TE Lvwg Erkenntnis 2018/11/6 LVwG-2018/12/0101-9

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Veröffentlicht am 06.11.2018
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Entscheidungsdatum

06.11.2018

Index

L37307 Aufenthaltsabgabe Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AufenthaltsabgabeG Tir 2003 §7
AufenthaltsabgabeG Tir 2003 §9
AufenthaltsabgabeG Tir 2003 §12
VStG §45 Abs1 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Drin. Kroker über die Beschwerde von Frau AA, Z Adresse 1, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 17.11.2017, ***, betreffend eine Übertretung nach dem Tiroler Aufenthaltsabgabengesetz,

zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird dahingehend Folge gegeben, als gemäß § 45 Abs 1 Z 4 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird.

Weiters ist im Spruch richtigzustellen, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als zur Vertretung nach außen befugte Gesellschafterin der Hotel CC – DD und somit als Unterkunftgeberin ermahnt wird und die verletzte Rechtsvorschrift wie folgt zu lauten hat: § 7 Abs 1 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 in Verbindung mit § 12 Abs 2 Aufenthaltsabgabegesetz 2003.

2.   Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 17.11.2017, ***, wurde der Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

Die Beschuldigte, Frau AA, geb. am X, ist als Inhaber- bzw Betreiberin des Gast- bzw Beherbergungsbetriebes „Hotel CC“ und somit als Unterkunftgeberin ihrer Verpflichtung nach § 7 Abs 1 Aufenthaltsabgabengesetz 1991 insofern nicht nachgekommen, dass die Aufenthaltsabgaben für April 2017 in Höhe von Euro 650,00 nicht rechtzeitig an den Tourismusverband EE (bis zum Ende des Folgemonats) abgeführt wurden, obwohl für den angegebenen Zeitraum vom Tourismusverband 325 abgabepflichtige Nächtigungen gemeldet wurden. Es wurden dadurch die zu entrichtenden Aufenthaltsabgaben verkürzt.“

Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 7 Abs 1 Tiroler Aufenthaltsabgabengesetz 1991 (TAAG) verletzt und wurde über sie gemäß § 12 Abs 1 TAAG eine Geldstrafe in Höhe von Euro 2.500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis wurde innerhalb offener Frist Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben. Darin bemängelt die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin, dass ihr eine Verletzung der Vorschrift des § 7 Abs 1 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 1991 vorgehalten worden sei, hingegen das Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 in Kraft stehe. Auch sei die Subsumtion des relevanten Sachverhaltes unter § 12 Abs 1 TAAG 2003 nicht rechtskonform. Die Beschwerdeführerin habe die Meldung von 325 abgabepflichtigen Nächtigungen selbst veranlasst. Eine Verletzung der aus dem TAAG 2003 erfließenden Melde-, Offenlegungs- bzw Wahrheitspflicht habe sich im abgeführten Ermittlungsverfahren nicht ergeben und werde der Beschwerdeführerin im Straferkenntnis auch nicht vorgeworfen. Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 04.12.2003, B 497/03, sei es zudem als verfassungs- bzw gleichheitswidrig erkannt worden, wenn eine Norm etwa zum Inhalt hätte, dass sie (auch) die bloße Nichtentrichtung der Aufenthaltsabgabe zum Fälligkeitstermin ohne Verletzung der Meldepflichten unter Strafe stellen würde. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin die Nichtabführung der Abgabe aufgrund eines unvorhergesehenen Liquiditätsengpasses entsprechend kommuniziert, sodass bei zutreffender Beurteilung auf den Befreiungstatbestand nach § 12 Abs 3 TAAG abzustellen sei und somit eine Strafbarkeit nicht gegeben sei. Des Weiteren wurde festgehalten, dass auch der erstbehördliche Vorhalt, wonach die Beschwerdeführerin als Beschuldigte bereits mehrfach „nach diesem Landesgesetz“ bestraft worden sei, in solcher Darstellung nicht zutreffe, vielmehr sei seitens der Behörde bereits in der Vergangenheit der auch gegenständliche Rechtsirrtum bzw Subsumtionsfehler praktiziert und die Beschuldigte demzufolge zu Unrecht einer Bestrafung nach § 12 Abs 1 TAAG zugeführt worden, obwohl die Voraussetzungen hiefür weder in objektiver noch in subjektiver Tatseite jeweils erfüllt worden seien. Es wurde beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und den bekämpften Bescheid aufzuheben bzw dahin abzuändern, als das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt und über die Beschwerdeführerin keine, in eventu lediglich maßgeblich geringere Strafe verhängt wird.

Am 29.08.2018 fand vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, anlässlich derer die Beschwerdeführerin einvernommen wurde.

II.      Sachverhalt:

Im Tatzeitraum April 2017 war die Beschwerdeführerin die zur Vertretung nach außen befugte Gesellschafterin der Hotel CC, DD, und damit die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes „Hotel CC“ in Z.

Der Gemeinde Z wurden für den Zeitraum April 2017 von der Beschwerdeführerin 325 Nächtigungen von Gästen gemeldet. Dabei haben die jeweiligen Gäste die Gästeblätter ausgefüllt. Das gelbe Blatt mit den Gästedaten und einer Angabe über die Aufenthaltsdauer wurde noch am Tag der Ankunft der Gäste an die Gemeinde weitergeleitet, nach Abreise der Gäste wurde auch das rosa farbene Gästeblatt fristgerecht der Gemeinde übermittelt.

Die Gemeinde hat sodann die sich monatlich ergebenden Abgabenbeträge, die Zahl der beherbergten Personen und die Zahl der abgabepflichtigen und der nicht abgabepflichtigen Nächtigungen dem Tourismusverband bekannt gegeben.

Die Aufenthaltsabgabe für den Monat April 2017 wurde aufgrund eines Liquiditätsengpasses nicht fristgerecht bis Ende Mai 2017 an den Tourismusverband Oberland abgeführt und wurde der Abgabenbehörde der Grund für die Nichtabführung der Abgabe bis zu diesem Termin nicht mitgeteilt. Der Betrag von Euro 663,00 wurde am 14.08.2017 an die Tiroler Landesregierung überwiesen.

III.     Beweiswürdigung:

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei und schlüssig aus dem verwaltungsbehördlichen Akt und den Aussagen der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin hat ausdrücklich bestätigt, dass sie im Monat April 2017 die Betreiberin des Hotels CC gewesen ist. Aus dem Firmenbuchauszug (FN ***) ergibt sich, dass sie zur Tatzeit die zur Vertretung nach außen befugte Gesellschafterin (vertritt seit 26.11.1998 selbständig) der Hotel CC, DD war.

Nachvollziehbar hat sie geschildert, in welcher Weise die Nächtigungszahlen der Gemeinde Z bekannt gegeben werden. Eine Mitarbeiterin des Meldeamtes der Gemeinde Z hat mit E-Mail vom 25.09.2018 ausdrücklich bestätigt, dass für das Gästemeldewesen die Gemeinde Z zuständig sei und die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall die Gästemeldungen fristgerecht bekannt gegeben hat.

Dass über die Gemeinde sodann die sich monatlich ergebenden Abgabenbeträge, die Zahl der beherbergten Personen und die Zahl der abgabepflichtigen und der nicht abgabepflichtigen Nächtigungen dem Tourismusverband bekannt gegeben wurden, ergibt sich insbesondere aus der Rechnung (Nr ***) des Tourismusverbandes EE vom 03.05.2017, mit der der Beschwerdeführerin ein Abgabebetrag von Euro 650,00 vorgeschrieben wurde und aus der Beilage zur Abrechnung, aus der sämtliche Gäste- und Aufenthaltsdaten hervorgehen.

Die Beschwerdeführerin hat anlässlich ihrer Befragung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol als Grund für die nicht fristgerechte Abführung der Abgabe einen Liquiditätsengpass angeführt und ausdrücklich zugegeben, dass dieser Grund der Abgabenbehörde nicht mitgeteilt worden ist, dass aber der Betrag von Euro 663,00 am 14.08.2017 an die Tiroler Landesregierung bezahlt worden sei. Dies wurde in einem E-Mail der Abteilung Tourismus/Amt der Tiroler Landesregierung vom 28.09.2018 ausdrücklich bestätigt.

IV.      Rechtslage:

Maßgebliche Bestimmungen nach dem Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 (AAG) LGBl Nr 85/2003 idF LGBl 32/2017:

§ 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes ist/sind:

         

         c)       „Unterkunftgeber“ Personen, die anderen Personen Unterkunft gewähren;

         …

§ 3

Abgabepflicht

(1) Abgabepflichtig sind alle Nächtigungen im Rahmen des Tourismus

         a)       in Beherbergungsbetrieben und

         b)       in Freizeitwohnsitzen, die nicht oder nicht nur wechselnden Gästen überlassen werden,

soweit im § 4 Abs 1 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Abgabepflicht nach Abs 1 lit a beginnt mit der ersten und endet mit der letzten Nächtigung.

§ 7

Entrichtung

(1) Soweit in den Abs  2 bis 4 nichts anderes bestimmt ist, ist die nächtigende Person zur Entrichtung der Abgabe verpflichtet. Der Abgabenschuldner hat die Abgabe spätestens am Tag ihrer Fälligkeit an den Unterkunftgeber zu entrichten. Der Unterkunftgeber hat die innerhalb eines Monats an ihn entrichteten Abgabenbeträge bis zum Ende des folgenden Monats ohne weitere Aufforderung an den Tourismusverband abzuführen. Hat der Unterkunftgeber in einer Rechnung einen Abgabenbetrag ausgewiesen, der die nach § 6 festgesetzte Abgabenhöhe überschreitet, so hat er diesen Betrag an den Tourismusverband abzuführen, wenn er die Rechnung gegenüber dem Abgabenschuldner nicht entsprechend berichtigt.

§ 9

Meldepflicht

(1) Der Unterkunftgeber hat, soweit im Abs 2 nichts anderes bestimmt ist, zugleich mit der Abfuhr der Abgabe dem Tourismusverband und auf Verlangen der Landesregierung die Zahl der beherbergten Personen, die Zahl der abgabepflichtigen und der nicht abgabepflichtigen Nächtigungen sowie die sich daraus ergebenden Abgabenbeträge zu melden. Für diese Meldungen sind die von der Abgabenbehörde zur Verfügung zu stellenden Verrechnungshefte oder nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten die elektronische Datenübermittlung zu verwenden.

(2) Abs 1 gilt nicht, wenn im Gebiet des Tourismusverbandes die Daten nach § 6 Abs 1 Z 1 der Tourismus-Statistik-Verordnung 2002, BGBl II Nr 498, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl II Nr 502/2004, der Gemeinde schriftlich oder elektronisch übermittelt werden. Die Gemeinde hat monatlich die sich daraus ergebenden Abgabenbeträge, die Zahl der beherbergten Personen und die Zahl der abgabepflichtigen und der nicht abgabepflichtigen Nächtigungen dem Tourismusverband und auf Verlangen der Landesregierung bekannt zu geben.

§ 10

Haftung, amtliche Bemessung

(1) Der Unterkunftgeber haftet für die Entrichtung der Abgabe, soweit er zu deren Abfuhr verpflichtet ist. Er haftet jedoch nicht, wenn das Entgelt für die Nächtigung ohne sein Verschulden uneinbringlich ist.

(2) Ist der über einen Freizeitwohnsitz oder über eine mobile Unterkunft Verfügungsberechtigte nicht auch dessen (deren) Eigentümer, so haftet der Eigentümer für die Entrichtung des Freizeitwohnsitz- oder Campingpauschales.

(3) Kommt der Unterkunftgeber seinen Verpflichtungen nach § 9 Abs 1 oder 3 nicht nach oder wird eine unrichtige Meldung nach § 9 Abs 1 nicht innerhalb der von der Landesregierung festgesetzten Frist richtig gestellt, so ist die Höhe des abzuführenden Abgabenbetrages zu schätzen.

(4) Die Landesregierung hat die Abgabe mit Bescheid vorzuschreiben, wenn der Unterkunftgeber oder der über einen Freizeitwohnsitz oder eine mobile Unterkunft Verfügungsberechtigte Abgabenbeträge nicht oder nicht vollständig abgeführt oder entrichtet hat.

(5) Die Gemeinden und die Tourismusverbände sind verpflichtet, bei der Ermittlung der für das Bestehen und den Umfang der Abgabepflicht maßgeblichen Umstände unentgeltlich mitzuwirken. Die Tourismusverbände haben weiters der Landesregierung alle Umstände bekannt zu geben, die für die Erhebung der Abgabe erforderlich sind.

§ 12

Strafbestimmungen

(1) Wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Melde-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht die Abgabe nicht oder nicht vollständig entrichtet bzw. abführt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 5.000,– Euro zu bestrafen.

(2) Wer

         a)       die Abgabe fahrlässig nicht oder nicht vollständig entrichtet bzw. abführt,

         b)       ohne den Tatbestand nach lit. a oder Abs. 1 zu erfüllen als Unterkunftgeber den Verpflichtungen nach § 9 Abs. 1 oder 3 nicht nachkommt oder

         c)       die Einsichtnahme in die Gästeblattsammlung, in die Verrechnungshefte bzw. die elektronisch geführten Aufzeichnungen oder in das Verzeichnis der mobilen Unterkünfte oder den Zugriff auf die Meldedaten der Gäste oder die Aushändigung schriftlicher Wiedergaben der Meldevorgänge im Sinne des § 9 Abs. 4 verweigert,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 2.500,– Euro zu bestrafen.

(3) Nicht strafbar ist, wer der Abgabenbehörde spätestens bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Abgabe zu entrichten bzw. abzuführen gewesen wäre, die Höhe der geschuldeten Abgabe und die Gründe der nicht rechtzeitigen Entrichtung bzw. Abfuhr bekannt gibt.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) Im Wiederholungsfall oder bei Vorliegen sonstiger erschwerender Umstände können Geldstrafen nach den Abs. 1 und 2 bis zur doppelten Höhe verhängt werden.

(6) Die Geldstrafen fließen jenem Tourismusverband zu, in dessen Gebiet der Abgabenanspruch entstanden ist.

V.       Erwägungen:

Gemäß § 7 Abs 1 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 (im Folgenden: TAAG 2003) hat der Unterkunftgeber die innerhalb eines Monats an ihn entrichteten Abgabenbeträge bis zum Ende des folgenden Monats ohne weitere Aufforderung an den Tourismusverband abzuführen.

Nach § 12 Abs 1 TAAG 2003 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 5.000,– Euro zu bestrafen, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Melde-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht die Abgabe nicht oder nicht vollständig entrichtet bzw abführt.

Wer die Abgabe fahrlässig nicht oder nicht vollständig entrichtet bzw abführt, begeht eine Verwaltungsübertretung nach § 12 Abs 2 TAAG 2003 und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 2.500,– Euro zu bestrafen.

Nicht strafbar ist gemäß § 12 Abs 3 TAAG 2003, wer der Abgabenbehörde spätestens bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Abgabe zu entrichten bzw abzuführen gewesen wäre, die Höhe der geschuldeten Abgabe und die Gründe der nicht rechtzeitigen Entrichtung bzw Abfuhr bekannt gibt.

Diese Bestimmung des Abs 3 ist Ausfluss der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl insbesonders VfSlg 17.076/2003) zu – dem nicht mehr in Geltung stehenden - § 12 Abs 1 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 1991, wonach gegen diese Bestimmung gleichheitsrechtliche Bedenken bestünden, hätte die Norm den Inhalt, dass sie (auch) die bloße Nichtentrichtung der Aufenthaltsabgabe zum Fälligkeitstermin ohne Verletzung der Meldepflichten unter Strafe stellt. Der Gerichtshof hat auch im Erkenntnis VfSlg 16.564/2002 und im Erkenntnis vom 04.12.2003, G287/02 ua Zlen, die Verhängung von strafrechtlichen Sanktionen bei bloßer Nichtentrichtung von Abgaben, die auch durch rechtzeitige Meldung des abgabepflichtigen Tatbestandes nicht verhindert werden können, als - im allgemeinen - unverhältnismäßig und dem Gleichheitsgebot widersprechend beurteilt.

Im vorliegenden Fall wurde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses als übertretene Verwaltungsbestimmung zwar § § 7 Abs 1 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz (TAAG) 1991 (richtig: TAAG 2003) in Verbindung mit § 12 Abs 1 TAAG 1991 als Strafsanktionsnorm, nämlich die vorsätzliche Tatausführung unter Verletzung einer Melde-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht angeführt, doch aus dem Tatvorwurf (laut Spruch) geht lediglich hervor, dass die Beschwerdeführerin ihrer Verpflichtung nach § 7 Abs 1 Aufenthaltsabgabengesetz 1991 insofern nicht nachgekommen sei, dass die Aufenthaltsabgaben nicht rechtzeitig an den Tourismusverband abgeführt wurden, obwohl für den angegebenen Zeitraum vom Tourismusverband abgabepflichtige Nächtigungen gemeldet wurden, und dadurch die zu entrichtenden Aufenthaltsabgaben verkürzt wurden.

Weder wurde der Beschwerdeführerin im Spruch die vorsätzliche Tatausführung vorgeworfen, noch eine Verletzung von Melde-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten. Aus dem angeführten Spruch lässt sich daher vielmehr ableiten, dass die belangte Behörde der Beschwerdeführerin eine Übertretung nach § 12 Abs 2 TAAG 2003 (Fahrlässigkeitsdelikt) angelastet hat. Im E-Mail des Sachbearbeiters der Bezirkshauptmannschaft X vom 24.09.2018 wurde über Nachfrage auch eingeräumt, dass aufgrund der Tatsache, dass die Betroffene von der Behörde bereits mehrfach wegen derselben Verwaltungsübertretung bestraft worden sei, die Behörde jedenfalls von Fahrlässigkeit ausgegangen sei.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Beschwerdeführerin die Aufenthaltsabgabe nicht fristgerecht, nämlich bis zum 31.05.2017 abgeführt hat. Die Zahlung erfolgte erst am 14.08.2017. Die bloße Nichtentrichtung der Aufenthaltsabgabe zum Fälligkeitstermin ohne Verletzung einer Meldepflicht wäre aber unter Berücksichtigung der angeführten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht unter Strafe zu stellen. Es ist daher zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin ihren Meldepflichten nachgekommen ist bzw diese verletzt hat.

Die Meldepflichten sind mit hinreichender Deutlichkeit im § 9 TAAG 2003 geregelt. Demnach hat der Unterkunftgeber nach § 9 Abs 1 TAAG 2003 die Zahl der beherbergten Personen, die Zahl der abgabepflichtigen und der nicht abgabepflichtigen Nächtigungen sowie die sich daraus ergebenden Abgabenbeträge zu melden. Doch gilt dieser erste Absatz des § 9 TAAG 2003 nicht, wenn im Gebiet des Tourismusverbandes die Daten nach § 6 Abs 1 Z 1 der Tourismus-Statistik-Verordnung 2002, BGBl II Nr 498, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl II Nr 502/2004, der Gemeinde schriftlich oder elektronisch übermittelt werden. In diesem Fall haben die Auskunftspflichtigen nach § 6 Abs 1 Z 1 Tourismus-Statistik-Verordnung 2002, BGBl II Nr 498, idF BGBl II Nr 502/2004, unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 48 Stunden nach der Ankunft und nach der Abreise des jeweiligen Gastes die Meldedaten (§ 10 Meldegesetz 1991) „Ankunft“ und „Abreise“ jeweils verknüpft mit „Herkunftsland“ der Erhebungsgemeinde zu übermitteln. Die Gemeinde hat sodann monatlich die sich daraus ergebenden Abgabenbeträge, die Zahl der beherbergten Personen und die Zahl der abgabepflichtigen und der nicht abgabepflichtigen Nächtigungen dem Tourismusverband und auf Verlangen der Landesregierung bekannt zu geben.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass diese Meldung nach der Tourismus-Statistik-Verordnung 2002 durch die Beschwerdeführerin fristgerecht erfolgt ist und in weiterer Folge durch die Gemeinde die sich monatlich ergebenden Abgabenbeträge, die Zahl der beherbergten Personen und die Zahl der abgabepflichtigen und der nicht abgabepflichtigen Nächtigungen dem Tourismusverband bekannt gegeben wurden. Eine Verletzung dieser Meldepflicht liegt auf Seite der Beschwerdeführerin nicht vor und ist auch davon auszugehen, dass sie insofern ihrer Verpflichtung zur Bekanntgabe der Höhe der geschuldeten Abgabe im Sinne des § 12 Abs 3 TAAG 2003 nachgekommen ist. Auch die Richtigkeit der gemachten Angaben wurde im bisherigen Verfahren in keinster Weise in Frage gestellt.

Um einer Bestrafung nach § 12 Abs 3 TAAG 2003 zu entgehen, wären der Abgabenbehörde allerdings auch noch die Gründe der nicht rechtzeitigen Abfuhr der Aufenthaltsabgabe bekannt zu geben gewesen. Auch dabei handelt es sich um Meldepflicht nach dem TAAG 2003, die sich implizit bei Nichtabfuhr einer Abgabe aus § 12 Abs 3 TAAG 2003 ergibt. Dieser Verpflichtung ist die Beschwerdeführerin allerdings nicht nachgekommen.

Aufgrund des oben angeführten Sachverhaltes steht fest, dass die Beschwerdeführerin unter Verletzung einer Meldepflicht (fehlende Bekanntgabe der Gründe für die Nichtabfuhr) als Unterkunftgeberin fahrlässig für den Kalendermonat April 2017 die Aufenthaltsabgabe in Höhe von Euro 650,00 (für 325 Nächtigungen) nicht fristgerecht – bis Ende Mai 2017 - an den Tourismusverband EE abgeführt hat, weshalb der objektiver Tatbestand der gegenständlich vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt ist. Der Ausschlussgrund nach § 12 Abs 3 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz lag nicht vor. Die Beschwerdeführerin als Unterkunftgeberin hat sohin die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Beschwerdeführerin ist es nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass sie an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, zumal sie keine entschuldbaren Gründe für die angeführte Nichtbekanntgabe vorgebracht hat. Daher hat die Beschwerdeführerin die ihr vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Beim Verschulden war von zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

VI.      Strafbemessung

Gem § 45 Abs 1 Z 4 VStG ist von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Nach der Rechtsprechung des VwGH zur Neuregelung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl I Nr 33/2013, kann auf die gesicherte Rechtsprechung des VwGH zu § 21 Abs 1 VStG in der Fassung vor der genannten Novellierung zurückgegriffen werden (vgl VwGH17.04.2015, Ra 2015/02/0044, mwN).

Eine Anwendung des § 21 Abs 1 VStG kam nach der Judikatur (vgl VwGH 30.04.1993, 93/17/0088) nur in Frage, wenn die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist. Davon kann aber nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vor: Die Beschwerdeführerin ist ihren Meldepflichten insofern nachgekommen, als die Behörde – ohne weitere Erhebungen – die Abgabe mit Bescheid vorschreiben konnte. Das Fehlen von Angaben zu den Gründen für die nicht fristgerechte Abfuhr schlägt sich in dieser behördlichen Abgabenvorschreibung in keinster Weise nieder. Insofern bleibt der Unrechts- und Schuldgehalt der vorgeworfenen Tat erheblich zurück. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin die Abgabe letztlich vollständig abgeführt hat – wenn auch verspätet.

Die Beschwerdeführerin wird allerdings ermahnt, in Hinkunft ihren Meldepflichten vollständig nachzukommen. Eine Bestrafung war allerdings nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol zur Anleitung der Beschwerdeführerin zum normkonformen Verhalten im vorliegenden Fall nicht erforderlich, weshalb spruchgemäß eine Ermahnung zu erteilen war.

Zudem ist der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu berichtigen. Die Richtigstellung der verletzten Verwaltungsvorschrift (TAAG 2003, statt dem nicht mehr in Geltung stehenden TAAG 1991) bzw der Strafsanktionsnorm (§ 12 Abs 2, statt § 12 Abs 1 TAAG 2003) ist – wenn der Beschwerdeführerin kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt wird – auch noch im Beschwerdeverfahren zulässig (vgl VwGH 25.04.2002, 2002/07/0024, 31.01.2000, 97/10/0139 uva). Richtig zu stellen ist zudem, dass die Beschwerdeführerin als zur Vertretung nach außen berufene Gesellschafterin der Hotel CC, DD zu ermahnen ist. Da es sich dabei nicht um ein Sachverhaltselement handelt, sondern um ein die Frage der Verantwortlichkeit der von Anfang an als Beschuldigte angesprochenen Person betreffendes Merkmal, ist eine Abänderung auf Beschwerdeebene zulässig (vgl VwGH 16.12.1997, 96/09/0328, 15.09.1998, 95/09/0247 uva).

 

VII.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die in der gegenständlichen Beschwerdesache zu lösenden Rechtsfragen konnten anhand der in der vorliegenden Beschwerdeentscheidung zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einwandfrei einer Beantwortung zugeführt werden. Eine außerhalb dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegende Rechtsfrage ist für das erkennende Gericht im Gegenstandsfall nicht hervorgekommen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Kroker

(Richterin)

Schlagworte

Meldepflichten; Ermahnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.12.0101.9

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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