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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §7 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1961 geborenen V V in Wien, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Jänner 1997, Zl. 120.910/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 26. Juli 1996 die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zum Zweck der Ausübung einer unselbstständigen Tätigkeit und des privaten Aufenthaltes. Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 24. September 1996 gemäß § 6 Abs. 2 AufG ab. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Jänner 1997 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 des Aufenthaltsgesetzes ab. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte am 24. Februar 1997.
Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG bräuchten Fremde keine Bewilligung, wenn sie aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt seien. Nach der der belangten Behörde vorliegenden Aktenlage finde im Fall des Beschwerdeführers die Regelung des § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG Anwendung.
Der Verfassungsgerichtshof habe mit Beschluss vom 8. November 1996 dem "Antrag des Beschwerdeführers auf vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 die aufschiebende Wirkung zuerkannt". Der Beschwerdeführer sei "derzeit im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Asylgesetz bis 2. März 1997".
Bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens sei der Beschwerdeführer demnach zum Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet nach dem Asylgesetz berechtigt, wodurch eine positive Erledigung im gegenständlichen Verwaltungsverfahren im Hinblick auf die angeführten Normen ausgeschlossen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2
VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 1 Abs. 3 Z. 6 AufG lautete:
"§ 1. ...
...
(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie
...
6. aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind."
Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides rügt, dass eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht ausschließe, ist er auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu einem Zeitpunkt, in dem ein Fremder aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum vorläufigen Aufenthalt in Österreich berechtigt war, nicht zu erteilen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1998, Zl. 96/19/2794, mwN).
Der angefochtene Bescheid wäre demnach nur dann rechtmäßig, wenn der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen wäre.
Bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens wäre der Beschwerdeführer nur dann nach dem Asylgesetz 1991 zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen, wenn er die im § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 umschriebenen Voraussetzungen (u.a. eine zeitgerechte Antragstellung) erfüllt hätte. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides wäre der Beschwerdeführer schließlich auch dann aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt gewesen, wenn zu diesem Zeitpunkt ein u.a. rechtzeitig gestellter Asylantrag des Beschwerdeführers zwar bereits abgewiesen, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres erhobenen Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof (oder Verwaltungsgerichtshof) jedoch aufschiebende Wirkung zuerkannt worden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1998, Zlen. 96/19/1586, 1743).
Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung u.a. damit begründet, dass der Verfassungsgerichtshof "dem Antrag des Beschwerdeführers auf vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 die aufschiebende Wirkung zuerkannt" habe.
Die Beschwerde bringt diesbezüglich vor, diese vom Verfassungsgerichtshof zuerkannte aufschiebende Wirkung sei mit Zustellung des die Behandlung der Beschwerde ablehnenden Beschlusses am 4. Februar 1997 erloschen.
Dazu ist nach Ausweis des Aktes B 2271/96 des Verfassungsgerichtshofes folgendes zu bemerken:
Mit (Ersatz-)Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Juni 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers im Asylverfahren gegen den seinen Antrag ablehnenden Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. September 1991 abgewiesen. Mit Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer am 12. Juni 1996 endete (zunächst) die (nach der Aktenlage unstrittige) vorläufige Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat die zur Zl. B 2271/96 protokollierte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser gab dem Antrag des Beschwerdeführers, dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit Beschluss vom 8. November 1996 statt. Die Stattgebung dieses Antrages bewirkte, dass dem Antragsteller die Rechtsstellung zukam, die er als Asylwerber vor der Erlassung des von ihm angefochtenen Bescheides (des seinen Asylantrag abweisenden Bescheides) hatte. Er war somit aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, die als solche nach § 7 des Asylgesetzes 1991 anzusehen ist, zum weiteren Aufenthalt in Österreich berechtigt. Die Zustellung dieses Beschlusses an die Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens erfolgte jeweils am 11. November 1996. Der Verfassungsgerichtshof lehnte in weiterer Folge mit Beschluss vom 25. November 1996, B 2271/96, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Mit Zustellung dieses Beschlusses an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 4. Februar 1997 ist die aufschiebende Wirkung erloschen. Ab diesem Zeitpunkt konnte sich der Beschwerdeführer nicht mehr auf eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Asylverfahren berufen.
In weiterer Folge wies der Verwaltungsgerichtshof die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene Beschwerde mit Beschluss vom 20. März 1997, Zl. 97/20/0069, mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung (im Hinblick auf das zur Zl. 96/20/0876 anhängige Beschwerdeverfahren) zurück. In diesem Beschwerdeverfahren wurde erst mit Beschluss vom 19. Februar 1997, den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zugestellt am 20. März 1997, die aufschiebende Wirkung zuerkannt, sodass dem Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt (wieder) die vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen ist.
Bei Zutreffen dieser Umstände wäre der Beschwerdeführer demnach im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 24. Februar 1997) nicht aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen.
Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung aber auch damit begründet, dass der Beschwerdeführer "im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Asylgesetz bis 2. März 1997" gewesen sei. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde dem Beschwerdeführer diese vorläufige Aufenthaltsberechtigung vom Bundesasylamt mit einer Gültigkeitsdauer vom 2. Dezember 1996 bis 2. März 1997 bescheinigt. Das vorerwähnte Asylverfahren des Beschwerdeführers war jedoch bereits mit Zustellung des seine Berufung abweisenden Bescheides am 12. Juni 1996 beendet. Ein anderes Asylverfahren ist nicht aktenkundig.
Eine Bescheinigung gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 1991 über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung hat nur deklaratorischen Charakter (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zlen. 95/01/0515, 96/01/0451). Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung ist - unabhängig von der Ausstellung einer Bescheinigung - nur dann gegeben, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, zu denen u.a. auch die Anhängigkeit des Asylverfahrens zählt.
Ohne nähere Begründung, aus welchen Gründen dem Beschwerdeführer in dem genannten Zeitraum vom 2. Dezember 1996 bis 2. März 1997 (und damit auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung (unabhängig von der mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zuerkannten aufschiebenden Wirkung, die am 4. Februar 1997 geendet hat) zugekommen ist, ist der angefochtene Bescheid daher nicht nachvollziehbar.
Der angefochtene Bescheid war daher aufgrund der aufgezeigten Feststellungs- und Begründungsmängel wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Oktober 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997191070.X00Im RIS seit
02.05.2001