TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/30 W168 2185480-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2018
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Entscheidungsdatum

30.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W168 2185480-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2017, Zahl 1087853001-151379833, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.06.2018, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 18.09.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016BF.

2. Am 18.09.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt, bei der dieser zu seinem Fluchtgrund befragt vorbrachte, dass er seine Heimat aufgrund des herrschenden Bürgerkrieges verlassen habe. Er wäre von der Regierung gezwungen worden, gegen die Taliban zu kämpfen. Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte der Beschwerdeführer, dass er im Herkunftsland kämpfen müsste. Zur Frage, ob es konkrete Hinweise gebe, dass er im Falle seiner Rückkehr mit Sanktionen zu kämpfen habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass die Regierung ihnen gesagt habe, dass sie verpflichtet seien, zu kämpfen. Sie seien zudem eingeschult worden.

3. Am 08.11.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Linz (im Folgenden: "BFA" genannt), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er zunächst an, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und schiitischer Moslem zu sein. Er stamme aus der Provinz Daikundi und habe eine Koranschule besucht. Bis zu seiner Ausreise habe er als Landwirt gearbeitet, sein Vater habe für seinen Lebensunterhalt gesorgt. Seine gesamte Familie, einschließlich seiner Eltern und seiner Geschwister lebe nun im Iran. Sein Vater arbeite als Taglöhner und seiner Familie müsse im Iran keine Miete zahlen. Vor der Ausreise in den Iran habe seine Familie ihr Haus und Grundstück verkauft, um in den Iran zu reisen.

Zu seinem Reiseweg befragt, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er 2015 illegal in den Iran ausgereist sei. Die Fragen, ob er vorbestraft sei, im Heimatland inhaftiert oder Probleme mit den Behörden in der Heimat gehabt habe, wurden von ihm verneint. Weiters bestehe gegen ihn kein Haftbefehl oder eine Strafanzeige und er oder ein Familienmitglied seien im Herkunftsland weder politisch tätig noch Mitglied einer politischen Partei gewesen. Zudem habe er in der Heimat keine Probleme aufgrund seines Religionsbekenntnisses, seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder mit Privatpersonen gehabt und habe an keinen bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer zusammenfassend an, dass es in seinem Dorf den Stamm XXXX gegeben habe, der sehr mächtig gewesen sei und junge Männer zwischen 16 und 18 Jahren rekrutiert habe. Dies sei keine direkte Rekrutierung gewesen, sondern sie hätten junge Männer für den Krieg ausbilden wollen. Daher habe ihn sein Vater auch vor der Entführung durch diesen Stamm gewarnt und seine Flucht organisiert. Weitere Fluchtgründe habe der Beschwerdeführer nicht. Befragt, ob in seinem Dorf die Regierung oder die Taliban an der Macht gewesen seien, erklärte der Beschwerdeführer, dass der genannte Stamm XXXX an der Macht gewesen sei und er nicht wisse, ob dieser mit der Regierung oder den Taliban zusammengearbeitet habe. Er habe jedenfalls keinen direkten Kontakt zu den Taliban gehabt. Seine Familie sei 2016 ebenfalls wegen Problemen mit dem Stamm aus Afghanistan ausgereist, da dieser ihnen unrechtmäßig Vieh weggenommen habe. Zum Vorhalt, im Rahmen der Erstbefragung angegeben zu haben, dass ihnen der Stamm gesagt habe, dass sie die Rekrutierten ausbilden würden, um gegen die Taliban zu kämpfen und er nunmehr angebe, dass er nicht wisse, ob der Stamm mit den Taliban oder der Regierung zusammengearbeitet habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass der Stamm ihnen immer gesagt habe, dass sie ausgebildet werden würden, um gegen die Taliban zu kämpfen. Er habe den Beschwerdeführer jedoch nicht persönlich angesprochen, sondern nur ungefähr einen Monat vor Ausreise seinen Vater. Auf Vorhalt, dass er im Zuge der Erstbefragung angegeben habe, bereits eingeschult worden zu sein, erwiderte der Beschwerdeführer, gesagt zu haben, dass sie nur beabsichtigt hätten, ihn auszubilden. Er sei jedoch kein Mitglied der Gruppe gewesen, die eingeschult worden sei.

Zur Frage, wieso er sich nicht in Herat oder Kabul niedergelassen habe, entgegnete der Beschwerdeführer, dass es in Kabul gefährlich sei und er in Herat keine Anknüpfungspunkte habe. Die Mehrheit von seiner Onkel und Tanten würden im Iran leben, in Afghanistan habe er noch zwei Tanten mütterlicherseits, zu denen er aber keinen Kontakt mehr habe. Zum Vorhalt, dass er im Rahmen der Erstbefragung angegeben habe, 6 Jahre in eine Koranschule gegangen zu sein, erklärte der Beschwerdeführer, dass er sich dadurch erhofft habe, leichter in eine Schule gehen zu können. Im Iran sei er nicht geblieben, da sein Onkel dort in einer prekären finanziellen Lage sei und man keinen Pass erhalte. Seine Eltern würden sich dort auch nur illegal aufhalten. Der Beschwerdeführer habe sich insgesamt 5 oder 6 Tage im Iran und ca. ein Monat in der Türkei aufgehalten. Seine Onkel und sein Vater hätten für seine Reise insgesamt 11 Million Toman bezahlt, da die Reise vom Iran aus begonnen habe. Zur Frage, weshalb seine Familie nicht mit ihm ausgereist sei, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass dieser ursprünglich nicht beabsichtigt hätte, Afghanistan zu verlassen und sich nur wegen der Belästigung durch den Stamm in den Iran begeben habe. Seinem Bruder drohe zwar aufgrund seines jugendlichen Alters ebenfalls die Zwangsrekrutierung, es sei jedoch möglich, dass seine Familie nicht genügend Geld für die Weiterreise nach Europa gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe ca. einmal im Monat Kontakt mit seiner Familie und es gehe ihr zwar gesundheitlich, jedoch nicht finanziell gut. Zu seinem Aufenthalt in der Türkei befragt, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er dort lediglich auf seine Weiterreise gewartet habe. Afghanen würden dort als Asylwerber nicht akzeptiert werden. Auf Vorhalt der Behörde, ob er im Iran aufgewachsen sei, stellte der Beschwerdeführer im Gegenzug die Frage, woher man dies denn wisse. Er könne nur angeben, dass seine Mutter vor ihrer Hochzeit im Iran gewesen sei, in weiterer Folge jedoch in Afghanistan geheiratet zu haben. Die Frage wurde vom Beschwerdeführer verneint, er habe nur nachgefragt. Sein Zielland sei Österreich gewesen, da ihm vom Schlepper erzählt worden sei, dass es hier keine Abschiebungen gebe. Zum Vorhalt, weshalb er die Reisekosten in Toman angegeben habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass ihm sein Onkel den Betrag in Toman genannt habe. Im Rahmen der Erstbefragung sei er auf Farsi einvernommen worden, da er aufgrund des Aufenthaltes seiner Mutter im Iran auch diese Sprache verstehe. Zur Frage, was ihn bei einer Rückkehr nach Afghanistan erwarten würde, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er in Afghanistan niemanden habe und seine Eltern bereits alles verkauft hätten. Seine Mutter gehöre der Volksgruppe der Hazara an und diese hätten dort Probleme. Zudem spreche man in Afghanistan Paschtu. Auf Vorhalt, dass er in Afghanistan aufgewachsen sei und daher auch Dari beherrschen müsste, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er sich aber nirgends auskenne.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er hauptsächlich afghanische Freunde habe und in Österreich gerne als Fotograf arbeiten würde, es sei ihm jedoch gesagt worden, dass er diesen Job nicht ausüben könne. Er habe zudem auch bereits 3 Tage eine Probearbeit bei einer Metallbau Firma absolviert. Der Beschwerdeführer habe bereits einen Deutschkurs auf A2 Niveau absolviert und bereite sich für die Prüfung auf B 1 Niveau vor. Neben seiner Tätigkeit als Fußballspieler habe er keine Schule besucht, sei nicht in einem Verein tätig gewesen und gehe keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Der Beschwerdeführer sei noch nie von einer gerichtlichen Untersuchung als Zeuge oder Opfer oder einer einstweiligen Verfügung in Österreich betroffen gewesen und er habe kein Interesse an einer freiwilligen Ausreise.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom Beschwerdeführer eine Teilnehmerbestätigung eines Handwerkerbasiskurses für Asylwerber vom 17.10. bis 19.10. 2016, eine Teilnahmebestätigung vom 10.08.2016 bezüglich des absolvierten Kurses "Österreichisches Staatsrecht für junge Flüchtlinge", eine Teilnahmebestätigung vom 10.07.2017 ein Fußballturnier betreffend sowie eine Urkunde vom 28.06.2017, wonach sich der Beschwerdeführer an einem Schulprojekt beteiligt habe, eine Vereinbarung vom 27.03.2017 bezüglich der Ausführung von Hilfstätigkeiten mit einem Lohn von 5 Euro pro Stunde und zwei Zertifikate vom 17.10.2016 und vom 31.03.2017, wonach der Beschwerdeführer Deutschprüfungen auf Niveau A1 und Niveau A2 bestanden habe.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß §§ 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung oder Bedrohung geltend machen konnte. Der Beschwerdeführer habe widersprüchliche Angaben in Bezug auf seine Rekrutierung gemacht, da er in seiner Ersteinvernahme angegeben habe, dass ihm die Regierung gesagt habe, dass er kämpfen müsse und zu diesem Zweck auch eingeschult worden sei. Hierauf bezogen sei festzuhalten, dass es in Afghanistan keine Wehrpflicht gibt. Der Beschwerdeführer habe mit diesem Widerspruch konfrontiert hierzu ausgeführt, dass er nicht bereits ausgebildet worden sei, sondern die Leute ihn ausbilden hätten wollen. Auch habe er im Rahmen der Erstbefragung angegeben, dass er von der Regierung rekrutiert worden sei, vor der belangten Behörde habe er jedoch angegeben, dass er von einem Stamm rekrutiert worden sei. Auf Vorhalt dieses Widerspruchs habe der Beschwerdeführer nur entgegnet, dass er nicht wisse, ob dieser Stamm mit der Regierung oder den Taliban zusammenarbeite. Da auch diese Angabe den Ausführungen der Erstbefragungen widerspreche, erwiderte der Beschwerdeführer nach Vorhalt dieses Widerspruches, dass der Stamm immer gesagt habe, dass die Ausbildung dem Kampf gegen die Taliban diene. Es erscheine der Behörde unplausibel, dass der Beschwerdeführer trotz Mächtigkeit des Stammes nicht wisse, ob dieser mit der Regierung zusammenarbeite. Es werde auch angemerkt, dass ausschließlich sein Vater und nicht der Beschwerdeführer persönlich vom Stamm angesprochen worden sei und der Beschwerdeführer zudem nicht benennen habe können, wer von diesem Stamm zu seinem Vater gekommen sei. Der Behörde erscheine weiters unplausibel, dass der Familie des Beschwerdeführers neben der Wegnahme ihrer Tiere nichts passiert sei, obwohl sie Probleme mit dem Stamm bekommen hätten. Aufgrund des persönlichen Eindruckes seien begründete Zweifel angebracht gewesen, ob der Beschwerdeführer überhaupt in Afghanistan aufgewachsen sei, da der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung auf Farsi einvernommen worden sei. Nach Vorhalt dieser Tatsache habe er angegeben, dass seine Mutter im Iran aufgewachsen sei und er daher auch Farsi sprechen könne. Auch habe er die Kosten der Reise nach Europa in der iranischen Währung angegeben, da ihm dies angeblich sein Onkel so gesagt habe. Der Beschwerdeführer habe zudem gefragt, woher die Behörde wissen würde, dass er im Iran aufgewachsen sei und habe zudem im Rahmen seiner Einvernahme auf mangelnde Anknüpfungspunkte in Afghanistan und die Landessprache Paschtu hingewiesen.

5. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, (in der Folge: AVG) vom 27.12.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

6. Gegen den oben genannten Bescheid richtet sich die im Wege seiner Rechtsvertretung am 31.01.2018 erhobene Beschwerde, welche fristgerecht beim BFA einlangte. In dieser wird u.a. ausgeführt, dass die Behörde dem Vorbringen des Beschwerdeführers unter anderem die Glaubwürdigkeit abspreche, weil er keine Details nennen habe können. Dabei lasse es die Behörde vermissen, sein junges Alter ausreichend zu würdigen. Zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme und versuchten Rekrutierung sei der Beschwerdeführer noch minderjährig gewesen und es sei daher verständlich, dass sich der Beschwerdeführer gewisse Dinge nicht merken habe können. Vor dem Hintergrund der in Afghanistan herrschenden patriarchalischen Verhältnisse sei es plausibel, dass ihn der XXXX Stamm nicht direkt angesprochen habe, sondern sich an seinen Vater als Oberhaupt der Familie gewandt habe. Die Behörde negiere zu Recht das Bestehen einer allgemeinen Wehrpflicht in Afghanistan, in der Beweiswürdigung lasse sie jedoch außer Acht, dass lokal mächtige Gruppierungen-wie der XXXX Stamm-sehr wohl Männer dazu zwingen würden, die Waffe für deren Sache zu ergreifen. Diesen Gruppierungen sei das Bestehen oder Nicht-Bestehen einer Wehrpflicht egal. Der Beschwerdeführer sei mit seiner Familie in Afghanistan aufgewachsen, was die Behörde fälschlicherweise ohne triftige Gründe infrage stelle. Die Antwort "Woher wissen Sie das?" sei dahingehend zu verstehen gewesen, zu hinterfragen, wie die Behörde auf diesen Vorwurf gekommen sei und keine Bestätigung, dass der Beschwerdeführer tatsächlich im Iran aufgewachsen sei. Jedenfalls hätte die Behörde dem Beschwerdeführer subsidiären Schutz gewährleisten müssen, da sie selbst anerkenne, dass der Beschwerdeführer keine (aktiven) verwandtschaftlichen Kontakte in Afghanistan mehr habe und seine gesamte Familie im Iran lebe. Es gebe also kein soziales Netz, welches ihm im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan auffangen würde. Entgegen der Einschätzung der Behörde sei es keinesfalls sicher, dass er in Afghanistan für sich selbst sorgen könne. Abschließend wolle der Beschwerdeführer noch auf seine gute Integration und seine Bemühung, die deutsche Sprache schnellstmöglich zu erlernen, hinweisen, da er sich bereits auf die B1 Prüfung vorbereite.

7. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.02.2018 vom BFA vorgelegt.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 26.06.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Farsi und Dari und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen persönlichen Umständen und seinen Fluchtgründen befragt wurde. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hat an der Verhandlung nicht teilgenommen; die Verhandlungsschrift wurde der Erstbehörde übermittelt. Mit dem Beschwerdeführer wurden die Situation aufgrund der vorliegenden Länderfeststellungen besprochen und diesem ausführlich Gelegenheit eingeräumt hierzu Stellung zu nehmen. Ebenso wurden im Zuge der Verhandlung vor dem BVwG mit dem Beschwerdeführer seiner Befürchtungen in Bezug auf die Rückkehr, bzw. seine in Österreich gesetzten integrativen Schritte, sowie seine Zukunftserwartungen besprochen. Der Beschwerdeführer führte bei der Verhandlung vor dem BVwG befragt zu den Gründen für die Erhebung der Beschwerde zusammenfassend aus, dass es für junge Menschen wie den BF in Afghanistan schwer wäre zu überleben. In jeder Ecke stecke eine Gefahr. Wenn er heiraten wolle, so würde es dort keine Möglichkeit hierzu geben. Es gäbe auch keine Möglichkeit einen Job zu finden, bzw. könnte es insgesamt gefährlich für ihn werden. Es wäre für ihn jetzt nicht mehr möglich in Afghanistan zu leben, da sich seit 2016 auch seine Familie nicht mehr dort aufhalten würde. Die Familie würde sich im Iran aufhalten. Er hätte bereits mit seinem Vater auf Baustellen gearbeitet. Kabul kenne er nicht, da er sich nur in Daikundi aufgehalten hätte. Er hätte zunächst auch gar nicht nach Europa kommen wollen. Zunächst wäre er in den Iran gegangen um sich etwas Kleines aufzubauen, bzw. einen Job zu finden. In dieser Zeit wären jedoch die Wege frei nach Europa gewesen. Der Onkel väterlicherseits wäre der Meinung gewesen, dass es besser wäre nach Europa zu gehen. Dies wäre der Grund gewesen. Auf die aktuelle Situation in Afghanistan hingewiesen, führte der BF aus, dass dies zwar stimmen würde; es würde jedoch mindestens 20 bis 30 Jahre dauern. Jetzt wäre die Situation noch nicht sicher. Es gäbe immer wieder Selbstmordanschläge und er könne Afghanistan nicht als sicher bezeichnen. Auch die Zivilbevölkerung wäre von Bedrohungen betroffen. Befragt ob der BF über Informationen verfügen würde, die eine ihn konkret und unmittelbar betreffende Gefährdung indizieren könnten führte der BF aus, das es dort schwer wäre. Wenn sich jemand in die Luft sprengen würde, dann würde es keinen Unterschied machen ob es Zivilisten oder auch Gegner treffen würde. Er hätte telefonischen Kontakt mit einem rückgekehrten Freund in Afghanistan gehabt. Dieser hätte ihn unter Tränen berichtet, dass es für Europarückkehrer ein schweres Leben dort sei. Unter Umständen könne er dort auch getötet werden. Er hätte weder in Daikundi noch in Kabul irgend jemanden. Deswegen wäre es auch noch schwieriger für ihn dort zu überleben. Außerdem würde er wieder der Gefahr einer Bedrohung durch die XXXX unterliegen. In Folge führte der BF die Ausführungen vor dem BFA betreffend die Bedrohungen hinsichtlich der XXXX zur Kenntnis gebracht aus, dass er hierzu nichts mehr ergänzend wolle, bzw. dass dies alle Fluchtgründe wären. Die XXXX würden alle Personen, die über 16 Jahren wären rekrutieren. Zur Kenntnis gebracht, dass das der BF selbst angegeben hätte, dass er aus Daikundi stammen würde und Daikundi den vorliegenden Länderinformationen zufolge eine der sichersten Provinzen in Afghanistan wäre und es daher nicht nachvollziehbar wäre, warum die XXXX gerade in dieser Provinz Jugendliche zwangsrekrutieren sollten, führte der BF aus, dass diese nicht gesagt hätten, dass sie zwangsrekrutiert werden würden. Diese hätten propagiert, dass die Leute ausgebildet werden würden, dass sie ihre Orte und Bezirke verteidigen. In vielen Fällen wären die Leute dann nach Pakistan geschickt worden um dort ausgebildet zu werden für diese zu kämpfen. Es hätte sonst keinen Sinn gemacht so viel Geld auszugeben. Wenn er selbst nach Pakistan gegangen wäre, wisse er nicht, ob er je wieder nach Afghanistan zurückgekehrt wäre. Den BF darauf hingewiesen, dass dieser vor dem BFA insbesondere Ausführungen betreffend einer Zwangsrekrutierung durch die XXXXzu Protokoll gegeben habe, führte der BF aus, dass er dies auch jetzt so nicht gesagt hätte, dass er zu 100% nach Pakistan gehen hätte müssen. Dies wäre jedoch eine Möglichkeit gewesen. Er hätte auch woandershin zur Ausbildung geschickt werden können. Der Beschwerdeführer räumte nachgefragt ein, dass es sich hierbei um Vermutungen handeln würde, da diese (die XXXX) ihnen nicht die Wahrheit sagen würden. Selbst wäre er nie von den XXXX kontaktiert worden, bzw. wäre ausschließlich sein Vater angesprochen worden. Darauf hingewiesen, dass es in Afghanistan keine allgemeine Wehrpflicht geben würde, führte der BF aus, dass dies stimmen würde, es jedoch so wäre, dass wenn man als Mensch keinen anderen Job finden würde um zu überleben, man auch diesen Job als Soldat annehmen müsse. Dann könne die Gefahr bestehen. Die Schleppung hätte rund 11 Millionen Toman gekostet. Darauf hingewiesen, dass es sich hierbei für afghanische Verhältnisse es sich um sehr viel Geld handeln würde, bzw. es mit diesem Geld möglich gewesen wäre, sich in Afghanistan auch in den großen Städten eine erste Lebensgrundlage zu sichern, führte der BF aus, dass es in Afghanistan keine Infrastruktur geben würde, bzw. es sich hierbei nicht um so viel Geld handeln würde, bzw. er nicht wisse, was er tun solle, wenn das Geld zu Ende wäre. Auch bestehe in den Großen Städten die Gefahr sexuell gefährdet zu werden, bzw. drogenabhängig zu werden. So ein Betrag an Geldes würde sehr schnell zu Ende gehen. Befragt zu integrativen Anstrengungen führte der BF aus, dass er einen B1 Kurs besucht habe, jedoch die Prüfung nicht bestanden habe. Er werde wieder zur Prüfung antreten. Zurzeit würde er Fußball spielen. Er wäre noch nicht Mitglied in einem Verein, würde jedoch bald eine Mitgliederkarte erhalten. Seinen Lebensunterhalt würde er aus Mitteln der Grundversorgung bestreiten. In Österreich hätte er bisher rund 2 Monate in einer Schokoladenfabrik gearbeitet. Er hätte in Österreich viele Freunde, führe jedoch keine Beziehung. Er wolle in Österreich auf jeden Fall arbeiten. Er würde sehr gerne als Fotograf arbeiten. Von der Vertretung abschließend befragt, ob der BF Personen kennen würde, die von den XXXX rekrutiert worden wären, führte der BF aus, dass er gehört hätte, dass die Leute, die von diesen rekrutiert worden wären nie mehr zurückgekommen wären. Man hätte den Familien gesagt, dass diese geflüchtet, bzw. in den Iran gefahren wären. Er wäre sich jedoch sicher, dass es sich hierbei um eine Lüge handeln würde, bzw. dass diese Leute zu 100% getötet worden wären. Er hätte drei Jahre eine Schule besucht; hierbei hätte es sich jedoch nicht um eine stattliche Schule gehandelt, sondern um eine Moschee. Er hätte gegenwärtig nicht sehr viel Kontakt mit seinen Eltern im Iran. Diese würden sehr hart arbeiten und hätten daher nicht sehr viel Zeit für ein Gespräch. In den vergangenen Monaten wäre es nur zwei Mal zu einem Kontakt gekommen.

Mit Schreiben vom 28.06.2018 langte eine Stellungnahme der Vertretung ein. In dieser wird zusammenfassend ausgeführt, dass betreffend des BF nicht die Möglichkeit einer innerstattlichen Fluchtalternative bestehen würde. Die Sicherheitslage in Afghanistan wäre weiterhin höchst volatil. Auch Kabul werde fast täglich von Attentaten erschüttert. Auf diesbezügliche Berichte vom 23.05.2018 von ACCORD, als auch auf einen Bericht von UNAMA, sowie von AI vom Feb. 2018 wäre zu verweisen. Auch wäre in anderen EU Mitgliedsstaaten Antragstellern mit Verweis auf diese Berichte subsidiärer Schutz gewährt worden. Ebenso wäre auf einen Bericht von Frederike Stahlmann hinzuweisen. Eine Rückkehr nach Kabul, Marsar - e Sharif oder Herat würde für den BF damit eine Verletzung seiner durch Art. 2 und 3 EMRK garantierten Rechte darstellen. Der afghanische Staat wäre nicht in der Lage für Rückkehrer Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Außerdem würde es für 77% unter diesen keine Erwerbssicherheit geben, bzw. würde die allgemeine Arbeitslosenrate 40% betragen. 100.000 afghanische Flüchtlinge in Pakistan wären aufgefordert worden in ihre Heimat zurückzukehren. Dies hätte die Lage betreffend der Sicherheitslage, bzw. der Versorgung mit Wohnraum und Nahrungsmitteln insbesondere für Personen die auf keinen familiären Rückhalt zurückgreifen können noch weiter verschlechtert. Beim Beschwerdeführer würde es sich zwar um einen arbeitsfähigen jungen Mann handeln. Dieser würde jedoch nur über geringe Berufserfahrung, bzw. Schulbildung verfügen. Er wäre bei einer Rückkehr auf sich alleine gestellt und gezwungen sich einen Wohnraum zu suchen, jedoch ohne die notwendigen Kenntnisse betreffend der örtlichen infrastrukturellen Gegebenheiten zu verfügen. Seine Familie würde sich seit 2016 im Iran aufhalten und hätte keine Möglichkeiten ihn zu unterstützen. Somit würde er bei einer Rückkehr aufgrund der fehlenden Unterstützung und der prekären wirtschaftlichen Lage für Rückkehrer in die Armut abrutschen. Eine Rückkehr nach Afghanistan würde somit eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen. Eine IFA bestehe für den BF in Afghanistan nicht. Es müsse daher zu dem Schluss gekommen werden, dass dem BF internationaler Schutz zu gewähren wäre.

Mit Schreiben vom 17.08.2018 wurde das BVwG seitens der LPD Salzburg über eine Meldung betreffend eine Amtshandlung gegen einen Fremden aufgrund einer Anzeige wegen des Vergehens des §127 und §§15 iVm §127 StGB verständigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in Daikundi geboren. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, schiitischer Moslem und gehört der Volksgruppe der Tadschiken an. Der Beschwerdeführer beherrscht die Sprachen Dari und Farsi. Er besuchte 3 Jahre die Schule und arbeitete anschließend mit seinem Vater in der Landwirtschaft. Die Familie des Beschwerdeführers (Eltern, Geschwister und 2 Onkel) lebt derzeit im Iran. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Familie in telefonischen Kontakt.

Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse besucht und hat bereits Prüfungen auf dem Niveau A1 und A2 Niveau absolviert. Er ist strafrechtlich unbescholten, jung, gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer verrichtete temporäre Hilfstätigkeiten in einem Bauhof einer Gemeinde, bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwandten und keine sonstigen engen sozialen Bindungen, er hat in Österreich hauptsächlich afghanische Freunde. Des Weiteren spielt der Beschwerdeführer regelmäßig Fußball und hat im Bundesgebiet sowohl einen Handwerkerbasiskurs sowie den Kurs "Österreichisches Staatsrecht für junge Flüchtlinge" absolviert.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter.

Das Vorliegen eines besonders zu berücksichtigenden Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnisses zu Personen im Bundesgebiet, bzw. das Bestehen von besonderen Gründen die für ein Verbleiben der beschwerdeführenden Partei im Bundesgebiet sprechen sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

1.2 Zu den vorgebrachten Fluchtgründen:

Es kann nicht festgestellt werden und der Beschwerdeführer hat insgesamt glaubhaft nicht dargetan, dass dieser seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor einer ihm treffenden konkreten individuellen Verfolgung aus asylrelevanten Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat.

Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Schiiten oder zur Volksgruppe der Tadschiken Verfolgung in Afghanistan droht.

Es kann weiters nicht festgestellt werden und es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer bei einer allfälligen Rückkehr nach Kabul, Herat und Mazar-e Sharif mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer ihn konkret betreffenden asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein würde, bzw. in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

Der Beschwerdeführer leidet gegenwärtig nicht unter akut lebensbedrohlich schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen und befindet sich nicht in einer durchgehenden stationären Behandlung.

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Im Bundesgebiet verfügt er über keinerlei Familienangehörige und hat keine sonstigen intensiven sozialen Kontakte. Das Vorliegen eines besonders zu berücksichtigenden Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnisses zu Personen im Bundesgebiet ist nicht dargelegt worden.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen arbeitsfähigen Mann dem eine grundsätzliche Teilnahme am Erwerbsleben zuzumuten ist.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Niederlassung insbesondere in der Stadt Kabul, besteht für den Beschwerdeführer als jungen arbeitsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation, bzw. läuft dieser dort auch nicht in Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung im September 2015 durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Der Beschwerdeführer bestreitet seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus Mitteln der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer hat an mehreren Kursen (insb. Deutschkursen) teilgenommen und hat bisher rund 2 Monate in Österreich geringfügig gearbeitet. Der BF hat in Österreich Deutschkurse besucht und Zertifikate über eine abgelegte Prüfung auf dem Niveau A1 vorgelegt. Er verfügt in Österreich über keine Verwandten und keine sonstigen engen familienähnlichen Bindungen. Das Vorliegen einer insgesamt besonders berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich kann in casu nicht festgestellt werden.

Das BFA hat ein insgesamt mängelfreies Verfahren durchgeführt. Die belangte Behörde ist im gegenständlichen Verfahren ihrer Ermittlungspflicht durch die Vornahme einer detaillierten Befragung nachgekommen und dem angefochtenen Bescheid ist ein im vorliegenden Verwaltungsakt dokumentiert umfassendes Ermittlungsverfahren vorangegangen. Der Sachverhalt wurde unter schlüssiger Beweiswürdigung des Bundesamtes festgestellt und rechtlich korrekt durch das BFA gewürdigt.

In der Beschwerde, als auch in der Verhandlung vor dem BVwG und in den Stellungnahmen konnten glaubhaft keine wesentlichen, bzw. verfahrensrelevant neuen Sachverhaltselemente glaubhaft bzw. substantiiert begründet dargelegt werden, welche geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffenen Entscheidungen grundlegend in Frage zu stellen. Für die in der Beschwerde und den in der Stellungnahme gestellten Anträge ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte.

Das Bestehen von besonderen Gründen die für ein Verbleiben der beschwerdeführenden Partei im Bundesgebiet sprechen sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil; die Regierung und die Taliban wechselten sich während des Berichtszeitraumes bei Kontrolle mehrerer Distriktzentren ab - auf beiden Seiten waren Opfer zu beklagen (UN GASC 21.9.2017). Der Konflikt in Afghanistan ist gekennzeichnet von zermürbenden Guerilla-Angriffen, sporadischen bewaffneten Zusammenstößen und gelegentlichen Versuchen Ballungszentren zu überrennen. Mehrere Provinzhauptstädte sind nach wie vor in der Hand der Regierung; dies aber auch nur aufgrund der Unterstützung durch US-amerikanische Luftangriffe. Dennoch gelingt es den Regierungskräften kleine Erfolge zu verbuchen, indem sie mit unkonventionellen Methoden zurückschlagen (The Guardian 3.8.2017).

Der afghanische Präsident Ghani hat mehrere Schritte unternommen, um die herausfordernde Sicherheitssituation in den Griff zu bekommen. So hielt er sein Versprechen den Sicherheitssektor zu reformieren, indem er korrupte oder inkompetente Minister im Innen- und Verteidigungsministerium feuerte, bzw. diese selbst zurücktraten; die afghanische Regierung begann den strategischen 4-Jahres Sicherheitsplan für die ANDSF umzusetzen (dabei sollen die Fähigkeiten der ANDSF gesteigert werden, größere Bevölkerungszentren zu halten); im Rahmen des Sicherheitsplanes sollen Anreize geschaffen werden, um die Taliban mit der afghanischen Regierung zu versöhnen; Präsident Ghani bewilligte die Erweiterung bilateraler Beziehungen zu Pakistan, so werden unter anderen gemeinsamen Anti-Terror Operationen durchgeführt werden (SIGAR 31.7.2017).

Zwar endete die Kampfmission der US-Amerikaner gegen die Taliban bereits im Jahr 2014, dennoch werden, laut US-amerikanischem Verteidigungsminister, aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage 3.000 weitere Soldaten nach Afghanistan geschickt. Nach wie vor sind über 8.000 US-amerikanische Spezialkräfte in Afghanistan, um die afghanischen Truppen zu unterstützen (BBC 18.9.2017).

Sicherheitsrelevante Vorfälle

In den ersten acht Monaten wurden insgesamt 16.290 sicherheitsrelevante Vorfälle von den Vereinten Nationen (UN) registriert; in ihrem Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) für das dritte Quartal, wurden 5.532 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. Laut UN haben sich bewaffnete Zusammenstöße um 5%

erhöht und machen nach wie vor 64% aller registrierten Vorfälle aus. 2017 gab es wieder mehr lange bewaffnete Zusammenstöße zwischen Regierung und regierungsfeindlichen Gruppierungen. Im Gegensatz zum Vergleichszeitraums des Jahres 2016, verzeichnen die UN einen Rückgang von 3% bei Anschlägen mit Sprengfallen [IEDs - improvised explosive device], Selbstmordangriffen, Ermordungen und Entführungen - nichtsdestotrotz waren sie Hauptursache für zivile Opfer. Die östliche Region verzeichnete die höchste Anzahl von Vorfällen, gefolgt von der südlichen Region (UN GASC 21.9.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan von 1.1.-31.8.2017 19.636 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Stand: 31.8.2017) (INSO o.D.).

(Grafik: Staatendokumentation gemäß Daten aus INSO o.D.)

Zivilist/innen

Landesweit war der bewaffnete Konflikt weiterhin Ursache für Verluste in der afghanischen Zivilbevölkerung. Zwischen dem 1.1. und 30.6.2017 registrierte die UNAMA 5.243 zivile Opfer (1.662 Tote und 3.581 Verletzte). Dies bedeutet insgesamt einen Rückgang bei zivilen Opfern von fast einem 1% gegenüber dem Vorjahreswert. Dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan fielen zwischen 1.1.2009 und 30.6.2017 insgesamt 26.512 Zivilist/innen zum Opfer, während in diesem Zeitraum 48.931 verletzt wurden (UNAMA 7.2017).

Im ersten Halbjahr 2017 war ein Rückgang ziviler Opfer bei Bodenoffensiven zu verzeichnen, während sich die Zahl ziviler Opfer aufgrund von IEDs erhöht hat (UNAMA 7.2017).

Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte), resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente. Nach der Hauptstadt Kabul verzeichneten die folgenden Provinzen die höchste Zahl ziviler Opfer: Helmand, Kandahar, Nangarhar, Uruzgan, Faryab, Herat, Laghman, Kunduz und Farah. Im ersten Halbjahr 2017 erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer in 15 von Afghanistans 34 Provinzen (UNAMA 7.2017)

(UNAMA 7.2017)

High-profile Angriffe:

Der US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR), verzeichnete in seinem Bericht für das zweite Quartal des Jahres 2017 mehrere high-profil Angriffe; der Großteil dieser fiel in den Zeitraum des Ramadan (Ende Mai bis Ende Juni). Einige extremistische Organisationen, inklusive dem Islamischen Staat, behaupten dass Kämpfer, die während des Ramadan den Feind töten, bessere Muslime wären (SIGAR 31.7.2017).

Im Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) wurden von den Vereinten Nationen folgende High-profile Angriffe verzeichnet:

Ein Angriff auf die schiitische Moschee in der Stadt Herat, bei dem mehr als 90 Personen getötet wurden (UN GASC 21.9.2017; vgl.: BBC 2.8.2017). Zu diesem Attentat bekannte sich der ISIL-KP (BBC 2.8.2017). Taliban und selbsternannte ISIL-KP Anhänger verübten einen Angriff auf die Mirza Olang Region im Distrikt Sayyad in der Provinz Sar-e Pul; dabei kam es zu Zusammenstößen mit regierungsfreundlichen Milizen. Im Zuge dieser Kämpfe, die von 3.-5.August anhielten, wurden mindestens 36 Menschen getötet (UN GASC 21.9.2017). In . Kabul wurde Ende August eine weitere schiitische Moschee angegriffen, dabei wurden mindestens 28 Zivilist/innen getötet; auch hierzu bekannte sich der ISIL-KP (UN GASC 21.9.2017; vgl.: NYT 25.8.2017).

Manche high-profile Angriffe waren gezielt gegen Mitarbeiter/innen der ANDSF und afghanischen Regierungsbeamte gerichtet; Zivilist/innen in stark bevölkerten Gebieten waren am stärksten von Angriffen dieser Art betroffen (SIGAR 31.7.2017).

"Green Zone" in Kabul

Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017).

Eine Erweiterung der sogenannten Green Zone ist geplant; damit wird Verbündeten der NATO und der US-Amerikaner ermöglicht, auch weiterhin in der Hauptstadt Kabul zu bleiben ohne dabei Risiken ausgesetzt zu sein. Kabul City Compound - auch bekannt als das ehemalige Hauptquartier der amerikanischen Spezialkräfte, wird sich ebenso innerhalb der Green Zone befinden. Die Zone soll hinkünftig vom Rest der Stadt getrennt sein, indem ein Netzwerk an Kontrollpunkten durch Polizei, Militär und privaten Sicherheitsfirmen geschaffen wird. Die Erweiterung ist ein großes öffentliches Projekt, das in den nächsten zwei Jahren das Zentrum der Stadt umgestalten soll; auch sollen fast alle westlichen Botschaften, wichtige Ministerien, sowie das Hauptquartier der NATO und des US-amerikanischen Militärs in dieser geschützten Zone sein. Derzeit pendeln tagtäglich tausende Afghaninnen und Afghanen durch diese Zone zu Schulen und Arbeitsplätzen (NYT 16.9.2017).

Nach einer Reihe von Selbstmordattentaten, die hunderte Opfer gefordert haben, erhöhte die afghanische Regierung die Sicherheit in der zentralen Region der Hauptstadt Kabul - dieser Bereich ist Sitz ausländischer Botschaften und Regierungsgebäude. Die Sicherheit in diesem diplomatischen Bereich ist höchste Priorität, da, laut amtierenden Polizeichef von Kabul, das größte Bedrohungsniveau in dieser Gegend verortet ist und eine bessere Sicherheit benötigt wird. Die neuen Maßnahmen sehen 27 neue Kontrollpunkte vor, die an 42 Straßen errichtet werden. Eingesetzt werden mobile Röntgengeräte, Spürhunde und Sicherheitskameras. Außerdem werden 9 weitere Straßen teilweise gesperrt, während die restlichen sechs Straßen für Autos ganz gesperrt werden. 1.200 Polizist/innen werden in diesem Bereich den Dienst verrichten, inklusive spezieller Patrouillen auf Motorrädern. Diese Maßnahmen sollen in den nächsten sechs Monaten schrittweise umgesetzt werden (Reuters 6.8.2017).

Eine erweiterter Bereich, die sogenannte "Blue Zone" soll ebenso errichtet werden, die den Großteil des Stadtzentrums beinhalten soll - in diesem Bereich werden strenge Bewegungseinschränkungen, speziell für Lastwagen, gelten. Lastwagen werden an einem speziellen externen Kontrollpunkt untersucht. Um in die Zone zu gelangen, müssen sie über die Hauptstraße (die auch zum Flughafen führt) zufahren (BBC 6.8.2017; vgl. Reuters 6.8.2017).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Die Stärkung der ANDSF ist ein Hauptziel der Wiederaufbaubemühungen der USA in Afghanistan, damit diese selbst für Sicherheit sorgen können (SIGAR 20.6.2017). Die Stärke der afghanischen Nationalarmee (Afghan National Army - ANA) und der afghanischen Nationalpolizei (Afghan National Police - ANP), sowie die Leistungsbereitschaft der Einheiten, ist leicht gestiegen (SIGAR 31.7.2017).

Die ANDSF wehrten Angriffe der Taliban auf Schlüsseldistrikte und große Bevölkerungszentren ab. Luftangriffe der Koalitionskräfte trugen wesentlich zum Erfolg der ANDSF bei. Im Berichtszeitraum von SIGAR verdoppelte sich die Zahl der Luftangriffe gegenüber dem Vergleichswert für 2016 (SIGAR 31.7.2017).

Die Polizei wird oftmals von abgelegen Kontrollpunkten abgezogen und in andere Einsatzgebiete entsendet, wodurch die afghanische Polizei militarisiert wird und seltener für tatsächliche Polizeiarbeit eingesetzt wird. Dies erschwert es, die Loyalität der Bevölkerung zu gewinnen. Die internationalen Truppen sind stark auf die Hilfe der einheimischen Polizei und Truppen angewiesen (The Guardian 3.8.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Taliban

Die Taliban waren landesweit handlungsfähig und zwangen damit die Regierung erhebliche Ressourcen einzusetzen, um den Status Quo zu erhalten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive im April, haben die Taliban - im Gegensatz zum Jahr 2016 - keine größeren Versuche unternommen Provinzhauptstädte einzunehmen. Nichtsdestotrotz, gelang es den Taliban zumindest temporär einige Distriktzentren zu überrennen und zu halten; dazu zählen der Distrikt Taywara in der westlichen Provinz Ghor, die Distrikte Kohistan und Ghormach in der nördlichen Provinz Faryab und der Distrikt Jani Khel in der östlichen Provinz Paktia. Im Nordosten übten die Taliban intensiven Druck auf mehrere Distrikte entlang des Autobahnabschnittes Maimana-Andkhoy in der Provinz Faryab aus; die betroffenen Distrikte waren: Qaramol, Dawlat Abad, Shirin Tagab und Khwajah Sabz Posh. .

Im Süden verstärkten die Taliban ihre Angriffe auf Distrikte, die an die Provinzhauptstädte von Kandahar und Helmand angrenzten (UN GASC 21.9.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Die Operationen des ISIL-KP in Afghanistan sind weiterhin auf die östliche Region Afghanistans beschränkt - nichtsdestotrotz bekannte sich die Gruppierung landesweit zu acht nennenswerten Vorfällen, die im Berichtszeitraum von den UN registriert wurden. ISIL-KP verdichtete ihre Präsenz in der Provinz Kunar und setze ihre Operationen in Gegenden der Provinz Nangarhar fort, die von den ANDSF bereits geräumt worden waren. Angeblich wurden Aktivitäten des ISIL-KP in den nördlichen Provinzen Jawzjan und Sar-e Pul, und den westlichen Provinzen Herat und Ghor berichtet (UN GASC 21.9.2017).

Im sich zuspitzenden Kampf gegen den ISIL-KP können sowohl die ANDSF, als auch die Koalitionskräfte auf mehrere wichtige Erfolge im zweiten Quartal verweisen (SIGAR 31.7.2017): Im Juli wurde im Rahmen eines Luftangriffes in der Provinz Kunar der ISIL-KP-Emir, Abu Sayed, getötet. Im August wurden ein weiterer Emir des ISIL-KP, und drei hochrangige ISIL-KP-Führer durch einen Luftangriff getötet. Seit Juli 2016 wurden bereits drei Emire des ISIL-KP getötet (Reuters 13.8.2017); im April wurde Sheikh Abdul Hasib, gemeinsam mit 35 weiteren Kämpfern und anderen hochrangigen Führern in einer militärischen Operation in der Provinz Nangarhar getötet (WT 8.5.2017; vgl. SIGAR 31.7.2017). Ebenso in Nangarhar, wurde im Juni der ISIL-KP-Verantwortliche für mediale Produktionen, Jawad Khan, durch einen Luftangriff getötet (SIGAR 31.7.2017; vgl.: Tolonews 17.6.2017).

Politische Entwicklungen

Die Vereinten Nationen registrierten eine Stärkung der Nationalen Einheitsregierung. Präsident Ghani und CEO Abdullah einigten sich auf die Ernennung hochrangiger Posten - dies war in der Vergangenheit Grund für Streitigkeiten zwischen den beiden Führern gewesen (UN GASC 21.9.2017).

Die parlamentarische Bestätigung einiger war nach wie vor ausständig; derzeit üben daher einige Minister ihr Amt kommissarisch aus. Die unabhängige afghanische Wahlkommission (IEC) verlautbarte, dass die Parlaments- und Distriktratswahlen am 7. Juli 2018 abgehalten werden (UN GASC 21.9.2017).

Quellen: - BBC (18.9.2017): US sends 3,000 more troops to Afghanistan, http://www.bbc.com/news/world-us-canada-41314428, Zugriff 20.9.2017 - BBC (2.8.2017): Herat mosque blast: IS says it was behind Afghanistan attack,

http://www.bbc.com/news/world-asia-40802572, Zugriff 21.9.2017 - INSO - International NGO Safety Organisation (o.D.): Afghanistan - Total incidents per month for the current year to date, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan, Zugriff 19.9.2017 - INSO - The International NGO Safety Organisation (2017): Afghanistan - Gross Incident Rate, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan, Zugriff 19.9.2017 - NYT - The New York Times (16.9.2017): U.S. Expands Kabul Security Zone, Digging In for Next Decade, https://www.nytimes.com/2017/09/16/world/asia/kabul-green-zone-afghanistan.html?mcubz=3, Zugriff 20.9.2017 - NYT - The New York Times (25.8.2017): ISIS Claims Deadly Attack on Shiite Mosque in Afghanistan, https://www.nytimes.com/2017/08/25/world/asia/mosque-kabul-attack.html?mcubz=3, Zugriff 21.9.2017 - Reuters (13.8.2017): Senior Islamic State commanders killed in Afghanistan air strike: U.S. military, https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-airstrike/senior-islamic-state-commanders-killed-in-afghanistan-air-strike-u-s-military-idUSKCN1AT06J, Zugriff 19.9.2017

-

Reuters (6.8.2017): Kabul 'Green Zone' tightened after attacks in Afghan capital,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-security/kabul-green-zone-tightened-after-attacks-in-afghan-capital-idUSKBN1AM0K7, Zugriff 20.9.2017 - SIGAR - Special Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.7.2017): QUARTERLY REPORT TO THE

UNITED STATES CONGRESS,

https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2017-07-30qr.pdf, Zugriff 19.9.2017 - SIGAR - Special Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (20.6.2017): Afghan national army: dod may have spent up to $28 million more than needed to procure camouflage uniforms that may be inappropriate for the Afghan environment,

https://www.sigar.mil/pdf/special%20projects/SIGAR-17-48-SP.pdf, Zugriff 20.9.2017 - The Guardian (3.8.2017): The war America can't win: how the Taliban are regaining control in Afghanistan, https://www.theguardian.com/world/2017/aug/03/afghanistan-war-helmand-taliban-us-womens-rights-peace, Zugriff 19.9.2017 - Tolonews (17.6.2017): Daesh Media Leader Killed

In Nangarhar Air Strike,

http://www.tolonews.com/afghanistan/daesh-media-leader-killed-nangarhar-air-strike, Zugriff 19.9.2017 - UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan:

Afghanistan (7.2017): Protection of Civilians in Armed Conflict; Midyear Report 2017,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_midyear_report_2017_july_2017.pdf, Zugriff 20.9.2017 - UN GASC - General Assembly Security Council (21.9.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, as of September 15th 2017, https://unama.unmissions.org/report-secretary-general-situation-afghanistan-and-its-implications-international-peace-and-7, Zugriff 21.9.2017 - WT - The Washington Times (8.5.2017): Pentagon confirms Abdul Hasib, head of ISIS in Afghanistan, killed by U.S., Afghan special forces,

http://www.washingtontimes.com/news/2017/may/8/abdul-hasib-head-isis-afghanistan-killed-us-afghan/,

Zugriff 19.9.2017 KI vom 27.6.2017: Afghanische Flüchtlinge im Iran (betrifft: Abschnitt 23 Rückkehrer)

Aus gegebenem Anlass darf auf folgendes hingewiesen werden:

Informationen zur Situationen afghanischer Flüchtlinge im Iran können dem Länderinformationsblatt Iran entnommen werden (LIB Iran - Abschnitt 21/Flüchtlinge). Länderkundliche Informationen, die Afghanistan als Herkunftsstaat betreffen, sind auch weiterhin dem Länderinformationsblatt Afghanistan zu entnehmen. KI vom 22.6.2017:

Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q2.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:

improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten - gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (Stand: 31.5.2017) (INSO o.D.).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF - Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).

Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA - Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP - Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).

High-profile Angriffe:

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).

Hauptstadt Kabul

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

(The Guardian 31.5.2017) [Anm.: man beachte, dass die Opferzahlen in dieser Grafik, publiziert am Tag des Anschlags, noch überhöht angegeben wurden]

Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).

Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).

Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).

Herat

Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt (Reuters 6.6.2017; vgl. auch: TMN 7.6.2017). Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrrorgruppe bekannt (TMN 7.6.2017; vgl. auch: US News 12.6.2017). Sirajuddin Haqqani - stellvertretender Leiter der Taliban und Führer des Haqqani Netzwerkes - verlautbarte, die Taliban wären für diese Angriffe in Kabul und Herat nicht verantwortlich (WP 12.6.2017).

Mazar-e Sharif

Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer Soldat das Feuer auf seine Kameraden und verletzte mindestens acht Soldaten (sieben US-amerikanische und einen afghanischen) (RFE/RL 17.6.2017).

Die Anzahl solcher "Insider-Angriffe" [Anm.: auch green-on-blue attack genannt] hat sich in den letzten Monaten erhöht. Unklar ist, ob die Angreifer abtrünnige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte sind oder ob sie Eindringlinge sind, die Uniformen der afghanischen Armee tragen (RFE/RL 17.6.2017). Vor dem Vorfall im Camp Shaheen kam es dieses Jahr zu zwei weiteren registrierten Insider-Angriffen: der erste Vorfall dieses Jahres fand Mitte März auf einem Militärstützpunkt in Helmand statt: ein Offizier des afghanischen Militärs eröffnete das Feuer und verletzte drei US-amerikanische Soldaten (LWJ 11.6.2017; vgl. auch: al-Jazeera 11.6.2017).

Der zweite Vorfall fand am 10.6.2017 im Zuge einer militärischen Operation im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar statt, wo ein afghanischer Soldat drei US-amerikanische Soldaten tötete und einen weiteren verwundete; der Angreifer wurde bei diesem Vorfall ebenso getötet (BBC 10.6.21017; vgl. auch: LWJ 11.6.2017; DZ 11.6.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Afghanistan ist mit einer anhaltenden Bedrohung durch mehr als 20 aufständische Gruppen bzw. terroristische Netzwerke, die in der AfPak-Region operieren, konfrontiert; zu diesen Gruppierungen zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani Netzwerk, der Islamische Staat und al-Qaida (US DOD 6.2017).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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