TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/20 W103 2202488-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.2018
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Entscheidungsdatum

20.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W103 2202488-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Äthiopien, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2018, Zl. 1131261609-170817250/BMI-BFA_SBG_AST_01, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005

idgF iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Äthiopiens, stellte am 11.07.2017 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor im Rahmen des Verfahrens nach der Dublin III-Verordnung aus der Schweiz nach Österreich überstellt worden war. Anlässlich seiner am 12.07.2017 durchgeführten Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu seiner Person an, er sei verheiratet, bekenne sich zum orthodoxen Christentum, habe acht Jahre die Grundschule und drei Jahre eine höhere Schule besucht, er habe eine Ausbildung zum Automechaniker absolviert und zuletzt als Mechaniker und Logistiker gearbeitet. Den Entschluss zur Ausreise habe er am 07.10.2016 gefasst und sei an diesem Datum auf dem Luftweg nach Österreich gereist. Der Beschwerdeführer sei legal unter Mitführung seines äthiopischen Reisepasses ausgereist, welchen er in der Schweiz vernichtet hätte. Er habe sich bis 12.10.2016 in Österreich aufgehalten, im Anschluss sei er nach Äthiopien zurückgekehrt, wo er bis 10.03.2017 aufhältig gewesen wäre. Am genannten Datum hätte er sich wiederum nach Österreich begeben, von wo aus er sich am 17.03.2017 in die Schweiz gereist wäre. Dort habe er sich bis 11.07.2017 aufgehalten, man habe ihm dort erklärt, dass Österreich für sein Asylverfahren zuständig wäre.

Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, er habe 2014 in XXXX gearbeitet. Als sein Reisepass abgelaufen wäre, habe er XXXX verlassen müssen, da man von ihm bei der äthiopischen Botschaft zu hohe Kosten für die Regierungsparteien in Äthiopien für die Verlängerung seines Reisepasses verlangt hätte. Bei seiner Ankunft zu Hause sei er von der Polizei am Flughaften abgeholt und inhaftiert worden. Er sei gefoltert worden und hätte nach Entlassung aus dem Krankenhaus gegen Bezahlung von 30.000,- Birr beschlossen, seine Heimat zu verlassen und in Österreich um internationalen Schutz anzusuchen. Weitere Gründe habe er nicht. Er befürchte, in seiner Heimat inhaftiert und verfolgt zu werden.

Am 15.01.2018 wurde der Beschwerdeführer im Beisein einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Amharisch/Tigrinya niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Der Beschwerdeführer gab eingangs an, sich psychisch und physisch zur Durchführung der Einvernahme in der Lage zu fühlen, gesund zu sein und keine Medikamente zu benötigen. Die weitere Befragung des Beschwerdeführers vernahm in ihren gegenständlich relevanten Teilen im Wesentlichen den folgenden Verlauf:

"(...) LA: Wie lange waren Sie in XXXXi?

VP: Seit 2012. 2014 bin ich dann nachXXXX zurückgekehrt.

LA: Was haben Sie in XXXX gemacht?

VP: Ich habe dort gearbeitet. Aber ich bin immer wieder zurück nach Äthiopien geflogen. Ich habe dort Textilien verkauft.

...

LA: Wurden Sie gefoltert?

VP: Ja.

LA: Sind Spuren zu sehen?

VP: Ja. Ich kann es Ihnen zeigen. Ich wurde gefesselt und mit einem Stromkabel geschlagen.

Anmerkung: AW zeigt zwei Narben oberhalb des linken Knies.

LA: Wann und wo ist das passiert?

VP: Am 07.10.2014 in XXXX. Als ich von DXXXX zurückgekommen bin.

LA: Wo genau inXXXX wurden Sie gefoltert?

VP: In "XXXX". Das ist ein Gefängnis (Anmerkung: AW schreibt den Namen des Gefängnisses auf einen Zettel)

..

LA: Stimmen die Angaben, die Sie bisher im Verfahren getätigt haben und wurde alles richtig protokolliert?

VP: Da stimmt was nicht. Der schulische Werdegang und meine Ausbildung.

LA: Haben Sie heute Dokumente mit, die Sie vorlegen wollen und in Ihrem Verfahren noch nicht vorgelegt haben?

VP: Ich lege heute vor:

-Volkshochschule Kursbestätigung Deutsch A1 Teil 1 (vom 18.09.2017 bis 07.11.2017)

-Remunerationstätigkeit für die Gemeinde .... (vom 12.01.2018)

-Medizinisches Schriftstück (vom 10.01.2018)

-Stellungnahme von Frau ..., Deutschlehrerin (vom 11.01.2018)

-Bestätigung von Frau ..., Sprachen Café (vom 12.01.2018)

LA: Haben Sie bereits eine Deutschprüfung abgeschlossen?

VP: Noch nicht. Ende Februar werde ich dann geprüft.

LA: Zur Bestätigung Ihrer Identität benötigen wir noch originale Dokumente wie Reisepass oder Personalausweis. Können Sie solche Dokumente vorlegen?

VP: Ich habe etwas mit, das kann ich abgeben.

Anmerkung: Asylwerber legt vor:

-Karte Mitgliedschaft XXXX

-Ausweis Bundesligaclub "St.XXXX"

LA: Hatten Sie diese Sachen immer schon bei sich?

VP: Ja.

...

LA: Wann wurde der Ausweis des Fanclubs ausgestellt bzw. wann haben Sie den Ausweis erhalten?

VP: Vor ca. einem Jahr in XXXX.

LA: Wann haben Sie das letzte Mal mit diesem Fanclub Zeit verbracht bzw. wann haben Sie das letzte Mal ein Fußballspiel in Äthiopien gesehen?

VP: Als Äthiopien das letzte Mal gegen Algerien gespielt hat. Das war ca. vor einem Jahr.

LA: Seit wann haben Sie den zweiten Ausweis?

VP: Den "XXXX" habe ich seit 2012. Aber er wurde erneuert in der Zwischenzeit.

LA: Wann wurde dieser Ausweis das letzte Mal erneuert?

VP: Auch vor ca. einem Jahr.

LA: Sie waren selbst im Stadion?

VP: Ja.

LA: Sie verfügten über einen Reisepass?

VP: Ja, ich hatte einen. Aber als ich in die Schweiz ging, habe ich den Reisepass weggeschmissen.

LA: War der Reisepass zu diesem Zeitpunkt noch gültig?

VP: Ja. Der Reisepass hat zu diesem Zeitpunkt noch funktioniert.

LA: Warum haben Sie den Reisepass weggeschmissen?

VP: Damit ich nicht nach Hause zurück geschickt werde.

LA: Warum haben Sie befürchtet, dass Sie zurück nach Äthiopien geschickt werde?

VP: Weil ich die Regeln nicht gekannt habe. In arabischen Ländern ist das auch so gewesen.

LA: Also sind Sie legal in Europa eingereist?

VP: Ja.

LA: Erzählen Sie mehr?

VP: Es war 2016. Ich habe ein Visum erhalten. Es gab damals eine Expo.

LA: Wo war diese Expo?

VP: In XXXX.

LA: Was mussten Sie tun um dieses Visum zu erhalten?

VP: Also was der Botschafter verlangt hat, habe ich abgegeben. Und auch meine Lizenz. Das war eine Lizenz, weil ich Kunststoffteile importiert habe. Ich hatte zwei, drei verschiedene Lizenzen.

LA: Mussten Sie für das Visum Geld bezahlen?

VP: 60 Euro. Ca. 1150 Birr.

LA: War ein Schlepper involviert?

VP: Nein.

LA: Hat es in Österreich jemanden gegeben, der Sie eingeladen hat?

VP: Nein.

LA: Sie sind 2016 nach Österreich gekommen und dann sind Sie wieder nach Äthiopien

VP: Ja.

LA: Was haben Sie vom 13.10.2016 bis zum 10.03.2017 in Äthiopien gemacht?

VP: Ich habe gearbeitet. Die Regierung hat den Ausnahmezustand verhängt. Mir wurden Fragen gestellt. Deswegen wurde ich auch 2014 misshandelt. Ich wurde gefragt was ich in Österreich gemacht habe.

LA: Was wurden Sie genau von der Polizei gefragt, als Sie von Österreich nach Äthiopien zurück kehrten?

VP: Sie haben behauptet, dass ich etwas mit einer Partei zu tun hatte. Es gibt dort keine Regeln.

LA: Erzählen Sie mehr von der Befragung?

VP: Ich wurde frei gelassen. Ich habe weiter gearbeitet. Ich wurde wieder festgenommen und geschlagen. Dann wurde ich wieder frei gelassen.

LA: Aber die Spuren der Folterungen stammen von 2014?

VP: Ja.

LA: Wie oft waren Sie inhaftiert in Äthiopien, zwischen den zwei Österreichaufenthalten?

VP: 7 Tage. Danach wurde ich oft festgenommen. Nach dem Regierung den Ausnahmezustand verhängt hat, war es einfach möglich, dass sie die Leute festnehmen.

LA: Von welchem Flughafen sind Sie nach Österreich gereist?

VP: XXXX.

LA: Gab es Probleme bei der Ausreise?

VP: Beim zweiten Mal ja.

LA: Erzählen Sie davon?

VP: Ich wusste ja, dass sie mich verhaften würden. Deswegen habe ich einiges bezahlen müssen.

LA: Wie viel mussten Sie bezahlen?

VP: 35000 Birr. Beim ersten Mal musste ich auch 30000 Birr bezahlen, damit ich frei komme.

LA: Besteht ein aufrechter Haftbefehl gegen Sie?

VP: Ja.

LA: Woher wissen Sie das?

VP: Die sind ja immer unterwegs gewesen. Die waren auch bei meiner Familie.

LA: Warum wird nach Ihnen gesucht?

VP: Ich unterstütze die "XXXX".

LA: Seit wann sind Sie Mitglied bei der "XXXX"?

VP: Seit 2012. Ich habe die Partei finanziell unterstützt.

LA: Haben Sie die Partei nur finanziell unterstützt oder waren Sie auch anderwärtig tätig?

VP: Nur finanziell.

LA: Wenn Sie die Partei nur finanziell unterstützt haben, warum weiß dann die Polizei davon Bescheid?

VP: Die haben in Dubai davon mitbekommen. Dort haben wir für die Partei Geld gesammelt.

LA: Warum sind Sie nicht zurück nach DXXXX gegangen, als Sie in Äthiopien Probleme hatten?

VP: Die verhaften dort Leute.

LA: Sie haben in XXXX gearbeitet?

VP: Sie verhaften dort Leute. Ich wollte in Europa auch Maschinen. Ich hatte Schwierigkeiten. Und ich wollte von Europa und China Bearbeitungsmaschinen nach Äthiopien schicken.

LA: Verfügen Sie derzeit über Geldkonten bzw. Bargeld?

VP: Es ist alles zugesperrt.

LA: Haben Sie unterlagen?

VP: Ich bin ja geflüchtet.

LA: Aber Sie haben in Äthiopien Familie?

VP: Ja.

LA: Sie sind von Äthiopien weggegangen und haben keine Bankomatkarte und kein Sparbuch mitgenommen?

VP: Ja.

LA: Wie wollten Sie dann die Maschinen nach Äthiopien schicken?

VP: Ich wollte nach Äthiopien zurückkehren.

LA: Haben Sie einen Parteiausweis?

VP: So einen richtigen Ausweis hatte ich nicht. Aber ich hatte Briefe, welche meine Tätigkeit bestätigen würden. Diese Bestätigungen haben sie mir weggenommen.

LA: Warum haben Sie sich von Ihrer Familie noch keinen neuen Reisepass schicken lassen?

VP: Wissen Sie, sie habe alles mitgenommen. Den Laptop und die ganzen Lizenzen. Ich wollte einen Ausweis und ich habe meinen Bruder geschickt. Sie haben ihm das aber nicht erlaubt und gesagt, dass ich selber kommen sollte.

LA: Warum sind Sie in die Schweiz gegangen?

VP: Ich bin einfach von hier weggegangen. Ich hatte Angst, dass ich abgeschoben werde. Ich wurde einfach informiert, dass man es in der Schweiz einfacher hat, wenn man politische Probleme hat.

...

LA: Ist die "XXXX" in Äthiopien verboten?

VP: Die Partei existiert noch. Aber die Leute dürfen nicht aktiv sein.

...

LA: Wo befindet sich derzeit Ihre Frau?

VP: Ich weiß es nicht. Ich habe von manchen gehört, dass sie sich in XXXX befindet. Von anderen habe ich gehört, dass sie sich in Südafrika befindet. Nur gehört.

LA: Warum ist der Kontakt abgebrochen?

VP: Private Probleme.

LA: Sind Sie noch verheiratet? Sind Sie noch in einer Beziehung?

VP: Ich wollte mich scheiden lassen, aber ich weiß nicht wo sie ist. Wir sind in keiner Beziehung.

...

LA: Wie viele Kinder haben Sie insgesamt?

VP: Zwei. Ein weiteres unterstütze ich finanziell.

LA: Was meinen Sie mit einem weiteren?

VP: Ein Nachbarkind unterstütze ich finanziell.

LA: Haben Sie dieses Kind adoptiert?

VP: Nein. Ich unterstütze es nur.

...

LA: Wie oft haben Sie Kontakt zu den Kindern?

VP: Ich habe Kontakt zu den Kindern. Es ist selten. Einmal im Monat. Das Internet funktioniert nicht so gut.

LA: Sind Sie für sonstige minderjährige Personen verantwortlich oder sorgepflichtig bzw. haben Sie Adoptivkinder bzw. haben Sie Kinder aus einer früheren Ehe?

VP: Nein.

LA: Was mach Ihr Bruder in Äthiopien?

VP: Der ist selbstständig im IT-Bereich.

LA: Wie sieht die Wohnsituation der Familie in Äthiopien aus?

VP: Wir haben ein Haus. Wir haben ein paar Räume vermietet und dazu haben wir einen Laden. Davon kann die Mutter leben. Mein Vater lebt nicht mehr. Damals habe ich auch meine Familie unterstützen müssen.

LA: Wohnt der Bruder auch in dem Haus?

VP: Ja.

...

LA: Ist Ihr Bruder auch politisch aktiv?

VP: Nein.

LA: Sie wissen, dass der Ausnahmezustand beendet ist?

VP: Ja. Offiziell haben sie das gesagt, aber ich weiß nicht.

LA: Welchen Beruf haben Sie erlernt?

VP: Ich bin Automechaniker. Und noch dazu bin ich ein Kameramann. Ich fotografiere und filme - ich habe ein Abschlusszertifikat.

LA: Wovon bestritten Sie Ihren Lebensunterhalt im Heimatland?

VP: Als Mechaniker und selbständig habe ich auch oft fotografiert.

...

LA: Hatten Sie in Äthiopien jemals Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit?

VP: Ja.

LA: Erzählen Sie mir davon?

VP: In der Arbeit wurde ich benachteiligt. Weil ich nicht Tigrinja sprechen konnte. Deshalb hatte ich keinen Vorteil.

LA: Uns sonst?

VP: Das war alles und man hat nicht leicht einen Job bekommen.

LA: Hatten Sie jemals Probleme aufgrund Ihrer Religion?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie in Äthiopien jemals vom Gericht verurteilt?

VP: Nein.

LA: Waren Sie jemals politisch tätig?

VP: Ehrlich gesagt hasse ich Politik. Ich wollte nie tätig sein. Die Regierung hat mich aber dazu gezwungen, dass ich die oppositionelle Partei unterstütze.

LA: Aber waren Sie jemals politisch tätig?

VP: Nur finanziell. Das war's.

LA: Ist die Partei auch im Ausland aktiv?

VP: Ja.

LA: Warum haben Sie dann keine Bestätigung der Partei dabei?

VP: Heute?

LA: Ja, natürlich heute.

VP: Ich werde versuchen das zu besorgen. Wie viel Zeit habe ich?

LA: Sie haben dazu zwei Wochen Zeit. Ich fordere Sie auch auf weitere Beweismittel zu besorgen.

VP: Ok.

LA: Warum haben Sie nicht versucht sich legal in Österreich niederzulassen?

VP: Wie meinen Sie das?

LA: Sie wollten doch in Europa arbeiten?

VP: Ich wollte doch zurückkehren nach Äthiopien.

LA: Aber was ist dann passiert? Zu dem Zeitpunkt müssen Sie in Europa gewesen sein?

VP: Sie haben meine Familie terrorisiert und mich gesucht. Wenn man in Äthiopien festgenommen wird, wird nicht gleich geschaut, ob man vorher schon einmal inhaftiert wird. Die stecken einen einfach in das Gefängnis.

LA: Der Reisepass, welchen Sie in der Schweiz entsorgt haben - wo und wann wurde dieser Reisepass ausgestellt?

VP: Von den äthiopischen Behörden. Aber ich weiß nicht wann das war.

LA: Sie müssen doch ungefähr wissen, wann Sie den Reisepass erhalten haben?

VP: Ich kann mich nur erinnern, dass er bis 2021 gültig war.

LA: Wann haben Sie Ihren Reisepass das letzte Mal verlängern lassen?

VP: Vor ca. 1,5 Jahren in XXXX.

LA: Bitte schildern Sie, weshalb Sie Äthiopien verlassen haben und was der genaue fluchtauslösende Grund war?

VP: 2014 haben sie festgestellt, dass ich diese Partei unterstützt habe. Als ich in XXXX war, mein Visa war fast abgelaufen, bin ich zur Äthiopischen Visastelle gegangen. Sie haben 1000 Dollar verlangt. Ich habe sie gefragt, wofür das Geld wäre. Sie haben gesagt, dass in Äthiopien ein Damm gebaut wird und man müsste für dieses Projekt bezahlen. Ich habe dann gesagt, dass ich das nicht bezahlen werde. Dann haben sie mir den Pass nicht erneuert. Ich habe genau gewusst, dass mit dem Geld Waffen gekauft werden. Dann bin ich nach Äthiopien zurückgekehrt, weil mein Pass nicht verlängert wurde. Ich war dazu gezwungen. Am 08.10.2014 bin angekommen und am 09. am Abend wurde ich festgenommen. Das war im Bezirk XXXX. Ich war gerade auf dem Heimweg. Sie haben mich mitgenommen und nach XXXX gebracht. Ohne einen Grund haben sie mich geschlagen und befragt. Dann haben sie mir auf einmal zu erzählen angefangen, dass nicht nur ich sondern auch andere die Parteien finanziell unterstützen. Sie wollten wissen, was das Ziel bzw. der Plan wäre. So ist es dann acht Tage lang gegangen. Sie haben mich gefragt, ob ich Geld habe. Ich habe denen 30000 bezahlen müssen, damit ich frei komme. Dann hatte ich einfach Angst. Ich habe das Bundesland bzw. die Provinz gewechselt. Zuerst war ich in "XXXX", aber ich konnte dort nicht lange bleiben, weil dort immer wieder nachgefragt wurde nach dem Ausweis. Ich bin dann nach XXXX. Dann habe ich mich dort versteckt für gewisse Zeit. Dann hab ich gewartet, bis sich die Lage beruhigt hatte. Ich war dort einen Monat und bin dann wieder nach XXXX. Dann habe ich in XXXX zur arbeiten probiert. Das ist mir aber nicht gelungen. Ich wurde immer wieder verhaftet.

LA: Was meinen Sie mit immer wieder?

VP: Das war ein Spielchen. Sie haben mich immer wieder festgenommen und Geld verlangt. Man kann nicht einmal vom Polizisten einen Ausweis verlangen.

LA: Ist es auch andren so ergangen?

VP: Ja, den ganzen Jugendlichen.

LA: Erzählen Sie bitte weiter.

VP: Das war¿s.

LA: Bitte erzählen Sie weiter.

VP: Ich habe in XXXX weiter gearbeitet. Meine Aufgabe war es einzukaufen und zu verkaufen. In Deutschland habe ich einen Freund, der mir dann erzählt hat, dass es in Österreich eine Expo gibt. Dann habe ich einfach legal die Dokumente besorgt und legal das Land verlassen. Dann bin ich hier hergekommen. Fünf Tage bin ich hier geblieben und dann nach XXXX zurückgekehrt. Als ich in Äthiopien gelandet bin, habe ich sofort gemerkt, dass die Lage angespannt war. Es war der Ausnahmezustand verhängt. Deswegen habe ich nicht in Ruhe in XXXX weiter arbeiten können. Zu dieser Zeit wurden mehrere Jugendliche festgenommen. Es war chaotisch. Dann bin ich am 10.03.2017 wieder hier her gekommen. Am 17. ging ich dann weiter in die Schweiz.

LA: Ist das alle Ihre Fluchtgründe?

VP: Ja.

LA: Was müsste passieren, dass Sie wieder nach Äthiopien zurückkehren können?

VP: Solange es diese Regierung gibt, werde ich nicht zurückkehren.

LA: Aber der Ausnahmezustand ist nicht mehr verhängt. Es waren die chaotischen Zustände welche Schuld waren, dass Sie das Land verlassen haben?

VP: Das stimmt nicht ganz. Das haben sie ausgenutzt. In XXXX war es noch schlimmer. Es sind viele Jugendliche ums Leben gekommen.

LA: Sind Sie arbeitsfähig?

VP: Ja.

LA: Sind Sie in Österreich in Vereinen?

VP: In XXXX treffe ich mich mit Leuten im Sprach Café.

LA: Hatten Sie in Österreich schon einmal Probleme mit Gerichten, Polizei oder Verwaltungsbehörden?

VP: Nein.

LA: Gibt es Personen in Österreich, die Sie schon aus Ihrem Heimatland kennen?

VP: Nein. [...]

Mit Eingabe vom 25.01.2018 übermittelte der Beschwerdeführer ein Schriftstück in Kopie, bei welchem es sich laut seinen Angaben um einen Brief der äthiopischen Polizei handeln würde. In Bezug auf dieses Beweismittel wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Übersetzung von Amharisch ins Deutsche veranlasst (AS 101).

Am 09.02.2018 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach einer vorangegangenen Anfrage durch die Österreichische Botschaft in XXXX in Kenntnis gesetzt, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung auf seinem Privatkonto ETB 12 Mio (= EUR 360.000.-) besessen hätte.

Am 08.06.2018 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines geeigneten Dolmetschers ergänzend vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Die gegenständlich relevanten Teile dieser Einvernahme gestalteten sich wie folgt:

"(...) LA: Wie stellt sich Ihr aktueller Gesundheitszustand dar?

VP: Meiner Tochter geht es nicht so gut. Aber mir geht es gut.

LA: Haben Sie inzwischen eine Deutschprüfung absolviert?

VP: Ja.

Anmerkung: Der Asylwerber legt folgende Schriftstücke vor:

-"Gemeinsam XXXX"

-Zeugnis des Österreichischen XXXX, Deutsch A1, vom 06.03.2018

-Prüfungszeugnis A1 ÖIF

-Teilnahmebestätigung Deutsch A2 Teil 1 Kurs, vom 20.02.2018 bis 05.04.2018

-Teilnahmebestätigung Deutsch A2 Teil 1 Kurs, vom 10.04.2018 bis 23.05.2018

-XXXX Teilnahme-Bestätigung, vom 22.02.2018

LA: Sie haben am 25.01.2018, nach der ersten Einvernahme hier beim BFA, ein Schriftstück aus Äthiopien als Beweismittel eingebracht. Erzählen Sie mir was es mit diesem Schriftstück auf sich hat?

VP: Das ist ein Festnahmebefehl, dass ich verhaftet werden soll. Derjenige der bei uns eine Wohnung gemietet hat, hat das bekommen.

LA: Derjenige hat es Ihnen geschickt?

VP: Geschickt hat es mir mein Bruder.

LA: Das Schriftstück ist mit Datum vom 19.12.2017 ausgestellt. Warum haben Sie es bei der Einvernahme Mitte Jänner nicht schon vorgelegt?

VP: Zu diesem Zeitpunkt habe ich dieses Schriftstück noch nicht gehabt.

LA: Sie haben in der letzten Einvernahme gesagt, dass Sie eine Bestätigung Ihrer Partei vorlegeben werden. Bis heute haben Sie jedoch noch nichts vorgelegt, wollen Sie dazu etwas sagen?

VP: Es ist derzeit schwierig so etwas zu besorgen.

LA: Warum ist es derzeit schwierig?

VP: Weil ich keinen Kontakt zu irgendjemanden von der Partei habe.

LA: Seit wann haben Sie keinen Kontakt mehr zu jemand von der Partei?

VP: Das letzte Mal als ich in XXXX war.

LA: Als Sie den Festnahmeauftrag von Ihrem Bruder erhalten haben, fanden Sie es nicht für notwendig Ihre Partei darüber zu informieren?

VP: Weil ich bin nicht mehr aktiv bin. Ich habe Sie nur finanziell unterstützt, weil sie gegen die jetzige Regierung sind.

LA: Was haben Sie in Äthiopien beruflich gemacht?

VP: Mein Hauptberuf war selbstständiger Automechaniker und nebenbei war ich Fotograf.

LA: Hatten Sie eine eigene Firma?

VP: Wir haben eine Örtlichkeit gemietet.

LA: Hatten Sie Mitarbeiter angestellt?

VP: Nicht direkt. Wir waren zu dritt.

LA: Als Sie um das Visum für Österreich angesucht haben, haben Sie angegeben, dass Mitarbeiter von Ihnen mit nach Österreich reisen würden?

VP: Nachdem ich als Automechaniker tätig war, war ich als Konstrukteur auf der Baustelle tätig. Da hatte ich Mitarbeiter.

LA: Erzählen Sie genauer?

VP: Zum Schluss hatte ich eine eigene Firma. Ich hatte zehn fest angestellte Personen.

LA: Sie sind das zweite Mal als Sie nach Österreich gereist sind, aus beruflichen Gründen zu einer Messe nachXXXX gekommen?

VP: Ja.

LA: Was wollten Sie dort machen?

VP: Ich wollte Maschinen Recyclinganlagen kaufen. Das zweite Mal wollte ich nicht mehr zurück.

LA: Wie viel Geld hatten Sie auf Ihrem Konto, als Sie um das Visum für Österreich angesucht haben?

VP: Mehr als 10 Millionen Birr.

LA: Sie hatten 12 Millionen Birr auf dem Konto. Das sind 360.000 Euro. Was ist jetzt mit dem Geld?

VP: Das Konto ist gesperrt.

LA: Wenn das Konto gesperrt ist, dann werden Sie mir doch eine Bestätigung vorlegen können?

VP: Wenn ich jemanden in XXXX erreiche, dann probiere ich es.

LA: Ich habe Sie schon bei der letzten Befragung nach einer Bestätigung gefragt. Wieso haben Sie in der Zwischenzeit nichts unternommen?

VP: Es ist nicht so wie hier in Österreich. Man kann einfach so jemanden erschießen.

LA: Der Festnahmeauftrag aus Äthiopien, welchen Sie der Behörde vorgelegt haben, wird als Totalfälschung klassifiziert. Es ist absolut unglaubwürdig und wenig lebensnah, dass die Polizei von Äthiopien schriftlich Gewalt androht. Wollen Sie dazu etwas sagen?

VP: Ich bin ja hier. Ich weiß das nicht so genau. Aber die haben das bei uns zu Hause abgegeben.

LA: Als Sie aus Äthiopien ausgereist sind, haben Sie keine Bankomatkarte und kein Sparbuch dabei gehabt?

VP: Nein.

LA: Warum?

VP: Ich wollte nur mein Leben retten. Ich wollte weg. (...)"

2. Mit im Spruch angeführten Bescheid vom 13.06.2018 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Äthiopien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Äthiopien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der beschwerdeführenden Partei zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte III. und IV).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging von einer Unglaubwürdigkeit der seitens des Beschwerdeführers dargelegten Fluchtgründe aus und erkannte auch darüber hinaus keine einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Äthiopien entgegenstehenden Umstände. Eine persönliche aktuelle Verfolgung oder Bedrohung von staatlicher Seite sei im Fall des Beschwerdeführers nicht gegeben. Diesem würden im Herkunftsstaat keine auf seine Person bezogenen und auch keine anderen allgemeinen Gefahren, welche eine Erteilung des subsidiären Schutzstatus rechtfertigen würden, drohen.

Beweiswürdigend wurden im Wesentlichen die folgenden Erwägungen getroffen:

"(...) Die Feststellungen, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat keine asylrechtlich relevanten Probleme auf Grund Ihrer Religionszugehörigkeit sowie auf Grund Ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe hatten, wird gemacht, da Sie diesbezüglich nichts vorbrachten.

Die Feststellung dazu, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat keine asylrelevanten Probleme hinsichtlich Ihrer politischen Ansichten oder Ihrer ethnischen Zugehörigkeit hatten, wurde aufgrund folgender Überlegungen getroffen:

Als Sie zu Problemen hinsichtlich Ihrer Volksgruppe bzw. Ihrer Ethnischen Zugehörigkeit befragt wurden, gaben Sie an, dass Sie als Amhare im Berufsleben diskriminiert worden wären, weil Sie kein Tigrinja gesprochen hätten. Da Sie jedoch eine eigene Firma haben oder hatten und bei der Visaantragstellung 360.000 Euro auf Ihrem Privatkonto hatten, kann davon ausgegangen werden, dass Ihre Angaben zur beschriebenen Diskriminierung eventuell andere Personen betroffen hat. Sie persönlich können jedoch nicht im hohen Ausmaß von einer Diskriminierung in der Berufswelt betroffen gewesen sein, sonst hätten Sie nicht diese Finanziellen Mittel zur Verfügung gehabt. Dass Ihr Privatkonto durch die äthiopischen Behörden gesperrt wurde, konnten Sie nicht glaubhaft machen. Sie wurden aufgefordert Beweismittel dahingehend einzubringen. Da sich das besagte Konto auf einer Internationalen Bank befindet, ist es Ihnen somit durchaus möglich von Österreich aus eine schriftliche Anfrage durchzuführen. Doch wie Sie in der zweiten Einvernahme bestätigten, hatten Sie nicht einmal die Absicht eine schriftliche Anfrage zu Ihrer Bank zu schicken.

Dieses Verhalten und die absolut absurde Aussage, dass Sie ohne Bankomatkarte und ohne Sparbuch Äthiopien verlassen hätten, schwächt Ihre persönliche Glaubwürdigkeit massiv. Bei der Visaantragstellung müssen Sie noch auf Ihr Konto Zugriff gehabt haben, sonst hätten Sie kein Visum erhalten. Laut Ihren eigenen Aussagen hatten Sie bei Ihrer zweiten Reise nach Österreich eigentlich vor geschäftliches in XXXX zu erledigen und dann nach Äthiopien zurückzukehren. Doch wenn dies der Wahrheit entsprochen hätte, dann wären Sie mit absoluter Sicherheit nicht ohne Bankomatkarte, Kreditkarte oder Sparbuch nach XXXX gereist, denn ohne diese Dinge wäre es Ihnen schwer gefallen auf einer Messe Produkte einzukaufen oder Ihre Mitarbeiter welche Sie begleitet haben, zu versorgen.

Sie gaben an von staatlicher Seite ausgehend, aus politischen Gründen, einer aktuellen Verfolgung ausgesetzt zu sein. Doch wie Sie selber angegeben haben, waren Sie noch nie politisch Tätig und Sie besetzten somit keine Position und kein Amt innerhalb dieser Partei.

Sie hätten die "XXXX" jede glich finanziell unterstützt. In der ersten Einvernahme vor dem BFA wurde Ihnen die Möglichkeit eingeräumt eine Bestätigung der "XXXX" innerhalb einer Frist von 2 Wochen einzubringen. Doch als Sie fast 5 Monate später Ihre zweite Einvernahme vor dem BFA hatten, war es Ihnen nicht möglich eine Erklärung abzugeben warum Sie bis zu dem Zeitpunkt keine Bestätigung der Partei eingebracht haben. Alleine die Tatsache, dass Sie keine Bestätigung der Partei vorgelebt haben wird Ihnen nicht zur Last gelegt, doch dass Sie nicht einmal versucht haben zu erklären woran dies gescheitert ist, hinterlässt den starken Eindruck, dass Sie dahingehend gar nichts unternommen haben - so wie bei Ihren angeblich gesperrten Privatkonto. Zusammengefasst muss aufgrund dieser Überlegungen festgehalten werden, dass Ihnen zu Ihrem angeblichen gesperrten Privatkonto und Ihrer angeblichen vergangenen politischen Spenden kein Glauben geschenkt wird.

Die Feststellung dazu, dass Sie derzeit keiner individuellen, asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sind, musste aufgrund folgender Überlegungen getroffen werden:

Bei der Erstbefragung gaben Sie an, dass Sie bis 2014 in XXXX gearbeitet hätten und bei Ihrer Rückkehr nach XXXX direkt vom Flughafen von der Polizei abgeholt worden wären. Danach wären Sie gefoltert worden. In der Einvernahme vor dem BFA, am 15.01.2017, schilderten Sie den Sachverhalt anders - Sie gaben an, dass Sie nicht vom Flughafen von der Polizei abgeholt worden wären, sondern dass Sie einen Tag später auf dem Heimweg festgenommen worden wären. Nach Ihrer Entlassung wären Sie innerhalb von Äthiopien durch verschiedene Provinzen gereist, doch immer wieder von der Polizei aufgehalten worden. Dann wären Sie aufgrund der angespannten Lage legal nach Österreich gereist und am 10.03.2017 nach Äthiopien zurückgekehrt. Alleine die Tatsache, dass Sie nach den angeblichen Folterungen im Jahr 2014 wieder von Österreich nach Äthiopien zurück gekehrt sind, gibt bereits genug Hinweise darauf, dass die angeblichen "Folterungen", falls diese Überhaupt stattgefunden haben, keinesfalls in einer Intensität stattgefunden haben, welche Sie zu einer Flucht aus Ihrer Heimat bewegt haben hätten können. Denn die angeblichen Folterungen haben bereits 2014 stattgefunden und Sie suchten erst im Juli 2017 in Österreich um Asyl an.

Nach Ihrer Rückkehr nach XXXX, am 13.10.2016 waren Sie, bis zu Ihrer neuerlichen Reise nach Österreich, bis zum 10.03.2017 in Äthiopien aufhältig. Sie sind auch bei Ihrer zweiten Ausreise aus XXXX, legal mir Ihrem originalen Reisepass von dort ausgereist. Aufgrund dessen kann festgestellt werden, dass zu diesem Zeitpunkt kein aufrechter Haftbefehl gegen Sie bestanden hat, ansonsten wären Sie spätestens beim Flughafen festgenommen worden. Sie selbst gaben außerdem an, im selben Zeitraum ein Länderspiel (Äthiopien - Algerien) im Stadion von XXXX besucht zu haben, sowie Ihre Mitgliedsausweise, welche Sie dem BFA vorgelegt haben, in diesem Zeitraum erworben zu haben. Selbstredend deuten diese Freizeitaktivitäten auf alles andere als auf eine Verfolgung hin.

Zu Ihrem vorgelegten Beweismittel, nämlich dem Schriftstück in Kopie, welches die Polizei angeblich bei Ihrem Mieter in XXXX hinterlassen hätte, wird seitens der Behörde festgestellt, dass es sich um kein Schriftstück handelt, welches als gültiges Beweismittel gewertet werden kann. Denn wenn das Schriftstück tatsächlich am 19.12.2017 bei Ihnen zu Hause in XXXX abgegeben worden wäre, hätten Sie schon längst der Behörde das Original vorlegen können. Doch Sie reichten nur eine Fotokopie ein, welche somit keiner kriminaltechnischen Dokumenten-Überprüfung unterzogen werden kann. Besonders auffällig erscheint es, dass es sich bei dem Schriftstück um einen Blanko-Vordruck handelt, bei welchem per Hand Ihr Name und das Datum eingetragen wurde. Auch der Absender des Schriftstückes ist sehr dubios - es ist keine Adresse angegeben, sondern nur die Stadt XXXX. Auch die verzeichnete Telefonnummer auf dem Schriftstück gibt Hinweise darauf, dass es sich nicht um ein originales Schriftstück der Polizei handelt. Bei der Telefonnummer gelangt man direkt zum Bundespolizeihauptquartier und nicht zu einer Polizeiinspektion, welche den angeblichen Haftbefehl in Auftrag gegeben hätte. Zu guter Letzt lässt der Inhalt des Schreibens keinen Zweifel offen, dass es sich um kein offizielles Schriftstück der Polizei handelt. Dass Redewendungen wie "Sie wurden oft inhaftiert und wieder freigelassen" in einem behördlichen Schriftstück verwendet werden, ist wenig lebensnah. Auch das die Polizei in Äthiopien schriftlich Gewalt androht, ist absolut absurd. Denn selbst wenn es Menschenrechtsverletzungen in diesem Land gibt, würde die Polizei sich sicherlich nicht mit schriftlichen Beweismitteln selbst belasten. Auch im letzten Absatz "an jene die es betrifft" also auf Englisch "to whom it may concerns" lässt eher auf ein Empfehlungsschreiben schließen, doch nicht auf einen Festnahmeauftrag. Auch das dieses Schriftstück bei Ihnen zu Hause abgegeben wird, wobei Sie sich schon seit längeren im Ausland befinden und sich noch nie für die Partei engagiert haben, außer die angeblichen erfolgten finanziellen Unterstützungsleistungen, ist nicht glaubwürdig. Es konnten im amtswegigen Ermittlungsverfahren auch keine Berichte zu solch einer Vorgehensweise gefunden werden. Für die Behörde steht es aufgrund dieser Überlegungen fest, dass es sich bei dem Schriftstück um kein Beweismittel handelt, welches als Schriftstück der äthiopischen Polizei zu werten ist, sondern um eine Totalfälschung.

Bei Ihrer Ausreise aus Äthiopien, hat es sich um Migration und nicht um eine Flucht gehandelt. Die Sicherheitslage war zu Ihrem Zeitpunkt nicht zufriedenstellend und es wird Ihnen Glauben geschenkt, dass die Polizei immer wieder bei Kontrollen Geld verlangt hat.

Doch da Sie von keinen persönlichen Problemen berichteten, in der Zeit in XXXX nach Ihrer Rückkehr von Österreich bis zu Ihrer neuerlichen Reise nach Österreich, konnte nicht erkannt werden, dass Sie Ihre Heimat aus asylrelevanten Gründen verlassen hätten, welche Ihre Ursprünge in der Genfer Flüchtlingskonvention hätten. Sie gaben folgendes an:

[...]

Fünf Tage bin ich hier geblieben und dann nach XXXX zurückgekehrt. Als ich in Äthiopien gelandet bin, habe ich sofort gemerkt, dass die Lage angespannt war. Es war der Ausnahmezustand verhängt. Deswegen habe ich nicht in Ruhe in XXXX weiter arbeiten können. Zu dieser Zeit wurden mehrere Jugendliche festgenommen. Es war chaotisch. Dann bin ich am 10.03.2017 wieder hier her gekommen.

[...]

(Einvernahme vom 15.01.2017, Seite 13)

Es war die allgemeine unsichere Lage, welche Sie dazu bewogen hat, nach Österreich zu gehen. Es war somit eine legale, geplante Ausreise.

Doch die Lage in Ihrer Heimat hat sich verbessert. Äthiopien hat einen neuen Präsidenten, Abiy Ahmed, welcher sogar den Konflikt mit Eritrea beilegen möchte und das Notstandrecht ist seit 29.05.2018 beendet. Dieser neue Präsident hat bereits Tausende politische Gefangene frei gelassen.

Seit zwei Monaten hat das Land am Horn von Afrika nun einen neuen Ministerpräsidenten, von dem die Welt noch kaum Notiz genommen hat - der zu Hause aber bereits als die lokale Version von Barack Obama gefeiert wird. Abiy Ahmed ist gerade dabei, in einem atemberaubenden Tempo ein autoritäres Regime umzukrempeln, ein ganzes Land neu zu erfinden. In den vergangenen acht Wochen hat er die Politik von Jahrzehnten rückgängig gemacht.

Er hat Tausende politische Gefangene freigelassen, sich mit Oppositionellen fotografieren lassen, die einen Tag zuvor noch in der Todeszelle saßen. Abiy hat dem Erzfeind Eritrea Frieden angeboten und will einige umstrittene Gebiete an den Nachbarn zurück geben, die es besetzt hält. Er hat die oppositionellen Medien im Ausland zur Rückkehr aufgerufen. Und das nicht, um sie dann einzusperren.

Quellen:www.fr.de/politik/aethiopien-abiys-friedensinitiative-a-1522443 (Zugriff 13.06.2018)

www.orf.at/stories/2441609 (Zugriff 13.06.2018)

www.sueddeutsche.de/politik/afrika-aethiopischer-fruehling-1.4002706 (Zugriff 13.06.2018)

Aufgrund der Widersprüchlichkeit, Vagheit und mangelnden Plausibilität Ihrer Ausführungen steht für die Behörde zweifelsfrei fest, dass es sich bei Ihrem Vorbringen großenteils nicht um etwas Selbsterlebtes, sondern um ein erfundenes Konstrukt handelt, mittels welchem Sie versuchen, einen ansonsten unbegründeten Asylantrag vermeintlich zu substantiieren.

Auf mehrmaliges und konkretes Nachfragen konnten Sie immer nur widergeben, was allgemein in Äthiopien vorkommen kann, jedoch keine konkrete Schilderung dessen liefern, was Ihnen in der Zeit vom 13.10.2016 bis zum 10.03.2017 als Person tatsächlich widerfahren ist. Auch zu der Zeit Ihrer angeblichen Inhaftierung konnten Sie keine lebensnahen, konkreten Beschreibungen wiedergeben.

Ihrem Vorbringen zu den behaupteten Fluchtgründen kommt keine Glaubwürdigkeit zu. Es ist Ihnen insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen Ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Äthiopien sowie der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens kann daher nicht erkannt werden, dass Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.

Betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist zur Objektivität verpflichtet und verwendet ausschließlich Quellen, die den höchsten Qualitätskriterien entsprechen. Sämtliche zitierten Quellen sind angesehene staatliche wie nichtstaatliche Einrichtungen, die Informationen wurden ausgewogen zusammengestellt. Es können somit keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit und Relevanz des dort Festgehaltenen bestehen.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Sie leiden an keiner Erkrankung, welche ein Rückkehrhindernis darstellen würde. Aufgrund Ihres Alters, Ihrer Sprachkenntnisse, Ihres Gesundheitszustandes, Ihrer überdurchschnittlichen Ausbildung und Ihrer Arbeitsfähigkeit kann Ihnen zugemutet werden, Ihre Lebensbedürfnisse im Herkunftsland, für sich und Ihre Familie, zu befriedigen, dorthin zurückzukehren und einer Erwerbsarbeit nachzugehen, so wie Sie es auch vor Ihrer Ausreise taten. Für die erste Zeit kann es Ihnen zugemutet werden, dass Sie bei Ihrer Familie wohnlich unterkommen und Sie Ihr Bruder mitversorgt. Der Verdacht liegt jedoch nahe, dass Sie nach wie vor über ausreichend finanzielle Mittel verfügen und Ihre Konten nicht gesperrt sind.

Vor dem Hintergrund des aktuellen Länderberichts der Staatendokumentation des BFA kann nicht erkannt werden, dass in Äthiopien aktuell eine solch extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung ausgesetzt wäre; in Äthiopien ist eine Zivilperson aktuell nicht alleine aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt.

Es sind bisher keine Fälle bekannt, dass zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt waren. Die Regierung arbeitet bei der Flüchtlingshilfe und bei zurückkehrenden Staatsbürgern generell mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen.

Eine Rückkehr ist Ihnen zuzumuten und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie in eine existenzbedrohende Lage kommen würden, selbst wenn Sie dort keine familiären Anknüpfungspunkte hätten.

In Gesamtbetrachtung hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl davon auszugehen, dass keine Gründe vorliegen, welche zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen würden und auch keine Hinderungsgründe bezüglich einer Rückführung gegeben sind. (...)"

Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und zur ausgesprochenen Rückkehrentscheidung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Wiedergabe der entsprechenden rechtlichen Grundlagen und auf Art. 8 EMRK bezugnehmender höchstgerichtlicher Judikatur aus, dass weder ein Eingriff in das Familienleben vorliege, noch der Eingriff in das Privatleben ungerechtfertigt wäre, zumal sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst seit knapp einem Jahr in Österreich aufgehalten hätte und er in dieser Zeit keine nennenswerten wirtschaftlichen oder sozialen Kontakte aufgenommen hätte. Er sei illegal eingereist und seien keine für einen Verbleib in Österreich sprechenden Gründe vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gefunden worden.

3. Gegen den oben angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die fristgerecht am 23.07.2018 eingebrachte Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Außerdem wurde das im Spruch ersichtliche Vollmachtsverhältnis bekanntgegeben. Begründend wurde zusammenfassend ausgeführt, der Beschwerdeführer habe seine Heimat verlassen, da er wegen seiner Mitgliedschaft bei der XXXX, insbesondere seiner finanziellen Unterstützung für diese, sowie in Zusammenhang mit seinen Auslandsaufenthalten, mehrmals von der Polizei inhaftiert und gefoltert worden wäre. Die seitens der Behörde getroffenen Länderfeststellungen würden sich nur unzureichend mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers befassen. So fänden sich keinerlei Informationen zur XXXX oder zur Situation der Amhare in Äthiopien. Zur Verfolgung von Unterstützern der XXXX werde auf einen Bericht des Dutch Coucil for Refugees vom 18.05.2016 verwiesen. Amnesty International hätte in einem Bericht vom 14.10.2016 von der Festnahme zahlreicher Mitglieder der XXXX berichtet. In einem weiters zitierten Zeitungsbericht vom 25.05.2017 werde von der Verhaftung eines Mitglieds der XXXX aufgrund seiner Oppositionstätigkeit zu einer langen Haftstrafe berichtet. Auch aus den Länderberichten der Behörde ginge eine Verfolgung bei Verdacht auf oppositionelle Tätigkeit hervor. Zum Vorhalt der Behörde, dass der Beschwerdeführer in Äthiopien nicht von ethnischer Verfolgung bedroht wäre, sei auszuführen, dass die äthiopische Regierung die Tigrinya unterstütze und die Amhare systematisch benachteiligen würde. Wenn die Behörde vorhalte, dass es keine Beweise dafür gäbe, dass der Beschwerdeführer die XXXX unterstützt hätte und dessen Privatkonto gesperrt worden wäre, würden Ermittlungen im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers mittels eines Vertrauensanwalts der österreichischen Botschaft beantragt. Da die österreichische Botschaft bereits die Informationen über den Kontostand des Beschwerdeführers hätte erlangen können, werde es dieser auch möglich sein, die angeführten Nachforschungen durchzuführen. Dem Beschwerdeführer sei es von Österreich aus bislang nicht möglich gewesen, diesbezügliche Unterlagen zu erlangen. Hinsichtlich des Vorhaltes, dass es nicht glaubhaft sei, dass der Beschwerdeführer in Österreich ohne Bankomatkarte eingereist wäre, sei anzuführen, dass dieser sich in Österreich zunächst über neue Maschinen hätte informieren wollen, diese jedoch nicht gleich während seines Aufenthalts in Österreich kaufen oder mitnehmen habe wollen. Wenn es die Behörde als unglaubwürdig ansehe, dass der Beschwerdeführer in Äthiopien gefoltert worden wäre, werde auf die sichtbaren Verletzungen am Körper des Beschwerdeführers sowie auf die medizinischen Unterlagen zur extremen Kälteempfindlichkeit seiner Finger erwiesen, welche von den durch die Folter hervorgerufenen Nervenverletzungen herrühren würde. Der Beschwerdeführer sei mehrmals festgenommen und gefoltert worden; die Bedrohungen hätten sich derart gesteigert, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland schließlich verlassen hätte müssen. Zum Vorhalt, dass es sich beim vorgelegten Polizeibrief

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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