TE Vwgh Beschluss 2018/10/22 Ra 2018/16/0179

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Veröffentlicht am 22.10.2018
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
VwGVG 2014 §28;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der W GmbH in L, vertreten durch die Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 22. Jänner 2018, LVwG-551092/12/KH/BBa, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land in Linz; mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt Linz-Wels in Linz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Darstellung des Verfahrensganges wird zunächst in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf das in dieser Sache ergangene Erkenntnis vom 24. September 2015, 2013/07/0113, verwiesen, mit dem die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 8. Mai 2013 als unbegründet abgewiesen worden war; die Feststellung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land in ihrem Bescheid vom 22. April 2013, wonach von der Revisionswerberin eingebrachte, näher bezeichnete Baurestmassen Abfall iSd. AWG 2002 seien, war in Rechtskraft erwachsen.

2 Mit Bescheid vom 4. Jänner 2017 stellte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land im fortgesetzten Verfahren gemäß § 10 AlSAG fest, dass

1. die für die Errichtung der Zufahrtsstraße verwendeten Recyclingmaterialien dem Altlastenbeitrag unterlägen sowie

2. die Verwendung dieser Materialien eine kostenpflichtige Tätigkeit darstellte.

3 In der dagegen erhobenen Beschwerde rügte die Revisionswerberin die funktionelle Unzuständigkeit der belangten Behörde für Spruchpunkt 1., der über den verfahrenseinleitenden Antrag vom 27. Juli 2012 hinausgehe, und die Gesetzwidrigkeit des Spruchpunktes 2., der weder antrags- noch gesetzeskonform von einer "kosten"-pflichtigen Tätigkeit spreche, sowie Feststellungsmängel zur Qualität des eingebrachten Materials sowie über ein Qualitätssicherungssystem.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Spruch des dort angefochtenen Bescheides vom 4. Jänner 2017 wie folgt lautete:

"Es wird festgestellt, dass die von der (Revisionswerberin) in den Jahren 2003 bis 2011 für die Errichtung der Zufahrtsstraße zum T auf den Grundstücken Nr. 1, 2, 3 und 4, jeweils K.T., verwendeten Recyclingmaterialien im Ausmaß von rund 3.600 m3, die aus der mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. November 1992, ... genehmigten Recyclinganlage stammen,

1. dem Altlastenbeitrag nach § 3 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990, in der Fassung vor bzw. nach dem Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 71/2003, unterliegen und

2. in der Verwendung dieser Materialien für die Errichtung

der Zufahrtsstraße zum T eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt."

Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass gegen sein Erkenntnis eine Revision unzulässig sei.

Begründend traf das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges Feststellungen zum "Stand der Technik" für den Einsatz von Recycling-Baustoffen im Zeitraum 2003 bis 2005 sowie im Zeitraum ab 2006. In rechtlicher Hinsicht gelangte das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass für die Verwendung der gegenständlichen Recycling-Materialien als Straßenunterbau die notwendigen behördlichen Bewilligungen und Anzeigen vorgelegen seien, die Revisionswerberin während des Zeitraumes 2003 bis 2005 mangels durchgeführter Analysen keinerlei Kenntnis über die Bedenklichkeit des eingebrachten Materialies gehabt habe und während des Zeitraumes ab dem Jahr 2006 kein den Kriterien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechendes Qualitätssicherungssystem im Sinn des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG bestanden habe. Weder sei die Vorgangsweise der Revisionswerberin in den Jahren 2003 bis 2005 im Einklang mit dem in diesem Zeitraum anerkannten allgemeinen umwelttechnischen Vorgaben gestanden noch habe sie im Einbauzeitraum 2006 bis 2011 Kenntnis von der Qualitätsklasse des eingebauten Materials gehabt. Ausgehend davon, dass die verfahrensgegenständliche Zufahrtsstraße in einem hydrogeologisch sensiblen Gebiet errichtet worden sei, hätte nur Material der (gesicherten) Qualitätsklasse A+ eingebaut werden dürfen. Tatsächlich sei jedoch ein Einbau von "Qualitätsklasse B" qualitätsgesicherten Materials erfolgt.

Abschließend begründete das Verwaltungsgericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision unter Hinweis auf die von ihm zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

5 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 12. Juni 2018, E 834/2018-8, ablehnte und sie mit einem weiteren Beschluss vom 6. Juli 2018 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht nach § 10 Abs. 1 Z 2 und 3 AlSAG verletzt, dass dann, wenn die Voraussetzungen für die Altlastenbeitragspflicht nicht vorliegen, nach den genannten Gesetzesstellen festgestellt werde, dass ein Abfall nicht dem Altlastenbeitrag unterliege und keine beitragspflichtige Tätigkeit vorliege, verletzt.

7 Die Zulässigkeit ihrer Revision begründet sie damit, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "(VwGH 20.12.2017, Ra 2017/12/0028)" abgewichen sei, weil das Verwaltungsgericht eine meritorische Entscheidung über den verfahrenseinleitenden Antrag vom 27. Juli 2012 getroffen habe, obwohl die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. Jänner 2017 nicht über diesen Antrag entschieden hätte. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass es keine Rechtsprechung zur Frage gebe, ob das Verwaltungsgericht funktionell unzuständig sei, wenn es eine Entscheidung über einen verfahrenseinleitenden Antrag treffe, obwohl anhand dieses Antrages der konkrete Bescheid der Verwaltungsbehörde vom 4. Jänner 2017 nicht hätte erlassen werden dürfen und die Verwaltungsbehörde somit für diesen Bescheid nicht funktionell zuständig gewesen sei.

Es gebe keine Rechtsprechung zum Stand der Technik während der Jahre 2003 bis 2005 bei der Verwertung von Baurestmassenrecyclingmaterialien und Abfällen und deren chemischanalytischer Beprobung, sowie zu den Anforderungen an ein Qualitätssicherungssystem während der Jahre 2006 bis 2011. Schließlich weiche das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil Beurteilungen zweier hydrogeologischer Sachverständige den Bundesabfallwirtschaftsplan 2006 insofern widerlegt hätten, als sie festgestellt hätten, dass die gegebene Verwendung von qualitätsgesicherten Materialien, mögen diese im Hinblick auf das Qualitätssicherungssystem auch der Qualitätsklasse "B" zuzuordnen sein, gefahrlos hätte vorgenommen werden können. Dennoch habe das Verwaltungsgericht eine Verwendung von Materialien dieser Qualitätsklasse während der Jahre 2006 bis 2011 als Begründungselement für die Feststellung der Altlastenbeitragspflicht herangezogen.

8 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Soweit die Revision ihre Zulässigkeit in Bedenken gegen eine meritorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes begründet, obwohl die Verwaltungsbehörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. Jänner 2017 nicht über den verfahrenseinleitenden Antrag entschieden hätte, ist der Revisionswerberin zwar einzuräumen, dass der angefochtene Ersatzbescheid vom 4. Jänner 2017 im Spruch eine allgemeinere Fassung hatte als der Bescheid dieser Behörde vom 22. April 2013; aus dem Umstand, dass der Bescheid vom 4. Jänner 2017 jedoch zu dem in Rechtskraft erwachsenen Teil des Bescheides vom 22. April 2013 hinzutrat, erhielt er seinen normativen Gehalt im Sinne eines Abspruches über den verfahrenseinleitenden Antrag vom 27. Juli 2012, zumal sich der normative Gehalt auch aus der Begründung des angefochtenen Ersatzbescheides vom 4. Jänner 2017 erhellt, die auf den verfahrenseinleitenden Antrag der Revisionswerberin verweist. Schon von daher beantwortet sich das Bedenken der Revisionswerberin, die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde habe mit dem angefochtenen Ersatzbescheides vom 4. Jänner 2017 nicht über ihren Antrag vom 27. Juli 2012 entschieden. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sogenannte "Maßgabebestätigungen", mit denen etwa der nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes im Ergebnis zutreffende Spruch des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheides präzisiert wird, im Rahmen verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen grundsätzlich zulässig (vgl. etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2018/05/0189, mwN).

10 Soweit sich die Revision im Weiteren gegen die tragenden Tatsachenannahmen des Verwaltungsgerichtes über den "Stand der Technik" für Beprobungen während der Jahre 2003 bis 2005 sowie von Qualitätssicherungssystemen im Sinn des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG während des Zeitraumes ab 2006 wendet, handelt es sich hiebei um den Versuch, Tatsachenfeststellungen zu bekämpfen; aus den im Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2018/16/0178, genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird, kann auch die vorliegende Revision nicht ihre Zulässigkeit hieraus ableiten.

11 Gleiches gilt für den Versuch, Feststellung des Verwaltungsgerichtes über die Qualität des eingebrachten Materiales unter Berufung auf "Beurteilungen zweier hydrogeologischer Sachverständiger" zu widerlegen, könnten doch Feststellungsmängel, wie im zitierten Beschluss vom heutigen Tag ausgeführt, nur dann eine Zulässigkeit einer Revision begründen, wenn sie Ausfluss eines schwerwiegenden Verstoßes gegen tragende Verfahrensgrundsätze wären; dies behauptet die Revision nicht.

12 Die vorliegende Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 22. Oktober 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160179.L00

Im RIS seit

22.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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