TE Lvwg Erkenntnis 2017/5/3 LVwG-2017/44/0888-2

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Veröffentlicht am 03.05.2017
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Entscheidungsdatum

03.05.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

WRG 1959 §103
AVG §13 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Alexander Spielmann über die Beschwerde der AA, Adresse 1, Z, vertreten durch die BB Rechtsanwälte GmbH, Adresse 2, Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 08.03.2017, Zl ****,

zu Recht

1. Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, Judenplatz 11, 1010 Wien, erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Die Beschwerde bzw die Revision ist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von € 240,- zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahren und Sachverhalt:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X als Wasserrechtsbehörde vom 23.08.1982, Zl ****, wurde AA die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines Wasserkraftwerks am Wbach (Wasserbuch Postzahl ****) befristet bis zum 31.12.2012 erteilt. Mit Bescheid der Wasserrechtsbehörde vom 06.11.1985, Zl ****, wurde die Anlage wasserrechtlich für überprüft erklärt.

Mit Schreiben vom 01.07.2010 hat AA bei der Wasserrechtsbehörde ohne Vorlage von Antragsunterlagen um die Wiederverleihung des Wasserbenutzungsrechtes angesucht. Mit Eingaben vom 22.08.2011, 04.07.2012, 27.09.2012 und 02.03.2016 hat sie einen Katasterlageplan, ein Verzeichnis der berührten fremden Rechte, eine aus den Erzeugerdaten des Wasserkraftwerks rechnerisch ermittelte Ganglinie der Wasserführung des Wbachs, einen gewässerökologischen Bericht sowie einen hydrologischen Bericht nachgereicht.

Im Rahmen ihres Ermittlungsverfahrens hat die Wasserrechtsbehörde Gutachten diverser Amtssachverständiger – insbesondere auch aus den Fachbereichen Wasserbautechnik, Gewässerökologie und Hydrologie – eingeholt. Diesen Gutachten kann unter anderem entnommen werden, dass die Wasserführung des Wbaches nicht ausreichend geklärt sei, um die beantragte Dotierwassermenge von 5 l/s beurteilen zu können. Die tatsächlichen Abflussverhältnisse seien mittels einer einjährigen kontinuierlichen Messung zu ermitteln. Zudem sei die Dotierwasserabgabe planlich und rechnerisch zu konkretisieren.

Mit Schreiben vom 14.11.2016, Zl 2.1-2833/12, hat die Wasserrechtsbehörde der – damals noch nicht rechtsanwaltlich vertretenen – Antragstellerin im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs 3 AVG die Möglichkeit eingeräumt, sich bis zum 30.12.2016 zu den eingeholten Gutachten zu äußern. Weiters hat die Wasserrechtsbehörde die Antragstellerin darüber informiert, dass sie beabsichtige, den Antrag auf Wiederverleihung aufgrund der fehlenden Unterlagen zurückzuweisen. Konkret hat die Wasserrechtsbehörde der Antragstellerin dabei gemäß § 13 Abs 3 AVG folgenden Mängelbehebungsauftrag erteilt:

„Sie werden daher letztmalig aufgefordert, mitzuteilen welche fachkundige Institution mit der Erhebung der noch offenen Daten betraut wurde und hierzu eine schriftliche Auftragsbestätigung der Bezirkshauptmannschaft X vorzulegen, anderenfalls der Antrag zurückgewiesen wird. Die Behörde merkt sich als Frist den 30.12.2016 vor.“

Mit Bescheid vom 08.03.2017, Zl ****, hat die Wasserrechtsbehörde den Wiederverleihungsantrag vom 01.07.2010 gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen, da die Antragstellerin dem Mängelbehebungsauftrag vom 14.11.2016 nicht nachgekommen sei.

Mit Schreiben vom 04.04.2017 hat die Antragstellerin – nunmehr vertreten durch die BB Rechtsanwälte GmbH – gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und beantragt, dem Wiederverleihungsantrag stattzugeben, in eventu die Angelegenheit zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens an die Behörde zurückzuverweisen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass gemäß § 21 WRG 1959 ein Rechtsanspruch auf Wiederverleihung des Wasserbenutzungsrechtes bestehe, sofern fristgerecht um Wiederverleihung angesucht und der Stand der Technik eingehalten werde und keine öffentlichen Interessen im Wege stünden. Die öffentlichen Interessen seien dabei von der Behörde von Amts wegen zu ermitteln. Insbesondere handle es sich bei den von der Behörde geforderten hydrologischen Erhebungen um amtswegig zu ermittelnde Tatsachen und nicht um Antragsunterlagen, die von der Antragstellerin gemäß § 103 WRG 1959 vorzulegen seien. Die Zurückweisung widerspreche auch § 13 Abs 3 AVG, da keine ausreichende Verbesserungsfrist eingeräumt worden sei. Zur Vorlage von einjährigen Messdaten sei nämlich mindestens eine einjährige Frist erforderlich.

II.      Rechtslage:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) lautet wie folgt:

§ 103.

(1) Ein Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung ist mit folgenden Unterlagen – falls sich aus der Natur des Projektes nicht verschiedene Unterlagen als entbehrlich erweisen – zu versehen:

a)   Angaben über Art, Zweck, Umfang und Dauer des Vorhabens und das betroffene Gewässer;

b)   grundbuchsmäßige Bezeichnung der durch Anlagen beanspruchten Liegenschaften unter Anführung des Eigentümers sowie Bekanntgabe der Wasser-, Fischerei- und Einforstungsberechtigten;

Angaben darüber, ob bzw. in welcher Weise den Betroffenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme von Vorhaben gegeben wurde, sowie über bereits vorliegende Vereinbarungen, sowie über Anträge an öffentliche Förderungsstellen nach dem Umweltförderungsgesetz oder Wasserbautenförderungsgesetz;

c)   die Darstellung der vom Vorhaben zu erwartenden Vorteile oder der im Falle der Unterlassung zu besorgenden Nachteile;

d)   Angaben über Gegenstand und Umfang der vorgesehenen Inanspruchnahme fremder Rechte und der angestrebten Zwangsrechte (§ 60) unter Namhaftmachung der Betroffenen;

e)   die erforderlichen, von einem Fachkundigen entworfenen Pläne, Zeichnungen und erläuternden Bemerkungen unter Namhaftmachung des Verfassers;

f)   bei Wasserbenutzungsanlagen Angaben über die beanspruchte Wassermenge je Sekunde, Tag und Jahr, über die erwarteten Auswirkungen auf Gewässer sowie über die zum Schutz der Gewässer vorgesehenen Maßnahmen;

g)   bei Wasserkraftanlagen Angaben über Maschinenleistung, Jahresarbeitsvermögen und die vorgesehenen Restwassermengen;

h)   bei Talsperren den Nachweis der Standsicherheit und der sicheren Abfuhr der Hochwässer;

i)   bei Wasserversorgungsanlagen Gutachten über die Eignung des Wassers für den angestrebten Zweck, über allenfalls erforderliche Aufbereitungsmaßnahmen sowie aus der Projektierung und aus Erkundungsuntersuchungen für die Wasserversorgungsanlage ableitbare Grundlagen für die Abgrenzung des Schutzgebietes und für die erforderlichen Schutzmaßnahmen (§ 34) sowie Angaben über die Art der Beseitigung der anfallenden Abwässer;

j)   bei Einbringungen in Gewässer Angaben über Menge, Art und Beschaffenheit der Abwässer, insbesondere über Fracht und Konzentration schädlicher Abwasserinhaltsstoffe, und über die zum Schutz der Gewässer vorgesehenen Maßnahmen;

k)   bei genossenschaftlichen Vorhaben die Namen derjenigen, die der Genossenschaft beitreten sollen, unter Anführung der hiefür maßgeblichen Gesichtspunkte und Bemessungsgrundlagen;

l)   bei Anlagen, bei denen wegen der Lagerung, Verwendung und Produktion von Stoffen, wegen der Betriebsweise der Ausstattung oder sonst die Gefahr von Störfällen besteht, Angaben über die zur Störfallvermeidung und zur Begrenzung oder Beseitigung der Auswirkungen von Störfällen vorgesehenen Maßnahmen;

m)   Angaben darüber, welche Behörden sonst mit dem Vorhaben befaßt sind;

n)   gegebenenfalls vorgesehene Überwachungs- und Betriebsprogramme;

o)   Beschreibung möglicher bundesgrenzenüberschreitender Auswirkungen.

(2) Nähere Bestimmungen über Inhalt und Ausstattung von Bewilligungsanträgen können mit Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft getroffen werden.

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) lautet wie folgt:

§ 13.

(…)

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

III.    Erwägungen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf nur ein dem Gesetz entsprechender Verbesserungsauftrag Grundlage für eine Zurückweisung eines Antrages gemäß § 13 Abs 3 AVG sein. Im Verbesserungsauftrag hat die Behörde konkret und unmissverständlich anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen. Die Behörde hat dabei nicht nur die Möglichkeit der Ergänzung des Anbringens einzuräumen, sondern die Behebung des Mangels anzuordnen und gleichzeitig ausdrücklich eine angemessene Frist für die Mängelbehebung zu setzen (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 RZ 29).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Wasserrechtsbehörde den Wiederverleihungsantrag der Beschwerdeführerin vom 01.07.2010 gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen, da sie dem Mängelbehebungsauftrag vom 14.11.2016 nicht nachgekommen sei. Mit diesem Schriftsatz hat die Behörde die amtswegig eingeholten Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs 3 AVG zur Kenntnis gebracht und darüber informiert, dass die Zurückweisung des Antrages aufgrund der fehlenden Unterlagen, die sich aus den Gutachten ergeben würden, beabsichtigt sei. Konkret hat die Behörde mit diesem Schreiben der Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs 3 AVG aber nur aufgetragen, bis spätestens 30.12.2016 mitzuteilen, „welche fachkundige Institution mit der Erhebung der noch offenen Daten betraut wurde und hierzu eine schriftliche Auftragsbestätigung der Bezirkshauptmannschaft X vorzulegen, anderenfalls der Antrag zurückgewiesen wird.“

Die Behörde darf nur dann nach § 13 Abs 3 AVG vorgehen, wenn der Antrag von den Anforderungen des Materiengesetzes – vorliegend des WRG 1959 – oder des AVG an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht. Fehlt es hingegen an einer derartigen Anordnung, so kommt bei deren Nichtvorlage weder die Erteilung eines Verbesserungsauftrages noch – nach fruchtlosem Verstreichen der zu Unrecht gesetzten Frist – die Zurückweisung des Anbringens in Frage (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 RZ 27). Die Informationen, welche fachkundigen Personen mit der Ausarbeitung von Einreichunterlagen betraut wurden und die Vorlage diesbezüglicher Auftragsbestätigungen sind aber keine Unterlagen, die gemäß § 103 WRG 1959 einem Ansuchen um wasserrechtliche Bewilligung anzuschließen sind. Auch das AVG enthält keine diesbezügliche Informationspflicht. Eine Zurückweisung des wasserrechtlichen Antrages gemäß § 13 Abs 3 AVG kommt bei Fehlen dieser Angaben nicht in Betracht.

Die Wasserrechtsbehörde hat der unvertretenen Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 14.11.2016 auch nicht gemäß § 13 Abs 3 AVG die Nachreichung der von den Sachverständigen geforderten Messergebnisse einer einjährigen hydrologischen Untersuchung der Restwasserstrecke und der Planung der Dotierwasserabgabe innerhalb einer bestimmten Frist mit der Wirkung aufgetragen, dass der Wiederverleihungsantrag nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Bezüglich dieser geforderten Unterlagen liegt somit kein ordnungsgemäßer Verbesserungsauftrag iSd § 13 Abs 3 AVG vor. Seine Nichtbefolgung darf daher nicht die Zurückweisung des Antrages zur Folge haben (vgl etwa VwGH 18.04.2013, 2012/21/0260).

Der angefochtene Zurückweisungsbescheid verstößt somit gegen die Verfahrensvorschriften des § 13 Abs 3 AVG und ist als rechtswidrig aufzuheben (vgl etwa VwGH 27.06.2013, 2013/07/0035).

Abschließend ist festzuhalten, dass das Landesverwaltungsgericht im vorliegenden Verfahren lediglich über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung gemäß § 13 Abs 3 AVG, nicht hingegen über den Wiederverleihungsantrag selbst zu entscheiden hat. Sache des Beschwerdeverfahrens ist allein die Frage, ob die Wasserrechtsbehörde zu Recht eine Sachentscheidung über den Wiederverleihungsantrag verweigert hat. Die von der Beschwerdeführerin begehrte inhaltliche Entscheidung über den Wiederverleihungsantrag ist dem Landesverwaltungsgericht somit verwehrt (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 RZ 30).

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Alexander Spielmann

(Richter)

Schlagworte

kein ordnungsgemäßer Verbesserungsauftrag;
Zurückweisung wasserrechtlicher Antrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.44.0888.2

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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