TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/25 W169 2201023-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2018
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Entscheidungsdatum

25.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2201023-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2017, Zl. 1124400305-161047722, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler, schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 28.07.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme und die Sprache Punjabi spreche. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Sikhs und der Volksgruppe der Jat an. Der Beschwerdeführer habe in Indien zwölf Jahre die Grundschule besucht. Sein Vater sei bereits verstorben; die Mutter des Beschwerdeführers würde noch im Herkunftsstaat leben. Weiters habe er eine Schwester in Australien. Zu seinem Ausreisegrund führte der Beschwerdeführer an, dass er in Indien vom Onkel seines Vaters mit dem Umbringen bedroht worden sei, weil der Beschwerdeführer das Geld, welches der Onkel der Familie des Beschwerdeführers geschuldet habe, zurückverlangt habe.

2. Der Beschwerdeführer erschien trotz ordnungsgemäßer Ladung an seine rechtsfreundliche Vertretung am 28.02.2017 nicht zur Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

3. Mit Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.04.2017 wurde das Asylverfahren eingestellt, zumal der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers nicht feststellbar war.

4. Am 10.04.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen Verstoßes gegen § 22 Abs. 1 iVm § 4 Abs. 1 MeldeG zur Anzeige gebracht.

5. Am 10.09.2017 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer fremdenrechtlichen Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes angehalten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erließ gegen den Beschwerdeführer am selben Tag einen Festnahmeauftrag und wurde der Beschwerdeführer in das PAZ Hernalser Gürtel eingeliefert.

6. Anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.09.2017 gab der Beschwerdeführer an, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme und der Religionsgemeinschaft der Sikhs angehöre. Er sei ledig, kinderlos und gesund. Im Herkunftsstaat habe der Beschwerdeführer zwölf Jahre die Grundschule und zwei Jahre ein College besucht, wo er Kunst studiert habe. Er habe nicht gearbeitet, jedoch habe er - sowie seine Familie - Geld verliehen und von den Zinsen gelebt. Der Vater des Beschwerdeführers sei Landwirt gewesen und sei im Jahr 2003 ertrunken. Nun lebe seine Mutter, mit welcher der Beschwerdeführer einmal wöchentlich telefoniere, bei der Tante des Beschwerdeführers und ihrem Ehegatten. Der Ehemann der Tante sei Landwirt; sie seien sehr reich. Die Schwester des Beschwerdeführers lebe in Australien.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor (A:

nunmehriger Beschwerdeführer; F: Leiter der Amtshandlung):

"(...)

FLUCHTGRUND

F: Geben Sie bitte Ihre Fluchtgründe die Sie zur Ausreise aus Indien veranlasst haben bekannt. Schildern Sie bitte von den ausschlaggebenden Gründen für Ihre jetzige Ausreise. Was ist in Ihrer Heimat passiert, dass Sie sich zur Flucht entschlossen haben? Schildern Sie die Ereignisse in chronologischer Reihenfolge und so detailreich, dass sich ein Außenstehender ein Bild Ihrer Situation machen kann.

Schildern Sie Ihre Gründe bitte daher unter Angabe von Einzelheiten und anscheinenden Nebensächlichkeiten.

A: Mein Vater hat die Landwirtschaft verkauft. Den Erlös daraus hat mein Onkel bekommen. Er sagte zu meinem Vater: "Mit diesem Geld werden wir zusammen eine andere Landwirtschaft kaufen. Danach verweigerte er das Geld meinem Vater zurückzugeben. Dann war mein Vater oft bei meinem Onkel und wollte das Geld zurück. Dann haben wir erfahren, dass mein Vater nicht mehr am Leben ist. Seine Leiche fanden wir erst nach 7 Tagen. Nach dem Tod meines Vaters hat mein Onkel uns nur 200.000 Rupien gegeben, mehr nicht. Danach war meine Mutter oft bei meinem Onkel, wegen des Geldes. Aber er gab es nicht zurück. Zuletzt hat er meine Mutter damit bedroht, dass er mich töten würde. Deshalb haben wir unser Dorf verlassen und sind nachXXXX gezogen. Danach ist aber meine Mutter immer wieder zu Ihm gegangen und habe das Geld verlangt. Mein Onkel sagte uns zu das Geld zu geben, hat es aber nie gemacht. Ein paar Mal wurde unser Haus mit Steinen beworfen. Wir glauben, dass der Onkel meines Vaters dahintersteckt. Aus Angst vor dem Onkel hat meine Mutter meine Schwester schnell verheiratet, und mich ins Ausland geschickt. Jetzt hat meine Mutter den Kontakt zu dem Onkel meines Vaters völlig abgebrochen.

F: Sind das alle Ihre Fluchtgründe?

A: Ja. Das ist alles

Aufforderung

Sie erstatten bloß ein abstraktes Vorbringen. Im Asylverfahren ist das Aufstellen von allgemeinen Behauptungen nicht ausreichend. Sie müssen Ihr Vorbringen glaubhaft machen. Glaubhaft können Sie Ihr Vorbringen nur machen, indem Sie in allen Einzelheiten und konkret von den fluchtauslösenden Vorfällen berichten. Machen Sie konkrete Angaben zu den Geschehnissen (Vorfallszeiten, Vorfallsörtlichkeiten, Personendaten, etwaig beteiligte Personen, Umstände und Ihre höchstpersönliche Betroffenheit). Sie behaupten, dass Ihr Vater 2003 vermutlich durch das Zutun Ihres Onkels ums Leben gekommen ist. Und 2015 haben Sie Indien verlassen? Das passt nicht zusammen, was sagen Sie dazu?

A: Es wurde immer ärger, seit dem Jahr 2011.

Anmerkung: Die VP gibt trotz mehrfacher Fragewiederholung an, die Frage nicht zu versehen. Die VP antwortet nicht. Nach längerer

Wartezeit, sagt die VP: "Meine Mutter ist öfter zu dem Onkel meines

Vater gegangen:

F: Ist das Alles was Sie über Ihre höchstpersönlichen Flucht/Ausreisegründe, welche sie immerhin zum Verlassen Ihres Heimatlandes und Ihrer Familienangehörigen sowie Aufgabe Ihrer Existenz sagen können/wollen?

A: Er hat meine Mutter mit meinem Tod bedroht.

F: Könnten Sie in einem anderen Ort, einer anderen Stadt in Indien leben und arbeiten?

A: Nein.

F: Weswegen nicht?

A: Wohin soll ich gehen, wir haben in XXXX umsonst gelebt und meine Tante hat mich unterstütz.

F: Was hätten Sie zu befürchten, wenn Sie heute nach Indien zurückkehren würden?

A: Ich habe Angst vor meinem Großonkel.

(...)"

Weiters gab der Beschwerdeführer an, dass er niemals Probleme mit den heimatlichen Behörden hatte.

Zu den Lebensumständen in Österreich gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er hier keine Verwandten oder Familienangehörigen habe und mit niemandem in einer Ehe oder eheähnlichen Partnerschaft lebe. Er habe keinen sonstigen Bezug (Freunde oder Bekannte) in Österreich und lebe von der Grundversorgung. Er besuche keine Deutschkurse und spreche auch kein Deutsch. Der Beschwerdeführer könne sich vorstellen, als Reinigungs- oder Hilfskraft auf Baustellen oder als Zeitungszusteller zu arbeiten.

Dem Beschwerdeführer wurde am Ende der Einvernahme die Möglichkeit geboten, in die aktuellen Länderberichte zur Situation in Indien Einsicht zu nehmen und eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben. Der Beschwerdeführer verzichtete auf die Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen kein Glauben geschenkt werde. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

8. Am 26.05.2018 wurde durch die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.9.2017 erhoben. Nach Wiederholung der Fluchtgründe wurde in der Beschwerde moniert, dass sich die Behörde nicht hinreichend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt habe und die Begründung im Bescheid nicht nachvollziehbar sei. Auch sei die Rückkehrsituation keiner "besonders genauen Überprüfung" unterzogen worden, um die Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK ausschließen zu können. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

9. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.06.2018 wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 26.5.2018 gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG stattgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Punjab, gehört der Volksgruppe der Jat und der Religionsgemeinschaft der Sikhs an. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. Er spricht die Sprache Punjabi und besuchte im Herkunftsstaat, wo er im Elternhaus lebte, zwölf Jahre die Grundschule sowie zwei weitere Jahre ein College. Der Beschwerdeführer ging keiner Beschäftigung nach. Er ist gesund und steht im erwerbsfähigen Alter.

Die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Indien eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht. Der Beschwerdeführer hatte niemals Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstigen Familienangehörigen in Österreich und lebt mit niemandem in einer Ehe oder eheähnlichen Partnerschaft. Er hat keinen sonstigen Bezug (Freunde oder Bekannte) in Österreich. Der Beschwerdeführer besucht keine Deutschkurse und spricht auch kein Deutsch. Er bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung und ist strafgerichtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer wurde wegen Verletzung der Meldepflicht zur Anzeige gebracht. Im Herkunftsstaat wohnt die Mutter des Beschwerdeführers bei seiner verheirateten Tante. Dieser geht es wirtschaftlich sehr gut, sie leben von den Erträgen aus der Landwirtschaft des Ehemannes der Tante. Der Beschwerdeführer steht in regelmäßigem telefonischen Kontakt zu seiner Mutter. Die Schwester des Beschwerdeführers lebt in Australien.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Allgemeine Menschenrechtslage

Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 16.8.2016). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 12.2016). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 16.8.2016). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, aber ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 16.8.2016).

Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind Missbrauch durch Polizei und Sicherheitskräfte einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet und trägt zur ineffektiven Verbrechensbekämpfung, insbesondere auch von Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Mitglieder registrierter Kasten und Stämme sowie auch gesellschaftlicher Gewalt aufgrund von Geschlechts-, Religions-, Kasten- oder Stammeszugehörigkeit bei (USDOS 13.4.2016).

Die Menschenrechtslage ist in Indien regional sehr unterschiedlich (BICC 6.2016), eine verallgemeinernde Bewertung kaum möglich:

Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 16.8.2016). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tiefverwurzelte soziale Praktiken wie nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 16.8.2016). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 6.2016). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, dort wo es interne Konflikte gibt teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatistische Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsverletzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Insbesondere hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten, wird den Sicherheitskräften Parteilichkeit vorgeworfen Die Stimmung wird durch hindunationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 6.2016).

Separatistische Rebellen und Terroristen in Jammu und Kaschmir, den nordöstlichen Bundesstaaten und im Maoistengürtel begehen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde an Zivilisten, Polizisten, Streitkräften und Regierungsbeamten. Aufständische sind für zahlreiche Fälle von Entführung, Folter, Vergewaltigung, Erpressung und den Einsatz von Kindersoldaten verantwortlich (USDOS 13.4.2016).

Die Behörden verstoßen auch weiterhin gegen die Privatsphäre der Bürger. In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein und es gibt Berichte von Verhaftungen, aber keine Verurteilungen nach diesem Gesetz. Manche Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 13.4.2016).

Im Oktober 1993 wurde die Nationale Menschenrechtskommission (National Human Rights Commission - NHRC) gegründet. Ihre Satzung beinhaltet den Schutz des Menschenrechtgesetzes aus dem Jahre 1993. Die Kommission verkörpert das Anliegen Indiens für den Schutz der Menschenrechte. Sie ist unabhängig und wurde durch ein Umsetzungsgesetz des Parlaments gegründet. Die NHRC hat die Befugnis eines Zivilgerichtes (NHRC o.D.). Die NHRC empfiehlt, dass das Kriminalermittlungsbüro alle Morde, in denen die angeblichen Verdächtigen während ihrer Anklage, Verhaftung, oder bei ihrem Fluchtversuch getötet wurden, untersucht. Viele Bundesstaaten sind diesem unverbindlichen Rat nicht gefolgt und führten interne Revisionen im Ermessen der Vorgesetzten durch. Die NHRC Richtlinien weisen die Bundesstaatenregierungen an, alle Fälle von Tod durch Polizeihandlung binnen 48 Stunden an die NHRC zu melden, jedoch hielten sich viele Bundesstaatenregierungen nicht an diese Richtlinien. Die NHRC forderte von den Bundesstaatenregierung, den Familien von Opfern eine finanzielle Kompensation zu bieten, aber die Bundesstaatenregierungen erfüllten diese Richtlinien nicht konsequent. Die Behörden haben die Streitkräfte nicht dazu aufgefordert, Todesfälle während der Haft an die NHRC zu melden (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2016):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201607/indien.pdf, Zugriff 13.12.2016

-

NHRC - The National Human Rights Commission India (o. D.): The National Human Rights Commission India, http://www.nhrc.nic.in/Documents/Publications/NHRCindia.pdf, Zugriff 5.1.2017

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 13.12.2016

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 13.4.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 16.8.2016).

Die Regierung lockerte Einschränkungen in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen. Die Sicherheitskräfte untersuchen Wagen und deren Inhaber bei Checkpoints im Kaschmirtal, vor öffentlichen Veranstaltungen in Neu Delhi oder nach großen terroristischen Angriffen (USDOS 13.4.2016).

Die Regierung darf die legale Ausstellung eines Passes, an einen Anwärter, von dem geglaubt wird, dass er in Aktivitäten außerhalb des Landes verwickelt ist, die "schädlich für die Souveränität und Integrität der Nation" sind, verweigern Bürger von Jammu und Kaschmir sind auch weiterhin mit massiven Verzögerungen bei der Ausstellung eines Passes konfrontiert, oft dauert es bis zu zwei Jahre, bis ihnen das Außenministerium einen Pass ausstellt oder erneuert. Die Regierung setzt Antragsteller - geboren in Jammu und Kaschmir - darunter auch Kinder von Militäroffizieren Berichten zufolge zusätzlichen Kontrollen aus, bevor sie einen Pass erhalten (USDOS 16.8.2016).

Mit dem geplanten Datenverbundsystem für die zentralen Sicherheitsbehörden und die Unionsstaaten, Crime and Criminal Tracking Network System (CCTNS), soll künftig ein Informationsaustausch auf allen Ebenen gewährleistet sein. Für 2012 war eine Anbindung von 15.000 Polizeistationen und 6.000 übergeordneten Stellen vorgesehen. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens liegt jedoch weit hinter dem ursprünglichen Zeitplan (AA 3.3.2014).

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern (ÖB 12.2016). Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch. Es bedarf lediglich eines sehr einfachen, öffentlichen Namensänderungsverfahrens, um seine Identität zu verschleiern (AA 3.3.2014).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 16.8.2016). Ob der Betreffende nach der Umsiedlung dort die Möglichkeit hat, sich ein wirtschaftliches Auskommen zu verschaffen, hängt ausschließlich von seiner Eigeninitiative ab (AA 3.3.2014).

In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Pracitces 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 28.12.2016

Meldewesen

Es gibt kein Meldewesen in Indien (AA 16.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

Grundversorgung/Wirtschaft

Indiens Wirtschaft hat sich zuletzt erholt und an Dynamik gewonnen. Indien zählt nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt. Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2015/2016 bei 7,6% (AA 9.2016).

Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht. Die große Zahl an Facharbeitskräften macht es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da deren Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist (BBC 27.9.2016)

Das hohe Wachstum der Jahre bis 2011 hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70% aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Ende September 2014 verkündete Premierminister Modi die "Make in India" Kampagne und rief ausländische Investoren dazu auf, in Indien bei verbesserten Investitionsbedingungen zu produzieren. Zur Ankurbelung der weiteren Industrialisierung werden groß angelegte Infrastrukturprojekte verfolgt. Auch im Bereich Schiene, den Häfen und im Luftverkehr sind erhebliche Investitionen nötig und geplant. Wachstum und Wohlstand verdankt Indien vor allem dem Dienstleistungssektor mit einem Anteil von über 53% am BIP. Hiervon profitiert aber bei einem Beschäftigungsanteil von etwa 30% nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Zur Überwindung der Massenarmut sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, vor allem auch für nicht oder gering qualifizierte Kräfte (AA 9.2016).

Indien hat eine Erwerbsbevölkerung von 404,5 Millionen, von welchen 43 Millionen im formellen Sektor und 361 Millionen im informellen Sektor arbeiten, wo sie weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert sind, noch Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung haben (AA 9.2016). Der Hauptteil der Menschen, die im informellen Sektor arbeiten, sind im privaten Sektor tätig (BAMF 12.2015). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 17,4% (2015/16) der Gesamtwirtschaft, obgleich rund 50% der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 9.2016).

Die Regierung hat überall im Land mehr als 900 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle im Regierungssekte frei ist. Das MGNREGA Gesetz (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act) ist ein Arbeitsgarantieprogramm. Erwachsenen eines ländlichen Haushalts, welche gewillt sind Handwerksarbeit zum Mindestlohn zu verrichten, wird hierdurch eine gesetzliche Jobgarantie für 100 Tage im Jahr gewährt. Das Kommissariat oder Direktorat der Industrie (The Commissionerates or Directorates of Industries) bieten Hilfe bei der Geschäftsgründung in den verschiedenen Staaten. Einige Regierungen bieten Arbeitslosenhilfe für Personen, die bereits mehr als drei Jahre bei der Stellenbörse registriert sind (BAMF 12.2015)

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 1.313 Euro. Etwa 30% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 1 USD pro Kopf und Tag. Rund 70% haben weniger als 2 USD pro Tag zur Verfügung. Auf dem Human Development Index des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme - UNDP) steht Indien auf Platz 135 unter 187 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (AA 9.2016).

In Indien haben derzeit von 400 Millionen Arbeitskräften nur etwa 35 Millionen Zugang zum offiziellen Sozialen Sicherungssystem in Form einer Altersrentenabsicherung. Dies schließt Arbeiter des privaten Sektors, Beamte, Militärpersonal und Arbeitnehmer von Unternehmen des staatlich öffentlichen Sektors ein (BAMF 8.2014). Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 12.2015).

Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 12.2015).

Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 16.8.2016).

Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar ID Nummer ausgestellt. Obwohl diese nicht verpflichtend ist, gaben Beamte an, dass der Nichtbesitz den Zugang zur Staatshilfe limitieren werden könnte (FH 3.10.2013). Die unverwechselbare Identitätsnummer ermöglicht es beispielsweise, dass staatliche Zuschüsse direkt an den Verbraucher übermittelt werden. Anstatt diese auf ein Bankkonto zu senden, wird sie an die unverwechselbare Identitätsnummer überwiesen, die mit der Bank verbunden ist und geht so an das entsprechende Bankkonto. 750 Millionen Inder haben derzeit eine derartige Identitätsnummer, ca. 130 Millionen haben diese auch mit ihrem Bankkonto verknüpft (International Business Times, 2.2.2015).

Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern eine 12-stellige Identitätsnummer (UID) auszustellen, die online überprüft werden können. Dieses Projekt soll gefälschte und doppelte Identitäten ausschließen. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details (Fingerabdrücke und IrisBild) verbunden. Der Erwerb einer UID ist freiwillig und kostenlos. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, sich registrieren zu lassen (UK Home Office 2.2015).

Da die im Rahmen des UID bzw. Aadhaar Projektes gesammelten Daten nicht in das nationale Bevölkerungsregister (NPR) integriert werden, stellt dieses jedoch nur eine bloße Auflistung von Namen und demographischen Details dar. Bisher wurden 1,04 Milliarden Aadhaar Nummern generiert, mit dem Plan der vollständigen Erfassung der Bevölkerung bis März 2017. Die zuständige Behörde für die einheitliche Identifikationsnummer weigert sich, die gesammelten Daten an das für das Bevölkerungsregister zuständige Innenministerium weiterzuleiten, da sie aufgrund des im Juli 2016 verabschiedeten Gesetzes von einem Datenaustausch ausgeschlossen ist (HT 8.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Indien, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8E633C2F61937CFE7189E5065CD31B93/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Wirtschaft_node.html, Zugriff 23.12.2016

-

BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016) India profile - Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 28.12.2016

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2014):

Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 29.12.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

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FH - Freedom House (3.10.2013): Freedom on the Net 2013 - India, http://www.ecoi.net/file_upload/3714_1380802722_fotn-2013-india.pdf, Zugriff 9.1.2017

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HT - Hindustan Times (8.8.2016): National Population Register project now a Rs 4,800-crore sinkhole, http://www.hindustantimes.com/india-news/national-population-register-project-now-a-rs-4-800-crore-sinkhole/story-xwmSEA3NwijJFoOpxYe3dN.html, Zugriff 9.1.2017

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International Business Times (2.2.2015): One Billion Indians To Have UID Numbers By Year-End As India Seeks To Boost Social Security,

http://www.ibtimes.com/one-billion-indians-have-uid-numbers-year-end-india-seeks-boost-social-security-1802126, Zugriff 9.1.2017

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UK Home Office (2.2015): Country Information and Guidance India:

Background information, including actors of protection, and internal relocation,

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/402790/cig_india_background_2015_02_04_v2_0.pdf, Zugriff 29.12.2016

Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 16.8.2016). Die indische Regierung hat kein Reintegrationsprogramm und bietet auch sonst keine finanzielle oder administrative Unterstützung für Rückkehrer (BAMF 12.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

2. Beweiswürdigung:

2.1. Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokumentes steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Seine Staatsangehörigkeit und seine Herkunft erscheinen auf Grund seiner Sprach- und Ortskenntnisse glaubhaft.

Die Feststellungen über die Lebenssituation des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat sowie die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten oder Familienangehörigen hat, mit niemandem in einer Ehe oder eheähnlichen Partnerschaft lebt, auch keine Freunde oder Bekannten hat, keinen Deutschkurs besucht und kein Deutsch spricht sowie gesund ist, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.09.2017.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer wegen Verletzung der Meldepflicht zur Anzeige gebracht wurde, ergibt sich aus der im Akt aufliegenden Anzeige der Landespolizeidirektion Wien vom 10.04.2017.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem und ins österreichische Strafregister.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine Probleme mit den Behörden in Indien hatte, ergibt sich aus seinen Angaben im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.09.2017

Die Beurteilung der belangten Behörde, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers über die Bedrohung durch den Onkel seines Vaters nicht glaubhaft sei, ist zutreffend, zumal die diesbezüglichen Angaben einerseits widersprüchlich und andererseits nur sehr vage und wenig detailliert und zudem logisch nicht nachvollziehbar waren.

So gab der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Protokoll, dass sein Vater die Landwirtschaft im Jahr 2000 verkauft und der Onkel den Erlös erhalten habe. Letzterer habe sich jedoch geweigert, das Geld dem Vater des Beschwerdeführers zu geben. Im Jahr 2003 sei der Vater des Beschwerdeführers ertrunken und habe sich sein Onkel auch weiterhin geweigert, die gesamte Geldsumme zu übergeben. Es habe 2003 auch einen Angriff auf das Haus des Beschwerdeführers gegeben; jemand habe Steine auf das Haus geworfen, weswegen sie zur Polizei gegangen seien; dies alles habe sich in XXXX zugetragen. Zu einem späteren Zeitpunkt in derselben Einvernahme schilderte der Beschwerdeführer die Chronologie der Ereignisse jedoch widersprüchlich, indem er angab, dass der Beschwerdeführer, seine Mutter und seine Schwester erst im Jahr 2007 zu seiner Tante nach XXXX hätten ziehen müssen. Weiters führte der Beschwerdeführer an, dass das Haus "ein paar Mal" mit Steinen beworfen worden sei.

Ein weiterer Widerspruch ergibt sich in den Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der Finanzierung seines Lebensunterhaltes im Herkunftsstaat. So gab er danach gefragt, wie er seinen Lebensunterhalt finanziert habe, an, dass er ab dem Jahr 2000 von Geldverleih und den daraus resultierenden Zinsen gelebt habe. Das Geld stamme von der Landwirtschaft, die sein Vater verkauft habe. Gleichzeitig gab der Beschwerdeführer jedoch zu Protokoll, dass sein Onkel ihnen erst nach dem Tod des Vaters des Beschwerdeführers einen Teil des Erlöses (200 000 Rupien) gegeben habe. Wie im angefochtenen Bescheid zurecht festgehalten, entzieht sich sohin jeglicher logischen Erklärung, wie der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2000 vom Erlös und den Zinsen hätten leben können, wenn sie die Summe erst nach dem Tod des Vaters im Jahr 2003 erhalten haben. Auch aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass die Schilderungen des Beschwerdeführers nicht der Wahrheit entsprechen.

Weiters gestalteten sich die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der fluchtkausalen Ereignisse nur äußerst vage und wenig konkret. Vom einvernehmenden Beamten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl darauf hingewiesen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu abstrakt sei, und nach Vorhalt der belangten Behörde, wonach eine lange Zeitspanne zwischen den fluchtkausalen Momenten und der Flucht des Beschwerdeführers bestünde, gab der Beschwerdeführer nur lapidar zu Protokoll: "Es wurde immer ärger, seit dem Jahr 2011.". Weitere konkrete Details zur angeblich fortbestehenden Bedrohungssituation führte der Beschwerdeführer jedoch nicht an. Trotz mehrfacher Fragewiederholung war der Beschwerdeführer nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten und gab er schließlich nur oberflächlich an: "Meine Mutter ist öfter zu dem Onkel meines Vaters gegangen.". Auch weiter danach gefragt, ob das alles sei, was der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen anzugeben habe, wiederholte er sein wenig konkretes Vorbringen und gab erneut nur sehr vage zu Protokoll: "Er hat meine Mutter mit dem Tod bedroht.". Nähere Ausführungen blieb der Beschwerdeführer allerdings schuldig.

Darüberhinaus ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Ausreisegrund angeführt hat, dass sein Großonkel ihn mit dem Tod bedroht habe, weil der Beschwerdeführer das Geld von ihm verlangt habe. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erwähnte der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt eine derartige Situation, sondern beschränkten sich die Fluchtgründe im Wesentlichen darauf, dass ausschließlich seine Mutter regelmäßig zum Großonkel gegangen sei, nach dem Geld verlangt hätte und seine Mutter vor diesem mit dem Tod bedroht worden sei.

Wie im angefochtenen Bescheid weiters zurecht festgehalten, lässt sich logisch nicht erklären, warum der Beschwerdeführer den Herkunftsstaat erst im Jahr 2015 verlassen hat, wenn die angeblichen Probleme mit dem Onkel seines Vaters bereits im Jahr 2003 begonnen hätten. Es ist auch logisch nicht nachvollziehbar, dass die Mutter des Beschwerdeführers, welche - laut eigenen Angaben des Beschwerdeführers - jenes Familienmitglied gewesen sei, welches immer wieder zum bezeichneten Verfolger gegangen sei, um das Geld zu verlangen und von diesem auch mit dem Tod bedroht worden sein will, sehr wohl in der Lage ist, unbehelligt in Indien weiterzuleben, während der Beschwerdeführer sich durch das äußerste Mittel der Flucht hat retten müssen.

Schließlich ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zuzustimmen, wenn es davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer sich auch an die Behörden seines Heimatlandes hätte wenden können, zumal er auch unmissverständlich zu Protokoll gab, keine Probleme mit den indischen Behörden gehabt zu haben.

2.2. Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Situation in Indien ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderberichten, die dieser Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben.

Den herangezogenen Länderberichten wurde weder in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, noch im Beschwerdeschriftsatz substantiiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zum Spruchteil A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Besti

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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