Index
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §956;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der J in V, vertreten durch Dr. Kurt Dellisch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Villacher Ring 59, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 3. August 1998, Zl. RV 257.96/1-9/96, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Alleinerbin nach der am 29. Juni 1994 verstorbenen Juliane Gecsö. Die Erblasserin hatte mit den beiden Verträgen vom 31. Juli 1987, Notariatsakte 2312 und 2313, sowie mit Abtretungs- und Schenkungsvertrag vom 13. Juni 1994, Notariatsakt 4871, einen Abtretungsvertrag auf den Todesfall mit den in den Notariatsakten näher bezeichneten Personen - die Beschwerdeführerin befand sich nicht unter diesen Personen - abgeschlossen und dabei ihren Geschäftsanteil an der Sanitas-GmbH "mit Rechtswirksamkeit mit ihrem Tode ohne jede weitere Mitwirkung und ohne Zustimmung ihrer Erben oder sonstigen Rechtsnachfolger auf die genannten Übernehmer" abgetreten.
Im eidesstattlichen Vermögensbekenntnis, das die Beschwerdeführerin gegenüber dem Verlassenschaftsgericht erstattete, ist als Aktivposten ein Anwartschaftsrecht auf Gewinnausschüttung der Sanitas-GmbH für das Geschäftsjahr 1993/1994 in der Höhe von S 2.981.000,-- (abzüglich Kest) enthalten.
Mit Bescheid vom 18. Juni 1996 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg der Beschwerdeführerin ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 1.437,490 und der Steuerklasse V Erbschaftssteuer in der Höhe von S 350.558,-- vor.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die ihr auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses der genannten GmbH tatsächlich zugeflossene Gewinnausschüttung für das Geschäftsjahr 1993/94 in der Höhe von S 2.981,000,-- sei zu Unrecht in die Bemessungsgrundlage des Erbschaftssteuerbescheides einbezogen worden. Sie sei zu keinem Zeitpunkt Gesellschafterin der GmbH gewesen. Der Jahresabschluss der Gesellschaft zum Ende des Geschäftsjahres 1993/1994 am 31. März 1994 sei im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin am 29. Juni 1994 noch nicht erstellt gewesen. Die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafter und der Gewinnverteilungsbeschluss in Form eines Umlaufbeschlusses seien erst im Februar 1995 gefasst worden. Aufgrund des im § 18 ErbStG normierten Stichtagsprinzips wären Umfang und Zusammensetzung des Erwerbs auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld zu beziehen und dies wäre bei Erwerb von Todes wegen der Tod der Erblasserin. Es habe daher zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin noch keine Forderung bestanden, sondern eine unbestimmbare Dividendenerwartung, die erst mit dem später erfolgten Gesellschafterbeschluss konkretisiert worden wäre.
Gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Es sei unbestritten, dass der Erblasserin kraft ihres Geschäftsanteils ein Gewinnbezugsrecht zugestanden sei. Ein Gewinnverteilungsbeschluss sei nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nur dann zu fassen, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsehe. Im Beschwerdefall ordne der Gesellschaftsvertrag jährliche Gewinnverteilungsbeschlüsse an. Entstehung und Fälligkeit des Gewinnauszahlungsanspruches hingen somit vom Gewinnverteilungsbeschluss im Februar 1995 ab. Auf Grund dieses Umlaufbeschlusses sei rückwirkend auf den Bilanzstichtag (31. März 1994), somit noch zu Lebzeiten der Erblasserin, die Forderung auf Gewinnauszahlung entstanden, welche kraft der Gesamtrechtsnachfolge der erbserklärten Beschwerdeführerin dieser zukomme. Die Gewinnverteilung stelle generell auf die Beteiligungsverhältnisse zum Bilanzstichtag ab. Dies untermauere die Rechtsansicht, den Gewinnauszahlungsanspruch der Erblasserin und in der Folge der Verlassenschaft bzw. schließlich der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Die tatsächliche Bereicherung der Beschwerdeführerin sei unbestritten und leite sich nicht schenkungshalber von den Gesellschaftern ab, sondern sei Ausfluss der Gesamtrechtsnachfolge der Beschwerdeführerin.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichteinbeziehung der Gewinnausschüttung für das Geschäftsjahr 1993/94 in die Bemessungsgrundlage des angefochtenen Bescheides verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 2 Abs. 1 Z. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.
Gemäß Z. 2 leg. cit. gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall sowie jeder andere Erwerb, auf den die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes Anwendung finden.
Die Schenkung auf den Todesfall ist bei Lebzeiten des Erblassers ein Vertrag und nach dem Tod des Erblassers als Vermächtnis zu behandeln. Das Recht des Vermächtnisnehmers entsteht (abgesehen vom Fall einer angeordneten Suspensivbedingung) mit dem Tod des Erblassers (Koziol-Welser, Bürgerliches Recht 10 II 369 und 374).
Grundsätzlich hat jeder Gesellschafter eine abstrakte Anwartschaft auf Gewinnbeteiligung. Nach Abschluss des Geschäftsjahres entsteht ein mit dem Geschäftsanteil jedes Gesellschafters verbundenes bedingtes Gewinnbezugsrecht. Dieses wandelt sich zu einem unbedingten durch den Gewinnverteilungsbeschluss der Gesellschafter. Bis zum Gewinnverteilungsbeschluss ist also das Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter aufschiebend bedingt durch das Entstehen von Gewinn, durch Bilanzfeststellung und durch den Gesellschafterbeschluss auf Ausschüttung des Gewinnes (Entscheidung des OGH vom 7. Juli 1954, 1 Ob 548/54, SZ 27/195).
Im Beschwerdefall wurde die Übertragung des Geschäftsanteiles mit den Notariatsakten ausdrücklich geregelt. Der Geschäftsanteil solle danach mit Rechtswirksamkeit mit dem Tode der Erblasserin ohne jede weitere Mitwirkung und ohne die Zustimmung der Erben oder sonstigen Rechtsnachfolger auf die im Abtretungsvertrag genannten Personen übergehen. Auf Grund dieser Vereinbarung ist sowohl das mit dem Geschäftsanteil verbundene, einen vermögensrechtlichen Bestandteil der Mitgliedschaftsrechte bildende allgemeine Gewinnbezugsrecht der Erblasserin als auch der seit ihrem Tod aus dem allgemeinen Gewinnbezugsrecht erfließende konkrete Anspruch auf die nach der Beschlussfassung der Gesellschafter über die Gewinnausschüttung sofort fällige und klagbare Gewinnauszahlung als jeweils mit dem Geschäftsanteil verbundene Rechte mit dem Stichtag des Todes der Erblasserin auf die mit dem Abtretungsvertrag bedachten Personen übergegangen. Diesen als Sonderrechtsnachfolgern und nicht der Beschwerdeführerin stand daher der Gewinnauszahlungsanspruch für das Wirtschaftsjahr 1993/94 zu (vgl. Entscheidung des OGH vom 30. Oktober 1990, 8 Ob 643/90, EvBl. 1991/53).
Das Verlassenschaftsgericht ist nicht an das eidesstättige Vermögensbekenntnis gebunden (vgl. das Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl. 88/16/0235).
In der Berufungsschrift wird im gegebenen Zusammenhang ausgeführt, "erst nach langwierigen Verhandlungen (der Beschwerdeführerin) mit den Gesellschaftern und der Geschäftsführung der Sanitas-GmbH" habe die Beschwerdeführerin eine Anerkennung des "Dividendenbezugsrechts" für das Wirtschaftsjahr 1993/94 erreichen können. Die belangte Behörde hat es unterlassen, nähere Ermittlungen darüber anzustellen, aus welchen Gründen die Geschenknehmer sich bereit erklärt hatten, entgegen der dargestellten Rechtslage auf den ihnen zustehenden Gewinn zu verzichten, und warum dieser Betrag sowohl in das eidesstättige Vermögensbekenntnis als auch in den Testamentserfüllungsausweis (Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 28. März 1996) aufgenommen worden ist. Überdies ist nach der Aktenlage nicht erkennbar, ob die in Rede stehenden Schenkungsverträge auf den Todesfall im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin noch wirksam waren. Von welchen Personen der "Umlaufbeschluss" gefasst wurde, wurde gleichfalls nicht geklärt.
Wurde dabei z.B.: zwischen den beteiligten Personen ein (außergerichtlicher) Vergleich über zwischen ihnen strittige Rechte an der Verlassenschaft abgeschlossen, so wäre unter sinngemäßer Anwendung des § 2 Abs 2 Z 4 ErbStG ein Erwerb des strittigen Gewinnbetrages durch die Beschwerdeführerin anzunehmen (zum Erwerb auf Grund eines Vergleichs siehe sinngemäß die hg. Erkenntnisse vom 26. Oktober 1964, Zl. 1136/64, Slg.Nr. 3165/F, und vom 19. September 1968, Zl 1624/67, Slg.Nr. 3781/F). Sollte demgegenüber die zwischen den Beteiligten abgeschlossene Vereinbarung nicht im Todesfall, sondern allenfalls in der gesellschaftsrechtlichen Situation der Beteiligten ihre Ursache haben, so handelte es sich nicht um einen Erwerb des Gewinnanteils auf Grund des Erbfalles, sondern allenfalls um einen anderen Erwerbsvorgang unter Lebenden, sofern die entsprechenden Voraussetzungen des § 3 Abs 1 Z 2 ErbStG erfüllt sind. Ein solcher allfälliger anderer Vorgang ist aber nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die ihr obliegenden Ermittlungen unterließ, hat sie ihr Verfahren mit einem Feststellungsmangel belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den nicht erforderlichen Stempelaufwand für die Beschwerdebeilagen und für den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.
Wien, am 14. Oktober 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998160288.X00Im RIS seit
21.02.2002