Entscheidungsdatum
26.09.2018Norm
AVG §35Spruch
W262 1428487-3/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herbert POCHIESER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 07.07.2017, Zl. XXXX , betreffend Verhängung einer Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG in Höhe von € 375 zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG
stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
Der Antrag auf Ersatz der Verfahrenskosten wird gemäß § 35 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Dem Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.02.2015, W227 1428487-1/9E gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Über Antrag wurde dem Beschwerdeführer am 12.03.2015 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden als BFA oder belangte Behörde bezeichnet) ein Konventionsreisepass ausgestellt.
2. Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 19.04.2016, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt, wobei der Vollzug der Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
3. Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 23.05.2016 wurde dem Beschwerdeführer der Konventionsreisepass gemäß §§ 94 Abs. 5, 93 Abs. 1 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgrund oa. Verurteilung entzogen. Der Beschwerdeführer erhob am 07.06.2016 fristgerecht Vorstellung gegen den oa. Mandatsbescheid. Der am 12.08.2016 inhaltsgleich erlassene Bescheid der belangten Behörde wurde nicht bekämpft und erwuchs am 21.09.2016 in Rechtskraft.
4. Mit Schreiben vom 21.02.2017 teilte das BFA dem Beschwerdeführer mit, dass aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung ein Aberkennungsverfahren des Asylstatus gemäß § 7 Abs. 2 AsylG 2005 eingeleitet werde. Nach Einvernahme des Beschwerdeführers in Anwesenheit seiner Rechtsvertreterin am 13.03.2017 und Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme dazu wurde das Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus gemäß § 7 Abs. 2 AsylG 2005 am 04.04.2017 formlos eingestellt.
5. Am 02.05.2017 stellte der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herbert POCHIESER, bei der belangten Behörde einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 1 FPG. Begründend wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.02.2015, W227 1428487-1/9E gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden und das Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus gemäß § 7 Abs. 2 AsylG 2005 mit 04.04.2017 eingestellt worden sei.
6. Mit Schreiben vom 09.05.2017 wurde der Beschwerdeführer mit Hinweis auf den Bescheid vom 12.08.2016, mit dem ihm der Konventionsreisepass entzogen wurde, darauf hingewiesen, dass ihm der Konventionspass nicht wegen der Einleitung eines Asylaberkennungsverfahrens, sondern wegen Bekanntwerden nachträglicher Tatsachen, welche die Versagung der Ausstellung rechtfertigen würden, nämlich die oa. rechtskräftige Verurteilung nach dem SMG, entzogen worden sei. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, binnen zwei Wochen neue Tatsachen vorzubringen, die den seinerzeitigen Entziehungsgründen entgegenstehen und nunmehr die Ausstellung eines Konventionspasses rechtfertigen würden. Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass - sollte der Antrag trotz Wissens um die Versagungsgründe und ohne Eintreten neuer Tatsachen gestellt worden sein - die Behörde die Voraussetzungen für die Verhängung einer Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG prüfen werde.
7. In der dazu erstatteten Stellungnahme vom 24.05.2017 führte der Beschwerdeführer aus, dass insofern neue Tatsachen hervorgekommen seien, als der Beschwerdeführer einer geregelten Arbeit nachgehe und Verantwortung für seinen minderjährigen Bruder übernehme; er werde künftig strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung treten und insbesondere bestehe keine Gefahr mehr, dass er den Konventionsreisepass benütze, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.
8. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.07.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 3 FPG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass aufgrund der der oa. Verurteilung vom 19.04.2016, Zl. XXXX zugrundeliegenden Tat am 18.09.2015 die Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 92 Abs. 3 FPG bis zum Ablauf des 18.09.2018 jedenfalls zu versagen ist.
Dem Vorbringen, dass der Beschwerdeführer den Pass bei der Begehung der ihm angelasteten Straftat nach dem Suchtmittelgesetz nicht verwendet hat, ändere nichts, zumal der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft sei und der Reisepass daher einen weiteren Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern werde. Auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen sei bei der Versagung eines Reisepasses keine Rücksicht zu nehmen. Ein inhaltlicher Konnex zwischen der Einstellung des Verfahrens zur Asylaberkennung aufgrund der Tatsache, dass er nur einmal strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, derzeit einer geregelten Arbeit nachgehe und Verantwortung für seinen minderjährigen Bruder übernehme, ist nicht herstellbar. Letztlich müsse unklar bleiben, warum in der Stellungnahme des Beschwerdeführers der in Rechtskraft erwachsene Entziehungsbescheid umfassend thematisiert und der Eindruck erweckt werde, dass die Rechtskraft dieses Bescheides durch eine neuerliche Antragstellung durchbrochen werde.
Die fristgerecht gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde hg. zur Zahl W262 1428487-2 protokolliert.
9. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 07.07.2017 wurde über den Beschwerdeführer eine Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG in Höhe von € 375 verhängt. Begründend führte die belangte Behörde nach Darlegung des oa. Sachverhaltes aus, dass dem Beschwerdeführer der Konventionspass nicht wegen der Einleitung eines Asylaberkennungsverfahrens, sondern wegen Bekanntwerden nachträglicher Tatsachen, welche die Versagung der Ausstellung rechtfertigen würden, entzogen worden sei. Der Beschwerdeführer sei aufgefordert worden, binnen zwei Wochen neue Tatsachen vorzubringen, die den seinerzeitigen Entziehungsgründen entgegenstehen und nunmehr die Ausstellung eines Konventionspasses rechtfertigen würden. Darüber hinaus sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, dass - sollte der Antrag trotz Wissens um die Versagungsgründe und ohne Eintreten neuer Tatsachen gestellt worden sein - die Behörde die Voraussetzungen für die Verhängung einer Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG prüfen werde. Dass in der dazu ergangenen Stellungnahme keine neuen Tatsachen vorgebracht, sondern lediglich Kritik an dem in Rechtskraft erwachsenen Entziehungsbescheid geäußert worden sei, erwecke den Eindruck, dass der Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses lediglich gestellt worden sei, um die Rechtskraft des oa Bescheides zu durchbrechen. Darüber hinaus müsse dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers als einem seit über dreißig Jahren im Asyl- und Fremdenrecht tätigen Rechtsanwalt der absolute Versagungsgrund des § 92 Abs. 3 FPG bekannt sein; insofern trete die Offenkundigkeit der mutwilligen Antragstellung nach außen. Die Höhe der Strafe sei der Offenkundigkeit der Mutwilligkeit und dem Unrechtsgehalt angemessen.
10. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde und brachte neben ausführlichen Vorbringen zum oa. Bescheid betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses zur Mutwillensstrafe vor, dass die Verhängung von Mutwillensstrafen einzig aufgrund eines abweisenden Bescheides zur Konsequenz habe, dass in solchen Fällen die Verhängung der Strafe jedenfalls gerechtfertigt wäre. Dies wäre jedoch systemwidrig und stelle einen massiven Eingriff in die Rechtsschutzinteressen des Einzelnen dar. Die belangte Behörde müsse einzig prüfen, ob Mutwilligkeit im Sinne des § 35 AVG vorliege. Mit Hinweis auf höchstgerichtliche Judikatur brachte der Beschwerdeführer vor, dass sein Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses keinesfalls "offenbar mutwillig" gestellt worden sei, da er ihn weder auf einen unrichtigen Tatbestand, noch im Bewusstsein der Grundlosigkeit gestellt habe. Letztlich führte er aus, dass die Höhe der Strafe im Hinblick auf sein Einkommen jedenfalls unverhältnismäßig sei.
Der Beschwerdeführer beantragte darüber hinaus "dem Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II 517/2013, den Ersatz der [...] entstandenen Verfahrenskosten im gesetzlichen Ausmaß binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution aufzutragen", da der "Ausschluss eines Kostenersatzes im Bescheidbeschwerdeverfahren den Beschwerdeführer sachlich nicht nachvollziehbar und damit in verfassungswidrigerweise gegenüber Beschwerdeführern in Maßnahmebeschwerdeverfahren diskriminiere".
11. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 21.08.2017 vom BFA vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Dem Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.02.2015, W227 1428487-1/9E, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Dem Beschwerdeführer wurde am 12.03.2015 ein Konventionsreisepass ausgestellt.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 19.04.2016, Zl. XXXX wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten bedingt verurteilt.
Dem Beschwerdeführer wurde der Konventionsreisepass mit Mandatsbescheid des BFA vom 23.05.2016 entzogen. Aufgrund der Vorstellung des Beschwerdeführers wurde ein ordentliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Mit Bescheid vom 12.08.2016, rechtskräftig am 21.09.2016, wurde der Entzug des Konventionsreisepasses bestätigt. Dieser Bescheid blieb unbekämpft.
Das Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus gemäß § 7 Abs. 2 AsylG 2005 des Beschwerdeführers wurde am 04.04.2017 eingestellt.
Der Antrag des Beschwerdeführers vom 02.05.2017 auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses wurde mit Bescheid des BFA vom 07.07.2017 abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom heutigen Tag, W262 1428487-2/8E - soweit für diesen Fall relevant - als unbegründet abgewiesen.
Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer die Tätigkeit der Behörde offenbar mutwillig in Anspruch genommen hat.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dem beigeschafften Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend das Asylaberkennungsverfahren sowie dem hg. zu W262 1428487-2 protokollierten Verfahren.
Allein aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer trotz Entziehung seines Konventionsreisepasses wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung und nach Einstellung des aus demselben Grund eingeleiteten Asylaberkennungsverfahrens (erneut) einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses stellte, ist weder das Bewusstsein einer Grund- und Aussichtslosigkeit, noch einer Nutz- und Zwecklosigkeit seines Anbringens ableitbar. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer durch einen - von der belangten Behörde als ausgewiesenen Experten auf dem Gebiet des Asyl- und Fremdenrechts bezeichneten - Rechtsanwalt vertreten war und das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom heutigen Tag, W262 1428487-2/8E, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses der Beschwerde nicht folgte, zumal nicht davon ausgegangen werden kann, dass im vorliegenden Fall die Aussichtslosigkeit, einen Konventionsreisepass ausgestellt zu bekommen, für jedermann erkennbar war und die Antragstellung offenbar mutwillig erfolgte.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 50/2016, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im FPG eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 82/2015 (in der Folge: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Stattgebung der Beschwerde
3.2. § 35 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) lautet:
"Mutwillensstrafen
Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen."
3.3. Bei einer Mutwillensstrafe nach § 35 AVG, wie bei der Ordnungsstrafe nach § 34 AVG, handelt es sich nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes, sondern um ein Disziplinarmittel (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.09.1973, 1665/72, VwSlg. Nr. 8448 A/1973, sowie das zu § 34 AVG ergangene und auf den vorliegenden Beschwerdefall übertragbare Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.05.1994, 92/10/0469, VwSlg. Nr. 14.064 A/1994).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt im Sinne des § 35 AVG mutwillig, wer sich (u.a.) im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und der Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet. Darüber hinaus verlangt das Gesetz, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (vgl. dazu VwGH vom 16.02.2012, 2011/01/0271, mwN).
Mit seinem Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses hat der Beschwerdeführer zweifellos die Behörde in Anspruch genommen. Strafbarer Mutwille hat jedoch das Bewusstsein der Grundlosigkeit des Antrages zur Voraussetzung, sodass dem Antragsteller nur Mutwille unterstellt werden kann, wenn er sich wissentlich auf einen unrichtigen "Tatbestand" stützt oder es zweifellos und auch ihm bewusst ist, dass der vorliegende "Tatbestand" keinen Grund für seinen Antrag gibt. Es muss auch "offenbar" sein, dass der mit dem Antrag erstrebte Zweck keinesfalls verwirklicht werden kann (vgl. dazu zwar zur Einbringung von Rechtsmitteln ergangenen, aber vergleichbaren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.03.1997, 95/19/1705; 18.04.1997, 95/19/1706).
Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen mit äußerster Vorsicht umzugehen und ein derartiger Tatbestand nur dann verwirklicht, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt; die Verhängung einer Mutwillensstrafe kommt demnach lediglich im Ausnahmefall in Betracht (vgl. VwGH 29.06.1998, 98/10/0183).
Im Hinblick auf dieses äußerst restriktive Verständnis des § 35 AVG liegen - wie beweiswürdigend ausgeführt - die Voraussetzungen für die Verhängung einer Mutwillensstrafe nicht vor, hat doch der Beschwerdeführer einen der belangten Behörde zwar widersprechenden, aber sachlich begründeten und keinesfalls schon vom Ansatz her völlig unvertretbaren Standpunkt geltend gemacht.
Daher war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.
3.4. Der Beschwerdeführer begehrte den Ersatz seiner Aufwendungen auf Grundlage des § 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II 517/2013. Dem Beschwerdeführer steht jedenfalls schon insofern kein Aufwandersatz zu, als ausschließlich eine Bescheidbeschwerde in Prüfung zu ziehen war, welche jedenfalls nicht - unter dem Aspekt des Kostenzuspruches - von § 35 VwGVG erfasst ist, der lediglich einen Kostenersatz im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) normiert. Da auch die Materialien zu § 35 VwGVG lediglich darauf hinweisen, dass diese Bestimmung jener des (durch Inkrafttreten des VwGVG entfallenen) § 79a AVG entspricht, welche ihrerseits einen Kostenersatz durch die unterlegene Partei nur im Beschwerdeverfahren wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorsah, lässt sich aus dieser Bestimmung für einen Kostenersatz im Bescheidbeschwerdeverfahren nichts gewinnen. Aus Anlass dieser Beschwerde sind auch im Hinblick auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, Ausnahmen von der sonst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der Kostenselbsttragung (§ 74 AVG iVm § 17 VwGVG) vorzusehen, keine verfassungsrechtlichen Bedenken betreffend diese Kostenregelung entstanden.
Der auf Ersatz der Verfahrenskosten gerichtete Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.
3.5. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Der maßgebliche Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen; darüber hinaus handelt es sich nicht um eine übermäßig komplexe Rechtsfrage, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu die zu Spruchpunkt A zitierte Rechtsprechung), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylaberkennung, Entziehung, ersatzlose Behebung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W262.1428487.3.00Zuletzt aktualisiert am
22.11.2018