TE Bvwg Beschluss 2018/9/25 W129 2184629-1

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Veröffentlicht am 25.09.2018
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Entscheidungsdatum

25.09.2018

Norm

AVG §19
BDG 1979 §16
B-VG Art.133 Abs4
VwGG §30 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W129 2184629-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde von GrInsp. i.R. XXXX gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom 11.12.2017, GZ P6/2401/2014-scha, den Beschluss:

A)

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Dem angefochtenen Bescheid ist sinngemäß und im Wesentlichen zu entnehmen, dass die belangte Behörde eine Ruhestandsangelegenheit - Wiederaufnahme in den Dienststand gemäß § 16 BDG 1979 zu bearbeiten habe, an der der Beschwerdeführer beteiligt sei. In diesem Zusammenhang sei es notwendig, dass er persönlich am 08.01.2018 um 10:00 Uhr inXXXX, Landespolizeidirektion XXXX beim Leiter der Personalabteilung Oberst XXXX, B.A., erscheine, um in dieser Angelegenheit mitzuwirken. Wenn er dieser Ladung ohne wichtigen Grund - z.B. Krankheit, Gebrechlichkeit, zwingende berufliche Verhinderung, nicht verschiebbare Urlaubsreise - nicht Folge leiste, müsse er damit rechnen, dass seine zwangsweise Vorführung veranlasst werde. Er solle daher in seinem eigenen Interesse sofort mitteilen, wenn er zum angegebenen Termin nicht kommen könne, damit er allenfalls verschoben werden könne. In der Rechtsmittelbelehrung findet sich ua., dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde aufschiebende Wirkung habe.

2. Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschwerdeführers. Dieser ist im Wesentlichen und sinngemäß zu entnehmen: Seine Dienstunfähigkeit sei in den letzten Jahren und Monaten in mehreren fachärztlichen Gutachten und Reha-Berichten dokumentiert worden; er stehe deshalb bis dato immer noch unter ärztlicher Aufsicht. Die "permanenten" Vorladungen würden nicht zu seiner Genesung beitragen, sodass er nie richtig zur Ruhe finden könne. Dass die Zustellungen der Ladungen über die Polizei durchgeführt werden würden, obwohl auch die Möglichkeit der Zustellung über die Post bestehe, erachte er "als Verfolgung" seiner Person und fühle sich dadurch in seiner "persönlichen Freiheit" eingeschränkt. Laut seinen behandelnden Ärzten und den fachärztlichen Gutachten sei eine Wiederaufnahme in den Dienststand derzeit und vermutlich auch auf längerer Sicht nicht möglich. Auch hinsichtlich seines Alter - er werde Mitte Jänner 54 Jahre alt - sei eine Wiederaufnahme in den Polizeidienst fragwürdig.

3. Mit Schreiben vom 12.01.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo das Konvolut am 31.01.2018 einlangte. Dem Vorlageschreiben ist insbesondere Folgendes zu entnehmen: Bezugnehmend auf den Landungsbescheid sei am 05.01.2018 ein Schreiben vom 29.12.2017 eingelangt, wonach der betreffende Termin vom Beschwerdeführer aufgrund einer zwingenden beruflichen Verhinderung nicht wahrgenommen werden könne.

4. Mit Schreiben vom 16.08.2018 wurde dem Beschwerdeführer die Gegenstandslosigkeit des Verfahren vorgehalten und ihm die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen.

5. Der Beschwerdeführer hat bis dato keine Stellungnahme abgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Ladungsbescheid an den Beschwerdeführer vom 11.12.2017 lautet wie folgt:

"Ladungsbescheid

Wir haben folgende Angelegenheit, an der Sie beteiligt sind, zu bearbeiten

Betreff: Ruhestandsangelegenheiten - Wiederaufnahme in den Dienststand gem. § 16 BDG

In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass Sie persönlich an nachstehend angeführter Örtlichkeit erscheinen um in dieser Angelegenheit mitzuwirken.

Datum Zeit

08.01.2018 10:00 Uhr

Ort (Siege/Stock/Zimmer Nr.)

XXXX, Landespolizeidirektion XXXX beim Leiter der Personalabteilung Oberst XXXX, B.A.

Wenn Sie dieser Ladung ohne wichtigen Grund - z.B. Krankheit, Gebrechlichkeit, zwingende berufliche Verhinderung, nicht verschiebbare Urlaubsreise - nicht Folge leisten, müssen Sie damit rechnen, dass

[...]

X ihre zwangsweise Vorführung veranlasst wird.

Teilen Sie uns daher in Ihrem eigenen Interesse sofort mit, wenn Sie zum angegebenen Termin nicht kommen können, damit er allenfalls verschoben werden kann.

Rechtsgrundlage: § 19 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Rechtsmittelbelehrung:

[...]"

1.2. Der Beschwerdeführer hat die (ihm im angefochtenen Bescheid eingeräumte) Möglichkeit ergriffen, der belangten Behörde mit Schreiben vom 29.12.2017 (Einlangen bei der belangten Behörde: 05.01.2018) seine zwingende berufliche Verhinderung mitzuteilen. Die belangte Behörde hat die Verhinderung des Beschwerdeführers am Erscheinen unwidersprochen zur Kenntnis genommen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zum Ladungsbescheid zu 1.1. gehen aus diesem hervor.

Die Feststellungen zu 1.2. ergeben sich aus dem unbedenklichen Vorlageschreiben der belangten Behörde iVm mit dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 29.12.2017. Dass die belangte Behörde etwa verlangt hätte, dass der Beschwerdeführer die Verhinderung bescheinigen soll, geht weder aus dem Vorlageschreiben noch aus dem Verwaltungsakt hervor, weshalb davon auszugehen ist, dass die belangte Behörde die Verhinderung unwidersprochen zur Kenntnis genommen hat.

Der Beschwerdeführer hat auch keine Stellungnahme abgeben und ist dem Sachverhalt daher auch nicht entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. § 19 AVG lautet wie folgt:

Ladungen

§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

(4) Eine einfache Ladung erfolgt durch Verfahrensanordnung.

3.2. Der VwGH deutet bestimmte Verhaltensweisen der Behörde als zumindest konkludenten bzw impliziten "de facto-Verzicht" auf die Befolgung des Ladungsbefehls, durch den die Ladung gegenstandslos und damit die darin ausgesprochene Androhung eines Zwangsmittels rechtlich bedeutungslos wird (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 19 (Stand 1.1.2014, rdb.at) Rz 25 mwH).

Dabei ist auf die Entscheidung des VwGH vom 15.11.2005, 2005/18/0593, hinzuweisen, die wie folgt lautet:

"5. Der Beschwerdeführer hat die (ihm im angefochtenen Bescheid eingeräumte) Möglichkeit ergriffen, der belangten Behörde seine Verhinderung mitzuteilen. Die belangte Behörde hat die Verhinderung des Beschwerdeführers am Erscheinen unwidersprochen zur Kenntnis genommen. Sie hat insbesondere nicht zum Ausdruck gebracht (etwa durch ein Verlangen, den Verhinderungsgrund zu bescheinigen), dass sie die Entschuldigung des Beschwerdeführers nicht akzeptiere und dem Ladungsbescheid weiter Bedeutung zumesse. Dieses Verhalten der belangten Behörde stellt de facto einen Verzicht auf die Ladung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1992, Zl. 89/17/0010, mwN, sowie die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 78 ff zu § 19 AVG zitierte hg. Rechtsprechung). Der Ladungsbescheid ist damit gegenstandslos geworden. Aus ihm können keine Folgen - wie zB die zwangsweise Vorführung des Beschwerdeführers - mehr abgeleitet werden (vgl. nochmals die in Walter/Thienel, a.a.O. zitierte hg. Rechtsprechung).

6. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nicht dessen Aufgabe, in einer Beschwerdesache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage keine Bedeutung mehr zukommt. Wird eine Beschwerde gegenstandslos, ohne dass der angefochtene Bescheid durch einen formellen Akt beseitigt wurde, so führt dies zur Einstellung des Verfahrens. Gegenstandlosigkeit wird immer dann angenommen werden können, wenn der Beschwerdeführer durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht günstiger gestellt würde, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde infolge der nach ihrer Erhebung eingetretenen Umstände der Fall ist. Zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann somit auch dann eintreten, wenn durch eine Änderung maßgebender Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 18. März 2003, Zl. 2002/18/0120). Dies ist hier in Anbetracht der Gegenstandslosigkeit des angefochtenen Ladungsbescheides der Fall.

Die Beschwerde war somit wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtschutzbedürfnisses (materielle Klaglosstellung) in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen."

3.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:

Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder "des Untergangs" des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung des Verfahrens auch bei materieller Klaglosstellung des Beschwerdeführers wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Betracht kommen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 28 VwGVG, Anm. 5).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird - neben formeller Klaglosstellung - angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (siehe etwa VwGH 31. 1. 2007, 2005/10/0205; VwGH 5.11.2014, Ro 2014/10/0084, mit Verweis auf VwGH 28.11.2013, 2013/10/0084).

Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens war, dass mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.12.2017 eine Ladung an den Beschwerdeführer ergangen ist.

Der Beschwerdeführer hat die (ihm im angefochtenen Bescheid) eingeräumte Möglichkeit ergriffen, der belangten Behörde seine Verhinderung mitzuteilen. Die belangte Behörde hat die Verhinderung des Beschwerdeführers am Erscheinen unwidersprochen zur Kenntnis genommen. Sie hat insbesondere nicht zum Ausdruck gebracht (etwa durch ein Verlangen, den Verhinderungsgrund zu bescheinigen), dass sie die Entschuldigung des Beschwerdeführers nicht akzeptiere und dem Ladungsbescheid weiter Bedeutung zumesse. Dieses Verhalten der belangten Behörde stellt de facto einen Verzicht auf die Ladung im Sinne der Entscheidung des VwGH vom 15.11.2005, 2005/18/0593, dar. Der Ladungsbescheid ist damit gegenstandslos geworden. Aus ihm können keine Folgen, wie zB die zwangsweise Vorführung des Beschwerdeführers, mehr abgeleitet werden.

Die Beschwerde war daher wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses (materielle Klaglosstellung) als gegenstandlos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 VwGVG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Dienststand, Gegenstandslosigkeit, Klaglosstellung, Ladungsbescheid,
Rechtschutzbedürfnis - Wegfall, Verfahrenseinstellung, Verzicht,
Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W129.2184629.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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