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L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung WienNorm
B-VG Art133 Abs4Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2018/10/0114 B 27.03.2019Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des H R in W, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Hamerlingplatz 7/14, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 23. Jänner 2018, Zl. VGW-242/025/17168/2017/VOR-1, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien im Beschwerdeverfahren den Antrag des Revisionswerbers auf Zuerkennung einer über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs hinausgehenden Mietbeihilfe ab. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der Revisionswerber wohne gemeinsam mit vier weiteren Personen in einer Großwohnung im Rahmen einer näher genannten Seniorenwohngemeinschaft. Den Benutzern werde ein Zimmer samt Einrichtungsgegenständen zur alleinigen Nutzung zur Verfügung gestellt und das Recht eingeräumt, die im gemeinsamen Wohnobjekt befindlichen Gemeinschaftsräume samt deren Einrichtungsgegenständen und elektrischen Geräten zu benutzen. Das vom Revisionswerber zu leistende Benutzungsentgelt/Mietzins betrage EUR 523,40 monatlich. Der Revisionswerber bilde für sich alleine eine Bedarfsgemeinschaft. Da im vorliegenden Fall der tatsächlich förderbare Mietaufwand in Höhe von EUR 365,90 über der gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 WMG-VO 2017 heranzuziehenden Mietbeihilfenobergrenze in Höhe von EUR 350,55 liege, sei von diesem niedrigeren Betrag auszugehen. Gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 WMG sei dieser Wert durch die Anzahl der in der Wohnung lebenden volljährigen fünf Personen - unabhängig davon, dass diese jeweils eigene Bedarfsgemeinschaften bilden - zu teilen und mit der Anzahl der volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft zu multiplizieren. Gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 WMG sei von diesem Wert (EUR 70,11) der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs gemäß § 1 Abs. 1 lit. b WMG-VO 2017 von EUR 114,00 in Abzug zu bringen. Da somit der ohnehin schon im Mindeststandard enthaltene Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs den Betrag von EUR 70,11 überschreite, ergebe sich kein Anspruch des Revisionswerbers auf Mietbeihilfe.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in
nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer
außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 § 9 Wiener Mindestsicherungsgesetz, LGBl. Nr. 2/2011 idF LGBl. Nr. 29/2013 (WMG), lautet (auszugsweise):
"Mietbeihilfe
§ 9. (1) Ein über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs nach § 8 Abs. 1 hinausgehender Bedarf wird an die anspruchsberechtigten Personen als Bedarfsgemeinschaft in Form einer monatlichen Geldleistung (Mietbeihilfe) zuerkannt, wenn dieser nachweislich weder durch eigene Mittel noch durch Leistungen Dritter gedeckt werden kann. ...
(2) Die Mietbeihilfe ... wird wie folgt berechnet:
1. Den Ausgangswert bilden die nach Abzug sonstiger
Leistungen tatsächlich verbleibenden Wohnkosten bis zu den
Mietbeihilfenobergrenzen nach Abs. 3.
2. Dieser Ausgangswert wird durch die Anzahl der in der
Wohnung lebenden volljährigen Personen geteilt und mit der Anzahl der volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft multipliziert.
..."
§ 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien 2017, LGBl. Nr. 32 (WMG-VO 2017) lautet (auszugsweise):
"§ 2.
Mietbeihilfenobergrenzen
(1) Die Mietbeihilfenobergrenzen betragen:
1.
bei 1 bis 2 Bewohnerinnen und Bewohnern
EUR 315,60;
...
3.
bei 5 bis 6 Bewohnerinnen und Bewohnern
EUR 350,55;
...
(2) Die Mietbeihilfenobergrenzen beinhalten den jeweiligen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs."
7 Die Revision bestreitet die die dem angefochtenen Erkenntnis zu Grunde liegenden Feststellungen nicht.
8 Sie bringt in den Zulässigkeitsgründen zunächst vor, der Magistrat der Stadt Wien habe im Jahr 2017 die Vollziehung der genannten Bestimmungen dahingehend geändert, dass nicht mehr jeder Bewohner als eigene Bedarfsgemeinschaft gewertet werde. Es werde bei der Bemessung der Mietbeihilfenobergrenze in Fällen wie dem vorliegenden zum Einen nicht mehr die Z 1 des § 2 Abs. 1 WMG-VO (für 1 bis zwei Bewohner) sondern jene der Z 3 (für fünf bis sechs Bewohner) herangezogen. Zum Anderen werde der Betrag entsprechend der Anzahl der Bewohner aliquotiert (dh. durch die Anzahl der Bewohner dividiert). Es stelle sich daher die Frage nach der Auslegung der Bestimmung des § 9 Abs. 2 WMG iVm § 2 Abs. 1 WMG-VO, bzw. die Frage der Berechnung der Mietbeihilfe bei Wohngemeinschaften von älteren hilfsbedürftigen Menschen. Hiezu liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.
9 Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass fallbezogen weder die Heranziehung der Mietbeihilfenobergrenze (von EUR 350,55 bei 5 Bewohnern) gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 WMG-VO noch die Berechnung der Mietbeihilfe (durch Dividierung des Ausgangswerts durch die Anzahl der in der Wohnung lebenden volljährigen Personen) im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 2 WMG zu beanstanden ist, wobei sich das Verwaltungsgericht insoweit auf den klaren Wortlaut der erwähnten Bestimmungen stützen konnte: So wird in den einzelnen Ziffern des § 2 Abs. 1 WMG-VO auf die Anzahl der "Bewohnerinnen oder Bewohner" (und nicht auf das Vorliegen von Bedarfsgemeinschaften) abgestellt; nach § 9 Abs. 2 Z 2 WMG ist für die Teilung des Ausgangswerts die Anzahl der in der Wohnung lebenden "volljährigen Personen" maßgeblich (und wird demgegenüber das Vorliegen von Bedarfsgemeinschaften erst bei der anschließenden Multiplikation ausdrücklich berücksichtigt). Eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt daher angesichts des klaren Wortlauts der genannten Bestimmungen trotz fehlender hg. Rechtsprechung nicht vor (vgl. etwa VwGH 5.10.2016, Ra 2016/10/0066, mwN). Eine solche wird auch mit dem Hinweis auf eine der vorliegenden Entscheidung (angeblich) entgegenstehende bisherige Vollzugspraxis nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 8.10.2014, Ro 2014/10/0106).
10 Soweit in den Zulässigkeitsgründen weiters ein Abweichen von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur gemeinsamen Wirtschaftsführung von mehreren Personen in einer Wohnung behauptet wird, wird damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht aufgezeigt, weil den zitierten Entscheidungen andere, mit dem vorliegenden Revisionsfall nicht vergleichbare Sachverhaltskonstellationen und Rechtsvorschriften zu Grunde lagen.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. Oktober 2018
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018100059.L00Im RIS seit
15.07.2019Zuletzt aktualisiert am
15.07.2019