TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/6 W207 2206666-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.10.2018
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Entscheidungsdatum

06.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

W207 2206666-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX1997, StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2018, Zahl 15-1093994304 / 151709973, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise am 06.11.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der am 06.11.2015 abgehaltenen Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, am XXXX1997 in Kundus, Afghanistan, geboren zu sein, Farsi mit mittleren Sprachkenntnissen zu sprechen sowie dem moslemischen Glauben anzugehören; zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit tätigte der Beschwerdeführer keine Angaben. Er habe von 2004 bis 2009 in Kundus die Grundschule besucht und sei, was seine Berufserfahrung betreffe, als Hilfsarbeiter auf dem Bau tätig gewesen. Seine letzte Wohnadresse sei eine näher genannte Adresse in der Provinz Kundus gewesen, wo er geboren und aufgewachsen sei und wo er bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan gelebt habe und von wo seine Reise ca. Mitte September 2015 ihren Ausgang Richtung Iran genommen habe; im Übrigen gab er darüber hinaus davon abweichend an, bereits am 01.01.2015 in die EU (von der Türkei mit dem Boot nach Griechenland, wie der Beschwerdeführer bezüglich der Reiseroute schilderte) eingereist zu sein; am 02.11.2015 sei er in Österreich, nämlich mit dem Bus in Kufstein, angekommen. Seine Eltern, acht Brüder und drei Schwestern würden alle noch in Afghanistan in der Provinz Kundus leben, seine Familie würde dort kein Grundstück besitzen, die finanzielle Situation der Familie sei schlecht, die Familie habe den Lebensunterhalt durch seine eigenen Hilfsarbeiten sowie die eines seiner Brüder bestritten; sein Vater habe keine Arbeit. Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates, sohin zu seinen Fluchtgründen, gab der Beschwerdeführer an, sein Vater sei mit Regierungsleuten in Kontakt gewesen, vor ca. sieben Monaten sei ein Sprengkörper in das Haus der Familie geworfen worden, wobei der Beschwerdeführer am linken Fuß durch Splitter und sonstige Eisenteile verletzt worden sei, seither verspüre der Beschwerdeführer beim Gehen Schmerzen. Ein weiterer Beweggrund sei die finanzielle Notlage mit der Arbeitslosigkeit gewesen, der Beschwerdeführer würde gerne die Familie finanziell in Afghanistan unterstützen und suche daher in Österreich die Möglichkeiten dafür.

Am 19.08.2017 wurde über den Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Innsbruck die Untersuchungshaft verhängt. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Innsbruck vom 06.10.2017, 23 Hv 102/17g, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27

(1) Z 1 1. und 2. Fall, § 27 (2) SMG, sowie § 27 (2a) 1. und 2. Fall sowie Abs. 3 (§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall) SMG - Datum der (letzten) Tat 16.08.2017 - zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, davon 6 Monate bedingt nachgesehen, verurteilt.

Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 26.02.2018 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Paschtu (wenngleich unzutreffend Dari vermerkt wurde) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer legte im Rahmen dieser Einvernahme eine Kopie einer Tazkira (ausgestellt laut deren Inhalt am 16.02.2016 in der Provinz Kundus), eine Kopie einer Sterbeurkunde betreffend Cousin bzw. Großcousins (sechs Personen), zwei Bestätigungen über die Verrichtung gemeinnütziger Arbeit in Österreich sowie eine Ambulanzkarte und einen Arztbrief einer näher genannten österreichischen Universitätsklinik für Unfallchirurgie vom 10.12.2015 vor.

Aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Ambulanzkarte sowie aus dem Arztbrief vom 10.12.2015 ergibt sich die Diagnose "Z. n. K-Draht-Osteosynthese im OSG li (Zustand nach Kirschner-Draht-Osteosynthese im oberen Sprunggelenk links)". Als Unfallort wird "Afghanistan" angeführt, zum Unfallhergang wird in der Ambulanzkarte angeführt: "Zustand nach Unfall vor neun Monaten - Z. n. K-Draht-Osteosynthese im OSG li"; in dem Arztbrief vom 10.12.2015 wird unter "Kurzer Befund" u.a. Folgendes ausgeführt:

"Der Pat. gibt an, vor ca. neun Monaten aus einer höheren Höhe gestürzt zu sein. Dabei habe er sich das Sprunggelenk verletzt. Die Erstversorgung mittels K-Draht-Osteosynthese habe im KH XXXX stattgefunden. Im Anschluss sei er nach Innsbruck transferiert

worden. .... Vollbelastung gut möglich jedoch schmerzhaft für den

Patienten, periphere DMS erhalten. .... Röntgen: SG in zwei Ebenen:

gut sitzendes Osteosynthesematerial. Keine frische Fraktur.".

Eingangs dieser Einvernahme vom 26.02.2018 gab der Beschwerdeführer an, er habe keine physischen oder psychischen Probleme, er habe keine Krankheiten und nehme auch keine Medikamente. Bei der ersten Einvernahme habe er die Wahrheit gesagt, es habe aber ein paar Fehler gegeben, die er korrigieren wolle, im diesbezüglichen Protokoll stehe, dass der Vater des Beschwerdeführers bei einem Kommandanten gearbeitet habe, der Beschwerdeführer habe bei der Erstbefragung aber gesagt, dass sein Vater ein Freund von einem Kommandanten sei. Es stimme auch nicht, dass es der Familie finanziell nicht gut gegangen sei, der Familie sei es finanziell mittelmäßig gegangen. Der Beschwerdeführer gab weiters an, er gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an und sei moslemisch-sunnitischer Glaubensrichtung. Er habe von seinem siebenten bis zum zwölften Lebensjahr in seinem Heimatdorf in Afghanistan eine Volksschule besucht. Nach dem Absolvieren der Schule sei der Beschwerdeführer in der Landwirtschaft tätig gewesen, er habe seinem Vater geholfen, sie hätten keine eigene Landwirtschaft gehabt, sie hätten nur ein eigenes Haus gehabt. Er habe zwei bzw. drei Jahre seinem Vater in der Landwirtschaft geholfen, als er zwölf Jahre alt gewesen sei, habe er begonnen, seinem Vater zu helfen. Die letzten drei Jahre, bevor er ausgereist sei, habe er nicht gearbeitet. Der Beschwerdeführer habe den Lebensunterhalt finanzieren können, weil sein Vater und sein ältester Bruder gearbeitet hätten. Die Muttersprache des Beschwerdeführers sei Paschtu, er spreche auch Dari und ein wenig Farsi sowie ein wenig Deutsch. Seine Familienangehörigen würden sich nunmehr alle im Iran aufhalten, von der Kernfamilie befinde sich niemand mehr in Afghanistan.

In weiterer Folge brachte der Beschwerdeführer im Zuge dieser Einvernahme am 26.02.2018 - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes vor:

"[...]

Angaben zur Person und Lebensumständen:

Aufforderung: Schildern Sie kurz Ihre Lebensbiographie! (Unter welchen Umständen haben Sie in Ihrem Heimatland gelebt? Wie war Ihre finanzielle/wirtschaftliche Situation?)

A: Ich bin in meinem Heimatdorf geboren und dort aufgewachsen. Jetzt bin ich 21v Jahre alt. Ich weiß nicht wann ich nach dem afghanischen Kalender geboren bin. Als ich 7 Jahre alt war begann ich die Schule. Ich habe 5 Jahre die Schule besucht. Dann habe ich die Schule verlassen und musste arbeiten anfangen. Als ich 15 oder 16 Jahre alt war, habe ich Afghanistan verlassen und bin in den Iran ausgereist. Im Iran habe ich 5 oder 6 Monate verbracht. Dann wurde ich nach Afghanistan abgeschoben. Ca. 8 Monate war ich in Afghanistan, dann bin ich nach Europa geflüchtet. Wir lebten in Afghanistan (finanziell) mittelmäßig, es ging uns nicht schlecht.

F: Welchen Beruf haben Sie in Ihrer Heimat ausgeübt?

A: Ich habe in der Landwirtschaft gearbeitet.

F: Was haben Sie im Monat verdient?

A: Das weiß ich nicht, ich habe meinem Vater geholfen.

F: Hat Ihre Familie irgendwelche Besitztümer in Ihrem Heimatland, z. B. Häuser, Grund?

A: Wir haben nur das Elternhaus im Heimatdorf. Es besteht aus vier Zimmern (ca. 2000 m2)

F: Haben Sie bislang eine Ehe geschlossen?

A: Nein.

F: Gibt es eine Telefonnummer unter der Ihre Familie erreichbar ist?

A: Ja, die Nummer kann ich aber nicht auswendig. AW sieht in seinem

Handy nach. Die Nummer lautet: 0098XXXXXXXXXX.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie? Wie gestaltet sich der Kontakt zu Ihrer Familie? Kommunizieren Sie auch über soziale Netzwerke und andere Medien?

A: Ja, ich habe einmal im Monat über die sozialen Netze (IMO) Kontakt zu meiner Familie.

F: Unter welchen Umständen lebt Ihre Familie, wovon bestreiten Ihre Angehörigen den Lebensunterhalt, wer versorgt sie etc.?

A: Mein Vater und mein Bruder R. arbeiten im Iran.

F: Könnten Sie im Falle der Rückkehr in Ihr Herkunftsland wieder an Ihrer Wohnadresse bzw. bei Verwandten wohnen?

A: Ja, wenn alles in Ordnung wäre.

F: Haben Sie noch Freunde oder Bekannte in der Heimat?

A: Ja, ich hatte damals Freunde, aber jetzt weiß ich nicht mehr, wo sie sind.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihren Freunden und Bekannten?

A: Nein.

F: Waren Sie nur in Ihrem Heimatort oder kennen Sie sich in Afghanistan aus und wenn ja, wo haben Sie sich in Afghanistan schon aufgehalten bzw. wohin sind Sie gereist (z.B. Verwandtenbesuche, Schulaufenthalte etc.?)

A: Ich kenne mich nur in der Heimatprovinz aus, sonst nirgends.

F: Inwieweit beherrschen Sie die Sprache Ihres Heimatlandes?

A: Perfekt.

F: Inwieweit sind Ihnen die gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten Ihres Heimatlandes vertraut?

A: Die gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten in meinem Heimatland sind mir vertraut.

Angaben zum Fluchtweg:

F: Wann haben Sie definitiv die Heimat verlassen?

A: Das genaue Datum weiß ich nicht, aber ca. vor drei Jahren.

F: Mit welchem Dokument sind Sie gereist?

A: Ich hatte keine Dokumente, ich reiste illegal.

F: Wie viel mussten Sie für die Schleppung bezahlen?

A: Ca. 1.800 EUR.

F: Woher haben Sie das Geld?

A: Mein Vater hat es mir gegeben.

F: Haben Sie in einem anderen Land schon einmal einen Asylantrag gestellt?

A: Nein.

F: Warum haben Sie nicht bereits in einem Land entlang Ihrer damaligen Fluchtroute um Asyl angesucht, wo Sie schon in Sicherheit gewesen wären?

A: Weil mein Zielland Österreich war.

F: Warum sind Sie ausgerechnet nach Österreich gereist?

A: Mein Freund war damals in Deutschland. Er hat mich damals angerufen und zu mir gesagt, dass ich entweder nach Deutschland oder Österreich kommen sollte. Ich habe mich für Österreich entschieden.

Feststellung: Sie wurden bereits in den vorangegangenen Einvernahmen ausführlich zu Ihrem Fluchtweg befragt. Möchten Sie diesen Angaben etwas hinzufügen oder abändern?

A: Nein.

F: Sind die restlichen Angaben vollständig und entsprechen der Wahrheit?

A: Ja.

F: Möchten Sie zum Fluchtweg noch etwas angeben, was Ihnen wichtig ist?

A: Nein, das war alles.

Angaben zum Fluchtgrund:

F: Was war der konkrete Grund, warum Sie die Heimat verlassen haben? Erzählen Sie bitte möglichst chronologisch über alle Ereignisse, die Sie zum Verlassen der Heimat veranlasst haben (freie Erzählung)!

A: Wir lebten in unserem Heimatdorf. Es gab auch einen berühmten Kommandanten namens X., der auch im Dorf lebte. Er war der beste Freund meines Vaters. Eines Tages kamen die Taliban und sagten zu meinem Vater, dass der den Kontakt zu dem Kommandanten abbrechen soll und nicht mehr mit ihm befreundet sein soll. Ihm wurde mehrmals empfohlen, dass er den Kontakt abtrechen sollte. Aber mein Vater wollte den Kontakt nicht abbrechen, weil X. sein bester Freund war. Eines Tages sind meine Eltern zu einer Hochzeit in die Stadt Y. gegangen. Am Abend sind sie ca. um 23 Uhr wieder nach Hause gekommen. Plötzlich hat jemand eine Handgranate in unser Haus hineingeworfen.

AW zeigt seinen linken Unterschenkel. Es ist eine Narbe sichtbar.

Mein Bruder F. ist vor Angst psychisch krank geworden. Ich habe überall an meinem Körper Narben von diesem Vorfall. Nach der Explosion kamen mehrere Nachbarn zu uns, um uns zu helfen. Alle Nachbarn waren bewaffnet. Die Taliban waren ca. 6 oder 7 Personen. Ich habe dies persönlich gesehen. Sie sind mit einem Geländewagen geflüchtet. Mein Vater brachte mich ins Krankenhaus, aber im Krankenhaus sagten sie zu meinem Vater, dass der linke Unterschenkel abgenommen werden sollte. Es war dort keine andere Behandlung möglich. In der gleichen Nacht brachte mich mein Onkel (väterlicherseits) nach Pakistan. Im Pakistan war es im öffentlichen Krankenhaus auch nicht möglich meinen Unterschenkel zu behandeln. Dann suchte mein Vater eine Privatklinik. Dort wurde mein Unterschenkel behandelt. Dort verbrachte ich zwei bzw. zweieinhalb Wochen. Dann kehrten wir zurück ins Heimatdorf. Dort blieb ich ca. 5 bis 6 Monate, dann bin in Richtung Europa ausgereist. Zwei Wochen nach meiner Ausreise sind meine Kernfamilie und alle meinen Verwandten in den Iran ausgereist. Einmal wurden wir mittels eines Briefes gewarnt. Den Brief hat mein Bruder vor dem Hauseingang gefunden. Das war alles.

Anmerkung: Die Angaben zum Fluchtgrund werden dem Antragsteller rückübersetzt.

Nach erfolgter Rückübersetzung:

F: Sind das Ihre Angaben zum Fluchtgrund?

A: Ja.

F: Möchten Sie diesen Angaben etwas hinzufügen oder abändern?

A: Nein.

F: Sind das nun alle Ihre Gründe, warum Sie Ihre Heimat verlassen haben?

A: Ja.

F: Sie werden nochmals auf das Neuerungsverbot im Beschwerdeverfahren aufmerksam gemacht. Ich frage Sie daher jetzt nochmals, ob Sie noch etwas Asylrelevantes angeben möchten oder etwas vorbringen möchten, was Ihnen wichtig erscheint, ich jedoch nicht gefragt habe?

A: Nein, ich habe alles erzählt. Ich habe keine weiteren Gründe mehr vorzubringen.

Verfügung: Es wird eine Pause verfügt (10:20 Uhr)

Fortsetzung um 11:10 Uhr.

F: Was stellt Ihre Tätowierung am rechten Unterarm dar?

A: Es hat nicht eine so besondere Bedeutung. Es hat mir gut gefallen, deshalb habe ich es mir tätowieren lassen, weil ich ein Christ bin.

F: Haben Sie einen Taufschein bzw. sind Sie getauft?

A: Bis jetzt nicht.

F: Seit wann interessieren Sie sich für das Christentum?

A: Seit sieben Monaten interessiere ich mich. Davor hatte ich mich für die Christen auch interessiert.

Christ ist nicht gleich Christ. Wie in jeder anderen großen Religion gibt es auch im Christentum viele Strömungen und Glaubensrichtungen.

F: Welcher gehören Sie an?

A: Ich bin katholisch.

F: Warum interessieren Sie sich für diese Strömung?

A: Ich habe nachgefragt. Mir wurde gesagt, dass die katholische Strömung die beste sei. Ein Iraner hat mir das gesagt.

F: Was verstehen Sie unter der Taufe?

A: Nach der Taufe ist man ein echter Christ.

F: Kennen Sie die Sakramente?

A: Nein, Ich bin neu in diesem Glauben. Ich kenne mich noch nicht aus, ich lerne jetzt erst.

F: Wann waren Sie zuletzt in der Kirche oder bei einem Gottesdienst?

A: Vor zwei Wochen dort wo ich wohne.

F: Kann dies jemand bezeugen?

A: Ich gehe mit einem Österreicher namens Martin zum Gottesdienst. Ich verstehe auch die Hälfte beim Gottesdienst.

F: Wie üben Sie Ihren christlichen Glauben aus?

A: Ich gehe am Sonntag in die Kirche.

F: Engagieren Sie sich auf irgendeine Art und Weise in der Kirche?

A: Nein.

F: Wie heißt der Papst?

A: Den Namen kenne ich nicht. Ich bin dort es seit ca. 2 Monaten.

F: Nennen Sie ein paar wesentliche Grundeinstellungen eines Christen?

A: Man darf nicht lügen und auch den Gott nicht vergessen. Man muss immer an ihn denken. Man muss immer den richtigen Weg gehen.

F: Wann sind die Taliban das erste Mal zu Ihrem Vater gekommen?

A: Vor ca. 6 Jahren.

F: Woher wissen Sie, dass es sich bei diesen Personen um Mitglieder der Taliban gehandelt hat?

A: Weil sie haben uns einen Warnbrief geschickt. Dort stand, dass sie Taliban sind.

F: Haben Sie den Brief selbst gesehen?

A: Ich kann nicht gut lesen, mein Vater hat ihn vorgelesen. Aber gesehen habe ich ihn schon.

F: Wie sah der Brief aus?

A: Er war in Paschtu Sprache und ein Kuvert.

V: Sie haben gerade gesagt, dass Sie nicht gut lesen können. Woher wissen Sie der Brief in Paschtu geschrieben war?

A: Mein Vater hat es mir gesagt, dass er in Paschtu war und von den Taliban war.

F: Wo befanden Sie sich als diese Leute mit Ihrem Vater gesprochen haben?

A: Ich war zu Hause. Die Taliban haben nie persönlich mit meinem Vater gesprochen, Sie haben ihn immer mit Drohbriefen gewarnt.

V: Vorher sagten Sie, dass es nur einen Drohbrief gegeben hat, der vor der Haustüre gelegen hätte. Was sagen Sie dazu?

A: Ich sagte nur einmal.

F: Wie oft wurden Sie mittels Drohbrief gewarnt?

A: Einmal.

F: Ist an Ihren Vater oder an Sie jemals irgendjemand persönlich herangetreten?

A: Nein.

F: Wann erhielt Ihr Vater das erste Mal einen Drohbrief?

A: Das war vor dreieinhalb bzw. vier Jahren (von heute aus gerechnet).

F: Wurden auch andere Dorfbewohner bedroht?

A: Das weiß ich nicht.

F: Warum haben sich die Taliban nicht direkt an X. gewandt?

A: Weil er ein Kommandant war.

F: Wer war im Elternhaus als die Granate explodiert ist?

A: Die ganze Familie war zu diesem Zeitpunkt im Haus.

F: Wurde jemand von Ihrer Familie, außer Ihnen, auch verletzt?

A: Nein, nur ich und mein Bruder F. Vor lauter Angst hat er psychische Probleme bekommen.

F: Wissen Sie wer die Granate ins Haus geworfen hat?

A: Die Taliban. Aber ich weiß nicht wer von ihnen die Granate warf, weil die Gesichter verschleiert waren.

F: Woher wissen Sie, dass es die Taliban waren?

A: Es ist für mich klar, weil sie uns gedroht haben.

F: Wissen Sie es ganz genau?

A: Ja.

F: Wie ist das möglich, dass Sie nur am linken Unterschenkel grobe Verletzungen davongetragen haben und Ihre Familie nicht verletzt wurde?

A: Ich war alleine im Zimmer, ich habe TV gesehen. Die anderen Familienmitglieder waren in einem anderen Zimmer. Ich lag in meinem Zimmer und diese Granate landete in einem Eck des Zimmers und explodierte dort. Die Splitter der Granate haben meinen Fuß erwischt.

F: Wie groß ist Ihr Zimmer?

A: Eineinhalb Mal so groß wie das Zimmer des Referenten. Das Haus hatte vier Räume. Die anderen Räume waren ungefähr gleich groß wie mein Zimmer.

F: Haben Sie diese Personen (Granatenwerfer) persönlich gesehen?

A: Die Granate wurde von draußen hereingeworfen und dann sind sie hereingekommen.

V: Vorher sagten Sie nicht, dass die Personen hereingekommen sind?

A: Sie waren im Hof aber nicht im Zimmer.

F: Wie ist das möglich, dass Sie diese Personen persönlich gesehen hätten, obwohl Sie verletzt und im Haus gewesen wären?

A: Nach der Explosion kam mein Vater und brachte mich in den Hof.

F: Wie hat das Krankenhaus geheißen, in das Sie Ihr Vater gebracht hat?

A: Den Namen habe ich vergessen. Es war eine Klinik der Hauptstadt von Kunduz.

F: Wie weit ist das Krankenhaus von Ihrem Elternhaus entfernt?

A: Ca. ein bzw. eineinhalb Stunden Autofahrt.

F: Wie wurde Ihnen in diesem Krankenhaus Erste Hilfe geleistet?

A: Nicht viel, es wurde nur eine Bandage darauf gegeben, aber nicht genäht.

F: Wie hat das Krankenhaus in Pakistan geheißen?

A: Z..

F: Wie weit war das Krankenhaus in Pakistan von Ihrem Elternhaus entfernt?

A: Das weiß ich nicht, weil ich in der gleichen Nacht, als ich die Klinik in der Hauptstadt von Kunduz verlassen habe, bewusstlos war. Ich hatte so viel Blut verloren.

F: Wie ist es möglich, dass Sie obwohl Sie nicht behandelt wurden, überlebt haben?

A: Mit der Hilfe Gottes habe ich das alles überlebt. Es war nur mein Bein verletzt.

F: Wie hat der behandelnde Arzt geheißen?

A: A.

F: Wie hat die Behandlung Ihres Beines ausgesehen?

A: Dort wurde das Bein richtig behandelt. Meine Knochen waren auch gebrochen. Mein Bein wurde mit 150 Stichen genäht.

V: Wie ist das möglich, dass eine Privatklinik nicht amputiert und ein öffentliches Krankenhaus Ihren Unterschenkel amputieren wollte. Ein öffentliches Krankenhaus in Afghanistan und in Pakistan hat mehr Möglichkeiten der Behandlung als eine private Klinik. Was sagen Sie dazu?

A: Das war ein sehr bekannter Arzt. Er hat in Indien sein Studium abgeschlossen. In einer Privatklinik nehmen sie Geld. Dort versucht man die Patienten gut zu behandeln, weil man für die Behandlung zahlen muss. Aber in öffentlichen Kliniken wird einfach das Bein amputiert.

F: Woher kennen Sie den behandelnden Arzt in Pakistan?

A: Ich weiß nicht, mein Vater hat ihn gefunden. Irgendjemand hat meinem Vater gesagt, dass er ein guter Arzt ist.

F: Wie viel hat die Behandlung gekostet?

A: Ca. 200000 Afghani.

F: Woher hatten Sie das Geld?

A: Einen Teil hatte mein Vater, einen Teil haben die Onkeln (väterlicher- und mütterlicherseits) bezahlt.

V: Wie ist das möglich, dass wenn Sie eine solche schwere Verletzung gehabt hätten, diese bereits in ca. 20 Tagen geheilt werden konnte. Was sagen Sie dazu?

A: Ich war nur stationär zweieinhalb Wochen. Die Heilung dauerte fast 6 Monate.

F: Ist in Ihrem Heimatdorf während der 5 bis 6 Monate irgendjemand an Sie herangetreten?

A: Nein.

F: Was haben Sie in dieser Zeit zu Hause gemacht?

A: Ich war nur zu Hause und im Zimmer.

F: Waren Sie in Ihrem Zimmer?

A: Ich war überall, ich hatte kein eigenes Zimmer.

F: War Ihr Elternhaus durch die Explosion der Granate nicht beschädigt?

A: Oh ja, das Zimmer, in der die Explosion war, war fast zur Hälfte zerstört und die Hälfte vom Dach war auch zerstört.

F: Haben Sie sich diesbezüglich an die Sicherheitsbehörden gewandt?

A: Nein, weil eine Anzeige nichts bringt.

F: Wo befindet sich der Drohbrief jetzt?

A: In Afghanistan. Ich werde ihn bei Post schicken lassen.

Aufforderung: Sie werden aufgefordert diesen binnen drei Wochen, der hier erkennenden Behörde vorzulegen.

Haben Sie das verstanden?

A: Ja.

F. Wann und wie haben Sie Ihre Tazkira erhalten?

A: Ich erhielt die Tazkira vor ca. einem Jahr. Mein Vater hat mir diese per Post geschickt.

F: Wie ist das möglich, dass wenn Ihre ganze Familie und Ihre Verwandten zwei Wochen nach Ihrer Ausreise, auch in den Iran ausgereist sind, Ihr Onkel (väterlicherseits) am 16.02.2016 (27.11.1394) Ihre Tazkira beantragt hat. Was sagen Sie dazu?

A: Die Tazkira wurde mir von den Eltern geschickt, aus dem Iran. Die Tazkira wurde von einem Freund und nicht von meinem leiblichen Onkel beantragt. Dieser Freund hat die Tazkira in Afghanistan beantragt und dann zu meinen Eltern in den Iran geschickt. Meine Eltern haben dann die Tazkira an mich geschickt.

F: Sind Sie in Ihrer Heimat oder in einem anderen Land vorbestraft bzw. haben Sie im Herkunftsland, oder hier Strafrechtsdelikte begangen?

A: Nein, aber in Österreich war ich einmal im Gefängnis.

V: Es gilt zu erwähnen, dass Sie in Österreich bereits mehrfach strafrechtlich angezeigt wurden und diesbezüglich schon eine rechtskräftige Verurteilung vorliegt. Es erweckt den Anschein, dass Sie offensichtlich nicht in der Lage sind Ihren Drang zu kriminellen Handlungen zu unterdrücken. Sie schrecken offenbar nicht davor zurück auch hier in Österreich, ein Land in welches Sie unter dem Deckmantel der Flucht vor Verfolgung gekommen sind, Ihre kriminelle Energie zu verbreiten und die öffentliche Ruhe und Sicherheit zu gefährden. Es ist evident, dass Sie aufgrund Ihres Verhaltens nicht gewillt sind, sich an die in Österreich geltenden Gesetze und Regeln zu halten.

F: Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe einmal einen Fehler gemacht. Ich leide bis jetzt darunter, ich war auch im Gefängnis. Ein anderer hat mich in diese Situation gebracht, dieser ist jetzt selber im Gefängnis.

F: Werden Sie in der Heimat von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat jemals von den Behörden angehalten, festgenommen oder verhaftet?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Ihrer Heimat Probleme mit den Behörden?

A: Nein.

F: Waren Sie in Ihrer Heimat jemals Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer politischen Gesinnung verfolgt?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Rasse verfolgt?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Religion verfolgt?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Nationalität, Volksgruppe oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt?

A: Nein.

F: Gab es jemals bis zu den besagten Vorfällen auf Sie irgendwelche Übergriffe oder ist an Sie persönlich jemals irgendwer herangetreten?

A: Nein.

F: Was hätten Sie im Falle einer eventuellen Rückkehr in Ihre Heimat konkret zu befürchten?

A: Mein Leben ist in Gefahr, die Taliban werden mir meinen Kopf abschneiden.

F: Hätten Sie Probleme mit der Polizei oder anderen Behörden im Falle Ihrer Rückkehr?

A: Ja, weil ich jetzt ein Christ bin. Sie werden mich festnehmen und umbringen.

F: Warum sind Sie nicht in eine andere Stadt oder in einen anderen Landesteil gezogen?

A: Es gibt überall die Taliban, sie werden uns finden.

F: Wissen Sie über die aktuelle politische Lage und über die Sicherheitslage in Ihrer Heimat Bescheid?

A: Ja, darüber weiß ich Bescheid.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die in die vom Bundesamt zur Beurteilung Ihres Falles herangezogenen allgemeinen Länderfeststellungen des BFA zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

Sie haben die Möglichkeit dazu im Rahmen des Parteiengehörs schriftlich Stellung zu nehmen. Möchten Sie die Erkenntnisse des BFA Ihr Heimatland betreffend in Kopie mitnehmen und eine schriftliche Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen dazu abgeben?

A: Nein, ich kenne die allgemeine Situation in meiner Heimat. Ich verzichte darauf. Ich möchte keine schriftliche Stellungnahme dazu abgeben.

Angaben zum Privat- und Familienleben:

F: Wann sind Sie nach Österreich eingereist?

A: Im Oktober 2015.

F: Seit wann sind Sie in Österreich aufhältig?

A: Seit meiner Einreise.

F: Hatten Sie in Österreich jemals einen gültigen Aufenthaltstitel zur Begründung eines legalen Aufenthaltes?

A: Nein.

F: Wie sieht Ihr Alltag in Österreich aus?

A: Ich bin in einer Asyl Unterkunft. Morgens muss ich mich ca. 2 Stunden bewegen, weil sonst mein Bein weh tut. Danach komme ich wieder in die Unterkunft und lerne die deutsche Sprache über YouTube. Sonst habe ich nicht viel Kontakt. Ich erledige den Haushalt und putze.

F: Sind Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen?

A: Nein.

F: Von welchen finanziellen Mitteln leben Sie hier in Österreich? Welche Unterstützungen beziehen Sie?

A: Ich lebe von der Grundversorgung.

F: Sind Sie gegenüber jemandem unterhaltspflichtig?

A: Nein.

F: In welcher Unterkunft leben Sie, wer kommt für die Miete auf?

A: Ich wohne in M. Für die Miete kommt der Staat auf.

F: Haben Sie in Österreich einen Deutschkurs besucht und können Sie dafür Beweismittel in Vorlage bringen?

A: Nein.

F: Haben Sie einen abgeschlossenen Deutschkurs mit mindestens dem Niveau A2? Wie schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?

A: Nein.

F: Verfügen Sie über einen Schulabschluss, der der allgemeinen Universitätsreife entspricht oder haben Sie einen Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule?

A: Nein.

F: Haben Sie in Österreich eine Schule, Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert? Wie war das Ergebnis, bzw. was resultierte daraus?

A: Nein.

F: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder in einer Organisation?

A: Nein.

F: Besuchen Sie hier in Österreich eine Moschee und wenn ja, welche und wie oft bzw. was machen Sie dort?

A: Nein.

F: Können Sie irgendwelche sonstigen Gründe namhaft machen, die für Ihre Integration in Österreich sprechen?

A: Nicht lügen, nicht stehlen, nicht streiten. Wenn ich einen positiven Bescheid bekomme, muss ich arbeiten.

F: Haben Sie Freunde oder Bekannte, die Sie bereits aus Ihrem Heimatland her kennen, in Österreich?

A: Nein.

F: Haben Sie nahe Verwandte oder Familienangehörige in Österreich?

A: Nein.

F: Waren Sie jemals Zeuge oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Österreich jemals Opfer von Gewalt und haben Sie sich diesbezüglich an die örtlichen Sicherheitsbehörden bzw. an ein Gericht (§382e EO - Allgemeiner Schutz vor Gewalt) gewandt?

A: Nein.

F: Sind Sie mit eventuellen amtswegigen Erhebungen vor Ort unter Wahrung Ihrer Anonymität, eventuell unter Beiziehung der Österreichischen Botschaft und eines Vertrauensanwaltes einverstanden bzw. damit einverstanden, dass Ihre Daten an die Österreichische Botschaft/Vertrauensanwalt weitergegeben werden?

A: Ja, damit bin ich einverstanden.

F: Die Befragung wird hiermit beendet. Wollen Sie zu Ihrem Asylverfahren sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen von Bedeutung erscheint?

A: Ja, ich legte die Sterbeurkunde von den Cousins vor. Ich wollte damit zeigen, dass die Lage in Kunduz sehr schlecht ist.

F: Hatten Sie die Gelegenheit alles zu sagen, was Sie wollten?

A: Ja, das hatte ich. Ich hatte die Gelegenheit alles vorzubringen, was mir wichtig war.

Erklärung: Ihnen wird die mit Ihnen aufgenommene Niederschrift von dem Dolmetscher rückübersetzt.

.....

F: Hatten Sie während dieser Befragung irgendwelche Probleme?

A: Nein, ich hatte keine Probleme.

F: Haben Sie alles verstanden bzw. konnten Sie der Vernehmung ohne Probleme folgen?

A: Ja, ich habe alles verstanden und konnte der Vernehmung ohne Probleme folgen.

F: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstehen können?

A: Ja, ich konnte den Dolmetscher sehr gut verstehen und habe alles verstanden.

F: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch vom Verständnis her?

A: Ja.

F: Wollen Sie abschließend noch etwas anführen?

A: Nein, ich habe nichts mehr zu sagen.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.

Nach erfolgter Rückübersetzung:

F: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde Ihre Einvernahme richtig und vollständig protokolliert?

A: Es war alles korrekt. Es hat alles gepasst. Ich habe nichts mehr hinzuzufügen.

[...]"

Wie diesen Ausführungen zu entnehmen ist, verzichtete der Beschwerdeführer auf eine Einsichtnahme in die seitens der Behörde herangezogenen Berichte zur Situation in Afghanistan sowie auf die Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme.

Im Rahmen dieser Einvernahme am 26.02.2018 wurde der Vorname des Beschwerdeführers von XXXX geändert und ihm eine entsprechend geänderte Karte ausgefolgt (§ 50 AsylG).

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Innsbruck vom 22.05.2018, 39 Hv 39/18m, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 360 Tagsätzen zu je 4,00 EUR (1.440,00 EUR) verurteilt.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 3 Asylgesetz wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 19.08.2017 verloren hat (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX.).

Die belangte Behörde stellte fest, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen Staatsangehörigen Afghanistans aus der Provinz Kundus handle, welcher der moslemisch-sunnitischen Glaubensrichtung sowie der Volksgruppe der Paschtunen angehöre. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer nun zum Christentum konvertiert sei. Die Identität des Beschwerdeführers könne nicht festgestellt werden, auch könne nicht festgestellt werden, seit wann sich der Beschwerdeführer tatsächlich in Österreich aufhalte; diesbezüglich könne lediglich festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer am 06.11.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Der Beschwerdeführer verfüge über Schulbildung und Berufserfahrung in seinem Herkunftsstaat als Landwirt. Der Beschwerdeführer sei arbeitsfähig. Er leide an keiner psychischen oder physischen Erkrankung, vielmehr sei er gesund. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Kinder. Er verfüge über familiäre Anknüpfungspunkte im Iran; er habe Kontakt zu seinen im Iran aufhältigen Familienangehörigen (Vater, Mutter, Geschwister, Onkel und Tanten), von denen der Beschwerdeführer finanzielle Unterstützung bekommen könne. Der Beschwerdeführer könne bei einer Rückkehr nach Afghanistan im Falle einer Aufenthaltnahme in urbanen Gebieten Afghanistans, insbesondere in Mazar-e-Sharif, unter Beachtung seiner Schulbildung und beruflichen Erfahrung als Landwirt (Helfer) selbst für den Unterhalt sorgen sowie mit finanziellen Unterstützungen durch Familienangehörige rechnen. Der Beschwerdeführer sei im paschtunischen Kulturkreis geboren und aufgewachsen und mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut; er kenne die in seinem Herkunftsstaat herrschenden sozialen und kulturellen Werte, auch beherrsche er Paschtu auf Muttersprachenniveau. In Österreich habe der Beschwerdeführer weder Familienangehörige noch sonstige Verwandte. Der Lebensunterhalt in Österreich werde ausschließlich aus Zuwendungen der öffentlichen Hand bestritten. Der Beschwerdeführer sei illegal in das Bundesgebiet eingereist, wo er sich seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum aufhalte, eine wesentliche integrative Bindung zu Österreich könne nicht festgestellt werden. Im Gegenteil weise der Beschwerdeführer zwei rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen in Österreich auf.

Zur Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten führte die belangte Behörde mit näherer Begründung aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei von Anhängern der Taliban verfolgt bzw. bedroht worden, sein Vater habe einen Drohbrief der Taliban erhalten und der Beschwerdeführer selbst sei durch eine Handgranate der Taliban verletzt worden, sei nicht glaubwürdig und könne daher nicht festgestellt werden. Selbiges gelte für das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei nun Christ; der Beschwerdeführer habe nicht den Eindruck vermitteln können, dass er sich jemals tatsächlich ernsthaft mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt habe, zumal er seine mangelnde Kenntnis über den christlichen Glauben damit begründet habe, dass er neu im Glauben sei, er kenne sich noch nicht aus.

Nicht festgestellt werden könne abgesehen davon eine asylrelevante - oder sonstige - Verfolgung in ganz Afghanistan. Selbst wenn der Beschwerdeführer nicht in seine Herkunftsprovinz Kundus wegen der dort herrschenden volatilen Situation zurückkehren könne, habe er die Möglichkeit, sich in urbanen Gebieten Afghanistans außerhalb seiner Herkunftsprovinz wie insbesondere in Mazar-e-Sharif, welches über den dortigen internationalen Flughafen erreichbar sei und über das die Regierung die Kontrolle habe, niederzulassen, wo der Beschwerdeführer keine individuelle, konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten habe; es liege kein politisches oder sonstiges Engagement des Beschwerdeführers vor, welches darauf schließen lassen würde, dass er im gesamten Staatsgebiet Afghanistans als Person bekannt wäre und als hochrangiges Ziel - "high value target" - gelten würde. Der Beschwerdeführer wurde im angefochtenen Bescheid sohin auf das Vorliegen einer sogenannten inländischen Fluchtalternative verwiesen.

Zur Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sei in einer Gesamtschau nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr nach Afghanistan - konkret insbesondere bei einer Aufenthaltnahme in Mazar-e-Sharif - eine Artikel 2, 3 EMRK entsprechende Notlage zu erwarten hätte, zumal der Beschwerdeführer in Mazar-e-Sharif keiner konkret gegen seine Person gerichteten individuellen Gefährdung ausgesetzt wäre. Beim Beschwerdeführer handle es sich um einen volljährigen, gesunden arbeitsfähigen Mann, der über Schulbildung und Berufserfahrung in der Landwirtschaft verfüge und selbst für seinen Unterhalt aufkommen könne. Unabhängig davon sei bei einer Aufenthaltnahme in Mazar-e-Sharif aber neben finanziellen Unterstützungen im Rahmen der Rückkehrhilfe auch eine finanzielle Hilfeleistung durch die im Iran lebende Familie des Beschwerdeführers zu erwarten. Darüber hinaus ermögliche es dem Beschwerdeführer auch der Umstand, dass er der Volksgruppe der Paschtunen angehöre, in Mazar-e-Sharif Anschluss an Mitglieder seiner Volksgruppe zu finden, die ihn unterstützen würden. Eine Aufenthaltnahme in Mazar-e-Sharif, das durch den internationalen Flughafen sicher zu erreichen sei, sei dem Beschwerdeführer daher zumutbar.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 25.09.2018 fristgerecht Beschwerde ein, die dem Bundesverwaltungsgericht am 28.09.2018 vorgelegt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist Muslim sunnitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Kundus/Afghanistan und ist dort in einem paschtunischen Umfeld aufgewachsen und sozialisiert. Er spricht Paschtu. Er hat in Afghanistan fünf Jahre die Grundschule besucht und verfügt über eine mehrjährige Berufserfahrung in der Landwirtschaft sowie als Hilfsarbeiter in der Bauwirtschaft.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen alleinstehenden, kinderlosen, arbeitsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf. Der Beschwerdeführer leidet an keinen erheblichen körperlichen und an keinen psychischen Erkrankungen.

Der Beschwerdeführer verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte im Iran, wo seine Eltern, vier Schwestern und vier Brüder sowie diverse Onkel und Tanten leben. Die Familie des Beschwerdeführers, zu der Kontakt besteht, ist in der Lage, ihn - wenn auch allenfalls in bescheidenem Umfang - im Fall einer Aufenthaltnahme in Afghanistan finanziell zu unterstützen; der Vater und ein Bruder des Beschwerdeführers sind im Iran berufstätig und versorgen die Familie.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich nicht unbescholten:

Am 19.08.2017 wurde über den Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Innsbruck die Untersuchungshaft verhängt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Innsbruck vom 06.10.2017, 23 Hv 102/17g, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 (1) Z 1 1. und 2. Fall, § 27 (2) SMG, sowie § 27 (2a) 1. und 2. Fall sowie Abs. 3 (§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall) SMG - Datum der (letzten) Tat 16.08.2017 - zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, davon 6 Monate bedingt nachgesehen, verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Innsbruck vom 22.05.2018, 39 Hv 39/18m, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 360 Tagsätzen zu je 4,00 EUR (1.440,00 EUR) verurteilt.

Der in Österreich zweifach strafgerichtlich verurteilte Beschwerdeführer ist nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet seit seiner Antragstellung am 06.11.2015 lediglich auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren - dies unter Abzug des Zeitraumes seit Verlust dieses Aufenthaltsrechtes gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 am 19.08.2017 (vgl. die nachfolgenden Ausführungen zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides) - rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen. Er hat seinen Lebensunterhalt in Österreich bisher im Rahmen der Grundversorgung bestritten. Der Beschwerdeführer verfügt über Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Er hat in Österreich keine Verwandten und keine sonstigen engen familienähnlichen Bindungen. Für außergewöhnliche Integrationsbestrebungen des Beschwerdeführers gibt es keine Anhaltspunkte.

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:

Nicht gestellt werden können die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe. Nicht festgestellt werden kann sohin, dass der Vater des Beschwerdeführers wegen einer Freundschaft mit einem "Kommandanten" einen Drohbrief der Taliban erhalten habe, wonach der Vater den Kontakt mit diesen Kommandanten abbrechen solle, was der Vater aber nicht wollen habe. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in der Folge Opfer eines Anschlages der Taliban auf das Haus seiner Familie geworden wäre und dass er in diesem Zusammenhang durch eine Handgranate, die Angehörige der Taliban in den Raum, in dem sich der Beschwerdeführer aufgehalten habe, geworfen hätten, am linken Fuß verletzt worden wäre.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer aus einem auf einem tatsächlichen inneren Bedürfnis bzw. auf einem tatsächlichen, aus einer inneren Überzeugung heraus beruhenden Glaubenswandel, der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit dazu führen würde, dass der Beschwerdeführer eine solche auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruhende Übernahme von christlichen Glaubensgrundsätzen, verinnerlichten christlich-religiösen Bräuchen und Traditionen auch im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat Afghanistan ausleben würde, zum Christentum konvertiert möchte bzw. bereits konvertiert wäre.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer bezogen auf den Raum Mazar-e-Sharif, Herat oder Kabul keine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung durch die Taliban oder durch andere Personengruppen substantiiert vorgebracht hat.

Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:

...

Friedens- und Versöhnungsprozess

Am 28. Februar 2018 machte Afghanistans Präsident Ashraf Ghani den Taliban ein Friedensangebot (NYT 11.3.2018; vgl. TS 28.2.2018). Die Annahme des Angebots durch die Taliban würde, so Ghani, diesen verschiedene Garantien gewähren, wie eine Amnestie, die Anerkenn

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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