Index
E1E;Norm
11992E008A EGV Art8a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1971 geborenen S K in Wien, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Dezember 1996, Zl. 120.968/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Zaires, beantragte am 25. Juli 1996 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zum Zwecke der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehegattin. Unter der Rubrik besonders zu berücksichtigende Gründe für die Familienzusammenführung wird angeführt: "Ehegemeinschaft und gemeinsames Kind". Als Ort der Antragsunterfertigung ist Wien angegeben, die Rubrik "derzeitiger Wohnsitz" ist nicht ausgefüllt. Dem Antrag war u. a. in Fotokopie ein "Bezugsnachweis" eines näher bezeichneten Unternehmens über die an den Beschwerdeführer per 30. Juni 1996 zur Auszahlung gelangenden Beträge angeschlossen. Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 23. September 1996 gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ab. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17. Dezember 1996 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes ab. Begründend führte die belangte Behörde zum Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen aus, der Beschwerdeführer habe nach der Aktenlage das Formular für einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz im Inland unterzeichnet und durch die Post bei der erstinstanzlichen Behörde eingereicht. Der Beschwerdeführer halte sich, was er gemäß Berufungsschreiben selbst zugebe, zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. davor und auch danach im Bundesgebiet auf. Somit habe er sich zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. davor und danach eindeutig im Bundesgebiet aufgehalten und dadurch das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt, denn durch den unerlaubten Aufenthalt habe er dieses vor der Einreise durchzuführende Verfahren bewusst bedeutungslos gemacht.
Die öffentliche Ordnung, insbesondere das Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, erfordere es, dass Fremde, die nach Österreich einwandern wollen, die dabei zu beachtenden Vorschriften einhalten. Die öffentliche Ordnung werde schwer wiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde - ohne das betreffende Verfahren abzuwarten - sich unerlaubt nach Österreich begeben bzw. unerlaubt in Österreich aufhalten und damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen stellen.
Aufgrund dieser Tatsache sei der Antrag des Beschwerdeführers daher gemäß § 6 Abs. 2 AufG abzulehnen gewesen.
Zu den privaten Interessen des Beschwerdeführers stellte die belangte Behörde fest, dass wegen des Aufenthaltes seiner österreichischen Gattin bzw. deren Tochter in Österreich unabsprechbare private Interessen vorhanden seien, doch habe der Beschwerdeführer eindeutig gegen fremdenrechtliche Bestimmungen verstoßen, indem er bewusst längere Zeit ohne gültige Aufenthaltsberechtigung in Österreich aufhältig gewesen und auch noch sei.
Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Beschwerdeführer am 18. März 1996 eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht bzw. diese am 17. Juni 1996 eine Tochter bekommen habe, denn der Beschwerdeführer habe zu keiner Zeit einen legalen Titel für den rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich gehabt. Auch der von ihm am 31. Jänner 1994 gestellte Asylantrag sei am 21. Juni 1994 mit Bescheid der zweiten Instanz rechtskräftig negativ beschieden worden.
Die erst im Gefolge eingetretenen privaten Bindungen zu Österreich könnten schon deshalb keine zu Gunsten des Beschwerdeführers ausfallende Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 MRK bewirken, als es dem Interesse an einem geordneten Fremdenwesen grob zuwiderliefe, wenn sich ein Fremder auf eine solche Weise den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte.
Die belangte Behörde erwarte gerade von Antragstellern, die das Wohl der Republik Österreich genießen wollen, ein den fremdenrechtlichen Bestimmungen adäquates Verhalten; damit sei die Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen natürlich besonders im Fall des Beschwerdeführers gemeint, denn dies sei bedeutend wegen der Beispielswirkung gegenüber anderen Fremden. Gerade die belangte Behörde sei zur Kontrolle und Beachtung dieser fremdenrechtlichen Bestimmungen aufgerufen bzw. verpflichtet, zumal bei deren Nichteinhaltung jegliche fremdenrechtliche Bestimmung überhaupt obsolet wäre.
Gerade deswegen sei die belangte Behörde insbesondere wegen der Beispielswirkung durch die Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit besonders im Fall des Beschwerdeführers nicht in der Lage, seine privaten Interessen auch im Bezug auf seine Ausführungen zu priorieren. Das heiße, insbesondere im Fall des Beschwerdeführers sei der Eingriff in sein Privat- und Familienleben gerechtfertigt, da die Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen höherwertig anzusehen sei als die privaten Interessen an der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, denn nur das Institut "Ehe" mit einem in Österreich legal aufhältigen Ehepartner sei nicht geeignet die "Nichtbeachtung" der Fremdenrechtsmaterie zu sanieren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 1 Abs. 3 Z. 1, § 2 Abs. 3 Z. 4 und § 6 Abs. 2 AufG lauteten:
"§ 1. ...
...
(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie
1. auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts, eines Staatsvertrages, unmittelbar anwendbare Rechtsakte der Europäischen Union oder anderer bundesgesetzlicher Vorschriften in Österreich Niederlassungsfreiheit genießen;
...
§ 2. ...
...
(3) Die Bundesregierung kann in dieser Verordnung insbesondere
...
4. in Österreich geborene Kinder von Fremden (§ 3 Abs. 1 Z 2),
Angehörige österreichischer Staatsbürger (§ 3 Abs. 1 Z 1),
Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 aufenthaltsberechtigt sind oder
waren, ... insoweit von der Anrechnung auf die Zahl der
Bewilligungen ausnehmen, als dadurch das Ziel der
Zuwanderungsregelung nicht beeinträchtigt wird, und ...
§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der
Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine
Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...;
schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. ..."
Im Hinblick auf das Datum des Zustellung des angefochtenen Bescheides (7. Jänner 1997) war für seine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof die Verordnung des Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, maßgeblich.
§ 4 Z. 2, 3 und 4 dieser Verordnung lauteten:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
2. Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern (§ 3 Abs. 1 Z 1 Aufenthaltsgesetz), die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde,
3. Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 Aufenthaltsgesetz auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder eines Staatsvertrags aufenthaltsberechtigt sind oder waren und
4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."
Art. 10 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EWG) 1612/68 des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft lautet:
"Artikel 10
(1) Bei dem Arbeitnehmer, der die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt und im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist, dürfen folgende Personen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit Wohnung nehmen:
...
b) seine Verwandten und die Verwandten seines Ehegatten in aufsteigender Linie, denen er Unterhalt gewährt."
Art. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 1968 (68/360/EWG) lauten:
"Artikel 1
Die Mitgliedstaaten beseitigen nach Maßgabe dieser Richtlinie die Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen, auf die die Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 Anwendung findet.
Artikel 4
(1) Die Mitgliedstaaten gewähren den in Artikel 1 genannten Personen, welche die in Absatz 3 aufgeführten Unterlagen vorlegen, das Aufenthaltsrecht in ihrem Hoheitsgebiet."
Die Präambel sowie Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b der Richtlinie des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht (90/364/EWG) lauten (auszugsweise):
"DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -
...
in Erwägung nachstehender Gründe:
...
Die einzelstaatlichen Vorschriften, die den Aufenthalt der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten in einem anderen als dem Mitgliedstaat, dessen Angehörige sie sind, betreffen, müssen harmonisiert werden, um diese Freizügigkeit zu garantieren.
...
Die Ausübung des Aufenthaltsrechts wird erst sann eine reale Möglichkeit, wenn es auch den Familienangehörigen zugestanden wird.
...
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
(1) Die Mitgliedstaaten gewähren den Angehörigen der Mitgliedstaaten, denen das Aufenthaltsrecht nicht aufgrund anderer Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zuerkannt ist, sowie deren Familienangehörigen nach der Definition von Absatz 2 unter der Bedingung das Aufenthaltsrecht, dass sie für sich und ihre Familienangehörigen über eine Krankenversicherung, die im Aufnahmemitgliedstaat alle Risken abdeckt, sowie über ausreichende Existenzmittel verfügen, durch die sichergestellt ist, dass sie während ihres Aufenthaltes nicht die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaates in Anspruch nehmen müssen.
...
(2) Bei dem Aufenthaltsberechtigten dürfen folgende Personen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit in einem anderen Mitgliedstaat Wohnung nehmen:
...
b) seine Verwandten und die Verwandten seines Ehegatten in aufsteigender Linie, denen er Unterhalt gewährt."
§ 29 FrG lautet:
"§ 29. (1) Angehörige von EWR-Bürgern, die zwar Fremde aber nicht EWR-Bürger sind (Drittstaatsangehörige), unterliegen der Sichtvermerkspflicht gemäß § 5.
(2) Sofern die EWR-Bürger zum Aufenthalt berechtigt sind, ist begünstigten Drittstaatsangehörigen (Abs. 3) ein Sichtvermerk auszustellen, wenn durch deren Aufenthalt nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet wäre. ...
(3) Begünstigte Drittstaatsangehörige sind
1.
...
2.
Verwandte der EWR-Bürger in auf- und absteigender Linie oder ihre Ehegatten, sofern ihnen Unterhalt gewährt wird."
Der Beschwerdeführer verfügte weder nach der Aktenlage noch nach seinem eigenen Vorbringen jemals über eine Aufenthaltsbewilligung. Die belangte Behörde wertete seinen Antrag daher zu Recht als Erstantrag, welcher an § 6 Abs. 2 AufG zu messen ist.
Die Beschwerde bringt vor, es sei in keiner Weise nachvollziehbar, wie die belangte Behörde aufgrund des Antrages habe feststellen können, dass dieser in Österreich unterzeichnet worden sei. Die belangte Behörde habe es unterlassen, diesbezügliche Nachforschungen und Überprüfungen anzustellen. Diese Feststellung entbehre daher jeglicher Begründung. Auch die weiteren Ausführungen, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung zugegeben, in Österreich aufhältig zu sein bzw. in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, rechtfertigten nicht die Annahme, dass dies bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung der Fall gewesen sei.
Diesem - geradezu mutwilligen - Vorbringen ist zu entgegnen, dass gemäß § 6 Abs. 2 erster Satz AufG der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen ist.
Nach dem u.a. aus den Gesetzmaterialien erschließbaren Normzweck des § 6 Abs. 2 AufG wird für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht nur vorausgesetzt, dass der Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet gestellt wird, sondern auch, dass die Entscheidung über den Antrag grundsätzlich vom Ausland aus abgewartet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/1703).
Die belangte Behörde konnte sich bei ihrer Feststellung, der Beschwerdeführer habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung und auch in der Folge im Bundesgebiet aufgehalten, auf dessen eigene Angaben im Verwaltungsverfahren stützen. So gab der Beschwerdeführer nicht nur an, seinen Bewilligungsantrag am 23. Juli 1996 in Wien unterfertigt zu haben, auf dem dem Antrag angeschlossenen Kuvert über die am 23. Juli 1996 in Wien erfolgte (eingeschriebene) Postaufgabe scheint auch ausdrücklich eine Anschrift in Wien 21 auf. Die Angaben des Beschwerdeführers in seiner Berufung über seinen Aufenthalt und seine Erwerbstätigkeit im Inland werden in der Beschwerde wiederholt. Von diesen vom Beschwerdeführer selbst gelieferten Sachverhaltselementen konnte die belangte Behörde auch ohne Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG bei ihrer Entscheidung ausgehen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung und danach (und damit auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) in Österreich aufgehalten, unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften keineswegs entgegenzutreten.
Der Beschwerdeführer, der nach der Aktenlage weder über eine Aufenthaltsbewilligung noch über einen gewöhnlichen Sichtvermerk verfügte (er war als Asylwerber eingereist), zählt schon aus diesen Gründen nicht zu jenen Fremden, welche gemäß § 4 Z. 2 oder 4 der Verordnung BGBl. Nr. 707/1996 ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausnahmsweise im Inland stellen können.
Auch der Hinweis auf seine familiären Interessen im Bundesgebiet (Ehefrau und Kleinkind) vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen:
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht besteht keine Frist für eine zulässige Antragstellung im Inland nach rechtskräftiger Beendigung des Asylverfahrens. Der abgewiesene Asylwerber hat seinen Antrag betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vor einer weiteren Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 96/19/0219). Es kann daher keine Rede davon sein, dass der derzeit unberechtigte Aufenthalt des Beschwerdeführers "einzig auf einen Formalfehler" zurückzuführen ist. Im Übrigen hat der Gesetzgeber der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG in Ansehung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger auf die durch Art. 8 MRK geschützten Rechtsgüter Bedacht genommen. Dagegen, dass die Bundesregierung diese Verordnungsermächtigung lediglich in Ansehung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger, die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde, genutzt hat, bestehen beim Verwaltungsgerichtshof im Hinblick darauf, dass § 4 Z. 4 der in Rede stehenden Verordnung sinngemäß auch auf Angehörige österreichischer Staatsbürger, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten, anzuwenden ist, keine Bedenken aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 1 MRK (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1997, Zl. 96/19/0785).
Die Beschwerde bringt weiters vor, nach EU-Recht sei jeder Staatsbürger eines EU-Mitgliedstaates berechtigt, sich in Österreich auch mit einem Ehegatten, welcher einem EU-Mitgliedstaat nicht angehört, niederzulassen. Es sei in keiner Weise sachlich zu rechtfertigen, dass ein österreichischer Staatsbürger gegenüber einem Staatsbürger eines anderen EU-Mitgliedstaates derart gravierend schlechter gestellt sein sollte.
Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass sich Art. 10 der Verordnung des Rates vom 15. Oktober 1968, Nr. 1612/68, ebenso wie Art. 1 und 4 der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom gleichen Tage (68/360/EWG) ausdrücklich auf Familienangehörige von Arbeitnehmern, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzen und im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates beschäftigt sind, bezieht. Die Präambel zur Richtlinie des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht (90/364/EWG) spricht ebenfalls davon, dass diese Richtlinie die Harmonisierung der den Aufenthalt der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten (und deren Familienangehörigen) in einem anderen als dem Mitgliedstaat, dessen Angehörige sie sind, betreffenden einzelstaatlichen Vorschriften bezweckt. Auch in Art. 1 der zitierten Richtlinie ist die Rede von "Angehörigen der Mitgliedstaaten, denen das Aufenthaltsrecht nicht aufgrund anderer Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zuerkannt ist, sowie deren Familienangehörigen nach der Definition von Abs. 2". Es ist daher unmittelbar evident, dass auch die Richtlinie des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht nur solche Drittstaatsangehörige betrifft, die Familienangehörige eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates sind, der sich seinerseits in einem anderen Mitgliedstaat aufhält (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/1526).
Der Beschwerdeführer selbst ist nicht Angehöriger eines Mitgliedstaates. Seine Ehegattin und seine Tochter sind zwar österreichische Staatsangehörige; als Drittstaatsangehöriger österreichischer Staatsangehöriger, der sich in Österreich aufhält, ist der Beschwerdeführer aber durch den Regelungsinhalt der in Rede stehenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft nicht erfasst und durch sie nicht begünstigt.
Im vorliegenden Fall kann es dahingestellt bleiben, ob das Sachlichkeitsgebot des Art. 7 Abs. 1 B-VG, Art. 14 MRK oder das bundesverfassungsrechtliche Gebot der Gleichberechtigung Fremder untereinander eine Gleichstellung von Drittstaatsangehörigen österreichischer Staatsbürger mit solchen von EWR-Bürgern, verlangt. Auch bejahendenfalls läge der Grund für die Ungleichbehandlung nicht in § 6 Abs. 2 AufG. Eine allenfalls gebotene Gleichbehandlung zwischen Angehörigen von Österreichern und solchen von EWR-Bürgern, die jeweils Drittstaatsangehörige sind, hätte zur Folge, dass die - für Drittstaatsangehörige von EWR-Bürgern geltenden - Bestimmungen des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG und des § 29 FrG allenfalls verfassungswidrig (weil zu eng) oder aber verfassungskonform dahingehend zu interpretieren wären, dass sie auch auf Drittstaatsangehörige von Österreichern anzuwenden sind (zur Möglichkeit einer solchen verfassungskonformen Interpretation des § 29 FrG vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1997, B 592/96-6).
Diese Normen sind hier aber vom Verwaltungsgerichtshof nicht anzuwenden, weil "Sache" des Verwaltungsverfahrens nicht die Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 29 FrG, sondern die Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung war. Schon die Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG, welche die Bundesregierung berechtigt, Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG aufenthaltsberechtigt sind, unter näher umschriebenen Voraussetzungen von der Anrechnung auf die Zahl der Bewilligungen auszunehmen, zeigt, dass auch für Personen, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG erfüllen, eine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt werden kann. Daher ist die Frage, ob einem gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG Niederlassungsfreiheit genießenden Fremden (dem der Beschwerdeführer allenfalls gleichzuhalten wäre) eine Bewilligung nach dem AufG erteilt werden dürfte, allein danach zu beurteilen, ob die Voraussetzungen nach diesem Gesetz vorlagen oder nicht (vgl. das zu dem nach Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des durch das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation aufenthaltsberechtigten türkischen Staatsangehörigen ergangene hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/19/1549, sowie das zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/1526).
Selbst wenn der Beschwerdeführer also Drittstaatsangehörigen von EWR-Bürgern gleichstehen sollte, fiele er aus den im hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 95/19/0897, genannten Gründen nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995, weil auf ihn die Voraussetzungen, er sei aufgrund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder eines Staatsvertrages aufenthaltsberechtigt, nicht zutreffen. Für ihn wäre daher auch aus diesem Grunde keine Antragstellung vom Inland aus möglich gewesen. (Vgl. neuerlich das zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/1526.)
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen darauf, ob die belangte Behörde zu Recht auch das Vorliegen des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG angenommen hat.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Oktober 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997190421.X00Im RIS seit
02.05.2001