Entscheidungsdatum
25.09.2018Norm
AVG §18Spruch
W201 2194219-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela Schidlof als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, vom XXXX, gegen den Bescheid der pharmazeutischen Gehaltskasse, GZ XXXX vom XXXX betreffend Antrag auf Gewährung eines Pensionszuschusses ab 1. Dezember 2016, zu Recht erkannt:
I.
Der Beschwerde wird stattgegeben und der Bescheid vom 10.Oktober 2017 aufgehoben.
II.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Feststellungen:
Mit Antrag vom 4.10.2017 stellte der Beschwerdeführer bei der pharmazeutischen Gehaltskasse für Österreich einen Antrag auf Pensionszuschuss nach Statut A Statut B der Zusatz Altersversorgungsrichtlinie zur Alterspension.
2. Mit einem am 13. Oktober 2017 zugestellten Schriftstück vom 10. Oktober 2017 wurde der oben genannte Antrag des Beschwerdeführers "abgelehnt". Der im von der Gehaltskasse vorgelegten Akt einliegende "Bescheid" trägt keinen Kopf, insbesondere keine Behördenbezeichnung. Die Unterschriftenklauseln lauten "erste Obfrau/Stellvertreterin" "zweiter Obmann/Stellvertreter" und sind mit handschriftlichen, unleserlichen Paragraphen versehen.
Gegen dieses Schriftstück erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. Oktober 2017 rechtzeitig Beschwerde.
3. Der Verwaltungsakt samt Beschwerde wurde durch die pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt
4. Mit Beschluss vom 24. April 2018 wurde die Beschwerde durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in Folge Unzuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen.
5. Der Verwaltungsakt wurde nach der Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch dieses an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
I. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage. Es ist davon auszugehen, dass die Behörde den Akt in vollem Umfang vorgelegt hat, da die Behörde ansonsten in rechtsstaatlich bedenklicher Weise das Verfahren nach Belieben beeinflussen könnte und es kann somit von einer fehlenden Genehmigung des "Bescheides" ausgegangen werden.
II. Rechtliche Beurteilung:
II.1. Verfahrensrechtliche Bestimmungen:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt fest steht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
II.2. Zum Spruchpunkt I:
§ 18 AVG regelt auf einfachgesetzlicher Ebene die behördliche Erledigung, dh. den Akt, mit dem die Behörde eine - durch ein Anbringen an sie herangetragene oder von Amts wegen zu behandelnde - Aufgabe "erledigt". Die Erledigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit zum einen der "verwaltungsinternen" Genehmigung (vgl. § 18 Abs. 3 AVG) und zum anderen der außenwirksamen Bekanntgabe (vgl. § 18 Abs. 4 AVG - insb. Verkündung oder Zustellung) an die Rechtsunterworfenen.
Unabhängig von der Form der Erledigung kommt diese rechtswirksam nur dann zu Stande, wenn sie auf einem der Behörde zurechenbaren Willensakt einer oder mehrerer Personen beruht, der sog Genehmigung der Erledigung. Gem. § 18 Abs. 3 AVG müssen schriftliche Erledigungen vom Genehmigenden entweder eigenhändig unterschrieben oder aber elektronisch genehmigt werden. Schon die "interne" Urschrift einer schriftlichen Erledigung muss somit, bevor sie "nach außen" bekanntgegeben wird, erkennen lassen, wer die Erledigung getroffen und daher auch zu verantworten hat. Ist eine solche Erkennbarkeit nicht gegeben, ist der Akt absolut nichtig.
Mit dem Merkmal des Namens des Genehmigenden der Ausfertigung bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass für die Parteien eines Verwaltungsverfahrens die Identität des Genehmigenden jedenfalls erkennbar sein muss. Daraus folgt, dass (zumindest) der (Nach-)Name des Genehmigenden leserlich, also z. B. durch Beifügung in Maschinschrift, mittels Stampiglie oder aber durch leserliche Unterschrift aus der Ausfertigung der Erledigung (insb. der Fertigungsklausel) hervorgehen muss. Andernfalls ist die Erledigung im Allgemeinen absolut nichtig.
Der VwGH hat die rechtliche Wirksamkeit einer Ausfertigung bejaht, in welcher der Name des Genehmigenden am Ende des Dokuments falsch wiedergegeben wurde, jedoch der Name der betreffenden Person aus dem Gesamtzusammenhang (insb. aus dem Spruch) eindeutig erkennbar war, es sich also lediglich um eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit des Bescheides i. S. d. § 62 Abs. 4 AVG handelte.
"Genehmigender" i. S. d. § 18 Abs. 4 AVG ist bei monokratisch organisierten Behörden stets derjenige Organwalter, der die Entscheidung durch Genehmigung der internen Erledigung
(§ 18 Abs. 2 AVG) getroffen hat. In Ausfertigungen solcher Behörden ist daher - bei sonstiger absoluter Nichtigkeit - entweder der Name des Behördenleiters oder, wenn die Willensbildung durch einen Approbationsbefugten erfolgte, der Name des, vom Behördenleiter ermächtigten, Organwalters anzuführen.
In seinem Erkenntnis vom 15.12.2010, GZ 2009/12/0195 führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass aus dem Grunde des § 18 Abs. 4 erster Satz AVG jede schriftliche Ausfertigung, also auch solche eines durch eigenhändige Unterschrift genehmigten Originals (jedenfalls) die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten habe. Im vorliegenden Fall sei der Name des Genehmigenden auch nicht aus einer der Ausfertigung beigefügten leserlichen Unterschrift desselben zu erkennen, zumal die Ausfertigung überhaupt nicht unterfertigt sei. Dieses Erfordernis werde auch nicht durch die Benennung von Organwaltern erfüllt, die (in einer Angelegenheit) Auskünfte erteilen könnten. Das Fehlen des Namens des Genehmigenden führe zur absoluten Nichtigkeit der Erledigung (vgl. hierzu die bei Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, erster Teilband Rz 19 zu § 18 AVG wiedergegebene Judikatur).
Zu beachten gilt, dass gemäß § 357 ASVG, idF BGBl Nr. 86/2013, die Versicherungsträger die §§ 18, 58, 59 bis 61a und 62 Abs. 4 AVG in ihren Verfahren in Leistungs- als auch Verwaltungssachen bis zum 31.12.2013 anzuwenden hatten. Dieser Paragraph ist nun aufgehoben, die Anwendung des gesamten AVG auf das Verfahren in Verwaltungssachen ergibt sich daher aus Art. I Abs. 2 Z 1 EGVG.
Sondervorschriften, analog jener im § 96 BAO in Form einer unwiderleglichen Vermutung der Genehmigung durch den Leiter der Behörde im Gesetzesrang, wenn die Unterschrift oder Beglaubigung auf dem Bescheid fehlt, wie sie der Entscheidung des VwGH vom 14.12.2006, Zl. 2005/14/0014 zugrunde lagen, gibt es im ASVG nicht.
Eine Amtssignatur könnte daher nach dem zuvor dargestellten allenfalls die Unterschrift bzw. die Beglaubigung ersetzen, jedoch nicht die Anführung des Namens des Genehmigenden gemäß § 18 Abs. 4
Eine unabdingbare Voraussetzung für die Qualifikation einer Erledigung als Bescheid ist, dass sie einer Verwaltungsbehörde im funktionellen Sinne zugerechnet werden kann. Dementsprechend ordnet § 58 Abs. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 AVG an, dass jede schriftliche Ausfertigung eines Bescheides die Bezeichnung der Behörde zu enthalten hat, welcher der Bescheid zuzurechnen ist (VW SNG 958 Abstand A/1977 verstärkter Senat). Für den Bescheidcharakter eine Erledigung ist es daher auch wesentlich, dass ihr die bescheiderlassende Behörde (und nicht bloß der betreffende Rechtsträger oder Organwalter) bei objektiver Betrachtung entnommen werden kann.
Der dem Akt einliegende Bescheid genügt diesen Anforderungen nicht. So ist aus dem Bescheid die belangte Behörde nicht erkennbar. Lediglich im Rahmen der Rechtsmittelbelehrung wird darauf Bezug genommen, dass die Beschwerde binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei der pharmazeutischen Gehaltskasse einzubringen ist. Dabei könnte es sich jedoch auch um eine reine Poststelle handeln. Aus der Rechtsmittelbelehrung allein ist keineswegs ableitbar, wer die bescheiderlassende Behörde ist.
Des weiteren weist der Bescheid keine ausreichende rechtliche Begründung des Bescheidspruches auf. Dass selbst die belangte Behörde Aufklärungsbedarf gesehen hat, geht aus einem Schreiben vom 23. Oktober 2017 hervor, welches in Beantwortung der Beschwerde dem Beschwerdeführer zugemittelt wurde. Dieses Schreiben führt ausführlich an, warum dem Antrag des Beschwerdeführers nicht stattgegeben werden konnte. Diese Begründungselemente hätten jedoch bereits im Bescheid enthalten sein müssen. Eine Bescheidbegründung kann nicht durch ein einfaches nachträgliches Schreiben der Behörde ersetzt werden.
Weiters ist weder dem Bescheid noch dem Verwaltungsakt zu entnehmen, wer den Bescheid unterfertigt hat. Die unleserlichen Fertigungsparagraphen lassen nicht erkennen, ob die jeweiligen unterfertigenden Personen überhaupt eine Approbationsbefugnis haben. Auch dem Verwaltungsakt selbst ist nicht zu entnehmen, ob es eventuell eine Urschrift mit entsprechenden Nachweis der Approbationsbefugnis gibt.
Auch aus diesem Grund genügt der vorliegende Bescheid den gesetzlichen Anforderungen nicht. Nach dem AVG muss nämlich jede Urschrift einer Erledigung einem bestimmten Menschen (Organwalter ) zurechenbar bleiben. Anderenfalls kommt eine Erledigung selbst dann nicht zu Stande, wenn ihre Ausfertigung § 18 Abs. 4 AVG genügt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
II.3. Zum Spruchpunkt II:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Bescheidqualität, Genehmigung, Nichtbescheid, UnterschriftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W201.2194219.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.11.2018