TE Vwgh Beschluss 2018/10/22 Ra 2018/16/0102

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Veröffentlicht am 22.10.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
27/01 Rechtsanwälte;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §115;
BAO §269 Abs1;
BAO §85;
RAO 1868 §8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Mairinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Mag. Dr. A K in G, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 21. März 2018, Zl. RV/2101328/2017, betreffend die Zurückweisung eines Vorlageantrags (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Graz-Stadt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, Rechtsanwalt Dr. K, ist der Parteienvertreter von Frau O.

2 Mit Bescheid vom 5. September 2017 forderte das Finanzamt von Frau O Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für ihre beiden Söhne D und T für die Zeiträume Oktober 2015 bis Juni 2016 bzw. Oktober 2015 bis Mai 2016 in Höhe von insgesamt 3.446 EUR zurück.

3 Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2017 Beschwerde erhoben. Der Revisionswerber führte darin aus, er vertrete rechtsfreundlich Frau O. Er berief sich auf die ihm gemäß § 8 RAO erteilte Vollmacht und setze den Schriftsatz in der "Ich-Form" fort.

4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19. Oktober 2017 wies das Finanzamt die Beschwerde von Frau O mit näherer Begründung ab.

5 Am 9. November 2017 wurde dagegen ein Vorlageantrag beim Finanzamt eingebracht, in dem die sprachliche Gestaltung der Beschwerde fortsetzt wurde.

6 Mit Beschluss vom 21. März 2018 wies das Bundesfinanzgericht den Vorlageantrag des Revisionswerbers, Dr. K, als unzulässig zurück und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Begründend führte das Bundesfinanzgericht aus, gemäß § 264 Abs. 2 BAO sei zur Einbringung eines Vorlageantrags der Beschwerdeführer befugt, sowie jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirke. Im gegenständlichen Fall bestünde kein Zweifel, dass der Revisionswerber, Dr. K, als bevollmächtigter Vertreter von Frau O nicht selbst Beschwerdeführer sei und die an seine Mandantin als Beschwerdeführerin ergangene Beschwerdevorentscheidung auch nicht ihm gegenüber wirke. Der vom Revisionswerber (nur) in seinem eigenen Namen eingebrachte Vorlageantrag erweise sich somit als unzulässig.

8 In der dagegen erhobenen Revision - zu der die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattete - wird zur Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht, das Bundesfinanzgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Revisionswerber den Vorlageantrag im eigenen Namen und nicht als Parteienvertreter, im Namen seiner Mandantin, gestellt habe. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Aktenzeichen, dem Briefpapier und dem Inhalt des Vorlageantrags. Im Übrigen habe sich der Revisionswerber auf die ihm erteilte Vollmacht berufen und gelte diese für das gesamte Verfahren.

9 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

10 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Parteienerklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Es kommt somit darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl. VwGH 27.11.2017, Ra 2016/15/0053; 24.11.2016, Ra 2014/13/0003; 10.3.2016, Ra 2015/15/0041).

12 Die Berufung eines berufsmäßigen Parteienvertreters auf die ihm (etwa nach § 8 RAO) erteilte Vollmacht und das Fortsetzen der Ausführungen des Schriftsatzes in der "Ich-Form" sind - soweit keine gegenteiligen Hinweise vorliegen - so zu verstehen, dass der Einschreiter für den Vertretenen handelt, ohne dass dem jeweils ein "namens des Vertretenen" hinzugefügt werden müsste.

13 Dementsprechend hat das Finanzamt die Berufungsvorentscheidung - insoweit zutreffend - an Frau O, zu Handen des Revisionswerbers, Dr. K, gerichtet.

14 Nichts anderes gilt für den die gleiche sprachliche Gestaltung aufweisenden Vorlageantrag, welcher somit - wie die Beschwerde - Frau O und nicht dem Revisionswerber, Dr. K., zuzurechnen ist.

15 Über den Vorlageantrag von Frau O hat das Bundesfinanzgericht mit dem an den Revisionswerber gerichteten Zurückweisungsbeschluss nicht abgesprochen.

16 Der Revisionswerber ist durch die an ihn gerichtete Zurückweisung des Vorlageantrags jedoch in keinem subjektivöffentlichen Recht verletzt. Für die Rechtsstellung des Revisionswerbers macht es nämlich keinen Unterschied, ob der angefochtene Beschluss des Bundesfinanzgerichts aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Somit fehlt dem Revisionswerber die Beschwer (vgl. etwa VwGH 25.4.1995, 94/20/0539; 19.12.1990, 90/03/0247;

sowie Twardosz, Handbuch VwGH-Verfahren4, 50).

     17 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG

zurückzuweisen.

     18 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die

§§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-

Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. Oktober 2018

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160102.L00

Im RIS seit

22.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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