Entscheidungsdatum
26.09.2018Norm
BFA-VG §18Spruch
W159 2133519-2/3E
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter in der Beschwerdesache XXXX, geb. XXXX, StA.: Uganda, über Spruchpunkt VIII. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.08.2018, Zl. XXXX, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes VIII. (Spruchpunkt über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) des Bescheides als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Antragsteller, ein Staatsbürger von Uganda, gelangte am 03.06.2015 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte am gleichen Tag einen (1.) Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 04.06.2015 erfolgten Erstbefragung durch die Abteilung XXXX gab der Antragsteller zu seinen Fluchtgründen lediglich an, dass er niemanden in seiner Heimat habe, keine Arbeit finde und finanziell nicht über die Runden komme, deshalb sei er nach Europa gereist. Auch in Spanien und in der Schweiz habe er keine Arbeit gefunden.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost vom 16.09.2015 Zl. XXXX wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz - ohne in die Sache einzutreten - als unzulässig zurückgewiesen und für die Prüfung dieses Antrages Spanien für zuständig erklärt sowie unter Spruchteil II. die Außerlandesbringung angeordnet und die Abschiebung nach Spanien für zulässig erklärt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.10.2015 Zl.XXXX wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Folge wurde mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2015 Zl.XXXX die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet und am 23.12.2015 der Beschwerdeführer nach Spanien abgeschoben.
Er kehrte jedoch wieder ins Bundesgebiet zurück und wurde am 16.03.2016 wegen Verdachtes des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften festgenommen und in Untersuchungshaft genommen.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.07.2016, Zl. XXXX wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und unter Spruchteil II. festgestellt, dass die Rückkehr nach Uganda zulässig sei und unter Spruchteil III. die Frist für die freiwillige Ausreise mit vierzehn Tagen festgelegt und unter Spruchteil IV. ein Einreiseverbot auf die Dauer von fünf Jahren angeordnet. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.02.2017 Zl. XXXXals verspätet zurückgewiesen.
Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom 13.01.2018 wurde neuerlich die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.02.2018 Zl. W140 2184406-1/4Z wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft vom 13.01. bis 01.02.2018 für rechtmäßig erklärt, jedoch unter Spruchteil II. festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen im Entscheidungszeitpunkt nicht vorlägen.
Am 02.02.2018 stellte der Beschwerdeführer den nunmehr gegenständlichen (2.) Antrag auf internationalen Schutz, gab jedoch gleichzeitig an, dass er wohl Angst um sein Leben habe, aber keine neuen Fluchtgründe. Am 24.07.2018 erfolgte eine Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg. Eingangs der Einvernahme gab der Antragsteller an, dass er gesund sei, aber manchmal Marihuana rauche. Er habe keine Kontakte mehr zu seiner Familie und habe in Uganda von der Landwirtschaft gelebt und 2010 bis 2015 habe er sich in Algerien und Marokko aufgehalten, nach Europa sei er 2014 gekommen. Daraufhin sei er in der Schweiz und in Spanien aufhältig gewesen. In Spanien sei es schwierig für ihn gewesen Arbeit zu finden. Aus Uganda sei er wegen des Krieges zwischen den Nachbarstaaten weggegangen, persönlich sei er aber nicht davon betroffen gewesen. Im Falle einer Rückkehr fürchte er nur, dass er in seinem Herkunftsland niemanden habe, das Leben sei sehr hart für ihn.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.08.2018 Zl. XXXX-10180115201 wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Uganda abgewiesen und unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel "besonderer Schutz" nicht erteilt, unter Spruchteil IV. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchteil V. die Abschiebung nach Uganda für zulässig erklärt, unter Spruchteil VI. festgestellt, dass der Antragsteller ab dem 16.03.2016 das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe, unter Spruchteil VII. festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, unter Spruchteil VIII. eine Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt, unter Spruchteil IX. eine auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und unter Spruchteil X. dem Antragsteller aufgetragen, im Quartier XXXX, durchgehend Aufenthalt zu nehmen. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der bisherigen Einvernahmen wurden die Beweismittel aufgelistet und Feststellungen zu Uganda getroffen. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass der Antragsteller keine asylrelevanten Fluchtgründe habe vorbringen können und sozioökonomische Gründe für das Verlassen des Heimatstaates maßgebend gewesen seien.
Rechtlich begründend zu Spruchteil I. wurde ausgeführt, dass sich unter Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher zur Gewährung von Asyl führen würde, ergeben hätten. Zu Spruchteil II. wurde insbesondere ausgeführt, dass sich die allgemeine Lage im Heimatland nicht derart schlecht darstelle, dass quasi jedermann im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Situation gerate und stünden überdies innerstaatliche Fluchtalternativen zur Verfügung. Zu Spruchteil III. wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG nicht vorlägen; zu Spruchpunkt IV. dass kein Familienleben in Österreich vorliege und zum Privatleben, dass der Antragsteller illegal in das Österreichische Bundesgebiet eingereist sei, nachdem er zuvor nach Spanien abgeschoben worden sei und wiederholt massiv straffällig geworden sei. Es sei daher eine Rückkehrentscheidung zulässig. Da auch keine Gründe nach § 50 FPG vorlägen, die gegen eine Abschiebung sprechen und einer solchen auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegenstehe, sei eine solche als zulässig zu bezeichnen (Spruchpunkt V.). Zu Spruchpunkt VI. wurde festgehalten, dass aufgrund der mehrfachen Straffälligkeit der Antragsteller sein Aufenthaltsrecht ex lege verloren habe, zu Spruchteil VII. wurde die unverzügliche Ausreiseverpflichtung aufgrund des Entfalls der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde angeordnet, zu Spruchteil VIII. wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller massiv straffällig geworden sei zweimal von einem Landesgericht zu einer teilbedingten bzw. unbedingten Haftstrafe verurteilt worden sei und auferlegten Wohnsitzbeschränkungen nicht nachkommen würde, sodass er zweifelsohne eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle, Spruchteil IX. wurde auch mit der gravierenden Suchtmitteldeliquenz und der dadurch resultierenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung die vom Beschwerdeführer ausgehe begründet, Spruchteil X. mit der Verletzung der Mitwirkungspflichten des Beschwerdeführers.
Gegen diesen Bescheid, und zwar gegen alle Spruchpunkte, erhob der Antragsteller, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, fristgerecht Beschwerde. Darin wurde lediglich kurz das bisherige Vorbringen dargestellt, wobei festgehalten wurde, dass der Antragsteller "aus sozioökonomischen Gründen" geflüchtet sei. Gefolgert wurde, dass die vorgebrachten Asylgründe zumindest die Zuerkennung von subsidiären Schutz rechtfertigen würden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:
Die obige Darstellung des Verfahrensganges wird zu Feststellungen erhoben. Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 14.04.2016 wegen § 27 Abs. 1 U 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, sowie mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 22.02.2017 zur Zl. XXXX wegen der gleichen Bestimmung zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt wurde, wobei es sich bei dem Rauschgift um Heroin gehandelt hat.
Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Verfahrensakt der belangten Behörde zur Zl. XXXX sowie dem eingeholten Strafregisterauszug.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt aberkannt werden, wenn "schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt".
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG ist nicht zwingend, sondern setzt eine Abwägung der für und gegen die zu treffende Anordnung sprechenden Interessen voraus. Dabei ist das öffentliche Interesse an der raschen Aufenthaltsbeendigung den im Einzelfall allenfalls entgegenstehenden privaten Interessen des Bescheidadressaten gegenüberzustellen (vgl. VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146, dessen Ausführungen zu dieser Norm zwar aus Anlass einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG ergangen sind, die aber in Bezug auf den Inhalt der "Kann-Bestimmung" des Einleitungssatzes dieser Bestimmung verallgemeinerbar und damit auch auf die anderen Ziffern dieses Absatzes zu übertragen sind).
Mit Bescheid vom 10.08.2018 hat die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.), da schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht "der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde".
Der VwGH hat zu § 18 Abs. 5 BFA-VG in der Fassung vor dem FrÄG 2017 in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass dieser das BVwG dazu verpflichtet, über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des BFA binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde mit (Teil-)Erkenntnis zu entscheiden, und zwar sowohl über die Zuerkennung als auch die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung (VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014;
19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 30.06.2917, Fr 2017/18/0026;
20.09.2017, Ra 2017/19/0284; 19.10.2017, Ra 2017/18/0278;
29.11.2017, Ro 2017/18/0002; 13.12.2017, Ro 2017/19/0003).
Das Bundesverwaltungsgericht deutet § 18 Abs. 5 BFA-VG in der Fassung des FrÄG 2017 so, dass es bei Vorliegen einer Beschwerde in der Hauptsache auch von einer Beschwerde gegen den Spruchpunkt über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auszugehen hat und dass es (im Sinne der vorzitierten Judikatur des VwGH) diese - sowohl im Fall der Bestätigung dieser Aberkennung als auch im Fall einer Abänderung iSd. Zuerkennung aufschiebender Wirkung - innerhalb der einwöchigen Entscheidungsfrist mit Erkenntnis zu erledigen hat (vgl. dazu näher BVwG 10.04.2018, W230 2190973-1, mwN).
Einer Auslegung, wonach nur mehr die Zuerkennung aufschiebender Wirkung innerhalb einer Woche erfolgen müsste, eine förmliche Bestätigung der Aberkennung hingegen durch formlosen Aktenvermerk ersetzt werden dürfte (und allenfalls erst mit Fristsetzungsantrag herbeigeführt werden müsste) kann hier nicht gefolgt werden (anderer Auffassung: Eberhard/Ranacher/Weinhandl, ZfV 2018, 99; Urban in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Asyl- und Fremdenrecht - Jahrbuch 2018, 138 ff. [in Druck]).
Gegen eine solche Auslegung spräche gegen die in Art. 47 GRC grundgelegte Waffengleichheit zwischen der Behörde und dem Beschwerdeführer (dazu mwN bereits BVwG 26.11.2014, I402 2014142-1 sowie die ausdrückliche Betonung der Waffengleichheit [égalité des armes] in Rn 61 des zu einschlägigen Fragen der Asylverfahrensrichtlinie ergangenen Urteils des EuGH vom 19.06.2018, Rs. C-181/16, Gnandi). Es besteht keine Waffengleichheit, wenn im Kontext des Streits um die aufschiebende Wirkung - also bei für beide Seiten herrschender Gefahr im Verzug - eine Partei im Unterliegensfall sofort eine Entscheidung erhält, die sie mit Revision beim VwGH anfechten kann, während die andere Partei im Unterliegensfall erst einen Fristsetzungsantrag einlegen müsste, um allenfalls eine Entscheidung zu erlangen, die sie mit Revision anfechten könnte.
Im Beschwerdefall kann nicht der Auffassung gefolgt werden, dass eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bereits generell auf Grund des Urteils des EuGH vom 19.06.2018, Rs. C-181/16, Gnandi, unzulässig wäre.
Der EuGH hat in diesem Urteil zwar ausgesprochen, dass die Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) in Verbindung mit der Richtlinie 2005/85/EG (Verfahrensrichtlinie; nunmehr Richtlinie 2013/32/EU) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig mit der erstbehördlichen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz zulässt, sofern die Wirkungen der Rückkehrentscheidung während des Verfahrens über das Rechtsmittel gegen die Abweisung des internationalen Schutzes gehemmt werden.
Diese Auslegung traf der EuGH aber zu einem Ausgangsverfahren, in dem er jene Bestimmungen auszulegen hatte, die Vorschriften für den Regelfall eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz treffen. Dies ergibt sich bereits aus der im Urteil getroffenen Auswahl bei der Wiedergabe anwendbarer Rechtsvorschriften (aaO Rn 10-12), wo der EuGH zwar Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU zitierte, den Abs. 6 dieses Artikels aber ausließ. Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU normiert Folgendes:
"RECHTSBEHELFE
Artikel 46
Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Antragsteller das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht haben gegen
a) eine Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz
...,
...
(5) Unbeschadet des Absatzes 6 gestatten die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf."
Schon angesichts des Sachverhalts des damaligen Ausgangsverfahrens war für den EuGH die Bestimmung des Abs. 6 des Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU nicht relevant. Dementsprechend hat der EuGH diese Bestimmung in seiner Wiedergabe der relevanten Vorschriften des Unionsrechts (Rn 4-22 des Urteils) auch nicht erwähnt. Das Urteil kann daher nicht so interpretiert werden, dass es zur Auslegung auch des Art. 46 Abs. 6 der Richtlinie 2013/32/EU ergangen wäre.
Das Urteil Gnandi ist daher für die Auslegung von Art. 46 Abs. 6 der Richtlinie 2013/32/EU nicht einschlägig. Diese Vorschrift lautet wie folgt:
"(6) Im Fall einer Entscheidung,
a) einen Antrag im Einklang mit Artikel 32 Absatz 2 als offensichtlich unbegründet oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 als unbegründet zu betrachten, es sei denn, diese Entscheidungen sind auf die in Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände gestützt,
b) einen Antrag gemäß Artikel 33 Absatz 2 Buchstaben a, b oder d als unzulässig zu betrachten,
c) die Wiedereröffnung des nach Artikel 28 eingestellten Verfahrens des Antragstellers abzulehnen oder
d) gemäß Artikel 39 den Antrag nicht oder nicht umfassend zu prüfen,
ist das Gericht befugt, entweder auf Antrag des Antragstellers oder von Amts wegen darüber zu entscheiden, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf, wenn die Entscheidung zur Folge hat, das Recht des Antragstellers auf Verbleib in dem Mitgliedstaat zu beenden und wenn in diesen Fällen das Recht auf Verbleib in dem betreffenden Mitgliedstaat bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf im nationalen Recht nicht vorgesehen ist."
Der in Art. 46 Abs. 6 Buchst. a letzter Fall verwiesene Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie 2013/32/EU lautet auszugsweise wie folgt:
"ERSTINSTANZLICHE VERFAHREN
ABSCHNITT I
Artikel 31
Prüfungsverfahren
(1) - (7) ...
(8) Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass das Prüfungsverfahren im Einklang mit den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II beschleunigt und/oder an der Grenze oder in Transitzonen nach Maßgabe von Artikel 43 durchgeführt wird, wenn
a) - i) ...
j) es schwerwiegende Gründe für die Annahme gibt, dass der Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des Mitgliedstaats darstellt oder er aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nach nationalem Recht zwangsausgewiesen wurde."
Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten unter anderem in Fällen, in denen "schwerwiegende Gründe für die Annahme" sprechen, dass der Asylwerber "eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung" darstellt oder er "aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nach nationalem Recht zwangsausgewiesen wurde", eine "beschleunigte" Prüfung des Asylantrags vorsehen dürfen. Aus der Zusammenschau mit Art. 46 Abs. 6 Richtlinie 2013/32/EU ist zu lesen, dass der europäische Gesetzgeber (unter anderem) in einem solchen Fall von dem in Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie verankerten generellen Grundsatz des suspensiven Effekts des gerichtlichen Rechtsmittels eine Ausnahme vorgesehen hat.
Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht sehen, dass das System des § 18 BFA-VG, soweit es im Beschwerdefall zum Tragen kommt (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, wenn "schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt" - § 18 Abs. 1 Z 2 leg.cit. bei gleichzeitiger beschleunigter Korrekturverpflichtung des mit Beschwerde angerufenen Gerichts), in den oben dargestellten Richtlinienbestimmungen keine Deckung fände. Es ist aus der Rechtsprechung auch sonst nicht abzuleiten, dass die Unionsrechtslage den gebotenen Suspensiveffekt von asylrechtlichen Rechtsmitteln als "absolut" einstuft.
Das Bundesverwaltungsgericht sieht sich daher nicht veranlasst, die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung schon wegen "absoluter" Unzulässigkeit aus Gründen des Unionsrechts aufzuheben (a.M. offenbar z.B. BVwG vom 26.07.2018, W237 2201315-1/3E u.a.) und hat sich daher inhaltlich mit den Voraussetzungen der Aberkennung zu befassen.
Das Bundesverwaltungsgericht darf sich bei dieser Entscheidung nach § 18 B-VG nicht auf die Frage beschränken, ob eine Außerlandesschaffung die reale Gefahr der in § 18 Abs. 5 BFA-VG genannten Rechte mit sich bringen würde, sondern hat vielmehr - wie das BFA - nachprüfend auch die erwähnte Interessenabwägung vorzunehmen (VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146). Vorgelagert ist zu untersuchen, ob die Behörde zu Recht einen Tatbestand der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Anspruch nahm.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der Verhinderung des Suchtgifthandels (VwGH 22.11.2012, Zl. 2011/23/0556), allgemein ist nach jüngster Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei Suchtgiftkriminalität eine strenge Beurteilung vorzunehmen (siehe auch VwGH 26.01.2017, Zl. Ra 2016/21/0233, VwGH 05.10.2017, Zl. Ra 2017/21/0033 u.v.a.m.; hg. Erkenntnis vom 04.08.2017, Zl. W159 1267497-1/97E).
Der VwGH hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, Zl. 2011/23/0556; 20.12.2012, Zl. 2011/23/0554).
Die in § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG normierte Voraussetzung, dass "schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt", sieht das Bundesverwaltungsgericht angesichts der festgestellten wiederholten und schweren Delinquenz im Suchtgiftbereich als verwirklicht an.
Der Beschwerdeführer hat als Rückkehrbefürchtung lediglich angegeben, dass er niemanden mehr in Uganda habe, ein anderes detailliertes neues Sachvorbringen wurde in der Beschwerde nicht erstattet.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgte daher zu Recht.
3.12. Eine mündliche Verhandlung entfiel, weil über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres Verfahren und unverzüglich zu entscheiden ist (VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil - soweit ersichtlich - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 BFA-VG idF des FrÄG 2017 fehlt (offen lassend zB VwGH 30.04.2018, Fr 2018/01/0006).
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, EuGH, Revision zulässig, UnionsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W159.2133519.2.00Zuletzt aktualisiert am
21.11.2018