Entscheidungsdatum
12.09.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W211 2205343-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a SIMMA LL.M. als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX , StA. Äthiopien, geboren am XXXX , auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX :
A) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom XXXX
.2018 wird zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom XXXX .2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 07.05.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), wies auch den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), erklärte die Abschiebung für zulässig (Spruchpunkt V.) und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt VI.).
Dieser Bescheid wurde am XXXX 2018 an der Zustelladresse der beschwerdeführenden Partei hinterlegt.
Am XXXX .2018 führte die Vertretung der beschwerdeführenden Partei in einer Stellungnahme an das Bundesamt aus, dass die Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX .2018 versehentlich an eine falsche Postleitzahl geschickt worden sei und daher irrtümlich dem Absender, der beschwerdeführenden Partei, zugestellt worden sei, die gedacht habe, es handle sich dabei um ihre Kopie der Beschwerde.
Mit Email vom XXXX .2018 wandte sich das Bundesamt an den Vertreter der beschwerdeführenden Partei und forderte sie auf, mit der Beschwerde einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einzubringen.
Daraufhin brachte der Vertreter der beschwerdeführenden Partei mit Schreiben vom XXXX .2018, eingelangt beim Bundesamt am selben Tag, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und eine Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX 2018 ein.
Mit Schreiben vom XXXX 2018 wurden dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und der Verwaltungsakt vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.
Weiter wird festgestellt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Behandlung des Antrags auf Wiedereinsetzung vom XXXX .2018 zuständig ist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind nicht strittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Der Verwaltungsgerichtshof führte mit Erkenntnis vom 28.09.2016 zu Ro 2016/16/0013, aus wie folgt (Hervorhebung nicht im Original):
"Eingangs ist festzuhalten, dass - entgegen den ErläutRV zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33, (2009 BlgNR 24. GP, 8) - bei Versäumen der Beschwerdefrist § 33 VwGVG für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die maßgebliche Bestimmung ist und nicht §§ 71, 72 AVG, insbesondere nicht § 71 Abs. 4 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (§ 17 VwGVG).
Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.
Nach Abs. 4 leg.cit. hat bis zur Vorlage der Beschwerde über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
Reisner in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte (2015), § 33 VwGVG, Rz 26, führt hiezu (unter Hinweis auf Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte (2014), Anm. 3 zu § 33) aus, die Formulierung des Gesetzes könnte eine verfassungswidrige Doppelzuständigkeit normieren, liege doch das Wahlrecht über die Vorlage der Beschwerde bei der belangten Behörde. Dieses Ergebnis könne nur vermieden werden, wenn die Verpflichtung zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung bei der Stelle bleibe, bei der er eingebracht worden sei. Diese Lösung vermeide auch eine Verkürzung des Rechtszuges.
Nach Eder/Martschin/Schmid, aaO, K 3 zu § 33 VwGVG, sei, um § 33 Abs. 4 erster Satz nicht wegen einer Alternativzuständigkeit verfassungswidrig erscheinen zu lassen, dieser systematisch mit Satz 2 zu lesen. Sie verweisen auf ihre Überlegungen zum im VwGG ähnlich gelagerten Problem im Verhältnis Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof und auf ihre Kommentierung zu § 30 VwGG (aaO unter K 2 zu § 30 VwGG), wo sie ausführen, es stelle sich die Frage, ob das Verwaltungsgericht durch Missachtung der ihm obliegenden Pflicht, unverzüglich über den Antrag zu entscheiden, durch Vorlage der Revision einen Übergang der Entscheidungspflicht an den Verwaltungsgerichtshof herbeiführen könne, zumal § 30a Abs. 3 VwGG von der Möglichkeit einer Zurückstellung nach § 30a Abs. 10 VwGG nicht erfasst sei. Dies werde aber schon im Hinblick auf das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf den gesetzlichen Richter sowie im Hinblick auf Art. 18 B-VG zu verneinen sein. Es sei daher davon auszugehen, dass es nicht im Belieben des Verwaltungsgerichtes stehe, selbst über den Antrag zu entscheiden oder die Entscheidungspflicht auf den Verwaltungsgerichtshof abzuwälzen. Als maßgeblich werde vielmehr anzusehen sein, ob der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung noch vor Vorlage der Revision gestellt worden sei oder erst danach. Sei der Antrag noch vor Vorlage der Revision gestellt worden, so bleibe demnach das Verwaltungsgericht für die Erledigung dieses Antrages zuständig, auch wenn die Revision dem Verwaltungsgerichtshof in einem Zeitpunkt vorgelegt werde, in dem über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung noch nicht entschieden worden sei.
Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung, Art. 18 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG verpflichte den Gesetzgeber zu einer präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit. Es verbiete sich daher offenbar eine Auslegung, die etwa den beteiligten Behörden die Wahl lasse, wer über die Wiedereinsetzung entscheide. Ob eine Vorschrift die erforderliche Bestimmtheit aufweise, hänge nicht zuletzt von den mit ihrer Auslegung verbundenen Folgen ab. Der mögliche unbeabsichtigte Verlust einer Instanz sei ein gewichtiger Gesichtspunkt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Juni 1994, G 20/94 u. a. = VfSlg. 13.816, betreffend § 63 Abs. 5 AVG idF BGBl. Nr. 357/1990).
Überträgt man alleine die Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes aus dem zitierten Erkenntnis vom 24. Juni 1994 auf die Auslegung der in Rede stehenden Bestimmung des § 33 Abs. 4 VwGVG, so verbietet sich eine Auslegung, die es der belangten Behörde überlassen würde, wer über die Wiedereinsetzung zu entscheiden hat. § 33 Abs. 4 VwGVG kann damit verfassungskonform nur die Bedeutung zugemessen werden, dass über Wiedereinsetzungsanträge, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde eingebracht werden, von dieser, und über jene, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, von jenem mit Beschluss zu entscheiden ist."
3.2. Gegenständlich wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am XXXX .2018, und damit vor der Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht am XXXX .2018, beim Bundesamt eingebracht, weshalb dieses über diesen Antrag zu entscheiden hat.
Daraus folgt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Entscheidung über den bei ihm eingebrachten und an ihn gerichteten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuständig ist.
Das Bundesverwaltungsgericht ist hingegen nicht zur Entscheidung zuständig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Im weiteren Verfahren hat also das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden (siehe erneut VwGH, 28.09.2016 zu Ro 2016/16/0013).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe insbesondere VwGH, 28.09.2016 zu Ro 2016/16/0013); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Antragszeitpunkt, Beschwerdevorlage, Rechtsanschauung des VfGH,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W211.2205343.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.11.2018