TE Vwgh Beschluss 2018/10/22 Ra 2018/16/0178

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Veröffentlicht am 22.10.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/02 Zivilprozessordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

ALSAG 1989 §10;
AVG §37;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
ZPO §500;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der W GmbH in L, vertreten durch die Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 22. Jänner 2018, LVwG-551145/8/KH/BBa, betreffend Feststellungen nach § 10 ALSAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Perg in Perg; mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt Linz Wels in Linz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Darstellung des Verfahrensganges wird zunächst in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf das in dieser Sache ergangene Erkenntnis vom 24. September 2015, 2013/07/0283, verwiesen.

2 Mit Bescheid vom 8. Juni 2017 stellte die Bezirkshauptmannschaft Perg im fortgesetzten Verfahren fest, dass die von der Revisionswerberin in den Jahren 2003 bis 2005 für die Errichtungen der gegenständlichen Zufahrtsstraße verwendeten näher bezeichneten Recyclingmaterialien (aus Hochbau-Restmassen) im Ausmaß von 5.855 Tonnen

1. dem Altlastenbeitrag nach § 3 Abs. 1 ALSAG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 71/2003 nicht unterlägen und

2. die Errichtungen der Zufahrtsstraße keine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG darstelle.

3 Gegen diesen Bescheid erhob der Bund, vertreten durch das Zollamt Linz Wels, Beschwerde.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht dieser Beschwerde statt und änderte den dort angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass festgestellt werde, dass das in Rede stehende Material

1.

dem Altlastenbeitrag nach § 3 Abs. 1 ALSAG unterliege und

2.

in der Verwendung dieser Materialien eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliege.

Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision unzulässig sei.

Nach Darstellung des Verfahrensganges traf das Verwaltungsgericht Feststellungen zu den vorliegenden Bewilligungen, zur Qualität der eingebrachten Materialien und zum "Stand der Technik" für die Probennahme und Analytik von Recyclingbaustoffen sowie Grenzwerttabellen, die zugehörigen Einstufungen in Qualitäten und Aussagen hinsichtlich deren Verwendungsbereiche in den Jahren 2003 bis 2005.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass für die Verwendung der gegenständlichen Materialien als Straßenunterbau grundsätzlich die notwendigen behördlichen Bewilligungen und Anzeigen vorgelegen seien. Bei der Beurteilung der erforderlichen Qualität des verwendeten Materials sei auf den im Einbauzeitraum in den Jahren 2003 bis 2005 geltenden Stand der Technik abzustellen. Aus dem bereits im Einbauzeitraum bestehenden Stand der Technik für den Einbau von Hochbaurestmassen sei zu folgern, dass geeignete Maßnahmen zur Verhinderung einer Grundwasserbeeinträchtigung zu treffen gewesen seien, wenn die Messergebnisse eine solche hätten erwarten lassen, und diese Messergebnisse somit bereits im Zeitpunkt des Einbaus oder davor hätten vorliegen müssen. Derartige Messungen seien im vorliegenden Fall jedoch vor dem Einbau der Hochbaurestmassen nicht durchgeführt worden, sondern erst nachträglich im Jahr 2011. Insofern sei die Vorgangsweise der Revisionswerberin in den Jahren 2003 bis 2005 nicht im Einklang mit den in diesem Zeitraum anerkannten allgemeinen umwelttechnischen Vorgaben gestanden. Auf Grund der entgegen dem Stand der Technik nicht erfolgten Feststellungen über die Umweltverträglichkeit des eingebauten Materials sei diesbezüglich während der gesamten Einbauzeit die für den entsprechenden Zweck geeignete Qualität nicht sichergestellt gewesen und dieses daher als für den angestrebten Zweck nicht geeignet anzusehen. Infolge dessen seien nicht sämtliche für eine Ausnahme von der Beitragspflicht nach § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 71/2003 erforderlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt gewesen.

Abschließend begründete das Verwaltungsgericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision.

5 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 12. Juni 2018, E 832/2018-9, die Behandlung dieser Beschwerde ablehnte und sie über nachträglichen Antrag mit einem weiteren Beschluss vom 6. Juli 2018 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 und § 3 ALSAG darauf verletzt, dass dann, wenn die Voraussetzungen für die Altlastenbeitragspflicht nicht vorliegen, nach den genannten Gesetzesstellen festgestellt werde, dass ein Abfall nicht dem Altlastenbeitrag unterliege und keine beitragspflichtige Tätigkeit vorliege.

Die Zulässigkeit ihrer Revision begründet sie folgendermaßen:

"Es gibt keine Rechtsprechung zur Frage, ob es im Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2005 betreffend die Verwertung von Baurestmassenrecyclingmaterialien bzw Abfällen bereits Stand der Technik und somit altlastenbeitragsbefreiend gemäß § 3 Abs 1 Z 2 ALSAG idF BGBl 1996/2001 bzw idF vor BGBl I 2003/71 war, dass solche Abfälle vor Verwendung für Fahrstraßen chemisch-analytisch beprobt werden müssen. Dies steht mit der konkreten Sache insofern in Bezug, als die von der Revisionswerberin im angeführten Zeitraum nicht vorgenommene chemisch-analytische Untersuchung vor der Verwendung der entsprechenden erkenntnisgegenständlichen

Materialien für die Zufahrtsstraße ... der Revisionswerberin vom

LVwG als tragendes Begründungselement dafür herangezogen wurde, dass der Stand der Technik nicht eingehalten sei, was zur Feststellung der Altlastenbeitragspflicht für diese Tätigkeit führte."

7 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Soweit nicht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt (§ 42 Abs. 2 Z 2 und 3 VwGG), hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 erster Satz VwGG das angefochtene Erkenntnis oder den angefochtenen Beschluss auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4) zu überprüfen.

9 Das Revisionsmodell der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an jenem nach dem §§ 500 ff ZPO orientieren. Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet, und setzt einen schwerwiegenden Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze voraus (vgl. etwa VwGH 23.8.2016, Ra 2016/16/0063, mwN).

10 Macht der Revisionswerber geltend, dass Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtes unzutreffend seien, wird allein damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen (VwGH 12.8.2014, Ra 2014/06/0001).

11 "Regeln der Technik" oder "Stand der Technik" haben keinen normativen Charakter, sondern geben bloß ein bestimmtes oder bestimmbares Fachwissen wieder. Sie gehören ausschließlich dem Tatsachenbereich an (vgl. etwa RIS-Justiz RS0048339, OGH 22.4.2014, 7 Ob 46/14n = SZ 2014/38).

Der Ausdruck "Stand der Technik" spricht aus normativ-juristischer Sicht einen außerrechtlichen Sachverhalt an (VfGH 9.6.2005, V 87/04 = VfSlg. 17.560).

12 Soweit die vorliegende Revision die Feststellungen des Verwaltungsgerichtes über den in den Jahren 2003 bis 2005 maßgeblichen "Stand der Technik" in Zweifel zieht, releviert sie damit nur eine Tatsachenfrage, ohne jedoch die Feststellungen des Verwaltungsgerichts etwa als Ausfluss eines schwerwiegenden Verstoßes gegen tragende Verfahrensgrundsätze darzustellen.

13 Die vorliegende Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahrens in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 22. Oktober 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160178.L00

Im RIS seit

22.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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