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L92008 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Vorarlberg;Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des A S A in F, vertreten durch Dr. Hubert Fitz, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Am Breiten Wasen 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 10. April 2018, Zl. LVwG-340-25/2017-R3, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 10. April 2018 gewährte das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg im Beschwerdeverfahren dem Revisionswerber - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse - für die Monate Juli 2017 bis Oktober 2017 Mindestsicherung für Wohnbedarf in Höhe von (lediglich) EUR 772,-- pro Monat.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht die wesentlichen Feststellungen zugrunde, der Revisionswerber wohne gemeinsam mit seiner Ehefrau und fünf Kindern seit 15. September 2015 in einer Mietwohnung in Feldkirch mit einer Wohnfläche von ca. 130 m2. Der Mietzins für diese Wohnung betrage EUR 1.100,-- (inklusive Mehrwertsteuer) zuzüglich der Betriebskosten in der Höhe von EUR 66,50 (für Wasser, Kanal und Müll). Die Wohnung werde mit einer Elektroheizung mit Pufferspeicher beheizt, wobei sich die monatlichen Stromkosten auf EUR 255,-- beliefen.
3 Davor habe der Revisionswerber mit seiner Familie in Kufstein gewohnt. Er habe ohne Rücksprache mit der Bezirkshauptmannschaft Kufstein oder der belangten Behörde die Wohnung in Feldkirch selbst organisiert und angemietet.
4 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht im Kern aus, dem Revisionswerber sei lediglich der pauschale Höchstsatz zur Deckung des Wohnbedarfs gemäß § 7 Abs. 1 lit. f Mindestsicherungsverordnung - MSV, LGBl. Nr. 71/2010 idF LGBl. Nr. 40/2017, d.h. für eine Haushaltsgröße ab sechs Personen, zuzuerkennen.
5 Das Vorliegen von "besonders berücksichtigungswürdigen Umständen" im Sinn des § 7 Abs. 5 MSV, bei welchen von der Anwendung des pauschalen Höchstsatzes je Haushaltsgröße nach § 7 Abs. 1 MSV abgesehen werden könnte, verneinte das Verwaltungsgericht; solche Umstände lägen nach der genannten Bestimmung "insbesondere dann" vor, "wenn eine ansonsten erforderliche Änderung der Wohnsituation nicht erwartet werden kann".
6 Dazu vertrat das Verwaltungsgericht die Auffassung, besonders berücksichtigungswürdige Umstände im Sinn der Bestimmung lägen dann vor, wenn es dem Hilfsbedürftigen nicht möglich sei oder nicht zugemutet werden könne, eine kostengünstigere Wohnmöglichkeit in Anspruch zu nehmen.
7 Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil der Revisionswerber die Wohnung in Feldkirch ohne Rücksprache mit den Behörden angemietet und auch nie vorgebracht habe, er hätte Bemühungen zur Änderung seiner Wohnsituation gesetzt; angesichts des Umstandes, dass die tatsächlichen Wohnkosten des Revisionswerbers EUR 394,50 über dem pauschalierten Höchstsatz (nach § 7 Abs. 1 lit. f MSV) lägen, sei allerdings eine Änderung der Wohnsituation erforderlich.
8 Die Revision gegen dieses Erkenntnis ließ das Verwaltungsgericht mit der - erkennbaren - Begründung zu, dass zu den angewandten Bestimmungen der MSV über "pauschalierte Höchstsätze betreffend die Deckung des Wohnbedarfs" hg. Rechtsprechung fehle.
9 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
12 3. § 7 Abs. 5 MSV, LGBl. Nr. 71/2010 idF LGBl. Nr. 40/2017, lautet wie folgt:
"(5) Von der Anwendung des pauschalen Höchstsatzes je Haushaltsgroße nach Abs. 1 kann bei besonders berücksichtigungswürdigen Umständen insbesondere dann abgesehen werden, wenn eine ansonsten erforderliche Änderung der Wohnsituation nicht erwartet werden kann."
13 Mit Blick auf die Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes ist festzuhalten, dass die darin angesprochene Bestimmung des § 7 Abs. 5 MSV vorliegend - ausgehend von den wiedergegebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes (Rz 2 und 3) - schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht zur Anwendung kommen konnte; eine grundsätzliche Rechtsfrage liegt insoweit daher trotz fehlender hg. Rechtsprechung nicht vor (vgl. etwa VwGH 13.12.2016, Ra 2016/05/0076, mwN).
14 4. Ein Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH 27.9.2018, Ro 2018/10/0031, mwN).
15 In der Revisionsschrift des Revisionswerbers - welcher die Auffassung vertritt, das Verwaltungsgericht habe besonders berücksichtigungswürdige Umstände im Sinn des § 7 Abs. 5 MSV zu Unrecht verneint - wird allerdings eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht dargelegt; im Übrigen zieht der Revisionswerber nicht in Zweifel, dass er die Wohnung in Feldkirch ohne Absprache mit den Behörden angemietet und im Verfahren nie vorgebracht hat, Bemühungen zur Änderung seiner Wohnsituation gesetzt zu haben.
16 5. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. Oktober 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018100091.L00Im RIS seit
21.11.2018Zuletzt aktualisiert am
11.12.2018