kontakte aufgenommen habe. Er sei illegal eingereist und seien keine für einen Verbleib in Österreich sprechenden Gründe vom Bundesasylamt gefunden worden.

Mit Verfahrensanordnung vom 09.08.2013 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Asylgerichtshof amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

Mit Schriftsatz vom 20.08.2013 wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht und der oben angeführte Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.08.2013 in seinem gesamten Umfang angefochten.

Mit Schreiben vom 24.09.2013 wurde ein handschriftlicher Arztbrief eines im Verwaltungsakt näher bezeichneten Arztes übermittelt, aus dem hervorgeht, dass beim Beschwerdeführer eine Posttraumatische Belastungsstörung sowie eine Panikstörung diagnostiziert worden seien.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.08.2014, Zl. W103 1437431-1/4E wurde die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gemäß §§ 3 und 8 AsylG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I. und II.) Unter Spruchpunkt III. dieses Erkenntnisses wurde gemäß § 75 Abs. 20 AsylG das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Im Wesentlichen stellte das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis fest, dass das Bundesasylamt zu Recht erkannt habe, dass dem Beschwerdeführer kein Recht auf Asyl zukomme, da der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht habe, in der Russischen Föderation eine Verfolgung durch staatliche Behörden befürchten zu müssen, in eine hoffnungslose Lage zu kommen, einem realen Risiko einer sonstigen Verfolgung oder einer Verletzung seiner Rechte auf Leben, nicht unmenschlicher Behandlung oder Folter unterworfen zu werden und/oder nicht der Todesstrafe zu unterliegen und als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes unterworfen zu sein. Dem Beschwerdeführer sei eine Teilnahme am Erwerbsleben grundsätzlich möglich, er lebe seit Juni 2013 in Österreich. Er sei im Bundesgebiet nicht berufstätig und könne seinen Lebensunterhalt in Österreich nicht eigenständig bestreiten. Dem bislang unbescholtenen Beschwerdeführer komme zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Österreich ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu. Zudem würde in Österreich kein schützenswertes Privat-oder Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK bestehen.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.09.2014, Zl. Ra2014/18/0121-2, wurde dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Verfahrenshilfe gewährt.

Mit Eingabe vom 02.10.2014 übermittelte der Beschwerdeführer ein Notfallprotokoll vom 19.02.2014, eine Therapiebestätigung vom 13.06.2014 sowie einen ärztlichen Befundbericht von einem psychosozialen Zentrum vom 16.09.2014. Demnach leide der Beschwerdeführer an einer Rezidivierenden depressiven Störung, an einer Panikstörung und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung.

Im fortgesetzten Verfahren wurde der Beschwerdeführer am 06.10.2014 niederschriftlich einvernommen und zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung und zu seiner privaten und sozialen Verfestigung in Österreich befragt. Zudem wurde ihm die Möglichkeit geboten zu den aktuellen Länderinformationen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl innerhalb einer zweiwöchigen Frist Stellung zu nehmen. Dabei brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass keine Familienangehörigen in Österreich leben würden. Seine Mutter wohne in XXXX, sein Bruder in XXXX und seine Schwester in XXXX. Seinen Lebensunterhalt bestreite er durch die Grundversorgung. Die Frage, ob er einen Deutschkurs besucht habe, bejahte der Beschwerdeführer und führte dazu aus, dass er bis A2 gekommen sei. Weiter habe es keine Möglichkeit gegeben. Die Fragen, ob noch weitere Bindungen zu Österreich oder, ob zu irgendjemandem in Österreich ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe, verneinte der Beschwerdeführer. Seiner Mutter gehe es gut und arbeite sie. Befragt, gab er an, dass es den restlichen Familienmitgliedern in seiner Heimat auch "normal gehe". Im Falle einer Rückkehr, befürchte der Beschwerdeführer, dass es im psychisch schlecht gehen würde und brachte diesbezüglich im Wesentlichen vor, dass er sich verfolgt fühle. Hinzu komme, dass es in Tschetschenien überhaupt keinen Arzt gebe und man die Kosten für die Behandlungen selbst tragen müsse. Zudem seien ihm in Tschetschenien falsche Therapien vorgeschlagen worden. Weiteres führte er aus, dass es in seinem Herkunftsland Prothesen gebe, aber diese würden nur für kurze Zeit reichen und dann würden sie zu schmerzen beginnen. In Österreich habe er eine Silikonprothese erhalten, welche gut passe. Solche gebe es in seinem Herkunftsland nicht.

Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen in Kopie vor:

* Kursbesuchsbestätigung über die Niveaustufe A1++_A2 vom 24.07.2014;

* Kursbesuchsbestätigung über die Niveaustufe A2 vom 28.08.2014

Am 14.10.2014 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers betreffend die ihm im Zuge der Einvernahme vorgehaltenen Länderinformationen beim Bundesamt ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.10.2014 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt und gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist. Zudem wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise innerhalb von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgesetzt.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt im Wesentlichen fest, dass dem Beschwerdeführer weder der Status des Asylberechtigten noch des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei. Zudem habe sich die allgemeine Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers seit der Entscheidung des Bundesamtes nicht verschlechtert. Der Beschwerdeführer sei seit dem 06.06.2013 in Österreich aufhältig. Er sei illegal eingereist und stütze sich sein Aufenthalt lediglich auf seine Asylantragstellung. Es seien weder eine legale Erwerbstätigkeit, umfassende Deutschkenntnisse, ein Studium oder eine Tätigkeit in einem Verein bis dato hervorgekommen. Derartiges habe der Beschwerdeführer weder vor der Behörde noch vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgebracht. Der Beschwerdeführer leide an einer Posttraumatischen Belastungsstörung, Panikattacken und Depressionen und sei festzustellen, dass er an keinen lebensbedrohenden Erkrankungen, die einer Abschiebung in sein Heimatland entgegenstehen würden, leide. Zwar sei nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Rahmen der Einvernahme am 06.10.204 neuerlich ein psychiatrischer Befund vorgelegt worden, jedoch gehe daraus kein Erkrankungsbild, welches nicht bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes berücksichtigt worden sei, hervor. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG nicht gegeben seien, da der Beschwerdeführer keinen unter § 57 AsylG fallenden Sachverhalt vorgebracht habe. Die Ausweisung des Beschwerdeführers stelle keinen Eingriff in sein Recht auf Familienleben dar, da der Beschwerdeführer keine familiären bzw. verwandtschaftlichen Bindungen in Österreich habe und somit kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führe. Da dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde, sei diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Da keine Gründe gemäß § 50 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG ersichtlich seien, sei auszusprechen, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung sei der Beschwerdeführer binnen 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise verpflichtet.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2014 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 04.11.2014 fristgerecht Beschwerde wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Darin wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer weiterhin engmaschige fachärztliche Behandlung benötigen würde. Im Falle einer Rückkehr sei aus fachärztlicher Sicht mit massiven Verschlechterungen zu rechnen. Des Weiteren wurde im Hinblick auf das Erkenntnis vom Bundesverwaltungsgericht vom 04.08.2014, Zl. W103 1437431, darauf verwiesen, dass mit Beschluss des VwGH der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe in vollem Umfang bewilligt worden sei.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.12.2014, Zl. Ra2014/18/0121-6, wurde die außerordentliche Revision des Beschwerdeführers gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.08.2014, Zl. W103 143743-1/E4 [wohl gemeint: W103 143743-1/4E] zurückgewiesen.

Am 05.09.2018 leitete das Bundesministerium für Inneres eine Meldung der Landespolizeidirektion von XXXX an das Bundesverwaltungsgericht weiter. Darin wurde seitens der Landespolizeidirektion XXXX informiert, dass der Beschwerdeführer am 03.09.2018 in seiner Asylunterkunft jemanden mit einem Messer bedroht habe. Daraufhin sei eine Streife zur Zieladresse beordert worden. Im Zuge der Ersterhebung habe sich herausgestellt, dass der Beschwerdeführer aufgrund von Unstimmigkeiten wegen Lärmerregung einen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma mit einem ca. 30 cm langem Fleischmesser bedroht habe. Bis zum Eintreffen der Polizeibeamten habe der Bedrohte, mit Unterstützung von anderen Asylwerbern, den Angriff des Beschwerdeführers abwehren, diesen zu Boden ringen und entwaffnen können. Dieser Meldung wurde eine Lichtbildbeilage zu GZ: PAD/18/01646938/001/KRIM, auf der die Situation des Angriffes abgebildet wurde, angefügt.

Am 10.09.2018 wurde seitens des Innenministeriums ein Bericht der Landespolizeidirektion XXXX vom 04.09.2018, GZ: PAD/18/01646938/003/VW, an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt. Dabei wurde mitgeteilt, dass eine Frau am 03.09.2016 Anzeige gegen den Beschwerdeführer erstattet habe, da dieser einen Mann mit einem Messer bedroht habe. Aufgrund des hohen Aggressionspotentials des Beschwerdeführers sei aus Sicht der Behörde künftig eine Bedrohung bzw. Gefährdung von weiteren in der Asylunterkunft wohnhaften Personen, insbesondere der Anzeigerin, nicht auszuschließen bzw. wahrscheinlich, weshalb gegen den Beschwerdeführer ein Betretungsverbot veranlasst worden sei. Des Weiteren wurde mit Vollzugsinformation darüber informiert, dass sich der Beschwerdeführer wegen dem aktuellen/offenen Verfahren wegen § 105 StGB in Untersuchungshaft befinde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er gehört der tschetschenischen Volksgruppe an und bekennt sich zum moslemischen Glauben.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist und am 07.06.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.08.2013 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der Beschwerdeführer in die russische Föderation ausgewiesen wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. vom Bundesverwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen und betreffend Spruchpunkt III. gemäß § 75 Abs. 20 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes am 10.12.2014 zurückgewiesen.

Beim Beschwerdeführer wurde eine Posttraumatische Belastungsstörung sowie eine Panikstörung diagnostiziert. Der Beschwerdeführer leidet hingegen an keiner akuten oder lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung, welche ein Hindernis für eine Rückführung in die Russische Föderation/Tschetschenien darstellen würde.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 04.09.2018 durchgehend in Untersuchungs- bzw. Strafhaft, zumal der Beschwerdeführer am 03.09.2018 einen Mann mit einem Messer bedroht und ihm ein hohes Aggressionspotential und eine Gefahr für andere Personen (insbesondere für das Opfer und die Anzeigerin) bescheinigt wurde.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russischen Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Der Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und hat keine Obsorgeverpflichtungen. Er ist erwerbsfähig. Der Beschwerdeführer beherrscht Russisch und Tschetschenisch in Wort und Schrift und hat in der Russischen Föderation von 1998 bis 2000 die Grundschule besucht und von 2000 bis 2009 an der Universität in XXXX studiert. In der Russischen Föderation verfügt der Beschwerdeführer über Familienangehörige. Vor seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer mit seiner Mutter im gleichen Haus. Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation ein familiäres bzw. soziales Netz vorfinden und sohin nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte verfügt.

Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte und verfestigte Integration des Beschwerdeführers in Österreich vorliegt. Der Beschwerdeführer lebt seit Antragstellung am 07.06.2013 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Es kann nicht festgestellt werden, dass diese Zeit zur Integration genutzt wurde. Der Beschwerdeführer lebte zuletzt - bevor er in die Justizanstalt XXXX eingewiesen wurde - in einer Asylunterkunft. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht erwerbstätig. Seit seiner Einreise in das Bundesgebiet bezieht der Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung des Bundes. Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs auf dem Niveau A1++ und A2 besucht und wird daher in der Lage sein, sich in einfacher Form in Deutsch zu verständigen. Darüber hinausgehende weitere Aus- oder Fortbildungen hat der Beschwerdeführer nicht absolviert. Der Beschwerdeführer ist auch nicht Mitglied in einem Verein, einer sonstigen Organisation oder ehrenamtlich tätig. Es liegen keine sonstigen Hinweise auf eine besonders ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich vor.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

Zur verfahrensrelevanten Situation in der Russischen Föderation:

* Sicherheitslage

Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, zu Anschlägen kommen. Todesopfer forderte zuletzt ein Terroranschlag in der Metro von St. Petersburg im April 2017. Die russischen Behörden halten ihre Warnung vor Anschlägen aufrecht und rufen weiterhin zu besonderer Vorsicht auf (AA 28.8.2018a, vgl. BMeiA 28.8.2018, GIZ 6.2018d). Trotz verschärfter Sicherheitsmaßnahmen kann das Risiko von Terrorakten nicht ausgeschlossen werden. Die russischen Sicherheitsbehörden weisen vor allem auf eine erhöhte Gefährdung durch Anschläge gegen öffentliche Einrichtungen und größere Menschenansammlungen hin (Untergrundbahn, Bahnhöfe und Züge, Flughäfen etc.) (EDA 28.8.2018). Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderten Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Gewaltzwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Demnach stand Russland 2011 noch an neunter Stelle hinter mittelöstlichen, afrikanischen und südasiatischen Staaten, weit vor jedem westlichen Land. Im Jahr 2016 rangierte es dagegen nur noch auf Platz 30 hinter Frankreich (Platz 29), aber vor Großbritannien (Platz 34) und den USA (Platz 36). Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der sogenannte Islamische Staat (IS) Russland den Dschihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem Sinai mit 224 Todesopfern. Seitdem ist der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Osten stärken soll. Moskau appelliert beim Thema Terrorbekämpfung an die internationale Kooperation (SWP 4.2017). Eine weitere Tätergruppe rückt in Russland ins Zentrum der Medienaufmerksamkeit, nämlich Islamisten aus Zentralasien. Die Zahl der Zentralasiaten, die beim sogenannten IS kämpfen, wird auf einige tausend geschätzt (Deutschlandfunk 28.6.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (28.8.2018a): Russische Föderation: Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/russischefoederationsicherheit/201536#content_0, Zugriff 28.8.2018

* BmeiA (28.8.2018): Reiseinformation Russische Föderation, https://www.bmeia.gv.at/reiseaufenthalt/reiseinformation/land/russische-foederation/, Zugriff 28.8.2018 -

* Deutschlandfunk (28.6.2017): Anti-Terrorkampf in Dagestan. Russische Methoden,

https://www.deutschlandfunk.de/anti-terrorkampf-in-dagestan-russischemethoden.724.de.html?dram:article_id=389824, Zugriff 29.8.2018 -

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (28.8.2018): Reisehinweise für Russland, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-undreisehinweise/russland/reisehinweise-fuerrussland.html, Zugriff 28.8.2018

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2018d): Russland, Alltag,

https://www.liportal.de/russland/alltag/#c18170, Zugriff 28.8.2018

* SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Russland und der Nordkaukasus im Umfeld des globalen Jihadismus, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A23_hlb.pdf, Zugriff 28.8.2018

* Tschetschenen in der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens

Die Bevölkerung Tschetscheniens schrumpft seit einigen Jahren, vor allem durch Abwanderung. Zwischen 2008 und 2015 haben laut offiziellen Zahlen 150.000 Tschetschenen die Republik verlassen. Sie ziehen sowohl in andere Regionen in der Russischen Föderation als auch ins Ausland. Als Gründe für die Abwanderung werden ökonomische, menschenrechtliche und gesundheitliche Gründe genannt. In Tschetschenien arbeiten viele Personen im informellen Sektor und gehen daher zum Arbeiten in andere Regionen, um Geld nach Hause schicken zu können. Tschetschenen leben überall in der Russischen Föderation. Laut der letzten Volkszählung von 2010 leben die meisten Tschetschenen außerhalb Tschetscheniens z.B. in Moskau (über 14.000 Personen), in Inguschetien (knapp 19.000 Personen) in der Rostow Region (über 11.000 Personen), in Stawropol Krai (knapp 12.000 Personen), in Dagestan (über 9.000 Personen), in der Wolgograd Region (knapp 10.000 Personen) und in der Astrachan Region (über 7.000 Personen). Die Zahlen sind aber nicht sehr verlässlich, da bei der Volkszählung ein großer Teil der Bevölkerung nicht ihre Nationalität angab. Beispielsweise soll die tschetschenische Bevölkerung in der Wolgograd Region um das doppelte höher sein, als die offiziellen Zahlen belegen. Viele Tschetschenen leben dort seit 30 Jahren und sind in unterschiedlichsten Bereichen tätig. In St. Petersburg beispielsweise sollen laut Volkszählung knapp 1.500 Tschetschenen leben, aber allein während des zweiten Tschetschenienkrieges (1999-2009) kamen 10.000 Tschetschenen, um in St. Petersburg zu leben und zu arbeiten, da es in Tschetschenien einen Mangel an Arbeitsplätzen gibt. Die soziale Zusammensetzung der tschetschenischen Bevölkerung dort ist unterschiedlich, aber die meisten sprechen ihre Landessprache und halten die nationalen Traditionen hoch. Unter den Tschetschenen in St. Petersburg gibt es Geschäftsmänner, Sicherheitsbeamte, Rechtsanwälte, McDonald's Franchisenehmer, aber auch Ärzte, Universitätsprofessoren und Maler. Viele arbeiten im Baugewerbe und im Ölgeschäft, zumeist in mittleren Betrieben, oder besitzen ein eigenes Geschäft oder eine Firma. Tschetschenen in St. Petersburg sehen sich selbst nicht unbedingt als eine engmaschige Diaspora. Sie werden eher durch kulturelle Aktivitäten, die beispielsweise durch die offizielle Vertretung der tschetschenischen Republik oder den sogenannten "VaynakhKongress" (eine Organisation, die oft auch als "tschetschenische Diaspora" bezeichnet wird) veranstaltet wird, zusammengebracht. Auch in Moskau ist die Zahl der Tschetschenen um einiges höher, als die offiziellen Zahlen zeigen. Gründe hierfür sind, dass viele Tschetschenen nicht an Volkszählungen teilnehmen wollen, oder auch, dass viele Tschetschenen zwar in Moskau leben, aber in Tschetschenien ihren Hauptwohnsitz registriert haben [vgl. hierzu Kapitel 19. Bewegungsfreiheit, bzw. 19.1. Meldewesen] (EASO 8.2018). Außerdem ist es schwieriger eine Registrierung in Moskau oder beispielsweise in St. Petersburg zu erlangen, als in anderen Regionen. Dies gilt aber nicht nur für Tschetschenen (DIS 8.2012). Tschetschenen in Moskau arbeiten oft in der Automobil-, Hotel-, und Restaurantbranche. Viele besitzen auch Tankstellen, oder arbeiten im Baugewerbe und im Taxigeschäft (EASO 8.2018).

Die Heterogenität und Dynamik des politischen und religiösen Machtgefüges in Tschetschenien prägen die oppositionellen Strömungen in Inland sowie die Diaspora im Ausland. Überdies wirken sozio-ökonomische Motive als bedeutende ausschlaggebende Faktoren für die Migration aus dem Nordkaukasus. Trotz der Rhetorik des tschetschenischen Oberhauptes gilt dessen Machtentfaltung außerhalb der Grenzen der Teilrepublik als beschränkt, und zwar nicht nur formell im Lichte der geltenden russischen Rechtsordnung, sondern auch faktisch durch die offenkundige Konkurrenz zu den föderalen Sicherheitskräften (ÖB Moskau 12.2017). Viele Personen innerhalb der Elite, einschließlich der meisten Leiter des Sicherheitsapparates misstrauen und verachten Kadyrow (Al Jazeera 28.11.2017). Allein daraus ist zu folgern, dass die umfangreiche tschetschenische Diaspora innerhalb Russlands nicht unter der unmittelbaren Kontrolle von Kadyrow steht. Wie konkrete Einzelfälle aus der Vergangenheit zeigen, können kriminelle Akte gegen explizite Regimegegner im In- und Ausland allerdings nicht gänzlich ausgeschlossen werden (ÖB Moskau 12.2017). In vielen Regionen gibt es offizielle Vertretungen der tschetschenischen Republik, die kulturelle und sprachliche Programme organisieren und auch die Rechte von einzelnen Personen schützen. Es wird berichtet, dass Kadyrow in Moskau jederzeit auf 1.000 bis 2.000 bewaffnete Männer zurückgreifen und weitere 20.000 relativ einfach hinzuziehen können soll (Telegraph 24.2.2016). Auch soll es einige hundert tschetschenische Sicherheitsbeamte in Moskau geben, die illegale Aktivitäten ausüben (New York Times 17.8.2017). In Moskau soll es außerdem einen bewaffneten Trupp von ca. 30 tschetschenischen Bodyguards geben. Gegen den Anführer dieses Trupps soll es Strafverfahren wegen eines bewaffneten Vorfalls, Kidnapping und Folter gegeben haben, es wurden jedoch alle Ermittlungen eingestellt, da er Beziehungen zur Regierung haben soll (EASO 8.2018). Es scheint, als hätten die föderalen Exekutivkräfte wenig Handhabe gegen Kadyrow bzw. seine Leute (EASO 8.2018). Die regionalen Strafverfolgungsbehörden können Menschen auf der Grundlage von in ihrer Heimatregion erlassenen Rechtsakten auch in anderen Gebieten der Russischen Föderation in Gewahrsam nehmen und in ihre Heimatregion verbringen (AA 21.5.2018). Es kann sein, dass die tschetschenischen Behörden nicht auf diese offiziellen Kanäle zurückgreifen, da diese häufig lang dauern und so ein Fall muss auch schlüssig begründet sein (DIS 1.2015). Kritiker, die Tschetschenien aus Sorge um ihre Sicherheit verlassen mussten, fühlen sich häufig auch in russischen Großstädten vor Ramzan Kadyrow nicht sicher. Bewaffnete Kräfte, die Kadyrow zuzurechnen sind, sind etwa auch in Moskau präsent (AA 21.5.2018). Was die sozio-ökonomischen Grundlagen für die tschetschenische Diaspora innerhalb Russlands betrifft, ist davon auszugehen, dass die wirtschaftlich stärkeren Metropolen und Regionen in der Russischen Föderation trotz der vergangenen Wirtschaftskrise bei vorhandener Arbeitswilligkeit auch entsprechende Chancen für russische Staatsangehörige aus der eher strukturschwachen Region des Nordkaukasus bieten. Parallel dazu zeigt sich die russische Regierung bemüht, auch die wirtschaftliche Entwicklung des Nordkaukasus selbst voranzutreiben, unter anderem auch durch Ankurbelung ausländischer Investitionstätigkeit (ÖB Moskau 12.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (24.1.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation

* Al Jazeera (28.11.2017): Is Chechnya's Kadyrov really 'dreaming' of quitting?

https://www.aljazeera.com/indepth/opinion/chechnya-kadyrov-dreaming-quitting171128063011120.html, Zugriff 31.8.2018

* EASO - European Asylum Support Office (8.2018): Country of Origin Information Report Russian Federation. The situation for Chechens in Russia,

https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/Chechens_in_RF.pdf, Zugriff 30.8.2018

* DIS - Danish Immigration Office (8.2012): Chechens in the Russian Federation - residence registration, racially motivated violence and fabricated criminal cases,

https://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/01750EB0-C5B1-425C-90A7-3CE3B580EEAA/0/ chechens_in_the_russian_federation.pdf, Zugriff 30.8.2018

* DIS - Danish Immigration Service (1.2015): Security and human rights in Chechnya and the situation of Chechens in the Russian Federation - residence registration, racism and false accusations; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Moscow, Grozny and Volgograd, the Russian Federation; From 23 April to 13 May 2014 and Paris, France 3 June 2014, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1423480989_2015-01-dis-chechnyafact-finding-mission-report.pdf, Zugriff 31.8.2018

* New York Times (17.8.2017): Is Chechnya Taking Over Russia? https://www.nytimes.com/2017/08/17/opinion/chechnya-ramzan-kadyrov-russia.html? ref=opinion, Zugriff 31.8.2018

* ÖB Moskau (12.2016): Asylländerbericht Russische Föderation

* Telegraph (24.2.2016): Ramzan Kadyrov: Putin's 'sniper' in Chechnya, http://s.telegraph.co.uk/ graphics/projects/Putin-Ramzan-Kadyrov-Boris-Nemtsov-Chechnya-opposition-Kremlin/ index.html, Zugriff 31.8.2018

* Grundversorgung

2016 betrug die Zahl der Erwerbstätigen in Russland ca. 75,5 Millionen, somit ungefähr 64% der Gesamtbevölkerung. Der Frauenanteil an der erwerbstätigen Bevölkerung beträgt knapp 49%. Die Arbeitslosenrate liegt bei 5,3% (WKO 4.2017), diese ist jedoch abhängig von der jeweiligen Region (IOM 2017). Russland ist einer der größten Rohstoffproduzenten der Welt und verfügt mit einem Viertel der Weltgasreserven (25,2%), circa 6,3% der Weltölreserven und den zweitgrößten Kohlereserven (19%) über bedeutende Ressourcen. Die mangelnde Diversifizierung der russischen Wirtschaft führt zu einer überproportional hohen Abhängigkeit der Wirtschaftsentwicklung von den Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas. Rohstoffe stehen für ca. 80% der Exporte und finanzieren zu rund 50% den Staatshaushalt. Die Staatsverschuldung in Russland ist mit rund 10% des BIP weiterhin vergleichsweise moderat. Sowohl hohe Gold- und Währungsreserven als auch die beiden durch Rohstoffeinnahmen gespeisten staatlichen Reservefonds stellen eine Absicherung des Landes dar. Strukturdefizite, Finanzierungsprobleme und Handelseinschränkungen durch Sanktionen seitens der USA, Kanadas, Japans und der EU bremsten das Wirtschaftswachstum. Insbesondere die rückläufigen Investitionen und die Fokussierung staatlicher Finanzhilfen auf prioritäre Bereiche verstärken diesen Trend. Das komplizierte geopolitische Umfeld und die Neuausrichtung der Industrieförderung führen dazu, dass Projekte vorerst verschoben werden. Wirtschaftlich nähert sich Russland der VR China an. Im Index of Economic Freedom nimmt Russland 2018 den 107. Platz unter 180 Ländern ein. Das schlechte Investitionsklima schlägt sich in einer niedrigen Rate ausländischer Investitionen nieder. Bürokratie, Korruption und Rechtsunsicherheit bremsen die wirtschaftliche Entwicklung aus. Seit Anfang 2014 hat die Landeswährung mehr als ein Drittel ihres Wertes im Vergleich zum Euro verloren, was unter anderem an den westlichen Sanktionen wegen der Ukraine-Krise und dem fallenden Ölpreis liegt. Durch den Währungsverfall sind die Preise für Verbraucher erheblich gestiegen, die Inflationsrate betrug Ende 2015 ca. 15%. 2015 geriet die russische Wirtschaft in eine schwere Rezession. Nach dem BIP-Rückgang um 3% 2015 und dem weiteren BIP-Rückgang um 0,2% 2016 wurde für 2017 eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um ca. 2% prognostiziert (GIZ 6.2018b). Nach zwei Jahren in der Rezession ist die russische Konjunktur auf einem Pfad der langsamen Erholung. Zwar stiegen das Durchschnittseinkommen (38.040 Rubel im August 2017) und die Durchschnittsrente (12.934 RUB im August 2017). Bedingt durch die hohe Inflationsrate und die Erhöhung der kommunalen Abgaben sanken jedoch die real verfügbaren Einkommen (6% im 2016) und die Armutsrate bleibt hoch. Die soziale Lage in Russland ist weiterhin angespannt. Mehr als 15% der russischen Bevölkerung leben unterhalb der absoluten Armutsgrenze. Das per Verordnung bestimmte monatliche Existenzminimum liegt mit

10.329 Rubel (2. Quartal 2017) weit unter dem Wert, der faktisch zum Überleben notwendig ist. Auffällig ist, dass der Mindestlohn mit

7.800 Rubel sogar die Grenze des Existenzminimums unterschreitet. Lediglich 7% der Bevölkerung verfügen über ein monatliches Einkommen von mehr als 60.000 Rubel. 39% des russischen BIP entstehen in der Schattenwirtschaft. Im 1. Quartal 2017 waren bis zu 63% der Bevölkerung armutsgefährdet. Dies kann nur teilweise durch die Systeme der sozialen Absicherung aufgefangen werden. Diese Verarmungsentwicklung ist vorwiegend durch extrem niedrige Löhne verursacht. Ungünstig ist die Arbeitsmarktstruktur. Der größte Teil der Beschäftigten arbeitet im öffentlichen Dienst oder in Unternehmen, die ganz oder teilweise dem Staat gehören. Nur 26% aller Beschäftigten arbeiten in privaten Unternehmen. Ein weiteres Spezifikum der russischen Lohnpolitik ist der durchschnittliche Lohnverlust von 15-20% für Arbeitnehmer ab dem 45. Lebensjahr. Sie gelten in den Augen von Arbeitgebern aufgrund fehlender Fortbildung als unqualifiziert und werden bei den Sonderzahlungen und Lohnanpassungen nicht berücksichtigt. Dieser Effekt wird durch eine hohe Arbeitslosenquote (21%) bei den über 50-Jährigen verstärkt. Folglich müssen Arbeitnehmer bis zum 44. Lebensjahr jede Chance zum Vermögensaufbau nutzen, um sich vor Altersarmut zu schützen. Auch bei Migranten wird beim Lohn gespart. Sie verdienen öfters nur den Mindestlohn (AA 21.5.2018). Die Lage der Rentner (29,5 % der russischen Bevölkerung) ist stabil, aber prekär (Rentenniveau: 30% des letzten Einkommens). In den ersten fünf Monaten 2017 waren die Altersrenten zwar um 7,6% höher als 2016, dies war aber die kumulierte Auswirkung von inflationsausgleichenden Indexierungen und einer einmaligen Sonderzahlung von 5.000 Rubel im Jänner 2017. Durch letztere stiegen die Renten einmalig um 37,3% und das Vermögen der Rentner um 33%. Die Stärke dieses Effekts zeigt letztlich vor allem, wie niedrig das Ausgangsniveau der Renten und Ersparnisse war. Gemessen am Existenzminimum ist das durchschnittliche Niveau der Rente zwischen 2012 und Ende 2016 um 19% gesunken. Damit führen die Rentner ein Leben an der Grenze des Existenzminimums und sind stark von den Lebensmittelpreisen abhängig. Dennoch gehören die Rentner nicht zu den Verlierern der Politik. Weil die Rente die verlässlichste staatliche Transferleistung ist, sind die Rentner vielmehr ein Stabilisierungsfaktor in vielen Haushalten geworden. Statistisch ist das Armutsrisiko von Haushalten ohne Rentner dreimal höher als das von Haushalten mit Rentnern. Die spezifischen Interessen der Rentner übertragen sich damit auch auf die Familien, die sie mitfinanzieren. Verlierer der aktuellen Politik sind v.a. ältere Arbeitnehmer, Familien mit Kindern und Arbeitsmigranten. An der Höhe des Existenzminimums gemessen sank das Lohnniveau zwischen 2012 und 2016 um 54% (AA 21.5.2018). Angesichts der Geschehnisse in der Ost-Ukraine hat die EU mit VO 833/2014 und mit Beschluss 2014/512/GASP am 31.7.2014 erstmals Wirtschaftssanktion gegen Russland verhängt und mit 1.8.2014 in Kraft gesetzt. Diese wurden mehrfach, zuletzt mit Beschluss (GASP) 2018/964 bis zum 31.1.2019 verlängert (WKO 22.8.2018).

Quellen: -

* AA - Auswärtiges Amt (21.5.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2018b): Russland, Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/russland/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 24.8.2018 -

* IOM - International Organisation of Migration (2017):

Länderinformationsblatt Russische Föderation

* WKO - Wirtschaftskammer Österreich (22.8.2018): Aktueller Stand der Sanktionen gegen Russland und die Ukraine, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/Aktueller_Stand_der_Sanktionen_gegen_Russlan d_und_die_Ukrai.html, Zugriff 24.8.2018 -

* WKO - Wirtschaftskammer Österreich (4.2018): Länderprofil Russland, https://wko.at/statistik/laenderprofile/lp-russland.pdf, Zugriff 24.8.2018

* Sozialbeihilfen

Die Russische Föderation hat ein reguläres Sozialversicherungs-, Wohlfahrts- und Rentensystem. Leistungen hängen von der spezifischen Situation der Personen ab (IOM 2017). Das soziale Sicherungssystem wird von vier Institutionen getragen: dem Rentenfonds, dem Sozialversicherungsfonds, dem Fonds für obligatorische Krankenversicherung und dem staatlichen Beschäftigungsfonds. Aus dem 1992 gegründeten Rentenfonds werden Arbeitsunfähigkeits- und Altersrenten gezahlt. Das Rentenalter wird mit 60 Jahren bei Männern und bei 55 Jahren bei Frauen erreicht. Da dieses Modell aktuell die Renten nicht vollständig finanzieren kann, steigen die Zuschüsse des staatlichen Pensionsfonds an. Eine erneute Rentenreform wurde seit 2012 immer wieder diskutiert. Am Tag der Eröffnung der Fußball-Weltmeisterschaft [14. Juni 2018] hat die Regierung einen Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht, womit das Renteneintrittsalter für Frauen bis zum Jahr 2034 schrittweise auf 63 Jahre und für Männer auf 65 angehoben werden soll. Die Pläne der Regierung stießen auf Protest: Mehr als 2,5 Millionen Menschen unterzeichneten eine Petition dagegen, in zahlreichen Städten finden Demonstrationen gegen die geplante Rentenreform statt (GIZ 7.2018c). Der Sozialversicherungsfonds finanziert das Mutterschaftsgeld (bis zu 18 Wochen), Kinder- und Krankengeld. Das Krankenversicherungssystem umfasst eine garantierte staatliche Minimalversorgung, eine Pflichtversicherung und eine freiwillige Zusatzversicherung. Vom staatlichen Beschäftigungsfonds wird das Arbeitslosengeld (maximal ein Jahr lang) ausgezahlt. Alle Sozialleistungen liegen auf einem niedrigen Niveau (GIZ 7.2018c). Personen im Rentenalter mit mindestens fünfjährigen Versicherungszahlungen haben das Recht auf eine Altersrente. Begünstigte müssen sich bei der lokalen Pensionskasse melden und erhalten dort, nach einer ersten Beratung, weitere Informationen zu den Verfahrensschritten. Informationen zu den erforderlichen Dokumenten erhält man ebenfalls bei der ersten Beratung. Eine finanzielle Beteiligung ist nicht erforderlich. Zu erhaltende Leistungen werden ebenfalls in der Erstberatung diskutiert (IOM 2017). Zu dem Kreis der schutzbedürftigen Personen zählen Familien mit mehr als drei Kindern, Menschen mit Beeinträchtigungen sowie alte Menschen. Staatliche Zuschüsse werden durch die Pensionskasse bestimmt (IOM 2017). Familienhilfe: Monatliche Zahlungen im Falle von einem Kind liegen bei 3.120 Rubel (ca. 44 Euro). Bei einem zweiten Kind sowie weiteren Kindern liegt der Betrag bei 6.131 Rubel (ca. 87 Euro). Der maximale Betrag liegt bei 22.120 Rubel (ca. 313 Euro) (IOM 2017). Mutterschaft: Mutterschaftsurlaub kann man bis zu 140 Tage beantragen und erhält weiterin 100% Lohn (70 Tage vor der Geburt, 70 Tage danach). Im Falle von Mehrlingsgeburten kann dieser auf 194 Tage erhöht werden. Das Minimum der Mutterschaftshilfe liegt bei 100% des gesetzlichen Mindestlohns bis zu einem Maximum im Vergleich zu einem 40-Stunden Vollzeitjob. Der Maximalbetrag der Mutterschutzhilfe liegt bei 35.901 Rubel (ca. 513 Euro) (IOM 2017).

Mutterschaftskapital: Zu den bedeutendsten Positionen der staatlichen Beihilfe zählt das Mutterschaftskapital, in dessen Genuss Mütter mit der Geburt ihres zweiten Kindes kommen. Dieses Programm wurde 2007 aufgelegt und wird russlandweit umgesetzt. Der Umfang der Leistungen ist beträchtlich - innerhalb von zehn Jahren stiegen sie inflationsbereinigt von 250.000 auf 453.026 Rubel, also von 4.152 auf mehr als 7.500 Euro. Man bekommt das Geld allerdings erst drei Jahre nach der Geburt ausgezahlt und die Zuwendungen sind an bestimmte Zwecke gebunden. So etwa kann man von den Geldern Hypothekendarlehen tilgen, weil das zur Verbesserung der Wohnsituation beiträgt. In einigen Regionen darf der gesamte Umfang des Mutterkapitals bis zu 70% der Wohnkosten decken. Das Programm wurde nun für weitere zwei Jahre verlängert, wobei eine weitere inflationsbedingte Anpassung nicht vorgesehen ist. Aufgestockt werden die Leistungen durch Beihilfen in den Regionen (RBTH 22.4.2017). Behinderung: ArbeitnehmerInnen mit einem Behindertenstatus haben das Recht auf eine Behindertenrente. Dies gilt unabhängig von der Schwere der Behinderung, der Beitragsdauer und Arbeitsstatus. Diese wird für die Dauer der Behinderung gewährt oder bis zum Erreichen des normalen Rentenalters (IOM 2017).Arbeitslosenunterstützung: Eine Person kann sich bei den Arbeitsagenturen der Föderalen Behörde für Arbeit und Beschäftigung (Rostrud) arbeitslos melden und Arbeitslosenhilfe beantragen. Daraufhin wird die Arbeitsagentur innerhalb von zehn Tagen einen Arbeitsplatz anbieten. Sollte der/die BewerberIn diesen zurückweisen, wird er/sie als arbeitslos registriert. Arbeitszentren gibt es überall im Land. Arbeitslosengeld wird auf Grundlage des durchschnittlichen Gehalts des letzten Beschäftigungsverhältnisses kalkuliert. Ebenfalls wird dieses durch eine maximale und minimale festgelegte Höhe der russischen Rechtslage determiniert. Seit 2009 beträgt die Mindestlohnhöhe pro Monat 850 Rubel (12 Euro) und der Maximallohn 4.900 Rubel (71 Euro). Gelder werden monatlich ausgezahlt. Die Voraussetzung ist jedoch die notwendige Neubewertung (normalerweise zwei Mal im Monat) der Bedingungen durch die Arbeitsagenturen. Die Leistungen können unter verschiedenen Umständen auch beendet werden (IOM 2017). Wohnmöglichkeiten und Sozialwohnungen: BürgerInnen ohne Unterkunft oder mit einer unzumutbarer Unterkunft und sehr geringem Einkommen können kostenfreie Wohnungen beantragen. Dennoch ist dabei mit Wartezeiten von einigen Jahren zu rechnen. Es gibt in der Russischen Föderation keine Zuschüsse für Wohnungen. Einige Banken bieten jedoch für einen Wohnungskauf niedrige Kredite an (min. 12%). Junge Familien mit vielen Kindern können bundesstaatliche Zuschüsse (Mutterschaftszulagen) für wohnungswirtschaftliche Zwecke beantragen. Im Jahr 2017 lag dieser Zuschuss bei 453.026 Rubel (ca 6.618 Euro) (IOM 2017). Das europäische Projekt MedCOI erwähnt weitere Kategorien von Bürgern, denen unterschiedliche Arten von sozialer Unterstützung gewährt werden: - Kinder (unterschiedliche Zuschüsse und Beihilfen für Familien mit Kindern); - Großfamilien (Ausstellung einer Großfamilienkarte, unterschiedliche Zuschüsse und Beihilfen, Rückerstattung von Nebenkosten (Wasser, Gas, Elektrizität, etc.); - Familien mit geringem Einkommen; - Studenten, Arbeitslose, Pensionisten, Angestellte spezialisierter Institutionen und Jungfamilien (BDA 31.3.2015).

Quellen:

* . BDA - Belgium Desk on Accessibility (31.3.2015): Accessibility of healthcare: Chechnya, Country Fact Sheet via MedCOI

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/#c18140, Zugriff 24.8.2018

* IOM - International Organisation of Migration (2017):

Länderinformationsblatt Russische Föderation

* RBTH - Russia beyond the Headlines (22.4.2017): Gratis-Studium und Steuerbefreiung: Russlands Wege aus der Geburtenkrise, https://de.rbth.com/gesellschaft/2017/04/22/gratisstudium-und-steuerbefreiung-russlands-wege-aus-der-geburtenkrise_747881, Zugriff 27.8.2018 21.

* Medizinische Versorgung Medizinische

Versorgung wird von staatlichen und privaten Einrichtungen zu Verfügung gestellt. StaatsbürgerInnen haben im Rahmen der staatlich finanzierten, obligatorischen Krankenversicherung (OMS) Zugang zu einer kostenlosen medizinischen Versorgung. Vorausgesetzt für OMS sind Unterlagen wie ein gültiger Pass und die Geburtsurkunde für Kinder unter 14 Jahren. Diese müssen bei der nächstliegenden Krankenversicherung eingereicht werden. An staatlichen wie auch an privaten Kliniken sind medizinische Dienstleistungen verfügbar, für die man direkt bezahlen kann (im Rahmen der freiwilligen Krankenversicherung - Voluntary Medical Insurance DMS) (IOM 2017). Die kostenfreie Versorgung umfasst Notfallbehandlung, Ambulante Behandlung, inklusive Vorsorge, Diagnose und Behandlung von Krankheiten zu Hause und in Kliniken, Stationäre Behandlung und teilweise kostenlose Medikamente. Medizinische Leistungen stehen im allgemeinen kostenfrei zur Verfügung. Es gibt jedoch auch private Anbieter (IOM 2017), die zum Teil auch mit OMS abrechnen (GTAI 5.1.2016). Immer mehr russische Staatsbürger wenden sich an Privatkliniken (GTAI 5.1.2016, vgl. Ostexperte 22.9.2017) Das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung für alle Bürger ist in der Verfassung verankert (GIZ 7.2018c, vgl. IOM 2017, AA 21.5.2018, ÖB Moskau 12.2017). Das noch aus der Sowjetzeit stammende Gesundheitssystem bleibt jedoch ineffektiv. Trotz der schrittweisen Anhebung der Honorare sind die Einkommen der Ärzte und des medizinischen Personals noch immer niedrig. Dies hat zu einem System der faktischen Zuzahlung durch die Patienten geführt, obwohl ärztliche Behandlung eigentlich kostenfrei ist (GIZ 7.2018c). Das Wissen und die technischen Möglichkeiten für anspruchsvollere Behandlungen sind meistens nur in den Großstädten vorhanden. Das Hauptproblem ist weniger die fehlende technische Ausstattung als vielmehr ein gravierender Ärztemangel und eine unzureichende Aus- und Fortbildung. Hinzu kommt, dass die Gesundheitsversorgung zu stark auf klinische Behandlung ausgerichtet ist und gleichzeitig Allgemeinmediziner und Chirurgen fehlen. Das Problem wurde vom Staat erkannt. Die Zahl der Ärzte ist 2016 leicht gestiegen. Dank großangelegter ProphylaxeProgramme hat sich die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen vervierfacht (AA 21.5.2018).

Im Bereich der medizinischen Versorgung von Rückkehrern sind der Botschaft keine Abweichungen von der landesweit geltenden Rechtslage bekannt. Seit Jänner 2011 ist das "Föderale Gesetz Nr. 326-FZ über die medizinische Pflichtversicherung in der Russischen Föderation" vom November 2010 in Kraft und seit Jänner 2012 gilt das föderale Gesetz Nr. 323-FZ vom November 2011 über die "Grundlagen der medizinischen Versorgung der Bürger der Russischen Föderation". Laut Gesetz hat jeder Mensch Anrecht auf kostenlose medizinische Hilfestellung in dem gemäß "Programm der Staatsgarantien für kostenlose medizinische Hilfestellung" garantierten Umfang. Von diesem Programm sind alle Arten von medizinischer Versorgung (Notfallhilfe, ambulante Versorgung, stationäre Versorgung, spezialisierte Eingriffe) erfasst. Kostenpflichtig sind einerseits Serviceleistungen (Einzelzimmer u.Ä.), andererseits jene medizinischen Leistungen, die auf Wunsch des Patienten durchgeführt werden (z.B. zusätzliche Untersuchungen, die laut behandelndem Arzt nicht indiziert sind). Staatenlose, die dauerhaft in Russland leben, sind bezüglich ihres Rechts auf medizinische Hilfe russischen Staatsbürgern gleichgestellt. Bei Anmeldung in der Klinik muss die Krankenversicherungskarte (oder die Polizze) vorgelegt werden, womit der Zugang zur medizinischen Versorgung auf dem Gebiet der Russischen Föderation gewährleistet ist. Personen haben das Recht auf freie Wahl der medizinischen Anstalt und des Arztes, allerdings mit Einschränkungen. Für einfache medizinische Hilfe, die in der Regel in Polikliniken erwiesen wird, haben Personen das Recht die medizinische Anstalt nicht öfter als einmal pro Jahr, unter anderem nach dem territorialen Prinzip (d.h. am Wohn-, Arbeits- oder Ausbildungsort), zu wechseln. Davon ausgenommen ist ein Wechsel im Falle einer Änderung des Wohn- oder Aufenthaltsortes. Das bedeutet aber auch, dass die Inanspruchnahme einer medizinischen Standardleistung (gilt nicht für Notfälle) in einem anderen als dem "zuständigen" Krankenhaus, bzw. bei einem anderen als dem "zuständigen" Arzt, kostenpflichtig ist. In der ausgewählten Organisation können Personen ihren Allgemein- bzw. Kinderarzt nicht öfter als einmal pro Jahr wechseln. Falls eine geplante spezialisierte medizinische Behandlung im Krankenhaus nötig wird, erfolgt die Auswahl der medizinischen Anstalt durch den Patienten gemäß der Empfehlung des betreuenden Arztes oder selbstständig, falls mehrere medizinische Anstalten zur Auswahl stehen. Abgesehen von den oben stehenden Ausnahmen sind Selbstbehalte nicht vorgesehen (ÖB Moskau 12.2017). Die Versorgung mit Medikamenten ist grundsätzlich bei stationärer Behandlung sowie bei Notfallbehandlungen kostenlos. Es wird aber berichtet, dass in der Praxis die Bezahlung von Schmiergeld zur Durchführung medizinischer Untersuchungen und Behandlungen teilweise erwartet wird (ÖB Moskau 12.2017). Bestimmte Medikamente werden kostenfrei zur Verfügung gestellt, z.B. Medikamente gegen Krebs und Diabetes (DIS 1.2015). Weiters wird berichtet, dass die Qualität der medizinischen Versorgung hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Ausstattung von Krankenhäusern und der Qualifizierung der Ärzte landesweit variieren kann (ÖB Moskau 12.2017). Die Palliativmedizin muss erheblich ausgebaut werden, es fehlen vor allem stark wirkende Schmerzmedikamente. Im Zuge der Lokalisierungspolitik der Russischen Föderation sinkt der Anteil an hochwertigen ausländischen Medikamenten. Es wurde über Fälle von Medikamenten ohne oder mit schädlichen Wirkstoffen berichtet. Im starken Kontrast zum Erleben der Bevölkerung sieht die Regierung ihre Reformen im Gesundheitswesen pauschal als Erfolg und führt als Beleg die gestiegene Lebenserwartung an (AA 21.5.2018). Das Gesundheitswesen wird im Rahmen der "Nationalen Projekte", die aus Rohstoffeinnahmen finanziert werden, modernisiert. So wurden landesweit sieben föderale Zentren mit medizinischer Spitzentechnologie und zwölf Perinatalzentren errichtet, Transport und Versorgung von Unfallopfern verbessert sowie Präventions- und Unterstützungsprogramme für Mütter und Kinder entwickelt. Schrittweise werden die Gehälter für das medizinische Personal angehoben sowie staatliche Mittel in die Modernisierung bestehender Kliniken investiert. Seit 2002 ist die Lebenserwartung in Russland stetig gestiegen (GIZ 7.2018c). Aufgrund der Bewegungsfreiheit im Land ist es für alle Bürger der Russischen Föderation möglich, bei Krankheiten, die in einzelnen Teilrepubliken nicht behandelbar sind, zur Behandlung in andere Teile der Russischen Föderation zu reisen (vorübergehende Registrierung) (vgl. dazu die Kapitel 19. Bewegungsfreiheit und 19.1 Meldewesen) (DIS 1.2015, vgl. AA 21.5.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (21.5.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/#c18140, Zugriff 22.8.2018

* GTAI - German Trade and Invest (5.1.2016): Russlands Privatmedizin erfährt ungewohnten Zulauf,

http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/suche,t=russlands-privatmedizinerfaehrt-ungewohnten-zulauf,did=1387278.html, Zugriff 23.8.2018

* DIS - Danish Immigration Service (1.2015): Security and human rights in Chechnya and the situation of Chechens in the Russian Federation - residence registration, racism and false accusations; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Moscow, Grozny and Volgograd, the Russian Federation; From 23 April to 13 May 2014 and Paris, France 3 June 2014, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1423480989_2015-01-dis-chechnyafact-finding-mission-report.pdf, Zugriff 23.8.2018

* IOM - International Organisation of Migration (2017):

Länderinformationsblatt Russische Föderation -

* ÖB Moskau (12.2017): Asylländerbericht Russische Föderation

* Ostexperte.de (22.9.2017): Privatkliniken in Russland immer beliebter, https://ostexperte.de/russland-privatkliniken/, Zugriff 23.8.2018

* Tschetschenien

Wie jedes Subjekt der Russischen Föderation hat auch Tschetschenien eine eigene öffentliche Gesundheitsverwaltung, die die regionalen Gesundheitseinrichtungen wie z.B. regionale Spitäler (spezialisierte und zentrale), Tageseinrichtungen, diagnostische Zentren und spezialisierte Notfalleinrichtungen leitet. Das Krankenversicherungssystem wird vom territorialen verpflichtenden Gesundheitsfonds geführt. Schon 2013 wurde eine dreistufige Roadmap eingeführt, mit dem Ziel, die Verfügbarkeit und Qualität des tschetschenischen Gesundheitssystems zu erhöhen. In der ersten Stufe wird die primäre Gesundheitsversorgung - inklusive Notfall- und spezialisierte Gesundheitsversorgung zur Verfügung gestellt. In der zweiten Stufe wird multidisziplinäre spezialisierte Gesundheitsversorgung und in der dritten Stufe die spezialisierte Gesundheitsversorgung zur Verfügung gestellt (BDA CFS 31.3.2015). Es sind somit in Tschetschenien sowohl primäre als auch spezialisierte Gesundheitseinrichtungen verfügbar. Die Krankenhäuser sind in einem besseren Zustand als in den Nachbarrepubliken, da viele erst vor kurzem erbaut worden sind (DIS 1.2015).

Bestimmte Medikamente werden kostenfrei zur Verfügung gestellt, z.B. Medikamente gegen Krebs und Diabetes. Auch gibt es bestimmte Personengruppen, die bestimmte Medikamente kostenfrei erhalten. Dazu gehören Kinder unter drei Jahren, Kriegsveteranen, schwangere Frauen und Onkologie- und HIV-Patienten. Verschriebene Medikamente werden in staatlich lizensierten Apotheken kostenfrei gegen Vorlage des Rezeptes abgegeben (DIS 1.2015). Weitere Krankheiten, für die Medikamente kostenlos weitergegeben werden (innerhalb der obligatorischen Krankenversicherung): - infektiöse und parasitäre Krankheiten

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Tumore

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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