Entscheidungsdatum
16.08.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W168 2183821-1/9E
W168 2183812-1/9E
W168 2183818-1/8E
W168 2183808-1/8E
W168 2183817-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerden von
1.) XXXX , geb. XXXX , StA: Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. 1165643703 / 170993082
2.) XXXX , geb. XXXX , StA: Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. 1165643605 / 170993074
3.) XXXX , geb. XXXX , StA: Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. 1165643409 / 170993095
4.) XXXX , geb. XXXX , StA: Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. 1165643507 / 170993104
5.) XXXX , geb. XXXX , StA: Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. 1176233305 / 171391528
zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und §61 FPG als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführer (im Folgenden: "BF"), russische Staatsangehörige, gelangten gemeinsam unberechtigt in das österreichische Bundesgebiet und stellten am 26.08.2017 gemeinsam die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Die 1.-BF ist die Mutter der BF3 bis BF5. Der BF2 ist der Ehemann der BF1 und der Vater der BF3 bis BF5.
Eine EURODAC-Abfrage ergab Asylantragstellungen der BF in Polen mit Datum 23.07.2016, sowie 10.05.2017.
Bei den durchgeführten Erstbefragungen führten die BF übereinstimmend aus, dass sie aus ihrer Heimat kommend über Weißrussland nach Polen in das Gebiet der Mitgliedsstaaten eingereist wären. Aus Polen kommend wären sie unberechtigt in Folge weiter nach Österreich gereist. In Polen wären sie in polizeilichen Kontakt gestanden und dort registriert worden. Sie hätten in Polen auch zwei Asylanträge gestellt, die jedoch negativ entschieden worden wären. Sie können nur Gutes über Polen sagen. Doch da sie in Polen keine Chance auf einen positiven Bescheid hätten, würden sie fürchten von dort weiter nach Russland abgeschoben zu werden. Aus diesem Grund wollen sie nicht mehr zurück nach Polen. In Österreich hätten sie keinerlei Familienangehörige. Gesundheitliche Probleme würden nicht vorliegen. Die BF1 führte aus, dass sie zu diesem Zeitpunkt im 6. Monat schwanger wäre.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete aufgrund der vorliegenden Eurodac - Treffer, als auf aufgrund der Aussagen der BF zu ihrem Reiseweg auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestützte Wiederaufnahmegesuche an Polen; dies unter Bekanntgabe der Eurodac-Treffer der Kategorie "1" mit Polen. Das Führen von Konsultationen wurde den BF nachweislich mitgeteilt.
Mit Schreiben vom 01.09.2017 stimmte Polen zu, die BF auf der Grundlage von Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin-III-VO wiederaufzunehmen.
Am 11.12.2017 wurde die Behörde von der Geburt der BF5 in Kenntnis gesetzt und am gleichen Tag der Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Die Geburt der Tochter wurde den polnischen Behörden am 15.12.2017 gem. Art. 20 Abs. 3 Dublin III VO bekannt gegeben.
Am 19.12.2017 erfolgte, in Anwesenheit eines Rechtsberaters und nach durchgeführter Rechtsberatung, die Einvernahme der 1.-BF vor dem BFA. Die 1.-BF führte für sich und als gesetzliche Vertreterin der BF3 bis BF5 aus, dass ihre Angaben für sie als auch ihre Kinder gelten würden. Diese wären hier, weil auch sie in Österreich wäre. Die Geburt des BF5 wäre problemlos verlaufen. Es gehe ihr gut. Sie und die Kinder wären gesund. Befragt zu Personen zu denen ein besonderes Nahe- bzw. Abhängigkeitsverhältnis bestehen würde, führte die BF1 aus, dass sie eine Tante und einen Onkel in Bregenz hätte. Mit diesen würde sie regelmäßig 1x in der Woche telefonieren. Die genaue Adresse würde sie nicht kennen. Eine finanzielle Unterstützung würde sie von diesen nicht erhalten. Sonstige Verwandte würden in Europa nicht wohnen. Sie selbst würden von den Mitteln der Grundversorgung leben. Befragt zu Polen führte die BF1 aus, dass sie gemeinsam vor rund 1 Jahr und 3 Monaten nach Polen gefahren wären. Dort hätten sie einen Asylantrag gestellt. Den Stand des Verfahrens kenne sie nicht. Es wäre ihnen in Polen gut gegangen. Sie hätten sich eingewöhnen können und alles wäre in Ordnung gewesen. Nur hätten ihnen die polnischen Behörden mitgeteilt, dass sie freiwillig gehen sollten, ansonsten sie nach Russland abgeschoben werden. Aus diesem Grund hätten sie auch Polen verlassen. Wenn sie wieder nach Polen zurückkehren würden, dann würde es weiterhin so sein. Befragt zu den Länderfeststellungen zu Polen führte die BF1 aus, dass sie sich dort auskennen würde; sie hätte hierzu nichts zu sagen. Sonstiges Vorbringen Polen betreffend wurde nicht erstattet.
Der BF2 führte bei der tagegleich durchgeführten Einvernahme befragt zu seinem Gesundheitszustand aus, dass er unter Problemen mit seinen Schultern leiden würde. Er wäre mehrfach bei einem Arzt in Österreich gewesen und es wäre ein Operationstermin für den 31.01.2018 vereinbart worden. In Österreich würden sich ausschließlich eine Tante und ein Onkel der Frau aufhalten. Sonstige Personen zu denen ein besonderes Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnis bestehen würde, würden sich in Österreich nicht aufhalten. Befragt zu Polen führte der BF2 aus, dass sie vor rund 1,5 Jahren nach Polen aus ihrer Heimat und über Weißrussland kommend eingereist wären. Sie hätten dort in zwei verschiedenen Camps gelebt. Sie hätte dort auch zwei Asylanträge gestellt, die jedoch beide abgelehnt worden wären. Daraufhin hätten man ihnen vorgeschlagen, dass sie freiwillig nach Russland zurückkehren sollten. Sie wären auch schon zum Flughafen gebracht worden. Doch wären sie letztlich nicht abgeschoben worden. Aus diesem Grund wären sie nach Österreich geflüchtet. Weiter zu Polen befragt, führte der BF2 aus, dass es in Polen sehr gut gewesen wäre. Sie hätten dort gut gelebt. Nach 6 Monaten hätten sie eine Aufenthaltserlaubnis bekommen sollen. Doch wenige Tage vorher hätten sie eine negative Entscheidung erhalten und deswegen diese nicht erhalten. Da Lage wäre in Ordnung gewesen. Es hätte jedoch immer die Gefahr bestanden, dass sie nach Russland abgeschoben worden wären. Deshalb hätten sie dort nicht bleiben können. Sie würden nicht nach Polen zurück wollen, da sie davon überzeugt wären, dass sie in Folge nach Russland abgeschoben werden würden. Auch würden sie nach einer Rücküberstellung nach Polen in ein geschlossenes Lager kommen. Dies wäre mit einem neugeborenen Kind sehr schwer. Auch würde es ihm nicht sehr gut gehen und er wäre nicht in der Lage sich in einem solchen Lager aufzuhalten. Er würde unter erhöhten Blutdruck leiden. Man würde sie für 6 Monate in einem solchen geschlossenen Lager unterbringen und sie dann abschieben. Die Länderfeststellungen zu Polen zur Kenntnis gebracht führte der BF2 aus, dass er dort keinesfalls hin möchte. Er könne nicht zurück in seine Heimat, doch man würde ihn von dort abschieben. Er wäre überzeugt, dass er nach Russland abgeschoben werden würde. Er hätte sich immer an die Gesetzte in Polen gehalten und dennoch sollte er abgeschoben werden. Sonstige Ausführungen zu Polen wurden nicht erstattet.
Mit den gegenständlichen Bescheiden wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Polen für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge deren Abschiebung nach Polen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Feststellungen zur Lage in Polen wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
Allgemeines zum Asylverfahren
In erster Instanz für das Asylverfahren in Polen zuständig ist das Office for Foreigners (Urzad do Spraw Cudzoziemcow, UDSC), das dem Innenministerium untersteht. Es gibt ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:
(AIDA 11.2015; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)
1.1. Verfolgung durch Dritte
Es wird von tschetschenischen Antragstellern immer wieder vorgebracht, sie fürchten in Polen von Agenten des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow, sogenannten Kadyrowzy, drangsaliert zu werden. ACCORD zitiert dazu in einer Anfragebeantwortung vom 22.11.2013 verschiedene Quellen, aus denen hervorgeht, dass es diese Berichte zwar gibt, jedoch keine greifbaren Beweise, wie dokumentierte Fälle oder ähnliches. Die polnischen Behörden dementieren derartige Vorgänge strikt (ACCORD 22.11.2013, vgl. auch: borderline 4.11.2013).
Die NGO Pax Christi hat im September 2010 eine Fact Finding Mission nach Polen zu dem Thema durchgeführt und gab an, es falle auf, dass es wenig Schriftliches gebe, obwohl Rechtsberater, Sozialhelfer, Anwälte und NGO-Mitarbeiter in verschiedenen EU-Ländern bei ihrer Arbeit mit tschetschenischen AW dieselben Geschichten zu hören bekämen. Die Berichte seien aber oft unspezifisch und es gebe kaum Zeugen und auch sonst keine Beweise (Pax Christi 1.12.2011).
Jedenfalls gibt es in Polen keine eigene Gesetzgebung, die speziell Asylwerber aus der Russischen Föderation unter besonderen Schutz stellen würde. Bei Vorliegen einer strafbaren Handlung gehen Polizei und Gerichte entsprechend der polnischen Rechtsordnung vor, wie bei jeder anderen Person auch. Es gibt auch keine eigene Statistik bezugnehmend auf Kriminalität unter Asylwerbern bzw. unter diversen Ethnien und es sind auch keine Berichte zu diesem Problemfeld bekannt (VB 11.2.2013).
Die Polizei und Grenzwache sorgen für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages. Kommt es zu strafrechtlichen Handlungen werden diese von den Sicherheitskräften den Gerichten ausnahmslos angezeigt. Die Polizei/Grenzwache vollzieht ausnahmslos die Anordnungen der Staatsanwaltschaft und der Gerichte (VB 3.2.2010).
Quellen:
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ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (22.11.2013): Anfragebeantwortung zu Polen:
Aktivitäten des russischen Geheimdienstes in polnischen Flüchtlingslagern,
https://www.ecoi.net/local_link/270018/398486_de.html, Zugriff 1.4.2016
-
borderline-europe - Menschenrechte ohne Grenzen e.V.(4.11.2013):
Rückführungen im Rahmen von Dublin II nach Polen. Eine Ist-Stand-Erhebung zur Situation Geflüchteter, http://www.borderline-europe.de/sites/default/files/background/Bericht_Polen_2013.pdf, Zugriff 1.4.2016
-
Pax Christi (1.12.2011): Safety of Chechen asylum seekers in Poland,
http://www.paxchristi.be/wp/wp-content/uploads/2012/01/PaxChristi_SafetyofChechenasylumseekersinPoland_2011_def.pdf, Zugriff 1.4.2016
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VB des BM.I Polen (3.2.2010): Auskunft des VB, per E-Mail
-
VB des BM.I Polen (11.2.2013): Auskunft des VB, per E-Mail
2. Dublin-Rückkehrer
Es gibt keine Berichte über Zugangshindernisse zum Verfahren für Dublin-Rückkehrer. Personen, die im Rahmen der Dublin-Bestimmungen nach Polen zurückkehren, müssen beim Grenzschutz einen Asylantrag stellen oder die Wiedereröffnung eines etwaigen vorherigen Verfahrens beantragen, dem er sich entzogen hat. So eine Wiedereröffnung ist innerhalb von 9 Monaten möglich (bis November 2015 galten 2 Jahre als Frist und gelten für Altfälle auch weiterhin). Sind diese 9 Monate verstrichen, wird ihr Antrag als Folgeantrag betrachtet und auf Zulässigkeit geprüft. Hat der Antragsteller bereits eine Entscheidung im vorherigen Verfahren erhalten, wird der Antrag ebenfalls als Folgeantrag betrachtet. Der Grenzschutz verweist sie entweder an ein Unterbringungszentrum, oder inhaftiert sie gegebenenfalls für max. 12 Stunden und beantragt bei Gericht Unterbringung in einem geschlossenen Zentrum (guarded center). Inhaftierung ist dann möglich, wenn ein Rückkehrer Polen illegal verlassen hat (was bei Dublin-Fällen fast immer der Fall ist) oder keine Identitätsnachweise besitzt. Dublin-Rückkehrer sind zu denselben Bedingungen zu Versorgung in Polen berechtigt, wie alle anderen Antragsteller (AIDA 11.2015).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable
Als vulnerabel (im Sinne von: eine spezielle Behandlung benötigend) gelten in Polen laut Gesetz Minderjährige, Behinderte, Alte, Schwangere, alleinerziehende Eltern, Opfer von Menschenhandel, ernsthaft Kranke, psychische Beeinträchtigte, Folteropfer und Opfer psychischer, physischer bzw. Sexueller Gewalt. Am Anfang und während des Asylverfahrens sind vom Gesetz gewisse Identifikationsmechanismen vorgesehen, deren Umsetzung nach Meinung von UNHCR und NGOs aber noch mangelhaft sei. Wird ein vulnerabler Antragsteller identifiziert, bewertet die Behörde ob eine spezielle Behandlung (im Verfahren, wie auch in Bezug auf Unterbringung) nötig ist. Dazu können auch medizinische bzw. psychologische Untersuchungen veranlasst werden. Verweigert der Ast. diese Untersuchungen, wird er nicht als vulnerabel betrachtet. Wenn die Vulnerabilität bestätigt wird, ist im Verfahren speziell darauf Rücksicht zu nehmen (z.B. Beteiligung eines Arztes/Psychologen und eines Übersetzers bei den Verfahrensschritten) (AIDA 11.2015).
Wenn Zweifel an der Minderjährigkeit eines Antragstellers bestehen, ist, mit Zustimmung des Ast. oder seines Vertreters, eine Altersfeststellung vorgesehen. Es gibt drei Möglichkeiten hierfür:
allgemeine Untersuchung, Handwurzelröntgen und Zahnuntersuchung, in dieser Reihenfolge. Im Zweifelsfall wird die Minderjährigkeit angenommen. Wird die Zustimmung zur Altersfeststellung verweigert, wird der Betreffende als Erwachsener behandelt. Die Gesetze sehen vor, dass für UMA ein Vormund bestimmt werden muss. Dieser Vormund ist nur für das Asylverfahren zuständig, nicht für andere Lebensbereiche des UMA. Es wird ausnahmslos für jeden UMA von der Ausländerbehörde beim zuständigen Vormundschaftgericht ein Vormund beantragt und von jenem einer bestellt. Dies dauerte in der Regel ca. 2 Monate, seit November 2015 liegt die Frist jedoch bei 3 Tagen. Es gibt in der Praxis Probleme mit der zu geringen Zahl an Kandidaten für eine Vormundschaft. Meist sind dies NGO-Leute bzw. entsprechend engagierte Rechtswissenschaftsstudenten. Der Vormund soll während des Interviews des UMA anwesend sein, ebenso ein Psychologe (AIDA 11.2015).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
Non-Refoulement
Gemäß Asylgesetzesänderung vom 13.11.2015 gilt ein Antrag als unzulässig, wenn der ASt. bereits den Schutz eines anderen Landes genießt, in dem er vor Refoulement geschützt ist (AIDA 11.2015).
Die Gesetze kennen das Prinzip des sicheren Herkunfts- oder Transitstaats, enthalten aber auch Bestimmungen, denen zufolge Schutzbedürfnisse im Einzelfall berücksichtig werden können (USDOS 25.6.2015).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Poland, https://www.ecoi.net/local_link/306400/443675_de.html, Zugriff 1.4.2016
4. Versorgung
AW sind ab Registrierung in einem Ertaufnahmezentrum während des gesamten Asylverfahrens, sowie während der ersten Beschwerde im selben Ausmaß zu materieller Unterstützung berechtigt, auch im Zulassung-, im Dublinverfahren und bei Folgeanträgen. Im Erstaufnahmezentrum müssen sie sich binnen 2 Tagen ab Antragstellung registrieren, ansonsten wird das Verfahren eingestellt. Das Recht auf medizinische Versorgung besteht ab Antragstellung. Generell werden Unterbringung, materielle Hilfe und Gesundheitsversorgung bis zu 2 Monate nach der endgülitigen Entscheidung im Asylverfahren (positiv wie negativ) gewährt. Wird das Verfahren allerdings schlicht eingestellt (z.B. in der Zulassungsphase), verkürzt sich dieser Zeitram auf 14 Tage. Da Ast. mit einer abschließend negativen Entscheidung Polen allerdings binnen 30 Tagen zu verlassen haben und keine Versorgung mehr gewährt wird, wenn Ast. diese Frist zur freiwilligen Ausreise verstreichen lassen, werden sie in der Regel nur für 30 Tage weiterversorgt. Einzelne Asylwerber berichten, dass ihnen sogar ein längerer Verbleib im Zentrum gestattet wurde als rechtlich vorgesehen. Versorgung wird in Polen auch ohne Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten des AW gewährt. Wenn gegen eine negative Entscheidung des Rats für Flüchtlingsfragen (2. Instanz) Beschwerde vor dem Regionalen Verwaltungsgericht in Warschau eingelegt wird, besteht generell kein Recht auf Versorgung bis das Gericht die Entscheidung des Rats suspendiert. Hier kann es zu einer Lücke in der Versorgung von 2-3 Monaten kommen. Und da seit Mai 2014 das Verfahren und die Rückkehr getrennt wurden und die Suspendierung der Entscheidung des Rates nicht mehr nötig ist um eine Außerlandesbringung zu verhindern, kann es passieren, dass das Gericht keine Suspendierung ausspricht und damit auch keine Versorgung gegeben ist. Es geht aber aus dem Bericht nicht hervor, wie oft das bisher vorgekommen ist. AW, die außerhalb des Zentrums wohnen dürfen, erhalten eine Zulage (AIDA 11.2015).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
4.1. Unterbringung
AW, die in einem Zentrum leben, erhalten Unterkunft, Mahlzeiten (oder PLN 9,-/Tag/Person), Taschengeld (PLN 50,-/Monat), Geld für Hygieneartikel (PLN 20,-/Monat), Einmalzahlung für Kleidung (PLN 140,-), einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentl. Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung. AW, die außerhalb der Zentren leben erhalten eine finanzielle Beihilfe (von PLN 25,-/Tag für eine Einzelperson; bis hin zu PLN 12,50/Tag und Person für Familien mit 4 oder mehr Familienmitgliedern), einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentl. Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung. Ende Juli 2015 erhielten 1.315 AW Versorgung innerhalb der Zentren und 2.460 außerhalb der Zentren. Die Höhe der Unterstützungen liegt unter dem sogenannten "sozialen Minimum" und wird als zu gering kritisiert, um in Polen außerhalb der Zentren einen angemessenen Lebensstandard zu führen. Vor allem Mieten in Warschau, wo die meisten AW ihr Asylverfahren abwickeln, seien so schwer abzudecken. Dies trage dazu bei, dass AW oft zu mehreren in beengten Wohnungen oder unsicheren Verhältnissen lebten und oft illegaler Beschäftigung nachgehen müssten. Selbst für Familien reiche die Unterstützung gerade einmal für die Miete (AIDA 11.2015).
In Polen gibt es 11 Unterbringungszentren mit gesamt 1.980 Plätzen. Zwei der Zentren dienen der Erstaufnahme. Mit Überbelegung gibt es keine Probleme. Alle Zentren unterstehen der polnischen Ausländerbehörde UDSC, 7 der Zentren werden aber von Vertragspartnern geführt. Es gibt keine speziellen Zentren für AW im Grenzverfahren oder in Transitzonen. AW dürfen die Zentren untertags jederzeit verlassen, sollten aber vor 23 Uhr zurück sein (AIDA 11.2015).
Wenn AW spezielle Bedürfnisse haben (Vulnerable) sind diese bei der Versorgung zu berücksichtigen. Einige Unterbringungszentren sind für Vulnerable angepasst: 3 Zentren haben behindertengerechte Eingänge und ein entsprechendes Zimmer und Badezimmer. 4 weitere Zentren sind teilweise angepasst. Ein Zentrum in Warschau ist speziell für alleinstehende Frauen bzw. alleinstehende Frauen mit Kindern gewidmet. UMA werden nicht zusammen mit Erwachsenen untergebracht, sondern in Kinderheimen oder übergangsweise in Pflegefamilien (AIDA 11.2015).
Es gibt Berichte über Vorfälle von geschlechterbezogener Gewalt, aber UNHCR berichtet, dass darauf unter Einbeziehung von Polizei, Ärzten, Psychologen und Sozialarbeitern reagiert wurde. UNHCR und NGOs berichten auch keine größeren oder anhaltenden Probleme mit Missbrauch in den Zentren (USDOS 25.6.2015).
Polen verfügt auch über mehrere geschlossene Unterbringungszentren (guarded centers), in denen Schubhäftlinge und unter bestimmten Voraussetzungen auch AW untergebracht werden können (Versuch der illegalen Überquerung der Grenze, keine Identitätsdokumente, usw.). Mitte 2015 wurden Schritte unternommen, um die bewachten Zentren zu reformieren und mehr Bewegungsfreiheit usw. zu gewährleisten. Ein Problem sei die zunehmende Zahl von Kindern (Familien dürfen geschlossen untergebracht werden, UMA bis 15 Jahre nicht) in den Zentren, welche keinen Zugang zu Schulunterricht haben. Die geschlossene Unterbringung ist nur auf gerichtliche Anordnung möglich (USDOS 25.6.2015).
UMA werden in Kinderfürsorgeeinrichtungen oder Familien in ganz Polen untergebracht (AIDA 11.2015).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Poland, https://www.ecoi.net/local_link/306400/443675_de.html, Zugriff 1.4.2016
4.2. Medizinische Versorgung
MedCOI bearbeitet keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind (MedCOI 14.5.2012).
AW in Polen haben ab Antragstellung das Recht auf medizinische Versorgung, das auch dann weiterbesteht, wenn die materielle Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, reduziert oder beendet wird. Gesetzlich garantiert ist medizinische Versorgung im selben Ausmaß wie für versicherte polnische Staatsbürger. Die medizinische Versogung von AW wird öffentlich finanziert. In den Unterbringungszentren wird medizinische Basisversorgung vor Ort bereitgestellt. In den Erstaufnahmezentren werden AW auch medizinisch untersucht. Seit 1.7.2015 wird die medizinische Versorgung von AW durch die Vertragsfirma Petra Medica gewährleistet. Sie umfasst auch psychologische Versorung. Psychologische Betreuung ist in jedem Unterbringungszentrum und bei UDSC vorhanden. Pro 120 Personen sind 4 Stunden psychologische Versorgung zuzüglich eines Übersetzers vorgesehen. AW können, wenn nötig, aber auch zu Psychiatern oder psychiatrische Kliniken überwiesen werden. Nach Ansicht einiger Experten ist Spezialbehandlung für Folteropfer oder traumatisierte AW in der Praxis nicht verfügbar. In Polen existieren 2 NGOs, die sich auf psychologische Unterstützung vulnerabler AW spezialisiert haben: Die International Humanitarian Initiative, welche regelmäßig in Warschau ihre Dienste zur Verfügung stellt; und Ocalenie Foundation, welche dreimal die Woche Asylwerber in Warschau unterstützt. Ihre Psychologen sprechen Englisch und Russisch. Andere NGOs bieten aus finanziellen Gründen nur limitiert und unregelmäßig psychologische Unterstützung an (z.B. Caritas, Polish Humanitarian Action). Einige Organisationen spezialisieren sich auf bestimmte Gruppen (z.B. Kinder oder Opfer von Menschenhandel). Da mangelnde Sprachkenntnisse bisher das größte Zugangshindernis zu medizinischer Versorgung waren, wurde dies beim Vertrag mit Petra Medica beachtet und die Gewährleistung von Übersetzung bei medizinischer und psychologischer Betreuung festgeschrieben (AIDA 11.2015).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
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MedCOI - Medical COI (14.5.2012): Anfragebeantwortung, per E-Mail
Seitens des BFA wurde ausgeführt, dass die Anträge auf internationalen Schutz- so die wesentliche Bescheidbegründung - zurückzuweisen seien, weil gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO Polen für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Der Eingriff in das im Sinne des Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens und Privatlebens sei zu relativieren, da die BF gemeinsam einer Abschiebung nach Polen unterliegen. Das Vorliegen eines besonderen Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnisses zu sich in Österreich befindlichen Personen wäre substantiell begründet nicht dargelegt worden. Aufgrund dieser Überlegungen und einer Gesamtabwägung der Interessen sei daher festzustellen, dass den im Sinne des Art. 8 EMRK relevanten Interesse an einem weiteren Aufenthalt in Österreich ein wesentlich geringerer Stellenwert zukomme als den wichtigen öffentlichen Interessen an einer Beendigung des Aufenthaltes im Bundesgebiet, nachdem die zu ihren Gunsten zu wertenden Aspekten kein besonderes Gewicht zu entfalten vermögen würden. Betreffend den psychischen und physischen Zustand der BF sei darauf hinzuweisen, dass sich aus dem gesamten vorliegenden Sachverhalt insgesamt keinen Anhaltspunkt dafür gebe, dass es sich bei den vorgebrachten Erkrankungen der BF um akut lebensgefährliche Erkrankungen handelt. Aufgrund der vorliegenden Länderberichte zu Polen ist die medizinische Versorgung in Polen gesichert. Unter Berücksichtig des Gesundheitszustandes der BF stelle die Überstellung nach Polen keine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dar, nachdem in Polen die für die erforderlichen Behandlungsmöglichkeiten grundsätzlich bestehen würden und nachdem sich auch bei sämtlichen vorgebrachten Erkrankungen um keine schwerwiegenden und einem Transport nach Polen entgegenstehenden Beeinträchtigungen ergeben hätten. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der Beschwerdeführer ernstlich für möglich erscheinen lassen würde, sei im Verfahren nicht erstattet worden. In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben. Das Vorliegen einer glaubhaften bzw. nachvollziehbar konkreten Bedrohung in Polen wäre nicht erstattet worden. Polen sei als sicherer Staat im Sinne des Asylgesetzes anzusehen. Polen habe die Statusrichtlinie, die Verfahrensrichtlinie als auch die Aufnahmerichtlinie der EU ratifiziert.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden nunmehr in gewillkürter Vertretung durch die ARGE erhobenen identen Beschwerden. In diesen wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die Behörde in den gegenständlichen Verfahren keine Einzelfallprüfung vorgenommen hätte. Auch hätte sich die Behörde auf mangelhafte Feststellungen zur Lage von Asylwerbern in Polen gestützt. Insbesondere wurden Berichte betreffend der Inhaftierung von Kindern der Beschwerde beigefügt. Auch hätte sich die Behörde nicht Berichten zur besonderen Situation von insbesondere tschetschenischen Asylwerbern in Polen auseinandergesetzt. sich in Österreich befindlichen Familienangehörigen vorgenommen hätte. Zudem hätte die Behörde keine individuelle Zusicherung einer menschenwürdigen Versorgung und Unterbringung in Polen eingeholt. Auch hätte die Behörde weitere Verfahrensfehler begangen indem sie nicht auf die Gefahr einer Inhaftierung der BF in Falle einer Abschiebung nach Polen eingegangen wäre, in dem sie die drohende Kettenabschiebung unberücksichtigt gelassen hätte, sowie auch die Tatsache, dass sich in Österreich Familienangehörige befinden nicht ausreichend gewürdigt hätte. In einer Gesamtbetrachtung der genannten Umstände wären die BF im Falle einer Abschiebung nach Polen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung isd Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC ausgesetzt, weshalb die Behörde zwingend vom Selbsteintrittsrecht gem. Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO Gebrauch machen hätte müssen. Der Behörde wären wesentliche Verfahrensfehler, sowie eine unrichtige Rechtsanwendung vorzuwerfen, weshalb die angefochtenen Bescheide als rechtswidrig zu qualifizieren wären. Aus diesen Gründen wären die Anträge zu stellen, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschwerden stattzugeben und die Bescheide zur Gänze zu beheben und die Anträge auf internationalen Schutz für zulässig zu erklären, in eventu festzustellen, dass die Ausweisungen gem. §61 auf Dauer unzulässig wären, in eventu den Beschwerden stattzugeben, die Bescheide zu beheben und zur Verbesserung an die erste Instanz zurückzuverweisen, bzw. eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Mit auf Nachfrage durch das BVwG erstatteter Information BFA vom 08.03.2018 wurde mitgeteilt, dass die polnischen Behörden mit Datum 09.02.2018 vom unbekannten Aufenthalt der BF verständigt worden sind und die Überstellungsfrist damit verlängert worden ist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer reisten von Weißrussland kommend über Polen illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und suchten dort zwei Mal um internationalen Schutz an. Nach der Geburt des BF5 stellte die 1-BF als gesetzliche Vertreterin den Antrag auf internationalen Schutz für diesen.
Das BFA richtete zu Recht Wiederaufnahmeersuchen an Polen, welchen die polnischen Behörden gem. Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.
Besondere, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Polen sprechen, liegen nicht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur insbesondere auch hinsichtlich der Versorgung von Familien unbedenklichen Lage im Mitgliedstaat Polen an. Auch ist darauf hinzuweisen, dass trotz der politischen Richtungsänderung in Polen nach der Parlamentswahl im Oktober 2015 keine Hinweise auf eine für das Asylverfahren relevante Situationsänderung in Polen vorliegen.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle einer Überstellung nach Polen Gefahr laufen würden, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. In Polen sind Asylwerber Übergriffen welcher Art auch immer nicht schutzlos ausgeliefert. Die polnischen Sicherheitsbehörden sind schutzwillig und schutzfähig. Polen verfügt über ein europäisch - rechtsstaatlichen Kriterien entsprechendes Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten in allen Instanzen.
Die Beschwerdeführer leiden an keinen akut lebensbedrohlichen Krankheiten. In Polen sind alle Krankheiten behandelbar; die medizinische und psychologische Versorgung für Asylwerber ist in Polen ausreichend gewährleistet. Es sind alle gängigen Medikamente erhältlich.
Eine Überstellung der BF nach Polen stellt sohin keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.
Die BF haben in Österreich familiäre Anknüpfungspunkte in Form von Tanten und Onkeln mütterlicherseits. Das Vorliegen eines rechtlich relevanten Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnisses zu diesen konnten die BF insgesamt nicht darlegen. Eine insbesondere gemeinsame Überstellung der BF nach Polen stellt somit keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte dar.
Die Beschwerdeführer haben sich den Verfahren entzogen und sind unbekannten Aufenthaltes. Die Verfahren wurden entsprechend ausgesetzt, die polnischen Behörden hierüber informiert.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Reiseweg der BF ergeben sich aus dem Vorbringen der BF sowie aus den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "1" zu Polen.
Die Feststellungen bezüglich der ausdrücklichen Zustimmung Polens zur Übernahme der BF gem. Art. 18 Abs. 1 b der Dublin III-VO ergeben sich aus dem durchgeführten - im Verwaltungsakt dokumentierten - Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der polnischen Dublin-Behörde.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Das Bundesamt hat in den angefochtenen Bescheiden neben detaillierten Ausführungen zur unbedenklichen Versorgungslage von Asylwerbern in Polen auch Feststellungen zur polnischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf "Dublin-Rückkehrer") samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen.
Aus den in den angefochtenen Bescheiden dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das polnische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, als auch die Unterbringung, bzw. die medizinische Versorgung, sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Polen, den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, haben die BF nicht dargetan. Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Polen wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen unten). Wenn die Beschwerdeführer befürchten nach einer Überstellung nach Polen möglicherweise in Schubhaft genommen zu werden, so ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass auch in Österreich insbesondere bei Personen die sich dem Verfahren entziehen die Anordnung von Schubhaft möglich ist. Dass alleine durch die Möglichkeit der Verhängung von Schubhaft über die BF in Polen bereits eine Gefährdung im Sinne des Art. 3 EMRK zu erkennen wäre ist nicht anzunehmen. Auch ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführer selbst ausführen in Polen die Gelegenheit gehabt zu haben mehrere Asylanträge zu stellen, bzw. dort bereits Asylverfahren geführt worden sind. Wenn ein solches rechtsstaatlich durchgeführtes Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten in allen Instanzen letztlich zu dem Ergebnis kommt, dass keine Asylgründe vorliegen, so steht es Antragstellern nicht zu sich beliebig in ein anderes Mitgliedsstaat zu begeben und dort eine nochmalige Überprüfung ihrer Asylgründe zu begehren. Die Bestimmungen der Dublin III VO dienen gerade zur Verhinderung eines solcherart beliebigen "Asylshoppings" von Antragstellern. Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Zustimmung der polnischen Behörden gem. Art. 18 Abs. 1 b erfolgt ist und somit die Antragsteller in Polen in einem offenen Asylverfahren befinden. Wenn die Beschwerde von einer möglichen Gefahr einer Kettenabschiebung spricht, so ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführer selbst ausgeführt haben, dass diese in Polen bereits Asylverfahren erhalten haben. Die Gefahr einer ungeprüften Kettenabschiebung von Antragstellern besteht aufgrund der vorliegenden Länderinformationen zum unbedenklichen Asylwesen in Polen nicht, bzw. lässt sich eine solche Gefahr auch nicht aus den Aussagen der BF selbst ableiten.
Die Feststellungen zum unbedenklichen Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ergeben sich aus der Aktenlage und dem Vorbringen der BF selbst. Diesbezüglich wurde nicht dargelegt, dass die Beschwerdeführer unter akut schweren, bzw. lebensbedrohlichen Erkrankungen leiden würden. Somit wurde insgesamt kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse der BF ergeben sich aus den eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage. Dass zu den erwähnten Tanten und Onkeln der BF in Österreich ein besonderes Nahe- bzw. Abhängigkeitsverhältnis bestehen würde, kann aus sämtlichen Aussagen der BF nicht erschlossen werden. Diese führen ausschließen aus, dass sie mit diesen 1x wöchentlich in telefonischen Kontakt stehen, diese nicht die Wohnadresse dieser kennen würden, bzw. auch nicht von diesen Geldleistungen erhalten würden. Eine Trennung der Beschwerdeführer von diesen bzw. gemeinsame Überstellung der BF nach Polen stellt somit keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.
Das BFA hat ein insgesamt mängelfreies Verfahren durchgeführt, hat den Beschwerdefühern ausreichend Gelegenheit eingräumt entsprechende Ausführungen zu erstatten und hat im Ergebnis zu Recht die Zuständigkeit Polens gem. Art. 18 Abs. 1 b Dublin VO festgestellt und die Anträge auf internationalen Schutz der BF zurückgewiesen.
Der Umstand der Entziehung der BF des Verfahrens durch Untertauchen und die diesbezügliche Information des BFA an die polnische Dublin Behörde ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, bzw. insbesondere aus der Information vom 08.03.2018.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.
Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Zu A) Abweisung der Beschwerden:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. ...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1.-einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2.-einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3.-einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1.-dieser nicht straffällig geworden ist und
-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3.-gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1.-dieser nicht straffällig geworden ist;
-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3.-gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4.-dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1.-auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2.-auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3.-im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzög