Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé, den Hofrat Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtsache der klagenden Partei Dr. A***** S*****, vertreten durch die Dr. Holzmann Rechtsanwalts GmbH in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. R***** P*****, vertreten durch die Heiss & Heiss Rechtsanwälte OG in Innsbruck, wegen Rechnungslegung und Zahlung (Gesamtstreitwert 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. April 2018, GZ 10 R 7/18g-70, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 6. Dezember 2017, GZ 8 Cg 67/15a-66, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Vorinstanzen wiesen das Rechnungslegungsbegehren über das am 22. 10. 2010 von der Klägerin auf ein Konto der Beklagten übertragene Vermögen mit der Begründung ab, die Beklagte habe daran aufgrund einer rechtswirksamen Schenkung der Klägerin Eigentum erworben.
2. Die „wirkliche Übergabe“ (§ 943 ABGB, § 1 lit d NotAktsG) verlangt, dass neben dem Schenkungsvertrag ein anderer, von diesem verschiedener und als Übergabe erkennbarer Akt gesetzt wird, der nach außen in Erscheinung tritt und geeignet ist, dem Willen des Geschenkgebers Ausdruck zu verleihen, das Schenkungsobjekt aus seiner Gewahrsame in die des Beschenkten zu übertragen (RIS-Justiz RS0011295 [T16], RS0011383). Wie die wirkliche Übergabe iSd § 943 ABGB zu erfolgen hat, ist nach den Umständen des Einzelfalls und dem Zweck, den Zuwender vor übereilten Entschließungen zu schützen, zu beurteilen (RIS-Justiz RS0018975 [T2], RS0011383 [T13]).
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Überweisung des Guthabens der Klägerin auf ein Konto mit ausschließlicher Verfügungsberechtigung der Beklagten über ausdrücklichen, sowohl schriftlich als auch im persönlichen Gespräch mit dem Bankdirektor bekräftigten Auftrag als wirkliche Übergabe iSd § 943 ABGB zu werten sei, begegnet keinen Bedenken (zur Schenkung eines Kontoguthabens vgl jüngst 2 Ob 122/17f [verstärkter Senat]). Mit ihrer Revisionsbeantwortung, sie habe den Überweisungsauftrag nicht unterfertigt, zeigt die Klägerin, die die übrigen vom Berufungsgericht behandelten Umstände gänzlich außer Acht lässt, keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung auf.
3. Die Frage, ob eine im Berufungsverfahren unzulässige Neuerung vorliegt, geht in ihrer Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus und begründet – vom Fall krasser Fehlbeurteilung abgesehen – keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042828 [T35]). Ob dem Berufungsgericht im Zusammenhang mit dem Berufungsvorbringen zur Irreführung der Klägerin eine derartige Fehlbeurteilung unterlaufen ist, kann aber dahinstehen. Wird nämlich – wie hier – die Entscheidung der zweiten Instanz auch auf eine selbständig tragfähige Hilfsbegründung gestützt, muss auch diese im außerordentlichen Rechtsmittel bekämpft werden, um eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung zu bringen (RIS-Justiz RS0118709).
Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen einer Irrtumsanfechtung der Klägerin auch in der Sache geprüft und ausgeführt, dass die behauptete Irreführung durch den Vermögensberater der Klägerin keine Ansprüche gegen die Beklagte begründen könne. Dieser selbständig tragfähigen Begründung hält die Klägerin in der Revision lediglich entgegen, dass der Beklagten ein Irrtum der Klägerin hätte auffallen müssen, weil ihr deren Intention, eine Verfügung (erst) von Todes wegen vorzunehmen, bekannt gewesen sei. Die Behauptung, der Beklagten hätte ein Irrtum auffallen müssen, ist durch die Feststellungen des Erstgerichts jedoch nicht gedeckt. Es steht vielmehr fest, dass die Beklagte davon überzeugt war „und auch überzeugt sein dürfte“, dass ihr die Klägerin dieses Vermögen wirklich (zu Lebzeiten) schenken wollte, wie diese es in dem von ihr verfassten „Schenkungsvertrag“ auch schriftlich dokumentierte.
4. Mit ihrem Vorbringen, sie habe in „Verschleierungsabsicht“ gehandelt, weil sie in Wahrheit eine Vermögensübertragung von Todes wegen gewollt habe, entfernt sich die Klägerin abermals vom festgestellten Sachverhalt. Sie zeigt damit auch in diesem Punkt – mangels gesetzmäßiger Ausführung der Rechtsrüge (vgl RIS-Justiz RS0043312) – keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.
Textnummer
E123227European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00110.18T.0925.000Im RIS seit
22.11.2018Zuletzt aktualisiert am
22.11.2018