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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FinStrG §35 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des KW in B, vertreten durch Dr. Friedrich Brachowicz, Rechtsanwalt in Salzburg, Leonhard-von-Keutschach-Straße 20/I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) des Berufungssenates II bei der Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde II. Instanz vom 19. Oktober 1995, Zl. 16/16/1-GA6-Zow/95, betreffend das Finanzvergehen des Schmuggels, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid fällte die belangte Behörde in teilweiser Stattgebung der vom Beschwerdeführer gegen das Erkenntnis des Zollamtes Salzburg als Finanzstrafbehörde I.
Instanz erhobenen Berufung folgenden Spruch:
"Karl Weiss ist schuldig, vorsätzlich bei seiner Einreise in das Zollgebiet am 4. September 1991 das Schmuckset, bestehend aus einem gelbgoldenen Kollier, Gewicht 35,5 Gramm, besetzt mit 32 Smaragdtropfen, circa 6,8 Karat und mit 50 unterschiedlich großen Diamantbrillanten, circa 1,3 Karat, einem gelbgoldenen Armband, Gewicht 19 Gramm, besetzt mit 10 Smaragdtropfen, circa 1,5 Karat, und 24 verschieden großen Diamantbrillanten, circa 0,5 Karat, 2 gelbgoldenen Ohrklipsen mit je 5 Smaragden, circa 3,8 Karat und je 26 unterschiedlich großen Diamantbrillanten, circa 1,4 Karat, und einem gelbgoldenen Ring, Gewicht 4,9 Gramm, besetzt mit einem Smaragd, circa 1,9 Karat und 16 kleinen Diamantbrillanten, circa 0,5 Karat, im Zollwert von S 219.167,--, worauf beim Grenzübertritt Eingangsabgaben von S 56.983,-- (Zoll S 10.958,--, EUSt S 46.025,--) entfallen, unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren entzogen zu haben.
Er hat dadurch das Finanzvergehen des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG begangen.
Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG wird über ihn eine Geldstrafe von S 30.000,-- verhängt; gemäß § 20 FinStrG wird die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 15 Tagen festgesetzt.
Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG in Verbindung mit § 17 FinStrG wird auf Verfall eines Schmucksets, bestehend aus einem Kollier, einem Armband, ein Paar Ohrclips und einem Ring, wie oben genau angeführt, erkannt.
Gemäß § 185 FinStrG werden die Kosten mit S 3.000,-- festgesetzt."
Die belangte Behörde ging dabei von folgenden Feststellungen aus:
Der Beschuldigte brachte das Schmuckset über das Grenzzollamt Schwarzbach am 4. September 1991 in das Zollgebiet ein, ohne es einem Zollverfahren zuzuführen, um es hier (in Österreich) zu verkaufen. Dem Beschuldigten als ehemaligen Holzimporteur und Holzvermittler war bekannt und bewusst, dass er den Schmuck, wenn er diesen nach Österreich einführt, verzollen muss bzw. jedenfalls beim Zollamt angeben muss.
Die belangte Behörde nahm anders als die erstinstanzliche Strafbehörde eine einmalige Tatbegehung an, setzte deshalb die von der Erstinstanz mit S 60.000,-- bestimmte Geldstrafe herab und ging davon aus, dass auch der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union keinen Wegfall der Strafbarkeit bewirkt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht wegen Schmuggels bestraft zu werden, verletzt. Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten vor, wobei die belangte Behörde auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtete.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG (in der Fassung BGBl. Nr. 681/1994) macht sich des Schmuggels schuldig, wer eingangs- oder ausgangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich dem Zollverfahren oder sonst der zollamtlichen Überwachung entzieht (in der Fassung vor der oben genannten Novelle machte sich des Schmuggels schuldig, wer eingangs- oder ausgangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzog).
Dass es sich beim gegenständlichen Schmuck um eine eingangsabgabepflichtige Ware gehandelt hat, die der Beschwerdeführer bei Eintritt in das Zollgebiet nicht gestellt bzw. dem Zollverfahren entzogen hat, bestreitet er nicht. Seine (weitwendigen) Beschwerdeausführungen betreffen vielmehr die subjektive Tatseite. Er macht den Schuldausschließungsgrund des § 7 FinStrG geltend; sollte dieser nicht vorliegen, falle ihm lediglich Verzollungsumgehung im Sinne des § 36 FinStrG zur Last.
Gemäß § 7 Abs. 1 FinStrG handelt nicht schuldhaft, wer zur Zeit der Tat wegen einer Geisteskrankheit, wegen Schwachsinns, wegen einer tief greifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Der Beschwerdeführer will diesen Gesetzestatbestand insofern erweitern, als er die bei ihm bestehende Arteriosklerose, also, wie er es selber ausdrückt, ein körperlicher Defekt, wie eine seelische Störung behandelt wissen will. Er verweist auf seine Krankengeschichten und insbesondere darauf, dass am 27. Mai 1994 eine Verhandlung wegen der Gefahr eines Herzinfarktes abgebrochen werden musste. Dabei verkennt er aber, dass es einerseits auf den Zustand im Zeitpunkt der Tat ankommt und dass andererseits körperliche Defekte gerade nicht von § 7 FinStrG erfasst sind. Hier geht es um Geisteskrankheit, Schwachsinn, tief greifende Bewusstseinsstörungen oder andere schwere, einem dieser Zustände gleichwertige seelische Störungen, wobei diese Störung soweit gegangen sein muss, dass sie die Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit ausgeschlossen hat (siehe die Nachweise bei Fellner, Finanzstrafgesetz I, Ergänzung E, 2 E und 3 E zu § 7 FinStrG). Nichts dergleichen hat der Beschwerdeführer aber behauptet; die Aktenlage unter Einschluss der vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Atteste bietet keinen Hinweis auf eine Dispositionsunfähigkeit am 4. September 1991. Ganz im Gegenteil war der Beschwerdeführer damals durchaus in der Lage, Verkaufsverhandlungen über Schmuckgegenstände nicht unbeträchtlichen Wertes zu führen. Es bestand daher weder ein Anlass, ein psychiatrisches Gutachten über den Geisteszustand des Beschwerdeführers im September 1991 einzuholen, noch ist der belangten Behörde ein Rechtsirrtum wegen der Nichtanwendung des § 7 FinStrG vorzuwerfen.
Zur Annahme der vorsätzlichen Begehung gelangte die Behörde aufgrund der Tatsachenfeststellungen, dass der Beschwerdeführer am 4. September 1991 ohne Stellung der Schmuckstücke einreiste und dass ihm als ehemaligen Holzimporteur und Holzvermittler bekannt und bewusst gewesen sei, dass er den Schmuck, wenn er diesen nach Österreich einführe, verzollen müsse bzw. jedenfalls beim Zollamt angeben müsse. Mit seinem nunmehrigen Vorbringen, dass er Holzvermittler und Holzexporteur gewesen wäre, d.h. dass er österreichische Holzhändler aufgesucht habe um einen deutschen Bedarf abzudecken, kann er diese Feststellungen nicht erschüttern. Er war damit jedenfalls mit den Gepflogenheiten eines grenzüberschreitenden Warenverkehrs vertraut; im Übrigen hat er bei seiner Vernehmung am 10. Oktober 1991 ausdrücklich angegeben, dass er gewusst habe, dass solche Gegenstände beim Grenzübertritt anzugeben seien und er nur deswegen nichts gesagt habe, weil er durchgewunken worden sei. Entscheidend ist nicht, ob der Beschwerdeführer beabsichtigt hat, im Falle des tatsächlichen Verkaufes dann auch eine Verzollung durchzuführen, sondern allein der Umstand, dass er am 4. September 1991 trotz Kenntnis der Verpflichtung, die eingangsabgabepflichtigen Waren einer zollamtlichen Behandlung zuzuführen, dies bewusst unterlassen hat. Damit wollte er einen Sachverhalt verwirklichen, der einem gesetzlichen Tatbild, nämlich dem des § 35 FinStrG, entsprach; für die Annahme einer bloßen Sorgfaltsverletzung im Sinne des § 8 Abs. 2 FinStrG bleibt sohin kein Raum, sodass die Behörde zu Recht Schmuggel und nicht Verzollungsumgehung angenommen hat.
Wenn der Beschwerdeführer das Strafausmaß mit dem Argument bekämpft, bei Annahme einer fahrlässigen Verzollungsumgehung würde sich eine erhebliche Herabsetzung des Strafausspruches ergeben und er gleichzeitig die Herabsetzung auf ein Drittel beantragt, so wird in Wahrheit damit abermals der Schuldspruch bekämpft. Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG ist beim Schmuggel auf Verfall nach Maßgabe des § 17 zu erkennen; in Richtung auf eine Anwendbarkeit der allgemeinen Unverhältnismäßigkeitsklausel des § 17 Abs. 6 FinStrG (siehe die Beispiele bei Dorazil/Harbich, MAG-FinStrG, 15. Lieferung, 66 f) hat der Beschwerdeführer nichts vorgebracht und bietet der festgestellte Sachverhalt auch keinen Anhaltspunkt.
Gemäß § 4 Abs. 2 FinStrG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung erster Instanz geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre. Was die Frage der Auswirkungen des mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1995 erfolgten Beitritts Österreichs zu den Europäischen Gemeinschaften auf die Frage der Strafbarkeit der Tat anlangt, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass die so genannte Günstigkeitsregel des § 4 Abs. 2 FinStrG immer nur die Frage geänderter strafgesetzlicher Vorschriften betrifft, jedoch nicht Platz greift, wenn sich die der Tat zugrundeliegenden abgabenrechtlichen Normen ändern. Die Frage der Steuerpflicht ist ungeachtet späterer Rechtsänderungen immer nach Maßgabe der zur Tatzeit geltenden Vorschriften zu beurteilen und vermag eine nachträgliche außerstrafrechtliche Gesetzesänderung einer bereits eingetretenen Strafbarkeit keinen Abbruch zu tun (vgl. dazu die bei Fellner, Finanzstrafgesetz I Rz 7 zu § 4 FinStrG sowie bei Dorazil/Harbich, aaO unter E 77 zu § 4 FinStrG referierte Judikatur).
Da sohin dem angefochtenen Bescheid keinerlei Rechtswidrigkeit anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am 14. Oktober 1999
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996160109.X00Im RIS seit
11.07.2001