Entscheidungsdatum
20.09.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W163 1424200-3/19E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Daniel Leitner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.04.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.06.2018:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid im Umfang der Spruchpunkte I., II., IV. und V. aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
I.1. Verfahrensgang
1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte nach seiner unrechtmäßigen und schlepperunterstützten Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 15.06.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes (im Folgenden: BAA) vom 04.01.2012, Zl. XXXX wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
1.3. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (im Folgenden: BVwG) vom 23.05.2014, Zl. W169 XXXX, gemäß den §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde aufgehoben und gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen (Spruchpunkt II.).
2.1. Nach einer niederschriftlichen Einvernahme des BF am 30.05.2016 wurde dem BF mit Bescheid des BFA vom 16.09.2016, Zl. XXXX, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Nach § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.
2.2. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 19.10.2016, Zl. W220 XXXX, gemäß den §§ 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
3.1. Der BF wurde am 26.01.2017 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF erstmals an, Staatsangehöriger von Bangladesch zu sein, dass sein Nachname nicht XXXX sondern XXXX sei und dass seine Eltern ebenfalls Staatsangehörige von Bangladesch seien. Der BF legte die Kopie der ersten Doppelseite eines Reisepasses vor, die er seinem Vater zuordnete (Name: XXXX, geboren am XXXX), und legte weiters die Kopie einer Geburtsurkunde vor, die er als die seinige bezeichnete (lautend auf XXXX, geboren am XXXX, Name des Vaters XXXX, Datum der Registrierung und Datum der Ausstellung XXXX). Der BF wurde im Weiteren zu diesem nunmehr erstatteten Vorbringen und seinen Lebensumständen in Österreich befragt.
3.2 Das BFA hat mit dem im Spruch angeführten Bescheid, zugestellt am 03.05.2017, dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erlassen (Spruchpunkt I.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gem. § 18 Abs. 2 Z a BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).
Dabei ging das BFA von der indischen Staatsangehörigkeit des BF aus und legte der Rückkehrentscheidung Länderfeststellungen zu Indien zugrunde.
3.3. Gegen den oben genannten Bescheid des BFA richtet sich die beim BFA fristgerecht am 19.05.2017 eingebrachte Beschwerde an das BVwG. Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, der Beschwerde stattzugeben und den Bescheid im angefochtenen Umfang aufzuheben oder abzuändern.
Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG am 24.05.2017 vom BFA vorgelegt.
4. Mit Beschluss des BVwG vom 29.05.2017, Zl. W163 XXXX, wurde der Beschwerde gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
4.1. Am 31.05.2017 wurde beim BFA um die Vorlagen aller Akten der vorangehenden Verfahren des BF ersucht.
Am 21.06.2017 übermittelte das BFA elektronisch ein Konvolut von Dokumenten mit der Zusage der Zusendung des physischen Aktes, sobald dieser auffindbar sei.
Auf Urgenz seitens des BVwG hinsichtlich der physischen Vorlage der Akten teilte das BFA mit, dass der komplette physische Akt bereits am 13.09.2017 versendet worden sei.
Am 29.09.2017 bestätigte das BFA (XXXX) per E-Mail, dass der physische Akt, Zl. XXXX "in Verschlag gekommen" (gemeint wohl: in Verstoß geraten) sei und nicht mehr auffindbar sei. Der Akt sei seitens des Referenten am 25.04.2017 an das XXXX der RegionaldirektionXXXX nachweislich versandt worden.
Am 10.10.2017 teilte das BFA (Koordinationsbüro) per E-Mail mit, dass laut Aufzeichnungen im IFA alle Akten an das BVwG weitergeleitet worden seien und laut Eintrag auch alle Schriftstücke übermittelt worden seien.
4.2. Das BVwG führte am 07.06.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF und sein Rechtsberater persönlich teilnahmen. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung nicht teil.
Der BF wurde zu seiner Identität und seinen Lebensumständen in Österreich befragt.
Am 27.07.2018 wurde seitens des BF zuerst Dokumente in Kopie und sodann im Original übermittelt. Die Originaldokumente wurden bezeichnet als Geburtsurkunde des BF (in zwei Sprachen) und ein Dokument in Landessprache. Aus dem als Geburtsurkunde des BF bezeichneten Schriftstück ergeben sich im Wesentliche folgende Daten: Name: XXXX, geboren am XXXX, Name des Vaters XXXX, Datum der Registrierung und Datum der Ausstellung XXXX).
Zudem wurden ein DHL-Umschlag, eine (bereits zuvor beigebrachte) Passkopie ("Vater") und eine Deutschkursbestätigung übermittelt.
Im Weiteren wurden Abschlussprüfungszeugnisse des BF übermittelt.
I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (Sachverhalt)
Der unter Punkt I.1. dargestellte Verfahrensgang wird als Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
Die Vorakten zum gegenständlichen Verfahren, konkret jene zum Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz und dem Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung, sind beim BFA in Verstoß geraten. Der Akteninhalt kann auf Basis der übermittelten elektronisch verfügbaren Dokumente nur teilweise rekonstruiert werden, der gesamte Akteninhalt ist daraus nicht ersichtlich. Das Vorbringen des BF zu seiner Staatsangehörigkeit und damit verbundenen Aspekten in den vorangehenden Verfahren sind aufgrund des im gegenständlichen Verfahren erstatteten Vorbringens zu einer anderen Staatsangehörigkeit von wesentlicher Bedeutung.
II. Beweiswürdigung
Der als Sachverhalt festgestellte Verfahrensgang ergibt sich unstrittig aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen dazu, dass die Akten zu den vorangehenden Verfahren beim BFA in Verstoß geraten sind, ergeben sich aus der diesbezüglichen Korrespondenz mit dem BFA und dem Umstand, dass am BVwG lediglich die das gegenständliche Verfahren betreffende Akten einlangten. Die elektronisch verfügbaren Dokumente bilden nicht den gesamten Akteninhalt ab, sondern nur Teile davon, sodass dies entsprechend festzustellen war.
Die wesentliche Bedeutung des gesamten Akteninhalts ergibt sich aufgrund der sonst nicht gegebenen Nachvollziehbarkeit des jeweils zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF und seiner Eltern erstatteten Vorbringens.
III. Rechtliche Beurteilung
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu Spruchpunkt I. A)
3.2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und der Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG Anm. 11).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:
Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
3.3. Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt als grob mangelhaft, da die tatsächliche Staatsangehörigkeit des BF ungeklärt blieb und das BFA dazu keine Ermittlungen anstellte, sondern sich auf bloße Wertung der Unzulänglichkeiten im Vorbringen beschränkte. Die durch das nunmehrige Vorbringen und die in Vorlage gebrachten Unterlagen angestoßene, schwierige Ermittlung zur tatsächlichen Identität und Staatsangehörigkeit wurde insofern an das BVwG zu delegieren versucht.
Soweit das BFA sich darauf stützte, dass der BF das "Originalkuvert", mit dem Urkunden übermittelt worden seien, nicht beibrachte, ist auch darauf hinzuweisen, dass der belangten Behörde eine entsprechende Würdigung als unterlassene Mitwirkung (vgl. § 15 AsylG) zwar unbenommen ist. Die Mitwirkungspflicht der Partei reicht aber nicht so weit, dass sich die Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren sparen könnte (VwGH 04.11.2004, 2004/20/0216).
Die vorgelegten Aktenteile (Unterlagen) reichen nicht aus, um davon auszugehen, dass der BF indischer Staatsangehöriger und seine wahre Identität jene im Asylverfahren angegebene sei. Die beim BFA in Verstoß geratenen Akten können aber vom BVwG nicht rekonstruiert werden, sodass das Auffinden der Akten vom BFA zu bewerkstelligen sein wird. Ohne die fehlenden Akten entzieht sich nach jetzigem Verfahrensstand die Ermittlung des Herkunftsstaates den Möglichkeiten des BVwG, sodass unter diesem Aspekt eine meritorische Entscheidung des BVwG verhindert ist.
Hinzu kommt, dass sich die Rückkehrentscheidung des BFA auf Indien bezieht, sodass im Falle einer anderen Staatsangehörigkeit die Sache des Beschwerdeverfahrens eine wesentlich andere wäre als jene des angefochtenen Bescheids.
Zusammenschauend hat das BFA im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt und schwierige Ermittlungen an das BVwG zu delegieren versucht. Zudem wird vom BFA, um den Sachverhalt zu klären, insbesondere das Auffinden der in Verstoß geratenen Akten zu bewerkstelligen sein. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das BVwG kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das BVwG "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - auch angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des BFA gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen.
3.4. Da das erlassene Einreiseverbot in seinem Bestand von der Rückkehrentscheidung abhängt, war der angefochtene Bescheid auch in diesem Umfang zu beheben.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Im vorliegenden Fall konnte die Verhandlung im Sinne des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.
Zu I. B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) ab. Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet. Die ersatzlose Behebung (vgl. VwGH 04.08.2016 Ra 2016/21/0162) der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde ergibt sich aus der klaren Rechtslage.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W163.1424200.3.00Zuletzt aktualisiert am
22.11.2018