TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/1 W171 2206441-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.2018
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Entscheidungsdatum

01.10.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W171 2206441-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Russische Föderation, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl:

XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste illegal in Österreich ein und stellte am 08.09.2017 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 18.09.2017 wurde der BF von seiner Meldeadresse abgemeldet und war seither unbekannten Aufenhaltes.

1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 09.10.2017, rechtskräftig am 28.10.2017, wurde der Antrag auf internationalen Schutz sowie auf subsidiären Schutz abgewiesen und dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel gewährt. Gegen ihn wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z.2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig sei.

1.3. Am XXXX wurde der BF aufgegriffen und in weiterer Folge vor dem BFA einvernommen. Dabei führte er im Wesentlichen aus, er habe sich bei Verwandten an unterschiedlichen Adressen aufgehalten, wisse die Adressen jedoch nicht. Er nannte seinen Cousin namentlich und den Vornamen eines Freundes. Er gab an, vorgehabt zu haben, sich am darauffolgenden Tag anzumelden. Er habe keinen Reisepass und sei nicht bereit, freiwillig nach Russland zurückzukehren. Er würde unterstützt, arbeite in Österreich nicht und habe in Österreich weitschichtige Verwandte, eine Tante und Cousins. Seine Familie würde sich außerhalb von Russland in anderen Ländern aufhalten.

1.4. Ebenso am XXXX wurde seitens des BFA der gegenständliche Schubhaftbescheid zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass sich der BF dem Verfahren entzogen habe und untergetaucht sei. Im vorliegenden Fall sei Fluchtgefahr gegeben, da der BF über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet verfüge und daher der berechtigte Verdacht vorliege, dass sich der BF der Behörde durch Untertauchen neuerlich entziehen werde. Die Verhängung der Schubhaft sei verhältnismäßig, da der BF über keine Reisedokumente und nicht genügend Barmittel verfüge, um seinen Unterhalt im Inland zu bestreiten. Es sei keine Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gegeben und sei der BF in Österreich nicht sozial verankert. Die Sicherung der Abschiebung sei erforderlich, da der BF nicht vertrauenswürdig und nicht gewillt sei, sich an Rechtsvorschriften zu halten. Der BF habe den Ausgang seines Asylverfahrens nicht abgewartet und sei untergetaucht. In Österreich habe er keine Meldeadresse und verfüge auch über keine Wohnmöglichkeit. Er habe in Österreich gegen das Meldegesetz verstoßen und seien keine familiären Anknüpfungspunkte vorhanden.

Mit der Verhängung eines gelinderen Mittels könne im vorliegenden Fall nicht das Auslangen gefunden werden zumal sich der BF durch seinen unbekannten Aufenthalt bereits einmal dem Verfahren in Österreich entzogen habe und im Rahmen der Einvernahme zum Ausdruck kam, dass er nicht zurück nach Russland reisen wolle. Es bestehe daher ein beträchtliches Risiko des wiederholten Untertauchens und sei daher die gegenständliche Schubhaft zu Recht verhängt worden.

1.5. Am 19.09.2018 stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) und bezog sich im Wesentlichen auf die bereits im ersten Antragsverfahren vorgebrachten Fluchtgründe. Mit Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG wurde die weitere Fortsetzung der laufenden Schubhaft aktenkundig festgehalten.

1.6. Am 25.09.2018 wurde die gegenständliche Beschwerde erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, gegen den BF liege eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor. Er sei am XXXX nach einer Personenkontrolle festgenommen worden und sei nunmehr in einem Polizeianhaltezentrum in Schubhaft befindlich.

Im vorliegenden Fall sei jedoch keine Fluchtgefahr gegeben. Die Behörde habe die Vornahme einer Einzelfallprüfung unterlassen. Der BF sei in Österreich sozial verankert und habe mehrere Verwandte in Österreich, bei denen er auch wohnen könne. Hiezu wurde ein Cousin namentlich und mit Adresse angeführt. Bei eingehender Befragung hätte der BF auch die Namen seiner Verwandten nennen können, welche dessen soziale Verankerung im Bundesgebiet bestätigen würden. Der namentlich genannte Cousin wurde als Zeuge in einer mündlichen Verhandlung beantragt. Die Behörde habe die Fluchtgefahr auf Faktoren gestützt, welche regelmäßig bei (ehemaligen) Asylwerbern auftreten würden und welche für sich genommen nicht geeignet seien, eine Fluchtgefahr zu begründen. Eine fehlende soziale Verankerung werde ausdrücklich bestritten und würde der BF im Fall einer Freilassung mit den Behörden kooperieren. Fluchtgefahr sei daher nicht gegeben.

Unter Zitat einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung der erkennenden Gerichtsabteilung vom 08.04.2016 wurde ausgeführt, dass im vorliegenden Fall mit der Verhängung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden hätte können.

Schließlich wurde vorgebracht, der BF habe eine sehr schwache Lungenfunktion sowie auch ein schwaches Immunsystem. Die Anhaltung in Schubhaft stelle daher für den BF eine enorm große Belastung dar.

Beantragt wurde die zeugenschaftliche Einvernahme des genannten Cousins, die Einvernahme des BF im Rahmen einer mündlichen Verhandlung sowie der Ersatz der gesetzlich vorgesehenen Verfahrenskosten.

1.7. Das BFA legte die Verfahrensakten dem Gericht am 26.09.2018 vor und erstattete mit der Vorlage eine Stellungnahme in welcher im Wesentlichen der bekannte und unstrittige Sachverhalt wiederholt und unter Wiederholung der wesentlichen Argumentation auf die Bescheidbegründung verwiesen wurde. Unter Beantragung des Ersatzes der Verfahrenskosten wurde näher ausgeführt, dass der BF seitens der russischen Botschaft als Staatsangehöriger identifiziert worden und die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesagt worden sei. In Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen sei die Angabe in der Beschwerde über nunmehr vorliegende Umstände über die Möglichkeit der Unterkunftsnahme an bekannten Adressen belanglos, da der BF auch bisher diese Möglichkeiten gehabt habe, sie jedoch nicht genutzt habe. Er sei unsteten Aufenthalts im Bundesgebiet gewesen und habe sich daher nicht gesetzeskonform verhalten. Am 19.09.2018 habe der BF zur Verhinderung seiner Abschiebung in sein Heimatland einen Asylfolgeantrag gestellt, ohne neue Fluchtgründe vorzulegen. Es sei somit für die Behörde klar, dass auch aus diesem Blickwinkel die getroffenen Maßnahmen als verhältnismäßig und dringend erforderlich anzusehen seien.

Die verhängte Schubhaft sei daher rechtmäßig und werde beantragt, die Zulässigkeit der Fortsetzung der gegenständlichen Schubhaft gerichtlich festzustellen und die Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

1.8. Im Rahmen des gerichtlichen Auftrags vom 27.09.2018 wurde der BF am 28.09.2018 zu den in der Beschwerde erwähnten gesundheitlichen Beeinträchtigungen einer Untersuchung unterzogen. Im Wesentlichen wurde ärztlicherseits festgestellt, dass der BF nicht an einer über das übliche Maß hinausgehenden psychischen Belastung aufgrund der Haft leide und keine Auffälligkeiten der Lungenfunktion feststellbar gewesen wären.

1.9. Die ärztliche Stellungnahme vom 28.09.2018 wurde der Rechtsvertretung des BF zur Stellungnahme binnen kurzer Frist zugestellt. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.

1.10. Am 28.09.2018 erfolgte eine weitere Niederschrift im laufenden Schubhaftverfahren vor dem BFA, in welchem der BF wiederholt betonte, nicht in seinen Herkunftsstaat zurückreisen zu wollen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person und zum Verfahren:

1.1. Der BF reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 08.09.2017 und am 19.09.2018 je einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Er ist nicht österreichischer Staatsbürger und daher Fremder im Sinne des § 2 Absatz 4 FPG. Er ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und besitzt keinen Aufenthaltstitel für einen Unionsstaat.

1.3. Der BF ist in Österreich unbescholten.

Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Das Asylverfahren anlässlich des Antrages vom 08.09.2017 ist abgeschlossen. Eine rechtskräftige (durchsetzbare) Rückkehrentscheidung liegt vor. Das Folgeantragsverfahren (Antrag vom 19.09.2018) ist nicht abgeschlossen. Es ist beabsichtigt diesen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

2.2. Ein Heimreisezertifikat liegt derzeit noch nicht vor.

2.3. Ein Termin für die Abschiebung ist noch nicht festgelegt.

2.4. Der BF leidet an keinen die Hafttauglichkeit ausschließenden gesundheitlichen Einschränkungen.

2.5. Die baldige Erlangung eines Heimreisezertifikates ist zu erwarten, da diesbezüglich bereits eine Zusage seitens der Russischen Botschaft gegeben wurde.

Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Der BF hatte in Österreich seit 19.09.2017 keinen gemeldeten Hauptwohnsitz und war für die Behörde nicht greifbar.

3.2. Er verfügt aktuell über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet, hat aber die Möglichkeit bei seinem Cousin zu wohnen und sich anzumelden.

3.3. Der BF ist nicht vertrauenswürdig.

3.4. Gegen ihn besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

3.5. Er ist nicht gewillt, freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren.

3.6. Er ist vor Beendigung seines Asylverfahrens vor dem BFA untergetaucht und hat sich somit dem laufenden Verfahren entzogen.

3.7. Der BF ist nicht kooperativ.

3.8. Gegen den BF lag zum Zeitpunkt seiner Folgeantragstellung eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor und befand er sich dabei bereits in Schubhaft.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. Der BF geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach.

4.2. In Österreich leben Verwandte des BF.

4.3. Der BF hat in Österreich einen Cousin, der ihn auch in ihre Wohnung aufnehmen und unterstützen würde. Darüber hinaus gehende nennenswerte soziale Kontakte die den BF tendenziell von einem Untertauchen abhalten können, bestehen nicht.

4.4. Er verfügt aktuell über kein Barvermögen und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.3.):

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zur Person des BF ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und den Aktenbestandteilen im Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus einem Auszug aus dem Strafregister.

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.5.):

Das Vorliegen eines rechtskräftigen Titels für die Abschiebung wurde in der Beschwerde nicht bestritten. Hinsichtlich des noch laufenden Folgeantragsverfahrens kann nur insoweit festgehalten werden, dass die diesbezügliche Einvernahme für den 02.10.2018 angesetzt wurde.

Aufgrund der Informationen aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus der Stellungnahme vom 26.09.2018 ergibt sich, dass vorerst noch kein Heimreisezertifikat vorliegt, eine diesbezügliche Zusage der Russischen Botschaft jedoch gegeben ist und daher auch mit einer zeitnahen Ausstellung des Heimreisezertifikates gerechnet werden kann. Ein konkreter Termin für die Abschiebung ließ sich dem Akteninhalt und den vorliegenden Informationen nicht entnehmen (2.3.)

Hinsichtlich der Feststellung zu 2.4. darf auf den Befund und das Gutachten des Amtsarztes des PAZ vom 28.09.2018 verwiesen werden. Darin wird ausgedrückt, dass der BF in seiner Gesundheit in keiner die Haftfähigkeit ausschließenden Weise beeinträchtigt ist.

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.8.):

Die Feststellung zu 3.1. ergibt sich aus der Einsicht in das zentrale Melderegister. Daraus war zu entnehmen, dass er am 18.09.2018 von seiner eingetragenen Unterkunft abgemeldet wurde. Seither gibt es keine neue Eintragung im zentralen Melderegister und war der BF auch für die Behörde zur Abschiebung nicht greifbar. Das Vorbringen in der Beschwerde hinsichtlich der Wohnmöglichkeit des BF bei einem namentlich genannten Cousin konnte der Fortsetzungsentscheidung zu Grunde gelegt werden. Die Richtigkeit der Daten des Cousins und die Namensgleichheit lassen den Schluss zu, dass es sich hierbei tatsächlich um einen nahen Verwandten handelt, bei welchem der BF unterkommen könnte. Von einer näheren Befragung des Cousins konnte daher Abstand genommen werden.

Der Beschwerdeführer hat sein Beschwerdeverfahren nicht abgewartet und ist untergetaucht. Er hat gegen die in Österreich geltenden Meldebestimmungen verstoßen, ist entgegen seiner Verpflichtung nicht von sich aus aus Österreich in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt (etwa im Wege einer freiwilligen Heimkehr unter Beanspruchung einer Rückkehrhilfe) und ist daher in einer Gesamtbetrachtung nicht als vertrauenswürdig zu bezeichnen (3.3.).

Das Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung (3.4.) ergibt sich bereits aus den Ausführung zu 2.2..

Im Zuge der Einvernahme vor dem BFA am XXXX hat der BF dezidiert (PS 3 = AS 22) angegeben, nicht bereit zu sein freiwillig nach Russland zurückzukehren (3.5.). Dies wiederholte er auch in der Einvernahme vom 28.09.2018.

Die Feststellung zu 3.6. beruht auf dem Akteninhalt, insbesondere auch auf die Tatsache, dass der Titelbescheid der Rückkehrentscheidung dem BF seinerzeit aufgrund seiner Abwesenheit durch Hinterlegung im Akt zugestellt werden musste.

Die fehlende Kooperationsbereitschaft (3.7.) spiegelt sich in den mutwillig unvollständig erstatteten Informationen im Rahmen der Einvernahme am XXXX. Darin gab der BF sichtlich knappe Antworten und gab unglaubwürdig an, am nachfolgenden Tag vorgehabt zu haben, sich (wieder) anzumelden. Hinzu kommt, dass er einerseits behauptete, in Österreich über soziale Integration zu verfügen, jedoch andererseits keine Adressen von behaupteten Verwandten angeben zu können. Schließlich konnte der BF dazu bewegt werden, den Vornamen eines Freundes und den gesamten Namen und die Adresse seines Cousins bekannt zu geben. Es zeigt sich daher klar, dass der BF hier lediglich ein Mindestmaß an Willigkeit an den Tag gelegt hat, sodass nach Ansicht des Gerichtes hierbei noch nicht vor Kooperationswilligkeit gesprochen werden kann. Das Verfahren hat auch nichts Gegenteiliges ergeben, zumal das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerdeschrift unsubstanziiert geblieben ist und keine weiterführenden Ausführungen wie etwa Namen und Adressen sonstiger Verwandten enthält.

Der BF stellte am 19.09.2018 einen Folgeantrag. Zu dieser Zeit bestand bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme auf Grundlage des Bescheides des BFA vom 19.09.2017 und befand sich der BF bereits seit XXXX in aufrechter Schubhaft (3.8.).

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):

Die Feststellungen zu diesem Punkt beruhen im Wesentlichen auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der behördlichen Einvernahme vom XXXX und den gerichtlichen Ermittlungsergebnissen. Der BF gibt in seiner Befragung an, in Österreich Verwandte zu haben, konnte aber hiezu keine weiteren Angaben machen. Er konnte lediglich den Namen und die Adresse seines Cousins angeben. Für das Gericht ergibt sich daraus, dass der BF zwar Verwandte in Österreich hat (4.2.), mit diesen jedoch keine näheren Kontakte (mit Ausnahme des einen Cousins) bestehen, da er weder in der Lage war Namen, noch Adressen konkret anzugeben (4.3.). Wenn in der Beschwerdeschrift zu diesem Punkt angegeben werde, dass hinsichtlich des bestehenden sozialen Netzes eine Befragung des namentlich genannten Cousins im Rahmen der mündlichen Verhandlung stattfinden möge, hat das Gericht hiezu erwogen: Der BF hat weder in der angegebenen Einvernahme, noch im Rahmen der Beschwerdeschrift konkrete Namen und Daten der behaupteten Verwandtschaft angegeben. Es ist für das Gericht nicht schlüssig, dass hiezu eine Befragung des Cousins stattzufinden hätte, zumal es sich ja um das behauptete soziale Netz des BF und nicht das des Cousins handeln sollte. Nach Ansicht des Gerichtes handelt es sich hierbei um einen Erkundungsbeweis, da nicht klar dargelegt wurde, weshalb derartige Daten nicht vom BF selbst zumindest im Rahmen der nun gegebenen Beschwerdeschrift erstattet werden konnten. Hinzu kommt, dass es für das Gericht auch möglich sein muss, andere Verwandte zum Bestehen eines sozialen Netzes zu Gericht zu laden. Dadurch, dass derartige Daten erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung erkundet werden könnten, wird die Möglichkeit der umfassenden Ermittlung durch das Gericht unzulässigerweise beschränkt. Das Gericht geht daher, wie bereits zuvor ausgeführt, davon aus, dass keine derartig nahe Beziehung zu Verwandten in Österreich besteht, die den BF tendenziell vor einem weiteren Untertauchen abhalten könnte, da dies in der Vergangenheit ebenso nicht der Fall gewesen ist.

Im gegenständlichen Verwaltungsakt finden sich keine Hinweise darauf, dass der BF jemals in Österreich einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre (4.1.). Die fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit (4.4.) ergibt sich bereits aus den finanziellen und beruflichen Feststellungen. Im Rahmen einer Einsicht in die Anhaltedatei gemeinsam mit den Angaben des BF in der Einvernahme am XXXX ergibt sich, dass keine nennenswerten Geldbeträge vorhanden sind (4.4.).

2.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die im aktuellen Asylverfahren und im gerichtlichen Verfahren zutage getretenen Kontakte reichen nicht hin, im vorliegenden Fall von der Annahme ausgehen zu können, dass tatsächlich ein ausreichend tragfähiges soziales Netz für den BF vorliegen könnte und wurde dies auch in dieser Form in der Beschwerdeschrift nur behauptet und hiezu die Erkundung beantragt. Die Unwilligkeit zur Ausreise in den Herkunftsstaat ergibt sich bereits klar aus den Verbaläußerungen des BF in der Einvernahme vom XXXXund vom 28.09.2018. Der BF hat auch bisher keine Anstalten gemacht eine freiwillige Rückkehr zu beantragen. Die in der Beschwerdeschrift vorgebrachten sozialen Kontakte konnten nicht konkretisiert werden. Der Erkundungsbeweis hiezu war daher unzulässig. Glaubhaft dargetan werden konnte lediglich, dass der BF bei seinem Cousin eine Wohnmöglichkeit haben würde. Dementsprechend konnte in weiterer Folge von einer Einvernahme des BF und des beantragten Zeugen Abstand genommen werden. Im Übrigen ging das Gericht vom behördlich festgestellten Sachverhalt aus.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen. Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.1.3. Der BF reiste illegal nach Österreich ein und stellte im Inland mittlerweile zwei Anträge auf internationalen Schutz. Gegen ihn liegt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor und wurde der Antrag auf Erteilung eines Heimreisezertifikates zeitnah mit seiner Inhaftierung gestellt, bzw. erneut eingebracht. Er verfügt seit 19.09.2017 in Österreich nicht mehr über einen Hauptwohnsitz und war daher für die Behörde spätestens seit diesem Zeitpunkt nicht mehr greifbar. Er ist nicht rückreisewillig und stellte er schließlich im Zeitpunkt der bereits laufenden Schubhaft einen Asylfolgeantrag. Er hat daher nach rechtlicher Qualifikation des Gerichtes im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des Vorverhaltens die Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG verwirklicht. Das Gericht geht daher in weiterer Folge im gegenständlichen Fall nicht davon aus, dass sich der BF auf freiem Fuße für die Behörde bereithalten würde. Aufgrund der geschilderten Verhaltensweisen des BF geht das Gericht davon aus, dass beim BF aktuell sowohl eine qualifizierte Ausreiseunwilligkeit, als auch Sicherungsbedarf gegeben ist.

Im Rahmen des Beweisverfahrens ergab sich zwar, dass der BF offensichtlich bei seinem Cousin wohnen könnte, jedoch ergab sich nicht, dass der BF über ein tragfähiges soziales Netz verfügen könnte. Wie bereits ausgeführt, geht das Gericht nicht davon aus, dass die in Österreich lebenden Verwandten nunmehr in der Lage sind, den BF vor einem neuerlichen Untertauchen abzuhalten. Der vom BF behauptete soziale Anschluss lag auch schon vor seiner zufälligen Festnahme vor und hat sich daher gezeigt, dass er nicht in der Lage gewesen ist, den BF vor dem Untertauchen zu bewahren. Das gegenständliche gerichtliche Verfahren hat, auch im Zusammenhang mit dem beschwerdegegenständlichen Vorbringen, nicht ergeben, weshalb sich diesbezüglich gerade zum Zeitpunkt der laufenden Schubhaft eine Veränderung der Gesinnung ergeben hätte sollte. Auch der nun namentlich genannte Cousin war in der Vergangenheit nicht in der Lage den BF dazu zu bewegen, sich rechtskonform zu verhalten. Im Rahmen der Befragung des BF am XXXX konnte der BF tatsächlich lediglich eine Bezugsperson im Inland (den oftmals erwähnten Cousin) angeben. Weitere konkrete Namen und Adressen von Angehörigen bzw. Freunden wurden auch in der Beschwerdeschrift nicht genannt. Durch sein Vorverhalten war der BF jedoch nicht als vertrauenswürdig zu bezeichnen und hat er sich auch im Vorverfahren klar nicht kooperativ gezeigt. Auch hiezu bieten die Ausführungen in der Beschwerdeschrift keinen Grund zur Annahme, dass sich dieses Verhalten grundlegend geändert haben könnte. Das Gericht geht daher im Einklang mit der Behörde von Vorliegen von Sicherungsbedarf aus.

3.1.4. Die im behördlichen Bescheid herangezogenen Feststellungen sind korrekt und nicht zu bemängeln. Aufgrund der eindeutigen Aussagen des BF im Rahmen der Einvernahme am XXXX bestand keine Veranlassung, von einem bestehenden ausreichenden sozialen Netz auszugehen, noch weitere Fragen zu stellen. Wenn eine Person angibt, Verwandte zu haben, jedoch keine Namen und Adressen angeben zu können, dann ist auch nicht näher nachzufragen, welche Personen es noch geben könnte. Der Beschwerdeführer seinerseits ist zur Mitwirkung verpflichtet und in diesem Sinne auch zur zeitnahen und richtigen Angabe vollständiger Informationen, schon im eigenen Interesse, angehalten. Tut er dies nicht, so muss er sich die daraus möglicherweise entstehenden Nachteile selbst zurechnen. So ist auch in diesem Fall die Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass keine nennenswerten sozialen Kontakte und auch keine Wohnmöglichkeit für den BF bestehen würde. Der lediglich kurzgefasste Hinweis der BF er habe einen Freund unter Nennung lediglich des Vornamens war ebenso nicht ausreichend. Das behördliche Verfahren ist daher in diesem Punkt nicht mit einem Mangel behaftet.

Im Zuge des gerichtlichen Verfahrens hat sich ergeben, dass der Beschwerdeführer über eine einzige Person verfügt, die ihm derart gewogen, dass er auch dort seinen Wohnsitz begründen könnte. Es war daher im gerichtlichen Verfahren diesbezüglich eine anderslautende Feststellung zu tätig. Richtigerweise kommt es daher zu einer Aufweichung der Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Ziffer 9. Diese ist in weiterer Folge im Hinblick auf den gerichtlichen Fortsetzungsausspruch nur teilweise erfüllt. Da der BF aber im Zuge seiner Anhaltung in Schubhaft am 19.09.2018 einen Folgeantrag gestellt hat, hat er hierdurch nunmehr auch den Tatbestand der Ziffer 5 klar erfüllt. Während im behördlichen Verfahren keine Veranlassung zur weiteren Ermittlung einer potenziellen Wohnmöglichkeit bestanden hat und daher die Ziffer 9 zur Gänze erfüllt wurde, war im gerichtlichen Verfahren von einer Wohnmöglichkeit auszugehen und daher die Ziffer 9 nur mehr teilweise gegeben. Durch die zusätzliche Erfüllung der Ziffer 5 zeigte sich, dass auch im Hinblick auf den Fortsetzungsausspruch die notwendigen Kriterien für die Annahme von Sicherungsbedarf jedenfalls weiterhin erfüllt waren.

3.2.0. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Inschubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse zeigt sich, dass der Gewichtung des öffentlichen Interesses ein weitaus höherer Stellenwert zuzuschreiben war. Das Gericht geht in einer Gesamtschau nicht davon aus, dass der BF aufgrund des einen genannten Kontakt im Inland tatsächlich über ein tragfähiges soziales Netz verfügen kann, zumal die Verwandten bereits einmal nachweislich nicht in der Lage gewesen sind, ein Untertauchen des BF zu verhindern. Es sind im Verfahren keine Gründe ans Tageslicht getreten, die das notwendige Gewicht hätten, hier ein Überwiegen der privaten Interessen über die öffentlichen Interessen nach Sicherheit, Ordnung und einem geregelten Asyl- und Fremdenwesen manifestieren zu können. Weiters hat der Beschwerdeführer gegen verwaltungsrechtliche Bestimmungen verstoßen (Untertauchen etc.) und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland herrschende Rechtssystem beabsichtigt. Das erkennende Gericht geht daher - wie oben angeführt - von einer Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Das Abwarten der Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist dem BF jedenfalls zumutbar, zumal der BF nun auch noch die Durchführung einer Einvernahme im laufenden Asylverfahren abzuwarten haben wird und sich daher die in Schubhaft zu verbringende Wartezeit nicht unwesentlich verlängern könnte. Die gegenständliche Schubhaft ist daher nach Rechtsansicht des Gerichtes auch verhältnismäßig.

3.3.0. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts derzeit nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, dass er im Inland verbleiben kann, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und erfolgreich untertauchen würde. Eine familiäre bzw. soziale Bindung, die unter normalen Umständen eventuell Halt bieten könnte, ist nicht ausreichend vorhanden. Eine Bezugsperson (Cousin) dürfte zwar vorhanden sein, doch hat die Vergangenheit bereits gezeigt, dass dies nicht ausreichend gewesen ist, den BF vom Untertauchen abzuhalten. Der BF war in der Vergangenheit nicht gewillt, seinen Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet zu legalisieren und er ist nicht willig in seine Heimat zurückzukehren. Unter Berücksichtigung aller Umstände geht das Gericht nicht davon aus, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden könnte. Es ist in diesem Zusammenhang nicht zu sehen, dass ihn die pure Anordnung einer Wohnsitznahme, einer Meldeverpflichtung oder einer Kaution dazu bringen würde, nicht wieder unterzutauchen und sich den Behörden zu entziehen.

3.4.0. Die Weiterführung der Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft auch vorerst weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.5.0. Das in der Beschwerde zitierte Judikat der erkennenden Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts basiert auf anderen Voraussetzungen. Der dortige Beschwerdeführer hat lediglich ein geringfügiges Meldevergehen zu verantworten, wodurch eine Verhängung eines gelinderen Mittels noch tunlich erschien. Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer in Österreich aber etwa ein Jahr keine Anstalten gemacht, sich behördlich zu melden, zumal er ein laufendes Asylverfahren hatte.

Dieser Fall ist daher gänzlich anders gelagert, als der gegenständliche. Im vorliegenden Fall konnte aufgrund der sonstigen bekannten Rahmenbedingungen von einer ausreichenden Sicherung der Abschiebung durch die Verhängung eines gelinderen Mittels gerade nicht ausgegangen werden, da die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren.

Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges vorerst keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Auf die Verpflichtung zur periodischen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit gem. § 80/6 FPG wird verwiesen.

Zu Spruchpunkt III.:

Da die Behörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Zu Spruchpunkt B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Gutachten, Haftfähigkeit,
Kostenersatz, mangelnder Anknüpfungspunkt, Meldeverstoß,
Mittellosigkeit, Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Unterkunft,
Untertauchen, Verfahrensentziehung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W171.2206441.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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